Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 691/2007
Stuttgart,
09/14/2007


Schulergänzende Betreuung an Schulen für körper- und geistigbehinderte Kinder und Jugendliche



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
25.09.2007
15.10.2007
17.10.2007

Bericht:


Einführung:

Im Rahmen der GRDrs 472/2007 „Familienentlastende Dienste“ wird darauf hingewiesen, dass es auch in Familien mit behinderten Kindern und Jugendlichen einen wachsenden Bedarf an Betreuungsangeboten gibt. Es ist nachvollziehbar und verständlich, dass es auch Eltern dieser Kinder möglich sein sollte, einer beruflichen Beschäftigung nachzugehen. Unter dem Gesichtspunkt einer Gleichbehandlung sollten diese Familien denen mit nichtbehinderten Kindern gleichgestellt werden. Dem steht derzeit noch im Wege, dass es neben dem schulischen Angebot nicht in ausreichendem Maße Betreuungsangebote gibt, die vom zeitlichen und personellen Umfang her den besonderen Anforderungen der behinderten Kinder gerecht werden.

Gemeinsam mit dem Sozialamt wurde vereinbart, dass von dort die Wochenend- und Ferienbetreuungsangebote organisiert werden. Das Schulverwaltungsamt soll dagegen ein geeignetes Konzept für die schulergänzenden Angebote während der 38 Unterrichtswochen erarbeiten.

Die Schulen sind zwar formelle, vom Land genehmigte Ganztagesschulen der traditionellen Art (Unterricht und Betreuung erfolgen von Landespersonal). Nach der Kürzung der Unterrichtsdeputate in den 90er Jahren werden nur noch drei Nachmittage in der Woche schulisch belegt, an zwei Nachmittagen endet der Unterricht bereits um die Mittagszeit. Das Land ist nicht bereit, den Nachmittagsunterricht auszuweiten. Bestätigt wird dies durch die regelmäßige Praxis des Landes, im Organisationserlass für Sonderschulen für Geistigbehinderte sowie Körperbehinderte jeweils nur 34 Lehrerwochenstunden pro Klasse zur Verfügung zu stellen. Es besteht jedoch auch keine anders lautende Verpflichtung des Landes, die seitens der Schulträger eingefordert werden könnte.

Für Eltern mit einer Ganztagesbeschäftigung wäre es eine große Hilfe, wenn an diesen Nachmittagen eine schulergänzende Betreuung bis min. 15.30 Uhr angeboten werden könnte. Mit dem nachfolgenden Schülertransport wären die Kinder dann ab ca. 16.00 Uhr wieder zuhause.

Ein seit April 2007 laufender Versuch an der Helene-Schoettle-Schule im Rahmen des Angebots „Außerschulischen Bildung und Betreuung“ hat gezeigt, dass trotz bereits erfolgter Anpassungen die Rahmenbedingungen und Leistungen dieses Angebots nicht geeignet sind, körper- und geistigbehinderte Kinder ihren speziellen Bedürfnissen entsprechend zu betreuen.

Die Kosten für den hier eingesetzten freien Träger (Diakonie Stetten) können nicht annähernd gedeckt werden. Das Angebot bleibt damit in seiner Fortführung unsicher. Es kann nur als Übergangslösung weitergeführt werden, bis hier eine dauerhafte, verlässliche Lösung gefunden ist. Für das Schuljahr 2007/2008 will die Diakonie Stetten daher Mittel bei der „Aktion Mensch“ beantragen, um das Angebot an der Helene-Schoettle-Schule wenigstens für diesen Zeitraum weiterführen zu können. Über die „Aktion Mensch“ sind jedoch keine Dauerfinanzierungen möglich.


Mögliches Konzept für ein verlässliches Angebot:

Mit Schulleitungen der vier Stuttgarter Schulen wurde daher ein Konzept für ein verlässliches Angebot und die erforderlichen Maßnahmen erarbeitet:

· Die Schule (Schulleitung, Lehrerkollegium, Eltern) stimmen mit einem möglichen Träger die pädagogischen Inhalte eines Betreuungsangebots ab, das die Nutzung des gesamten Schulareals und der Einrichtungen wie Sportstätten, Schwimmbad, Freiflächen, aber auch ggf. geeignete Exkursionen mit einbeziehen kann.
· Die Gruppenstärke kann höchstens bei 6 bis 7 Kindern, bei Schwerstmehrfachbehinderung sogar nur bei 4 bis 5 Kindern liegen (Durchschnitt 5,5 Kinder).
· Pro Gruppe werden eine Fachkraft und eine Hilfskraft für die Betreuung benötigt. Diese sollten zusätzlich durch pflegerische Kräfte im Umfang der bestehenden Bemessung für den Unterricht unterstützt werden.
· Je Schule sollte eine der Fachkräfte mit der gruppenübergreifenden Leitung beauftragt werden, die auch die Kooperation mit der Schulleitung übernimmt.
· Lt. Schulleitungen beschränkt sich der reine Betreuungsumfang auf 5 bis 6,5 Stunden pro Woche.
· Die Inanspruchnahme wird auf 30 bis 40 % der Kinder der Unter- und Mittelstufe geschätzt.
· Es muss damit gerechnet werden, dass mittelfristig eine Ausweitung auf die Oberstufe ebenfalls in diesem Umfang gewünscht wird.
· Die Betreuung kann in den vorhandenen Schulräumen erfolgen. Es sind keine zusätzlichen Räume notwendig.
· Die Anmeldungen durch die Eltern sollten jeweils auf ein volles Schuljahr erfolgen.
· Wenn eine entsprechende Anzahl von Kindern das Betreuungsangebot in Anspruch nimmt, kann damit gerechnet werden, dass keine zusätzlichen Schülerbeförderungskosten dadurch entstehen, dass die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten transportiert werden müssen, sondern dass dies durch eine entsprechende Transporteinteilung weitgehend ausgeglichen werden kann.
· Die Satzung über die Gewährung eines Zuschusses zu den notwendigen Schülerbeförderungskosten sieht bislang nur einen Transport direkt nach dem Unterricht vor.
· Mit der Einrichtung dieses schulergänzenden Betreuungsangebots müsste diese Regelung dahingehend überarbeitet werden, dass die Kosten für den Rücktransport von der Schule auch nach der Betreuung übernommen werden.
· Entsprechend der jetzigen Regelung bei der „Außerschulischen Bildung und Betreuung“ sollte das Betreuungsangebot für die teilnehmenden Kinder auch dieser Sonderschulen kostenfrei angeboten werden. · Um auch den Verwaltungsaufwand für die übrige Organisation eines solchen Angebots so gering wie möglich zu halten, wäre vorgesehen, den Schulen pro zu betreuender Gruppe und entsprechendem Betreuungsumfang ein Budget mit entsprechenden Pauschalen zur Verfügung zu stellen, mit dem diese die Betreuungsleistungen bei einem geeigneten Träger über einen Vertrag, der die entsprechenden Leistungen regelt, „einkaufen“ können.
· Mit Rücksicht auf die behinderten Kinder sollte ein häufiger Personalwechsel vermieden werden. Diese Pauschalen sollten deshalb so bemessen sein, dass der jeweilige Träger qualifiziertes Personal gesichert einstellen und/oder Beschäftigungsumfänge von vorhandenem Personal entsprechend ausweiten kann. Es wird davon ausgegangen, dass ein solcher Träger über ausreichend Personal verfügt, um krankheitsbedingte Ausfälle ausgleichen zu können.
· Die Abrechnung mit dem freien Träger und eine Namensliste der zu betreuenden Kinder würden als Verwendungsnachweis ausreichen.

Bei diesem Betreuungsangebot würde es sich um eine weitere, völlig neue Aufgabe im Bereich des Schulverwaltungsamts handeln, die bei der Personalbemessung im Rahmen der Neuorganisation der Innenverwaltung nicht berücksichtigt wurde (vgl. GRDrs 493/2007). Um die verwaltungstechnischen Voraussetzungen (Ausarbeitung von Anmeldevordrucken für die Schulen, Musterverträge für die Beauftragung von freien Trägern, ggf. Zuschussanträge beim Land usw.) schaffen zu können, muss nach Ansicht der Schulverwaltung zumindest der bei der Stellenbemessung aufgezeigte Personalfehlbedarf ausgeglichen werden.


Grundlagen der Kostenermittlung:

Bei einer Inanspruchnahme von ca. 30 bis 40 % der Kinder der Unter- und Mittelstufe wäre nach der aktuellen Schülerzahl mit 15 bis 19 Gruppen in der Unter- und Mittelstufe und mit weiteren 7 bis 9 Gruppen in der Oberstufe (vgl. Übersicht Anlage 1) zu rechnen.
Die Kosten (Pauschale) für eine Gruppe sind wie folgt anzusetzen:

Personalkosten:
(Bei den Stundensätzen wurden Durchschnittswerte aus 2006 sowie die Nettoarbeitstage – ohne Arbeitsplatzkosten zugrunde gelegt.)
· Fachkraft (EG 6 mit Stundensatz 24,80 Euro)
· Hilfskraft (Stundensatz 13,40 Euro)
· Aufschlag für gruppenübergreifende Leitungskraft (EG 8 mit Stundensatz 27 Euro), · Aufschlag von ca. zwei Stunden/Woche und Schule nur für diese Leitungskraft für Leitungsaufgaben und notwendige Absprachen mit der Schulleitung

Als Pauschale für diese Personalausstattung wären pro Gruppe und Betreuungsstunde also rd. 40 Euro auskömmlich. Pro Schule käme ein wöchentlicher Aufschlag von 50 Euro bzw. von 1.900 Euro pro Jahr für die Leitungsfunktion hinzu.

· Pflegerische Kräfte (EG 6 mit Stundensatz 24,80 Euro)
Sollte dies nicht möglich sein, wäre die Gruppenpauschale
· bei körperbehinderten Kindern um 24,80 Euro
· bei geistigbehinderten Kindern um 8,25 Euro
zu erhöhen.

Bei der Kostenermittlung werden unabhängig von der umsetzbaren Personallösung die betreffenden Stundensätze eingerechnet.

Sachkosten:
Da die Schulen nur über relativ geringe Schulbudgets verfügen, sollte pro Gruppe und Schuljahr eine Pauschale für Sach- bzw. Verbrauchsmittel von 150 Euro zur Verfügung gestellt werden.


Voraussichtliche finanziellen Auswirkungen

Der Betreuungsbedarf liegt bei 5 bis 6,5 Stunden pro Schulwoche. Unterricht findet an 38 Schulwochen statt.

Pro Gruppe und Schuljahr ist daher je nach Betreuungsumfang mit Kosten von
· 12.500 bis 16.150 Euro an der Schule für Körperbehinderte
· 9.320 bis 12.100 Euro an den drei Schulen für Geistigbehinderte
zu rechnen.

Die Anzahl der zu erwartenden Gruppen ist der Anlage 1 zu entnehmen. Da sich die Schülerzahlen auf vier Schulen verteilen und es deshalb bei der Gruppenteilung im Einzelfall zu entsprechenden Gruppenteilungen kommen kann, sollte für die Kostenermittlung sicherheitshalber die Obergrenze zugrunde gelegt werden.

Unter- und Mittelstufe
· ca. 7 Gruppen an der Schule für Körperbehinderte
· ca. 11 Gruppen an den drei Schulen für Geistigbehinderte

Die jährlichen Gesamtkosten für dieses Betreuungsangebot liegen somit bei 197.500 bis 254.000 Euro.

Oberstufe
· ca. 2 Gruppen an der Schule für Körperbehinderte
· ca. 7 Gruppen an den drei Schulen für Geistigbehinderte

Hier ist mit weiteren 98.000 bis 125.000 Euro pro Jahr zu rechnen.
Hierfür stehen im Schulhaushalt bislang keine Mittel zur Verfügung. Über eine evtl. Mittelbereitstellung wäre bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2008/2009 zu entscheiden.

Ob bei traditionellen Ganztagesschulen für ein ergänzendes Betreuungsangebot ggf. auch noch Zuschüsse von Seiten des Landes geleistet würden (z.B. flexible Nachmittagsbetreuung), ist nach den geltenden Richtlinien eher unwahrscheinlich, wäre jedoch zu gegebener Zeit noch konkret abzuklären.

Beteiligte Stellen

Referate AK und SJG






Dr. Susanne Eisenmann




Übersicht über die Schülerzahlen an den städtischen Schulen Körper- und Geistigbehinderte in Stuttgart im Schuljahr 2006/2007



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