Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz:
WFB
GRDrs
217/2007
Stuttgart,
04/13/2007
Neues Kommunales Finanzwesen
hier: Flächendeckende Vermögenserfassung
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
öffentlich
18.04.2007
Beschlußantrag:
1. Dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Vorgehen zur Erfassung und Bewertung des städtischen Vermögens wird zugestimmt.
2. Der Beschäftigung von zusätzlichem Personal im Umfang von 16,5 Vollkräften für eine Zeit von ca. 2 Jahren für die Erfassung und Bewertung des Altvermögens auf abzubauenden Stellen (bei denen ggf. kw-Vermerke um ca. 2 Jahre zu verlängern sind) bzw. bei Rückkehrern/Rückkehrerinnen ohne Planstellen wird zugestimmt. Die hierfür erforderlichen stellenplanmäßigen Entscheidungen für die Verlängerung der kw-Vermerke werden zum Stellenplan 2008/09 herbeigeführt.
3. Über den Fortgang des Projekts wird im Herbst 2007 wieder berichtet.
Begründung:
1. Vorgehensweise:
Mit den GRDrs 907/2004 und 444/2006 wurde über die Einführung und Grundzüge des Neuen Kommunalen Finanzwesens bei der Landeshauptstadt Stuttgart informiert. Ein zentraler Punkt des Projekts zur Umstellung des kameralen Rechnungswesens auf die doppische Rechnungsführung ist die Erstellung einer Eröffnungsbilanz zum 01.01.2010. Hierfür ist die Erfassung und Bewertung des gesamten städtischen Vermögens durch die Ämter notwendig.
Die Stadtkämmerei erarbeitet derzeit eine Bewertungsrichtlinie, die den Ämtern als Arbeitsgrundlage für die Erfassung und Bewertung des Anlagevermögens dienen wird. In den nachfolgenden Ziffern werden nur die Fälle dargestellt, in denen aus praktischen Gründen eine besondere Vorgehensweise erforderlich ist.
2. Gesetzliche Regelungen:
Die Schwierigkeit des Projekts liegt vor allem darin, dass keine verbindliche gesetzliche Regelung vorhanden ist. Die GemO und GemHVO liegen gegenwärtig nur als Entwurf vor und Änderungen sind angekündigt. Verschiedene landesweite Arbeitsgruppen bemühen sich um fachliche Empfehlungen, so auch die bei der Datenzentrale eingerichtete AG Bilanzierung.
Arbeitsgrundlage sind derzeit die Fassungen der GemO und GemHVO – Entwürfe vom August 2005. Der GemHVO-Entwurf (GemHVO-E) sieht folgende Regelungen für die Bewertung des Anlagevermögens in der Eröffnungsbilanz vor:
a.
Grundsatz:
Nach § 62 Abs. 1 GemHVO-E sind in der Eröffnungsbilanz die zum Stichtag der Aufstellung vorhandenen Vermögensgegenstände mit den
Anschaffungs- und Herstellungskosten
, vermindert um Abschreibungen nach § 46 GemHVO-E, anzusetzen.
b.
Vermögen, das bis 31.12.1974 angeschafft bzw. hergestellt wurde:
§ 62 Abs. 2 GemHVO-E regelt, dass für Vermögensgegenstände, die
vor dem 31. Dezember 1974 angeschafft oder hergestellt worden sind, abweichend von § 62 Absatz 1 GemHVO-E den
Preisverhältnissen zum 1. Januar 1974
entsprechende Erfahrungswerte angesetzt werden können, vermindert um Abschreibungen nach § 46 GemHVO-E seit diesem Zeitpunkt.
c.
Vermögen, das zwischen 31.12.1974 und dem Stichtag der Eröffnungsbilanz angeschafft bzw. hergestellt wurde
:
Gemäß § 62 Abs. 3 GemHVO-E darf für Vermögensgegenstände, die zwischen dem 31. Dezember 1974 und dem Stichtag für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz angeschafft oder hergestellt worden sind, von Absatz 1 abgewichen werden, wenn die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vermögensgegenständen nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermittelt werden können. In diesem Fall sind den Preisverhältnissen
zum Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt entsprechende Erfahrungswerte
anzusetzen, vermindert um Abschreibungen nach § 46 GemHVO-E seit diesem Zeitpunkt.
d.
Anschaffung bzw. Herstellung 6 Jahre vor dem Stichtag der Eröffnungsbilanz:
Für den vor dem Stichtag der Aufstellung der Eröffnungsbilanz liegenden Zeitraum von sechs Jahren wird vermutet, dass die
tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
ermittelt werden können. Dies bedeutet bei der Landeshauptstadt Stuttgart, dass
ab dem 01.01.2004
alle Zugänge des Anlagevermögens detailliert mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten zu erfassen sind.
3. Erfassung und Bewertung des Grund und Bodens (Flurstücke)
Mit der Erfassung und Bewertung der Flurstücke befasst sich die Arbeitsgruppe „Bewertung des Anlagevermögens (Immobilien)“ unter der Leitung des Stadtmessungsamts. Zur Erfassung der Flurstücke wurden den Ämtern Excellisten zugeleitet, in denen sämtliche Flurstücke aufgeführt sind, die laut Liegenschaftskataster in deren Verwaltung sind. Aufgabe der Ämter ist es nun, diese Flurstücke mit den für die Bewertung und anschließende Erfassung in SAP notwendigen Daten zu ergänzen.
Für die Bewertung der Flurstücke gelten die allgemeinen Bestimmungen des § 62 GemHVO. Demnach sollen diese grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden. Flurstücke, die vor dem 31.12.1974 von der Landeshauptstadt Stuttgart angeschafft wurden, können mit dem jeweiligen Bodenrichtwert des Jahres 1974 bewertet werden.
Praktische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem GemHVO-Entwurf
Die vorhandenen ca. 27.000 Flurstücke führen zu einem Mengenproblem bei der Bearbeitung, da die systematische Erfassung des Anschaffungsjahres in der Vergangenheit nicht erforderlich und deshalb in den bestehenden Dateien nicht vorgesehen war. Deshalb ist das Anschaffungsjahr häufig nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand aus den Unterlagen des Amtes für Liegenschaften und Wohnen zu ermitteln, teilweise sind gar keine Unterlagen vorhanden. In § 62 GemHVO-E ist eine Abweichung von diesen Regelungen dann zulässig, wenn die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten
nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ermittelbar sind. Für den unverhältnismäßigen Aufwand bei der Ermittlung des
Anschaffungsjahres
sieht der bisherige GemHVO-Entwurf keine Ausnahmeregelung vor.
Von der Verwaltung wird daher folgende praktische Vorgehensweise vorgeschlagen:
a.
Flurstücke mit Kaufdatum ab 1990 / Ausweis mit genauem Anschaffungsjahr und –kosten:
Dabei handelt es sich um ca. 2.700 Kaufverträge mit ca. 7.000 Flurstücken. Diese Flurstücke werden mit den genauen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Erwerbszeitpunkt erfasst und bewertet. Sollte sich herausstellen, dass diese Flurstücke durch Veränderungen von Flurstücken entstanden sind, die vor 1990 schon im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart waren, so werden diese entsprechend den Flurstücken vor 1990 bewertet.
b.
Flurstücke mit Kaufdatum vor 1990 / Ausweis zum Bodenrichtwert 1974:
Für diese Flurstücke wird fiktiv das Anschaffungsjahr 1974 zugrunde gelegt. Die Bewertung erfolgt zu den Bodenrichtwerten aus dem Jahr 1974.
c.
Folgende Besonderheiten sind dabei zu beachten:
Für bestimmte Flurstücksarten wurden erstmals nach 1974 Bodenrichtwerte veröffentlicht. Hier werden die Werte der erstmaligen Veröffentlichung angesetzt, unter Berücksichtigung einer Marktanpassung auf das Jahr 1974. Bei Straßen, landwirtschaftlichen Grundstücken und Gartenland werden auch in den Erwerbsfällen zwischen 1990 und 2004 die Werte von 1974 zugrunde gelegt, wenn diese Flurstücke heute nicht mehr existieren. Das ist dann der Fall, wenn Flurstücke in einem anderen Flurstück untergegangen sind.
Der praxisorientierte Vorschlag der Verwaltung dürfte mit der nach dem Gesetzesentwurfstext vorgesehenen Vorgehensweise ergebnisbezogen gleichwertig sein.
Die Stadtkämmerei wird deshalb mit dem Innenministerium und der Gemeindeprüfungsanstalt Kontakt aufnehmen, um für das vorgesehene Vorgehen der Stadt die rechtliche Akzeptanz zu finden.
4. Gebäudeerfassung und -bewertung
Für die Gebäude ist die Bewertung anhand von rückindizierten Gebäudever-sicherungswerten vorgesehen. Die Methode ist lt. dem Referentenentwurf zur GemHVO zulässig und wird auch von der AG Bilanzierung vorgeschlagen. Sie ist weniger zeit- und personalintensiv, eine externe Beratung ist dazu nicht notwendig. Dafür muss in Kauf genommen werden, dass evtl. vorhandene Instandhaltungsstaus und Bauschäden nicht in den Werten enthalten sind. Dieser Nachteil kann evtl. durch entsprechende Abschläge beim Aktivvermögen ausgeglichen werden (derzeit im Gesetzgebungsverfahren noch offen).
Die stadtinterne Arbeitsgruppe „Bewertung des Anlagevermögens (Immobilien)“ wird sich auch mit den Gebäuden befassen. Es wurde bereits festgestellt, dass bei vielen Gebäuden zwar das Baujahr, jedoch nicht das Anschaffungsjahr bekannt ist, welches für die Bewertung mit Gebäudeversicherungswerten als Grundlage für die Rückindizierung dient. Das Baujahr kann vom Anschaffungsjahr abweichen, wenn ein Gebäude z.B. nicht selbst von der Landeshauptstadt Stuttgart gebaut wurde, sondern erst Jahre nach der Fertigstellung gekauft wurde. Daher wird beabsichtigt, hilfsweise das Baujahr als maßgeblichen Anschaffungszeitpunkt anzunehmen.
5. Bewegliches Vermögen
Für das bewegliche Anlagevermögen wird eine Änderung des § 62 GemHVO diskutiert. Danach kann künftig von einer Inventarisierung dieses Vermögens abgesehen werden, wenn deren Anschaffung oder Herstellung länger als sechs Jahre vor dem Stichtag der Eröffnungsbilanz zurückliegt. Davon sollen bei der LHS wertvolle Gegenstände ausgenommen werden (z.B. Feuerwehrfahrzeuge, sonstige PKW/Kfz, Kunstwerke).
Sollte diese Gesetzesfassung wider Erwarten so nicht beschlossen werden, soll wie folgt vorgegangen werden:
a. Sofern aktuelle Gerätebücher vorliegen, werden daraus die beweglichen Anlagegüter in SAP übernommen.
b. Alle vor dem 01.01.2010 abgeschriebenen beweglichen Anlagegüter werden nicht in die Anlagenrechnung übernommen.
6. Bereitstellung der für die Erfassung und Bewertung des Altvermögens erforderlichen Personalressourcen:
Obwohl, wie vorstehend dargestellt wurde, ein vereinfachtes Vorgehen bei der Erfassung und Bewertung des Altvermögens vorgesehen ist, wird ein temporärer Arbeitsaufwand entstehen, der die Bereitstellung zusätzlicher Personalressourcen erforderlich macht. Hierbei sollen vorrangig vorhandene Personalressourcen durch den Einsatz von geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern realisiert werden, die aus dem Sonderurlaub oder aus der Elternzeit zurückkehren und wieder bei der Stadt ihren Dienst aufnehmen bzw. noch für eine gewisse Zeit auf abzubauenden Stellen geführt werden. Nach ersten Ermittlungen ist für die Erfassung und Bewertung des Altvermögens (27.200 Flurstücke mit Aufwuchs und Aufbauten; 6.800 Gebäude/Gebäudeteile; ca. 1.200 Straßenkilometer; 2.900 Sonderbauwerke) zunächst von einem Personalbedarf in Höhe von rd. 16,5 Vollkräften auszugehen. Die zentrale Koordination des Personaleinsatzes erfolgt durch die Stadtkämmerei.
Das Personal soll für eine Zeit von ca. 2 Jahren auf abzubauenden Stellen (bei denen ggf. die kw-Vermerke um ca. 2 Jahre zu verlängern sind) bzw. bei Rückkehrern/Rückkehrerinnen ohne Planstelle geführt werden können. Es ist davon auszugehen, dass die Beschäftigungen in etwa hälftig auf abzubauenden Stellen bzw. ohne Planstellen erfolgen werden. Die hierfür erforderlichen stellenplanmäßigen Entscheidungen für die Verlängerung der kw-Vermerke werden zum Stellenplan 2008/09 herbeigeführt.
Die Ermittlung der künftig für die laufende Erfassung und Bewertung des städtischen Vermögens erforderlichen Personalressourcen wird nach Vorliegen entsprechender Erfahrungswerte vorgenommen werden.
Finanzielle Auswirkungen
Für die Erfassung und Bewertung des Altvermögens werden Personalkosten in Höhe von rechnerisch insgesamt 990.000 €/Jahr entstehen. Für die Beschäftigung von Rückkehrern/Rückkehrerinnen, zu der die Stadt rechtlich verpflichtet ist, entstehen die im Gesamtbetrag enthaltenen Personalkosten ohnehin.
Beteiligte Stellen
Referat AK
Michael Föll
Erster Bürgermeister
Anlagen
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Vorlage2172007.pdf