Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
OB 0348
GRDrs
959/2005
Stuttgart,
10/20/2005
Rechenschafts- und Tätigkeitsbericht der Leiterin der Stabsstelle für individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
öffentlich
26.10.2005
Bericht:
Tätigkeitsbericht (Januar 2002 bis Oktober 2005)
I. Grundlagen der Gleichstellungspolitik der Stadt Stuttgart seit 2001
Mit dem
Gemeinderatsbeschluss
vom 27. Juli 2001 wurde die Gleichstellungsstelle als Stabsstelle für individuelle
Chancengleichheit neu konzipiert
(GRDrs 507/2001 und 1246/2001). Mit der erweiterten Zielrichtung von Gleichstellungspolitik sollte die Chancengleichheit von
Frauen und Männern
,
je nach individuellen Rahmenbedingungen, Lebens- und Berufswegplanungen,
umgesetzt werden. Damit ist eine
strategische Neuausrichtung
verbunden: Gleichstellung als Interessensvertretung von Frauen
und
Männern verbindlich auf allen Entscheidungs- und Handlungsebenen der Stadtverwaltung und Kommunalpolitik zur Maxime zu machen (Gender Mainstreaming). Der Unterschied zur früheren Frauenförderung besteht darin, dass auf der Grundlage tatsächlicher,
nachweisbarer ungleicher Chancen von Frauen und Männern
die
Ursachen
ermittelt und konkrete
Gegenmaßnahmen
von den jeweils
Verantwortlichen
entwickelt werden. Der Erfolg wird an der
Umsetzung
und den konkreten
Veränderungen
zu messen sein. Voraussetzung sind
Kooperationen
und
Kommunikation
, “neue Allianzen”, gerade zwischen Gleichstellungsbeauftragten, Wirtschaftsunternehmen, -verbänden, Kommunalverwaltung, NGO`s usw. und der Nachweis einer
win-win Situation für alle Beteiligten
.
Die
Gleichstellungsstelle
hat die Aufgabe der
Konzeptionierung, Steuerung und Gesamtverantwortung
für diesen Veränderungsprozess und die notwendige Netzwerkarbeit übertragen bekommen.
Methodisch
bedeutet dies eine
Doppelstrategie
:
integrierte Chancengleichheitspolitik
und
gezielte Frauenförderung bei Bedarf.
Folgende
Schwerpunkte
ergaben sich für die Gleichstellungsstelle
als kommunale Handlungsfelder:
1. Chancengleichheit für die Beschäftigten der Stadtverwaltung
zum städtischen Unternehmensziel zu erklären und konsequent umzusetzen.
2. Chancengleichheit für die in Stuttgart lebenden und/oder arbeitenden Menschen
als gesellschafts- und beschäftigungspolitischen und
Standortfaktor
zu begreifen und entsprechende Maßnahmen in Kooperation mit den Wirtschaftsunternehmen, Verbänden umzusetzen.
3. Frauen- und familienfreundliches Stuttgart
, insbesondere Stadtteilarbeit zu unterstützen und voran zu bringen.
4. Service-Beratungsleistungen
für Frauen anzubieten.
5. Marketing,
Dienstleistungen, Ergebnisse und Erfolge öffentlich zu machen und best practices zu transportieren.
II. Konkrete Zielgruppen, Zielsetzungen und Maßnahmen für die Jahre 2002 bis 2005
2002 - 2003
Zunächst wurden stadtintern (Stadt als Arbeitgeber) und extern (kommunale Infrastruktur, Personalpolitik der Wirtschaft) grundsätzlich die
Schwachstellen für Chancengleichheit
festgestellt, um auf einer sachlichen Ebene Handlungsfelder und Verantwortliche benennen zu können und Gegenstrategien zu entwickeln. Die Hauptproblematik zeigte sich im Bereich der Arbeitswelt, d.h. der schwierigen
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
schwerpunktmäßig für
Frauen
. Die Stabsstelle konzentrierte sich in den Jahren 2002 bis 2005 im Bereich Maßnahmen deshalb auf den Erwachsenenbereich: Förderung der Chancengleichheit von Frauen im Berufsleben mit Familie durch gezielte Umsetzung innovativer Projekte zur flexiblen Kinderbetreuung, Kooperationen und Abstimmung im Bereich familienfreundlicher Personalpolitik und kommunaler Dienstleistungen, Förderung der Chancengleichheit von Frauen
und
Männern nach Auffälligkeiten (Arbeitszufriedenheit, Fehlzeiten, Fluktuation etc.) in der KGMM-Analyse beim Pilotamt (AföO).
Stadtteilbezogen Zielgruppen
auf Chancengleichheit hin zu untersuchen und Defizite unter dem Begriff “Gesundheit” zu benennen. Besondere Probleme zeigten sich aufgrund des Zerfall unterstützender Familienstrukturen bei allein Erziehenden, Älteren und Migranten.
2004 - 2005
Weiterhin wurden als
Zielgruppen
für mehr
Chancengleichheit
erkannt:
-
Berufliche
Wiedereinsteiger
und Berufswegplanung nach Elternzeit
-
chancenarme Menschen
auf dem
2. Arbeitsmarkt
-
bei der Verflechtung
häuslicher Gewalt
Täter, Kinder und Migrantinnen
-
ältere Menschen
in Zusammenhang mit Stadtteilinfrastruktur (Altenhilfeplanung)
-
behinderte Menschen
-
Jungen
III. Aus der Zielgruppe und ihren Problemen ergaben sich konkrete Maßnahmen und Kooperationen:
2002 - 2003
Der Auftrag der Stabsstelle lautet, Chancengleichheit für Frauen und Männer in Stuttgart de facto im Rahmen der Doppelstrategie (Gender Mainstreaming/Frauenförderung) zu erreichen. Für 2002/03 wurde der Schwerpunkt auf den
Abbau von
Chancenungleichheit
- vor dem Hintergrund einer individuellen Lebens,- Familien- und Berufswegplanung von Frauen und Männern - durch eine kontinuierliche
Verbesserung der Vereinbarkeit von Leben, Familie und Beruf
, gelegt. Als Stabsstelle mit Querschnittsfunktion bestand die Herausforderung im Aufbau einer
effizienten Kooperationsstruktur
mit unterschiedlichen verwaltungsinternen, externen und politischen Bereichen. Die Aufgabe, Chancengleichheit strategisch in alle Politik und Handlungsfelder der Kommune einzubinden, gelang am konkreten Beispiel, d.h. dem Aufzeigen der jeweiligen win-win-Situation für die Beteiligten, auf unterschiedlicher Verantwortungsebenen in den Ämtern, Eigenbetrieben, Verbänden etc. Es gelang, entsprechende Nachhaltigkeit aufzuzeigen. Der Anspruch der Stabsstelle, außerhalb der jeweiligen Pflichtaufgaben der Ämter,
neue Ansätze zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf
auf den Weg zu bringen, durch entsprechend kooperative komplexe Projekte Verantwortliche zu vernetzen (private-public partnership) und auch
kooperative Finanzierungsmodelle
zu entwickeln und umzusetzen, konnte erfüllt werden. Somit konnte die Stabsstelle, die für eine Querschnittsfunktion notwendige
Verknüpfung zentraler und dezentraler Steuerung,
exemplarisch aufzeigen und umsetzen. Diese Pilotfunktion wurde laufend ausgebaut und der entsprechende Transfer auf andere Bereiche der Stadtverwaltung mit Querschnittsfunktion überprüft.
Schwerpunkt 2003 war die
pilothafte Entwicklung und Erprobung konkreter Projekte und Maßnahmen
zur Realisierung einer chancengleichen Personalpolitik als
win-win-Situation
für alle Beteiligten, zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Leben und Beruf. Es gelang die Verabschiedung eines
konkreten Maßnahmepakets
für das Pilotamt AföO zur
pilothaften Umsetzung
, Evaluation und
Transfer in andere Ämter
. Parallel wurde ein pilothafter Transfer des KGMM-Modells vom AföO in das Jugendamt (Abt. Erziehungshilfen); Sozialamt (Altenhilfe) und das Klinikum Stuttgart initiiert; konkrete Ergebnisse liegen vor. (Dokumentationen können bei OB-ICG angefordert werden.)
Durch gezielte Erhebungen zum Bedarf an
flankierenden Serviceleistungen
zur besseren
Vereinbarkeit von Familie, Leben und Beruf
konnten neue Initiativen zur flexiblen Kinderbetreuung auf den Weg gebracht werden. Die Evaluation dazu erfolgt in 2004. Die Vielzahl der bereits
vorhandenen
städtischen und nichtstädtischen Angebote in den Bereichen Kinderbetreuung, Pflege- und Haushaltsdienstleistungen werden im Rahmen des ESF-Projektes virtuelle Dienstleistungskoordinierungsstelle (Familienportal) transparent gemacht, die Nutzbarkeit erleichtert, weitere Bedarfsanalysen zur Initiierung konkreter Angebote ermöglicht sowie ehrenamtliches Engagement und marktfähige kommerzielle Geschäftsideen in den genannten Dienstleistungsbereichen gefördert.
Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen
, Aufbau eines
Netzwerks
zur konkreten Verbesserung der personalpolitischen Maßnahmen, Verbesserung der kommunalen In-frastruktur durch Umfrage bezüglich Bedarfe und Möglichkeiten flexibler Kinderbetreuung, Kooperation mit Behörden, Unternehmen, Anbietern.
2004 - 2005
Genderspezifische Erhebungen
zum Abbau von Benachteiligung für chancenarme Frauen auf dem Stuttgarter
Arbeits- und Beschäftigungsmarkt
wurden gemacht, ebenso Erhebungen über die
Situation älterer Menschen
im Rahmen des Altenhilfeplans, mit dem Ziel, den Fachämtern notwendige Hinweise für ihre Arbeit zu liefern. Zum
Abbau der häuslichen Gewalt
gegen Frauen und Männer wurden im Rahmen der Koordinationsstruktur neue Bausteine (Migration, Kinderschutz und Täterarbeit, Prävention, Öffentlichkeitsarbeit, Dialog der Fachleute) entwickelt und umgesetzt.
Durch das
Familienportal
als virtuellem Marktplatz konnten die Dienstleistungen der Kommune, freien Träger etc. zum Thema Häusliche Pflege, Haushaltsnahe Dienste, Kinderbetreuung von der Kita über die Schule bis zum Spielplatzfinder, aufbereitet und transparent für die Nutzer gemacht werden. Dadurch wurde die Kooperation verschiedener Verwaltungseinheiten gefördert.
Neue Dienstleistungen
werden in Kooperation entwickelt und gefördert (z.B. Ferienbetreuung). Durch eine Hotline und kontinuierliche Betreuung soll das Portal am Leben gehalten werden.
In Zusammenhang mit notwendiger
familienfreundlicher Unternehmenspolitik
wurden Erhebungen und konkrete Umsetzungen von best practices durch Erfahrungsaustausch mit Verantwortlichen aus Kommunen, Unternehmen, Verbänden gemacht. Dies wird 2006 institutionalisiert als landesweites Vorzeige-Pilotprojekt “Praxisunternehmensnetzwerk” (siehe GRDrs 856/2005).
IV. Erfolge und Finanzen
Es konnten
neue effiziente
Kooperationen
aufgebaut werden, die die
Gleichstellungspolitik
der Stadt Stuttgart tatsächlich sowohl verwaltungsintern als auch extern zu einem
wichtigen Handlungsfeld
machten. Die Rolle eine “Nebengleises” unter dem viele Gleichstellungsstellen leiden, konnte in Stuttgart aufgehoben werden unter Einbeziehung von Frauengruppen und Initiativen.
Folgende
Erfolgsschwerpunkte
sind zu nennen:
Personalwirtschaftlich
werden über das KGMM wichtige Impulse für die
Stadt als Arbeitgeber
gesetzt, über den regionalen
Runden Tisch
zur
Chancengleichheit
, der permanent an Teilnehmern zunimmt (2005 z.B.: Ikea, Porsche, Hallische Versicherung, Daimler Bank, Techniker Krankenkasse u.a.) und das aufzubauende
Unternehmenspraxisnetzwerk
werden gute Beispiele familienfreundlicher Maßnahmen verbreitet und nachhaltig umgesetzt, über das
Familienportal
werden kommunale Dienstleistungen aufbereitet und transparent gemacht und weiterentwickelt,
Aufgreifen “pfiffiger Ideen”
als
Pilotprojekte
zur besseren
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
(flexible Kinder-Ferien-Notfallbetreuung, effiziente Durchführungs- und Finanzierungskooperationen zwischen Kommune, Wirtschaft, freien Trägern und NGO`s),
Messbarkeit von Gleichstellungspolitik
,
Anerkennung der Arbeitsinhalte und –ergebnisse
der Gleichstellungsstelle durch zahlreiche Veröffentlichungen und Vortrags- / Beratungsanfragen, durch Akquise von Projektfördermitteln.
Für das
Jahr 2006 – 2007
stehen für das ESF-Projekt Unternehmensnetzwerk 215.000 € zur Verfügung, vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg werden 95.000 € zur Verfügung gestellt, bei einer unbaren Kofinanzierung durch vorhandenes Personal (OB-ICG) in Höhe 42.000 €, Barmitteleinsatz von 10.000 € und restlicher Kooperationskofinanzierung .
Für das
Jahr 2006-2009
könnten bei Förderbewilligung im Rahmen eines vom Bund geförderten Projekts 885.000 € abgerufen werden bei einer unbaren Kofinanzierung über vorhandenes Personal und Kooperationen in Höhe von 500.000 €.
.
V. Fazit und Nachhaltigkeit
Die
Integration der Gleichstellungspolitik
in das Alltagsgeschäft der Stadtverwaltung als Impulsgeber und wichtiger Kooperationspartner für Wirtschaftsunternehmen, Wirtschaftsförderung und Verbände sollte weiter betrieben werden. Die
Querschnittsaufgabe
der Förderung der Chancengleichheit erfordert strategische Steuerung, Kommunikation und Kooperation mit jeweils wechselnden Partnern. Dieser Aufgabe widmet sich die Gleichstellungsstelle auch weiterhin schwerpunktmäßig. Die Nachhaltigkeit der Ergebnisse ihrer Arbeit hängt von der Implementierung in den Regelbetrieb ab und
Zusammenarbeit über die Verwaltungseinheiten
hinweg.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
wird weiterhin das
Schwerpunkthema
für Chancengleichheit von Frauen und Männern sein, unter Berücksichtigung der mittelbar Betroffenen (Kinder, Ältere). Das
Familienportal
wird durch eine kontinuierliche Betreuung weiterentwickelt und betreut.
Zusammenarbeit
mit Wirtschaftsunternehmen, Verbänden und gesellschaftspolitischen Gruppen (NGO`s) wird weiterhin Schwerpunkt einer erfolgreichen Gleichstellungsarbeit sein.
Beteiligte Stellen
Dr. Wolfgang Schuster
Anlage 1 zu GRDrs 959/2005