Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 236/2007
Stuttgart,
03/30/2007



Beschäftigung eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin für das Projekt "Stadtteilmarketing"



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
27.04.2007
09.05.2007



Beschlußantrag:


1. Vom Ergebnis der vorliegenden Diplomarbeit zum Thema „Entwicklung eines Stadtteilmarketingkonzepts exemplarisch dargestellt an den Stadtteilen der Stadt Stuttgart“ wird Kenntnis genommen.

2. Die Stabsabteilung Wirtschaftsförderung wird ermächtigt, einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin in der Entgeltgruppe 10 TVöD ab 1. Mai 2007 auf die Dauer von 2 Jahren ohne Blockierung einer Planstelle als Sachbearbeiterin für den Bereich Stadtteilmarketing zu beschäftigen. Ziel dieser Stelle ist es, zu prüfen, wie auf Grundlage der Diplomarbeit gemeinsam mit den Handels- und Gewerbevereinen, dem Bund der Selbständigen, der City Initiative Stuttgart und den örtlichen Werbegemeinschaften Stadtteilmarketingkonzepte umgesetzt werden können.

3. Die entstehenden Personalkosten (ca. 57.300 € p.a.) werden im HH-Jahr 2007 durch Sperrung bei AHSt. 1.7917.6200.000 Akquisitionsmaßnahmen/Standortmarketing gedeckt. Im Doppelhaushalt 2008/09 wird das Budget der Wirtschaftsförderung entsprechend gekürzt. Die durch einen Verzicht auf die Weiterförderung der Regionalen Kompetenz- und Innovationszentren (GRDrs. 892/2006) freiwerdenden Mittel werden hierfür verwendet.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

1. Einleitung

In den letzten Jahren haben sich die Zentren und Nebenzentren in den Stadtteilen Stuttgarts zunehmend verändert. Zwar hat sich die Situation je nach Zentrentyp unterschiedlich entwickelt, insgesamt jedoch kann man von einer zunehmenden Schwächung der zentralen Funktionen des Einzelhandels in den Stadtteilen ausgehen. Zu den zentralen Funktionen in den Stadtteilen gehört die Gewährleistung und Sicherstellung einer Grund- und Nahversorgung der Bewohner. Durch die zunehmende Mobilität der Bevölkerung und durch erhöhte Wahlmöglichkeiten zwischen Einzelhandelsstandorten kam es zu einer Zunahme an nicht integrierten Standorten auf der grünen Wiese. Vor allem um Stuttgart herum hat sich ein starkes Netz großflächiger Fachmärkte und Shopping Center entwickelt, das in erheblichem Maße die integrierten klassischen Einzelhandelsstandorte in den Stadtteilzentren schwächt. Die daraus resultierenden Probleme liegen neben der geringeren Kaufkraftbindung in der City und in den Nebenzentren der Stadt Stuttgart auch in der Verschlechterung der Nahversorgung und einem „Trading down“ mit zunehmenden Leerständen in Einkaufsstraßen. In den Bezirken Feuerbach, Möhringen, Mühlhausen sowie Vaihingen, Bad Cannstatt und Zuffenhausen konnten größere Einzelhandelseinrichtungen in die zentralen Lagen integriert werden. Die positive Entwicklung an diesen integrierten Standorten lässt sich sehr deutlich an der Entwicklung der Zentralitätskennziffern erkennen. Allerdings gibt es gerade für kleine und mittelständige Unternehmen weiterhin Handlungsbedarf. So sind die Rahmenbedingungen, auch bedingt durch den Strukturwandel, zur Entfaltung unternehmerischer Aktivitäten und zur Entwicklung der überregionalen Wettbewerbsfähigkeit noch zu gering ausgeprägt. Es zeigt sich auch, dass kleine Getränkehändler, Lebensmittelläden, Metzger und Bäcker, die die Grundversorgung in vielen Wohngebieten gewährleistet hatten, nicht mehr vorhanden sind. Gründe hierfür werden unter anderen in der fehlenden Unternehmensnachfolge im Einzelhandel gesehen. Läden mit geringer Ladenfläche und veralteter Einrichtung an nichtintegrierten Standorten werden nicht als gewinnbringend eingestuft und somit nicht nachgefragt.

Um die Situation in Bezug auf das Standortmarketing in den Stadtteilen Stuttgarts näher zu beleuchten, wurde von der Wirtschaftsförderung eine Diplomarbeit vergeben. Ziel der Arbeit war die Entwicklung eines Stadtteilmarketingkonzepts für die Stadtteile Stuttgarts, um den Missständen entgegenzuwirken und den örtlichen Einzelhandel und das Gewerbe zu unterstützen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Befragungen bei den Ortsvereinen und den Bezirksrathäusern zur Situation im Stadtbezirk durchgeführt, aber auch zu aktuellen Maßnahmen, die als Stadtteilmarketing eingestuft werden können. Des Weiteren wurden die Handels- und Gewerbevereine, der Bund der Selbständigen, die vorhandenen Werbegemeinschaften und mehrere deutsche Großstädte zu diesem Thema befragt. Die komplette Diplomarbeit ist im KSD als Pdf-Datei eingestellt.


2. Ausgewählte Ergebnisse der Diplomarbeit
2.1 Befragungsergebnisse
Fast jeder Stadtbezirk verfügt über eine Organisation zur Unterstützung des Einzelhandels, des Gewerbes sowie vieler Selbständiger vor Ort. Der Erfolg der Maßnahmen hängt vorwiegend ab vom Engagement der Ehrenamtlichen, einer guten Organisation und Planung, der Angebotsvielfalt und einem guten Service, der Kontinuität und somit dem hohen Wiedererkennungswert sowie der Einbindung aller.
Allerdings werden häufig nur Stadtteilfeste und größere Veranstaltungen durchgeführt, die nicht direkt zur Erhöhung des Abverkaufs im Einzelhandel führen. Hier könnte durch den Einsatz unterschiedlicher Instrumente im Marketing-Mix eingelenkt werden.
Ein klares Stadtteilleitbild sowie eine detaillierte SWOT- Analyse (Analyse der Stärken und Schwächen, Chancen und Gefahren) mit Herausstellung der Alleinstellungsmerkmale sind für die Positionierung des Stadtteils und auch für die Bewerbung neuer Mitglieder in den Ortsvereinen unerlässlich.
Die Einführung eines Stadtteilmarketings wird von allen Stadtbezirken sehr begrüßt.
Aus der Analyse anderer Großstädte Deutschlands hat sich ergeben, dass dieses Thema in allen Städten aktuell und wichtig ist, und dass durch verschiedene Maßnahmen versucht wird, hier einzulenken. Die meisten Großstädte nutzen vom Bund oder z.B. vom Land NRW bereitgestellte Fördermittel zur Kofinanzierung der Projekte. Eine etablierte langfristige Lösung für Stadtteilmarketing bieten die Städte Essen mit der N. N. GmbH (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht), in die das Stadtteilmarketing eingegliedert ist und die Stadt Dortmund mit dem Stadtbezirksmarketing.


2.2 Zielsetzung des Stadtteilmarketings

Positionierung jedes Stadtbezirks als „Marke“.
Herausbildung der besonderen Stärken oder Alleinstellungsmerkmale.
Vernetzung mit anderen Stadtteilen zu gegenseitigem Nutzen.
Alle Aktivitäten sollen die Stärkung der Wirtschaft als Oberziel haben.
Konsequente Orientierung an der Zielgruppe und an deren Bedürfnissen.
Bindung der örtlichen Kaufkraft.
Steigerung der Attraktivität der Stadtteilzentren und somit der Aufenthaltsqualität.
Frequenzsteigerung durch gezielte Marketing Maßnahmen.
Aufbau einer Identität bzw. eines Wir-Gefühls im Stadtteil.

2.3 Maßnahmen zur Aufwertung der Stadtteile

Optimierung des Branchenmix und Ausarbeitung von Empfehlungen für Eigentümer.
Schaffung von Anreizen für Hausbesitzer, Branchenmix- oder Nutzungsvereinbarungen zu treffen.
Veranstaltungen zur Stadtteilbelebung fördern evtl. unter Berücksichtigung von zu entrichtenden Sondernutzungsgebühren.
Verbesserung des Erscheinungsbildes der Geschäftsstraßen.
Einführung von gemeinschaftlicher Werbung des Einzelhandels nach dem Vorbild bereits erfolgreicher Werbegemeinschaften in Stuttgart.
Diverse gemeinschaftliche Verkaufsförderungsaktionen, Vereinheitlichung der Öffnungszeiten, Erarbeitung von Konzepten zur Bewältigung der Parkprobleme, Aufstellung von Park-Leit-Systemen.
Kooperationen mit den Bezirksbeiräten und evtl. Bezuschussung diverser Veranstaltungen zur Verbesserung der Einkaufsqualität in den Stadtteilzentren.


2.4 Empfehlung zur Einführung eines Stadtteilmarketings

Nach Abschluss der Diplomarbeit hält es die Wirtschaftsförderung, auch aufgrund der starken Resonanz aus den Stadtteilen und den Handels- und Gewerbevereinen sowie dem BDS, für angebracht, das Projekt Stadtteilmarketing weiter zu verfolgen und Lösungsansätze zur Umsetzung und Finanzierung zu entwickeln.


3. Anforderungsprofil der neuen Stelle bei OB/82

Bis zum Aufbau eines künftig eigenständigen Stadtteilmarketings wird vorgeschlagen, eine Person in einem Arbeitsverhältnis bei der Wirtschaftsförderung zu beschäftigen. Die Aufgaben der neuen Stelle sind: Akquirierung von EU-Fördergeldern für Stadtteilmarketingmaßnahmen.
Entwicklung von Stadtteilmarketingkonzepten in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort. (also dem BDS, den Handels- und Gewerbevereinen und Werbegemeinschaften, der CIS und der Verwaltung).
Erfahrungsaustausch und Know-how-Transfer mit den Bezirksverantwortlichen.
Aufbau organisatorischer und finanzieller Strukturen für dauerhafte Stadtteilmarketingaktivitäten.
Anlaufstelle und Lotsenfunktion. Zur Koordinierung und Steuerung der internen Prozesse in den Bezirken sollen die Bezirksvorsteher eingebunden werden. Aus der Untersuchung ging hervor, dass die Erfahrungen der Bezirksvorsteher und der umfangreiche Einblick in die Geschehnisse der Bezirke für das Stadtteilmarketing unerlässlich sind.

In Zusammenhang mit den oben angeführten Aufgaben ist weiterhin zu prüfen, ob das aktuell diskutierte Instrument eines BIDs (Business Improvement Districts) für die Finanzierung der Maßnahmen geeignet ist, oder ob die Bildung so genannter Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG), sozusagen die freiwillige Variante der BIDs, für die Aufwertung der Stadtteile eine sinnvolle Alternative darstellen.

BIDs werden häufig für bauliche Verbesserungen zur Aufwertung und Stabilisierung von Einzelhandelsstandorten und zur Beseitigung von strukturellen Defiziten eingesetzt. Sie können eine Möglichkeit sein, die Geschäftsstraßenentwicklung insbesondere in 1a und 1b Lagen nachhaltig positiv und in Eigeninitiative der Anlieger zu beeinflussen.

Zu beachten ist jedoch, dass außerhalb dieser Lagen, also in Stadtteilzentren, Immobilieneigentümer häufig gleichzeitig auch die Gewerbetreibenden bzw. Einzelhändler sind. Die Finanzierung der BIDs, die zusammen mit der Grundsteuer erhoben wird, wird durch die Eigentümer vorgenommen. Somit würde die Zwangsabgabe eine zusätzliche Belastung für diese kleinen- und mittelständischen Unternehmen (Einzelhandel, Gewerbe) bedeuten.

Grundvoraussetzung aller neuen Formen des PPP (Public Private Partnership) ist jedoch die Einsicht und die Bereitschaft der Immobilien- und Grundstückseigentümer, sich aktiv am Standort zu engagieren. Es wird daher die permanente Aufgabe aller Akteure sein, bei den Immobilien- und Grundstückseigentümern Überzeugungsarbeit für eine gemeinsame Stadtentwicklungspolitik zu leisten, unabhängig davon, ob im Rahmen eines BIDs oder einer anderen Standortgemeinschaft.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

AK und WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

127/2007

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen

1




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Vorlage2362007.pdf