Protokoll: Verwaltungsausschuß des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
458/2003
GZ:
OB 5672-02
Sitzungstermin: 05/21/2003
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Dr. Lang, die Herren Ebinger (SüdLeasing) und Ruf (VfB Stuttgart e. V.)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Modernisierung Gottlieb-Daimler-Stadion, 3. BA;
Alternative Überlegungen des VfB Stuttgart zum
Umbau des Gottlieb-Daimler-Stadions
in ein reines Fußballstadion

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 20.05.2003, öffentl., Nr. 309

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 08.05.2003, GRDrs 458/2003, mit folgendem

Beschlussantrag:
Nach der Vorlagenerstellung sind zu dem im Betreff genannten Thema noch folgende Anträge gestellt worden:

- Antrag Nr. 119/2003 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 07.05.2003 "Großveranstaltungshalle am Wasen - Stadionausbau - Neuorganisation im Veranstaltungsbereich"

- Antrag Nr. 124/2003 der FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion vom 13.05.2003 "Gottlieb-Daimler-Stadion: Wie geht es weiter?"

- Antrag Nr. 134/2003 der CDU-Gemeinderatsfraktion, der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion und der FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion vom 20.05.2003 "Umbau des Gottlieb-Daimler-Stadions in ein multifunktionales Fußballstadion"

Beigefügt ist diesem Protokoll neben diesen Anträgen die zur Austeilung gekommene Präsentation "Ein multifunktionales Fußballstadion für den VfB! Wirtschaftliche Auswirkungen".


I. Einführung

Von OB Dr. Schuster werden die Vertreter des VfB Stuttgart sowie der Vertreter der Firma SüdLeasing begrüßt.

Einvernehmen wird darüber erzielt, die gestern im Ausschuss für Umwelt und Technik thematisierte Machbarkeitsstudie nicht weiter zu besprechen, sondern heute schwerpunktmäßig auf die wirtschaftlichen Belange des Projektes einzugehen.

Von Herrn Ebinger wird in der Folge vorgetragen, die SüdLeasing beabsichtige, das Projekt zu finanzieren. Die Konstruktion sehe vor, dass eine Objektgesellschaft der SüdLeasing ein Erbbaurecht an dem Grundstück einschließlich des Stadions eingeräumt bekomme. Für dieses Erbbaurecht würde die Objektgesellschaft dann jährlich einen Erbbauzins in Höhe von 500.000 € bezahlen. Die Objektgesellschaft selbst verpflichte sich, die Umbaumaßnahmen durchzuführen, und zwar exakt so, wie diese Maßnahme im Pflichtenheft gegenüber dem Organisationskomitee der Fußballweltmeisterschaft 2006 von Seiten der Stadt beschrieben worden sei. Von der Objektgesellschaft werde die vollständige, termin- bzw. fristgerechte Fertigstellung der Umbaumaßnahmen garantiert. In der Folge solle dann das Stadion an eine Betreibergesellschaft vermietet werden. Diese Gesellschaft stelle der VfB Stuttgart. Im Übrigen stehe die Objektgesellschaft auch dafür ein, dass mit den vorgesehenen Gesamtkosten (75,5 Mio. €) alle Verpflichtungen erfüllt werden könnten, die erforderlich seien, um die Maßnahme fristgerecht WM-tauglich fertigzustellen. Nicht erforderlich sei es, dass die Stadt Stuttgart für die von der Objektgesellschaft zur Durchführung der Maßnahmen aufzunehmenden Darlehen eine Bürgschaft übernehme. Weiter sei nicht erforderlich, dass die Stadt Stuttgart sich in irgendeiner Weise mit Zahlungen/Zuschüssen o. ä. an dem Vorhaben beteilige. Lediglich die Bestellung des Erbbaurechtes sowie die Verpflichtung der Stadt, dass von einem Heimfallrecht Gebrauch gemacht werde, sei erforderlich. Unter dem Heimfallrecht sei die Rückübertragung des Erbbaurechts und des Stadions für den Fall zu verstehen, falls die Objektgesellschaft ihre Verpflichtungen gegenüber der refinanzierenden Bank nicht erfüllen könne. Dies stelle den Absicherungsmechanismus dar.

Abhebend auf die gestrige Behandlung der Machbarkeitsstudie im Ausschuss für Umwelt und Technik können nach Einschätzung von Herrn Ruf folgende Ergebnisse festgehalten werden:
- zeitliche und technische Realisierbarkeit
- rechtzeitige Fertigstellung zur Fußball-WM 2006
- rechtliche Fragen können rechtzeitig geklärt werden.

Anschließend geht Herr Ruf auf die in der Präsentationsmappe enthaltene Cash-Flow-Betrachtung ein. Er führt dabei aus, im Wesentlichen gebe es bei der Cash-Flow-Betrachtung in drei Punkten unterschiedliche Auffassungen zwischen dem VfB Stuttgart und der Verwaltung.

Im Rahmen eines gemeinsamen Termins mit Mitgliedern des Sportamtes und der Finanzverwaltung sei die Cash-Flow-Betrachtung zur Abgleichung der Zahlen zwischen der Stadt und dem VfB überarbeitet worden. In der zweiten Spalte von links werde die städtische Situaion bei einer Multifunktionsarena dargestellt (Unterdeckung ca. 3,6 Mio. €). In der zweiten Spalte von rechts sei die städtische Situation bei einem reinen Fußballstadion ersichtlich (Wegfall der Betriebskosten, Wegfall der Einnahmen, Wegfall der Refinanzierungskosten für den 3. BA). Dagegen werde die Erbpacht gerechnet, was zu einem wirtschaftlichen Ergebnis von 3,4 Mio. € führe. Dies entspräche einer Entlastung des städtischen Haushaltes von ca. 230.000 €/Jahr. Ab 2008, da dann das Thema Stadiongroschen aus der Finanzierung des 1. BA anstehe, würde sich eine veränderte Situation ergeben. In der rechten Spalte werde die Situation der Objekt- und Betreibergesellschaft beschrieben. Auf die aus dieser Spalte hervorgehenden Steigerungspotenziale von rund 1 Mio. €/Jahr werde er noch zu sprechen kommen.

Die zweite Fassung der Cash-Flow-Betrachtung fuße auf einer überarbeiteten Betrachtung des Sportamtes und des Büros Prof. Weiß & Partner. Verschiedene Positionen wie die Planungsleistungen für den 3. BA, Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen und Ersatzinvestitionen/Jahr seien hier zugerechnet. Dies führe zu einer Verschlechterung des städtischen Haushaltes von 350.000 €/Jahr. Auf einzelne Dinge, wie z. B. verlorene Planungskosten, wolle er nicht eingehen.

Das Finanzierungskonstrukt sei hier mit 31 Mio. € eingestellt. Themen wie "kreuzungsfreie Fantrennung" werden noch zu weiteren Kosten führen. Diese seien in der Planung des Vereins bereits enthalten, sodass er, damit die Zahlen entsprechend angeglichen werden können, eine entsprechende Zurechnung vornehme. Um eine vergleichende Betrachtung darstellen zu können, seien die Beträge von 3 Mio. € und 2,6 Mio. € der Stadt nicht herausgenommen worden. Herausgenommen seien jedoch die 230.000 €/Jahr für Ersatzinvestitionen. Diese könnten dem VfB nicht zugerechnet werden. Bei dieser Variante ergebe sich eine Verbesserung des städtischen Haushaltes von 400.000 €/Jahr. Auch hier wolle er nochmals die ab 2008 veränderte Situation in Erinnerung rufen.

Sollte der Zuschuss der EnBW für ein anderes Projekt zur Verfügung stehen, würde dies zu einem städtischen Vorteil in Höhe von 680.000 €/Jahr führen. Aufzeigen wolle er, dass die derzeit bekannten Vorgaben und Zahlen durchaus zu einer Entlastung des städtischen Haushaltes führen könnten.

Wie sich die 1 Mio. € des VfB Stuttgart, welche in der Betreibergesellschaft zusätzlich eingenommen werden müsse, zusammensetze, sei bereits in der gestrigen Beratung des Ausschusses für Umwelt und Technik teilweise ausgeführt worden. Ausgegangen werde von einer Personal- und Betriebskostenoptimierung, wenn das Stadion in eine privatwirtschaftliche Betreibung komme. Auf die angenommenen Zuschauersteigerungen sei ebenfalls bereits gestern eingegangen worden. Der Unterschied zwischen einem Stadion in seiner jetzigen Prägung und einem multifunktionalen Fußballstadion führe zu der Prognose, dass ein neues Stadion zusätzlich ca. 1.000 Zuschauer durchschnittlich pro Spieltag erbringe. Dies bedeute eine Mehreinnahme von rund 200.000 €/Jahr (5.000 Zuschauer (Steigerung um 20 % gegenüber dem Status quo) entsprechen einer Steigerung von ca. 1 Mio. €). Die Beispiele in Gelsenkirchen und Hamburg mit Steigerungspotenzialen von 40 bis 50 % zeigten, dass diese vom VfB zugrunde gelegte Annahme nicht unrealistisch sei.

Bei dem Punkt "verbilligte, sichtbehinderte Plätze" gehe es um die momentan 3.000 bis 3.500 erheblich sichtbehinderten Plätze im Stadion, die lediglich mit Preisabschlägen zu verkaufen seien. Solche Plätze werde es in einem multifunktionalen Fußballstadion nicht mehr geben, sodass auch für diese Plätze Normalpreise erzielt werden könnten (Verbesserung um ca. 1 Mio. €/Jahr bei unterstellten 500.000 Besuchern/Saison). Angesichts einer verbesserten Infrastruktur ließen sich wohl auch erhöhte Erlöse aus Gastronomie und Catering gewinnen. Durch eine andere, bessere Stimmung in einem multifunktionalen Stadion werde zudem auf eine bessere Auslastung des Business-Centers gehofft. Eine um 10 % bessere Auslastung ergäbe rund 650.000 €/Jahr. Weitere zusätzliche Erträge würden durch Drittveranstaltungen und durch eine bessere allgemeine Vermarktung, z. B. Gebäudevermarktung, erhofft.

Unbestritten steige das Haftungsrisiko für die Landeshauptstadt an. Die Stadt sei momentan mit 31 Mio. € in der Finanzierung, ggf. auch mit einem höheren Betrag. Im Modell des Vereins stünden 45 Mio. € zu Buche. Dies ergebe ein zusätzliches Haftungsrisiko in der Größenordnung von 14 Mio. €. Dieses würde sich aber Jahr um Jahr verringern, und zwar für den Fall, dass der VfB seinen Verpflichtungen über die Betreibergesellschaft nachkomme, da es sich um ein annuitätisches Darlehen und um Tilgungsleistungen handle, wodurch das Haftungsdarlehen und das Haftungsrisiko sich Jahr für Jahr für die Stadt minimiere. Die geringere Wahrscheinlichkeit der Haftungsübernahme durch die Stadt aufgrund des Steigerungspotenzials sei unter wirtschaftlichen Betreibungsaspekten zu betrachten. Ein Vorteil bei der Stadt werde nicht gesehen, auch keine zusätzliche Verschuldung. Dies sei herausgearbeitet. Da keine zusätzliche Verschuldung erfolge, seien die eingeplanten Mittel in Höhe von 31 Mio. € zunächst freie liquide Mittel. Unterstellt werde dabei die freie Verwendung des EnBW-Zuschusses für ein anderes Projekt. Der Vorteil für den städtischen Haushalt liege in dessen Entlastung und in einer gewissen Planungssicherheit.

Momentan seien die Abgaben, die der Verein an die Stadt abführe, zunächst von der sportlichen Situation abhängig. Diese Unsicherheit für den städtischen Haushalt würde entfallen, da diese auf die Betreibergesellschaft übergehe. Folgeinvestitionen für z. T. 70 Jahre alte Bausubstanz entfielen; ein multifunktionales Fußballstadion weise in allen Gebäudeteilen eine neue Bausubstanz auf. Sollte lediglich ein 3. BA stattfinden, würden sich nur in Teilbereichen partielle Veränderungen ergeben, aber die Bausubstanz im unteren Bereich der Gegentribüne und in den Kurven bliebe erhalten.

Zu den erwarteten Vorteilen durch eine gestiegene Wettbewerbsfähigkeit des Stuttgarter Standortfaktors Spitzenfußball habe er in der gestrigen Sitzung bereits Ausführungen gemacht.

Der Verein, so Herr Ruf weiter, lasse sich gerne an den von ihm genannten Kriterien messen. Es werde aber auch darum gebeten, andere Veranstalter ebenfalls an solchen Kriterien zu messen.


II. Wortmeldungen von Ausschussmitgliedern

Mit sich verändernden Zeiten, so StR Föll (CDU), änderten sich auch die Anforderungen an Stadien. Die vom VfB Stuttgart vorgetragenen Argumente bezeichnet er, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch was die Attraktivität des Vereins angeht, als überzeugend. Insoweit stehe seine Fraktion dem Thema - und dies sei ja auch in dem gemeinsamen Antrag zum Ausdruck gebracht - durchaus aufgeschlossen und positiv gegenüber. Mit dem Antrag würden die Eckpunkte benannt, die aus Sicht der antragstellenden Fraktionen für ein Finanzierungskonzept vorhanden sein müssten. Die Grundaussage des Antrages laute: "Ja, wir wollen ein Fußballstadion, aber das Risiko der Stadt darf in finanzieller Hinsicht nicht den städtischen Investitionsbedarf (31 Mio. €) des 3. BA übersteigen". Die sich weiter verschlechternde städtische Finanzsituation lasse keinen weiteren Spielraum zu. Sollte der Gemeinderat eine positive Entscheidung in Aussicht stellen, liege es am Verein und an den Partnern des Vereins, der Wirtschaft in der Landeshauptstadt und der Region, für eine qualitative bauliche Verbesserung zu sorgen. Ohne ein entscheidendes Engagement der Privatwirtschaft ergebe sich keine Lösung. Wenn bis Juli die im Antrag genannten Bedingungen nicht erfüllt werden könnten, habe der Gemeinderat darüber zu entscheiden, ob der 3. BA in seiner ursprünglich konzipierten Form realisiert werden solle.

Der Antrag bringe zum Ausdruck, dass der VfB Stuttgart für die Landeshauptstadt eine ganz außergewöhnliche Bedeutung habe. Im Grunde genommen sei dieser Verein schlechthin der sportliche Botschafter Stuttgarts. Seine Fraktion habe das Interesse, diesem Botschafter im Rahmen der städtischen Möglichkeiten die besten Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen. Von daher hoffe er, dass es dem Verein gelinge, die im Antrag aufgeführten Punkte zu erfüllen, damit dann im Juli eine Entscheidung für ein reines Fußballstadion getroffen werden könne.

Von StR Kanzleiter (SPD) wird angemerkt, natürlich könnten die Argumente, die Wünsche und die Vorgehensweise des VfB Stuttgart nachvollzogen werden. Unmissverständlich müsse festgestellt werden, dass der Antrag Nr. 134/2003 für das vom Verein verfolgte Ziel eine sehr hohe Hürde darstelle. Seine Fraktion nehme eine skeptische Haltung ein. Die Diskussion sollte ehrlich geführt werden. Nicht in Abrede stellen wolle er, dass das heute vorgestellte Konzept bei einer positiven Entwicklung durchaus aufgehen könne. Allerdings gebe es derzeit keinerlei Hinweise zum Engagement von Sponsoren. Gegebenenfalls müsse zur abschließenden Entscheidung von der Verwaltung eine Vorlage vorgelegt werden, welche einen Beschlussantrag beinhalte, der sämtliche Risiken abdecke.

StR Wölfle (90/GRÜNE) nimmt Bezug auf aktuelle, im Internet eingestellte Nachrichten, die besagen, dass Leichtathletikverbände der Stadt Stuttgart die Austragung von Spitzenveranstaltungen bis hin zur Austragung einer Weltmeisterschaft in Aussicht stellen. Wenn alle diese Veranstaltungen in Stuttgart durchgeführt würden, ergäbe sich ein ähnliches städtisches Finanzrisiko wie es die Konzeption des VfB Stuttgart beinhalte. Mit dem gemeinsamen Antrag hätten die Antragsteller dem Verein signalisiert, dass sich weitere Planungen lohnten, damit am 03.07. eine entscheidungsreife Vorlage vorgelegt werden könne.

Nach Einschätzung von StR J. Zeeb (FW) hat sich der Gemeinderat bei seinen Beschlüssen zum Ausbau des Gottlieb-Daimler-Stadions für den Fußball, aber auch für die Leichtathletik im Stadion ausgesprochen. Immer wieder werde bestätigt, dass es sich um ein sehr schönes Stadion handle, und mit den anstehenden Umbauten (3. BA) würde dieses Stadion weiterhin konkurrenzfähig sein. Daher werde der Umbau in ein reines Fußballstadion von der Gemeinderatsfraktion Freie Wähler als nicht opportun angesehen. Das heute Vorgestellte sei eine Momentaufnahme, welche zu sehr auf den Fußball ausgerichtet sei. Trotz der heute stattgefundenen sehr guten Präsentation der Finanzierungskonzeption würden Risiken gesehen. Im Einzelnen führt er zurückgehende Fernsehgelder, fehlende Sponsoren und die kurze Planungsphase für das Projekt an.

Anschließend plädiert StR R. Zeeb (FDP/DVP) dafür, nicht in Hektik zu verfallen. Ein solches Projekt mache eine Grundsatzdiskussion notwendig. Er bitte die Verwaltung, neben dem Antrag Nr. 114/2003 auch den nach der Vorlagenerstellung gestellten Antrag Nr. 124/2003 bis zur morgigen Gemeinderatssitzung zu beantworten. Neuen Dingen müsse der Gemeinderat aufgeschlossen gegenüberstehen. Die neuen Überlegungen müssten abgewogen werden. Wenn es zum Nutzen der Stuttgarter Bevölkerung und auch zum Nutzen der Region sei, könnte durchaus auch Ungewöhnlichem, sofern es sich bei dem Erbpachtbetrag von jährlich 500.000 € um einen realistischen Betrag handle, nähergetreten werden. Auch wenn eine Entscheidung für den 3. BA erfolge, bestünden Finanzierungsrisiken.

Angesichts der Bedeutung der Leichtathletik in Stuttgart spricht StR Föll von einer schwierigen Entscheidung. Ein Stadion in der Größe des Gottlieb-Daimler-Stadions sei allerdings nur für absolute Spitzen-Leichtathletik-Veranstaltungen erforderlich, wobei gesehen werden müsse, dass Spitzen-Leichtathletik-Veranstaltungen wie eine Weltmeisterschaft oder eine Europameisterschaft auch in Zukunft nur limitiert nach Stuttgart geholt werden könnten. Hier stelle sich die Frage, ob der Hauptnutzer des Stadions hinsichtlich seiner qualitativen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt werden solle, um die vage Hoffnung aufrechtzuerhalten, in den nächsten zwei oder drei Jahrzehnten vielleicht irgendwann einmal wieder eine Leichtathletik-Weltmeisterschaft oder -Europameisterschaft ausrichten zu können. Diese Veranstaltungen seien zudem auch sehr kostenintensiv. Sollte es dem VfB gelingen, seine Vorstellungen umzusetzen, müsste sich der Gemeinderat darüber unterhalten, wie die Leichtathletik (die in Stuttgart engagierten Vereine) mit einer modernen Leichtathletik-Anlage unterstützt werden könnten. Derzeit mangele es an Möglichkeiten, württembergische oder süddeutsche Meisterschaften durchzuführen.

StR Kanzleiter äußert den Wunsch, dass Stuttgart auch weiterhin eine Sportstadt bleibt. Wenigstens die bedeutendsten Sportarten müssten abgedeckt werden. Zu klären sei in diesem Zusammenhang, welche Mittel z. B. in das Festwiesenstadion investiert werden müssten, damit dort wenigstens Deutsche oder Europameisterschaften in der Leichtathletik stattfinden könnten. Im Zusammenhang mit dem heutigen Thema müsse eine realistische Alternative für die Leichtathletik angedacht werden. Der Wegfall der Leichtathletikbahn im Gottlieb-Daimler-Stadion wäre nicht gleichbedeutend mit dem "Tod der Leichtathletik in der Landeshauptstadt bzw. in der Region". So gebe es z. B. in Sindelfingen ein Stadion, welches den Anforderungen für eine Deutsche Leichtathletikmeisterschaft durchaus entspreche. Auch müsste über die Zukunft des Festwiesenstadions nachgedacht werden. Dieses müsste auch gegenüber der Bevölkerung dargestellt werden.

Zum Thema Vergaberecht erklärt StR Kanzleiter, geklärt werden müsse, ob bei einer Umsetzung der VfB-Konzeption von einer öffentlichen Ausschreibung abgesehen werden könne. Sollten sich in diesem Zusammenhang im Herbst dieses Jahres Klagen ergeben, könnte die Gefahr bestehen, das Stadion nicht rechtzeitig bis zur Fußball-Weltmeisterschaft fertigstellen zu können. Dieses Risiko müsse unbedingt vermieden werden. Sinngemäß bemerkt StR Kugler (90/GRÜNE), bis zum 03.07.2003 müsse abgeklärt werden, wie vorgegangen werden könne, ohne ein Klagerisiko einzugehen.


III. Abschließende Stellungnahmen durch OB Dr. Schuster, EBM Dr. Lang und Herrn Ruf

Außer Frage steht für OB Dr. Schuster, dass der VfB Stuttgart in Sachen Sport der wichtigste Botschafter für die Landeshauptstadt, ja für Baden-Württemberg darstellt. Er bezeichnet den Verein als herausragenden Imageträger. Unstreitig seien die erheblichen Vorteile für den Bundesligabetrieb durch ein Fußballstadion. Neben der Möglichkeit für den Verein, Mehreinnahmen zu erzielen, würden sich auch Vorteile für die Besucher ergeben. Hauptnutzer des Stadions sei der VfB Stuttgart und dies werde der Verein auch bleiben. Antworten könnten heute nur zu Fragen gegeben werden, zu denen präzise Informationen vorlägen. Dies sei z. B. bei Punkten wie Vergaberecht, Bauprogramm, technische Ausstattung und Baupreis nicht in erforderlichem Umfang der Fall, weshalb nochmals eine Abgleichungsphase benötigt werde. Versucht werden müsse, eine solide Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten.

Er habe auf die ihm gestellte Frage, ob die Landeshauptstadt bereit sei, zusätzliche Mittel für dieses Projekt einzustellen, erklärt: "Nein, ich gehe nicht davon aus, dass wir zusätzliche Mittel zur Verfügung haben". Inwieweit das vom Verein Angestrebte realistisch sei bzw. welche Risiken damit verbunden seien, darauf könne heute sicherlich niemand eine Antwort geben. Hier handle es sich um eine sehr schwierige Abschätzung. Bei der Objektgesellschaft handle es sich um eine Tochter der SüdLeasing, deren Aufgabe es einzig und allein sei, den Bau durchzuführen und das Projekt finanziell abzuwickeln. Die Betreibergesellschaft sei mit dem Verein identisch. Drittmittel gebe es in diesem Konstrukt keine, was bedeute, wenn eine Leistungsstörung auftrete und der Verein seine Lizenz nicht verlieren wolle, müsse - wie bislang auch - die Stadt einspringen. Aufgrund der veränderten Fernsehrechte - dieses Thema sei weiterhin in der Schwebe - und der daraus resultierenden angespannten Finanzlage des Vereins sei die Stadt vom VfB gebeten worden, die Zahlungsverpflichtungen aus dem 2. BA zu stunden. An dieser Rechtskonstruktion ändere sich faktisch nichts, es sei denn, Drittmittel könnten gewonnen werden. Er wolle nicht verhehlen, dass er die Enttäuschung von Entscheidungsträgern des Vereins darüber teile, dass es bisher nicht gelungen sei, "die Wirtschaft mit ins Boot zu holen". Vielleicht gelinge dies aber noch in den nächsten vier Wochen.

Die Cash-Flow-Betrachtung sei durchaus korrekt, entscheidend sei aber nicht, z. B. zu sagen, dass es eine Nullrechnung gebe. Entscheidender sei vielmehr, ob die getroffenen Annahmen auch eintreten.

Vertraglich vereinbart sei, dass der Stadiongroschen nach der kompletten Refinanzierung des 1. BA im Jahr 2008 auslaufe. Ein zweiter Vertrag beinhalte die Vereinbarung, dass der Stadiongroschen zur Verkürzung der Laufzeit der Refinanzierung des 2. BA eingesetzt werden könne, nach entsprechender Verständigung mit dem Verein. Dieses Thema sei heute allerdings nicht relevant; bekanntlich befinde sich die Refinanzierung des 2. BA in einer schwierigen Lage. Gegebenenfalls müsste 2007 darüber gesprochen werden, den Stadiongroschen zur Refinanzierung des 2. BA zu verlängern.

Den Antrag Nr. 134/2003 bezeichnet Herr Ruf als einen kaum erlaufbaren Steilpass. In Bezug auf den Verein vermisst er, da andere Einzelveranstaltungen im Stadion hoch subventioniert werden müssen, Subventionsaussagen zugunsten des Vereins. Seit der Verein das Stadion nutze, sei den Verpflichtungen gegenüber der Stadt nachgekommen worden. Eine Ausnahme stelle die zweijährige Stundung der Raten aus dem 2. BA dar. Dieses Entgegenkommen sei vom Verein mit großem Dank anerkannt worden. Öffentliche Subventionen seien unabdingbar. Dies sei in der gestrigen Beratung des Ausschusses für Umwelt und Technik bei anderen Veranstaltungsstätten aufgezeigt worden. Von daher bedarf es schon einer deutlichen Aussage der Stadt - auch über den Antrag hinaus - zum Maßnahmenpaket, welches der Verein vorgestellt habe. Der Zeitdruck sei enorm. Sollte am 03.07. durch den Gemeinderat eine für den Verein positive Entscheidung getroffen werden, müssten zunächst im Vorstand des VfB Stuttgart und im Aufsichtsrat Entscheidungen getroffen werden. Bei einem Baubeginn im November wären erhebliche Mittel für die weiteren Planungen einzusetzen. Dies werde der Vorstand und der Aufsichtsrat in den nächsten Tagen zu entscheiden haben.

Auch in Zukunft werde der VfB Stuttgart zu 95 % Hauptnutzer des Stadions sein. Sollte beim Verein die Ertragsseite nachhaltig einbrechen, bestehe das Risiko für die Stadt, die Betreiberkosten und die Refinanzierungskosten für den 1., 2. und 3. BA zu tragen. Es gehe um einen Betrag von 36 bzw. 37 Mio. € gegenüber dem Eventualfall von 45 Mio. €. Abzuwägen sei zwischen einem multifunktionalen Stadion mit Leichtathletiknutzung und einem reinen Fußballstadion. Die Planungen für ein reines Fußballstadion habe der Verein nicht zu einem falschen Zeitpunkt begonnen. Die Stadt sei 20 Monate an die Olympiabewerbung gebunden gewesen und in dieser Zeit habe der Verein als Hauptnutzer des Stadions unmöglich ein anderes Modell der Öffentlichkeit vorstellen können. Letztlich hätte damit der Verein möglicherweise den Hauptgrund für eine scheiternde Olympiabewerbung geliefert. Für den Fall, dass Stuttgart nicht zum deutschen Olympiabewerber gewählt würde, habe der VfB eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Den in der Vorlage angesprochenen Gesamtkosten in Höhe von 84 Mio. € widerspreche der VfB Stuttgart. Die vom Verein genannten Gesamtkosten in Höhe von 75,5 Mio. € müssten mit "leichten Fragestellungen" versehen werden. Die vom Verein genannte Summe sei mit der Firma Züblin abgeklärt und auch vom Büro Drees & Sommer sauber durchgerechnet worden. Bei solchen Projekten erhöhe sich die Planungssicherheit je nach Planungsfortschritt. Mit Züblin würden derzeit Gespräche geführt, inwieweit diese Firma eine Garantieerklärung für die Gesamtkosten abgegeben könne. In den genannten Gesamtkosten seien die Kosten für verkehrliche Infrastrukturmaßnahmen (2,6 Mio. €) nicht enthalten.

Als zentrale Fragen benennt EBM Dr. Lang "Verzicht auf Leichtathletik" und "die Finanzierung". Er tendiere, wenn er finanzielle Dinge außer Acht lasse, für ein Fußballstadion. Einräumen wolle er, dass er vor drei Jahren eine andere Position eingenommen habe. Außer Frage stehe, dass das derzeitige Daimler-Stadion ein schönes Stadion sei. Man dürfe aber nicht die Augen davor verschließen, dass sich die Zeiten geändert haben. Eine Aufgabe der Landeshauptstadt sei es, eine funktionierende, zeitgerechte Infrastruktur bereitzustellen, und dazu gehöre ein Stadion, in dem wettbewerbsgerecht und zukunftsorientiert Fußball gespielt werden könne. Andere Städte handelten entsprechend. Auf jeden Fall müsste die Stadt für die notwendige infrastrukturelle Anbindung des Stadions sorgen. In den Abwägungs- prozess müsse u. a. auch einfließen, dass die Leichtathletik in der Vergangenheit nicht gerade freundlich mit Stuttgart umgegangen sei.

Zur Risikoabschätzung bemerkt der Erste Bürgermeister, nicht möglich sei sicherlich, auf die Refinanzierung des 1. und 2. BA zu bestehen, wenn gleichzeitig das durch die Stadt einzugehende Risiko bei einem möglichen Heimfall auf 100 % eingestellt werde. Den Antrag Nr. 134 bewerte er aus finanziellen Gesichtspunkten als gut. Prinzipiell sei es richtig, sich an Erfahrungen der Vergangenheit auszurichten. So habe der Verein bei der Refinanzierung des 1. BA seine Verpflichtungen voll erfüllt. Natürlich gebe es beim 2. BA Refinanzierungsprobleme, aber der Grund hierfür sei auch bekannt, nämlich die zurückgehenden Fernsehgelder. Nachdem sich mittlerweile die Wirtschaft - zumindest im Aufsichtsrat - nachhaltig engagiere, glaube er, dass das vom VfB Geplante bei Abwägung aller Gesichtspunkte darstellbar sei. Mit dem genannten Antrag werde die Messlatte für den VfB sehr hoch aufgelegt. Außer Frage stehe, dass die Stadt Stuttgart in ihrer derzeitigen Situation kein zusätzliches Geld bereitstellen könne. Hierüber gebe es wohl volle Übereinstimmung im Gemeinderat.

In der Finanzierungskonzeption seien die Instandhaltungsrücklagen mit 250.000 €/Jahr eingestellt. Dabei handle es sich sicherlich nicht um einen üppigen Betrag, aber es werde davon ausgegangen, dass ein Stadion mit einer völlig neuen Bausubstanz geringere Unterhaltsmaßnahmen notwendig mache. Nach 10 oder 15 Jahren müssten sicher andere Beträge eingestellt werden.

Die Erträge resultierten aus dem sportlichen Erfolg des Vereins. Die angestellten Berechnungen basierten auf einem durchschnittlich 8. Tabellenplatz. Angesichts der Tatsache, dass es sich beim Profifußball um ein volatiles Geschäft handle, könne das Risiko von Mindereinnahmen nicht wegdiskutiert werden. Für die Bundesliga bestehe allerdings eine relative Planungssicherheit. Bei einem Abstieg in die 2. Bundesliga geht er davon aus, dass der Verein mit Sicherheit ein oder zwei Jahre finanziell überbrücken könnte.

Fragen von StR Kanzleiter beantwortend führt Herr Ruf aus, eine Diskussion des Themas "Namensrecht am Stadion" in der Öffentlichkeit sehe er als äußerst unglücklich an. Es bestehe ein Vertragsverhältnis zwischen der Stadt und DaimlerChrysler und solange dieses bestehe und der VfB über keinen entsprechenden legitimen Auftrag verfüge, könnten auch seitens des Vereins mit DaimlerChrysler keine Gespräche geführt werden. Insbesondere angesichts der Bedeutung, die das Haus DaimlerChrysler für die Landeshauptstadt, aber auch für den VfB Stuttgart als Partner habe, sei eine öffentliche Diskussion sicher nicht zielführend. DaimlerChrysler besitze lediglich das Namenspatronat für das Stadion. Es gebe darüber hinaus auch die Möglichkeit, Gebäudeteile des Stadions - ent- weder über Einmalbeträge oder über fortlaufende Zahlungen - zu vermarkten, um hier die 1 Mio. € an Mehreinnahmen, die in die Finanzierungskonzeption eingestellt seien, zu erzielen.

Gegenüber StR R. Zeeb bemerkt OB Dr. Schuster, beim Verkauf der Namensrechte im Jahr 1993 sei erstmals in der Bundesrepublik ein solcher Vertrag abgeschlossen worden. Auch StR R. Zeeb habe dem zugestimmt. Damals seien mit diesem Vertrag alle Beteiligten hoch zufrieden gewesen. Heute stelle der Verkauf von Namensrechten einen Teil jeder Vermarktungsstrategie für Stadien dar. Der 1993 abgeschlossene Vertrag würde heute sicherlich in dieser Form nicht mehr abgeschlossen werden, da er aber unbefristet sei, gebe es nur die Möglichkeit, sich mit dem Namensinhaber zu arrangieren. Ob dieses schnell möglich sei bzw. unter welchen Bedingungen, müsse gesehen werden.

Hinsichtlich der Ausschreibungsproblematik verweist Herr Ruf auf einen vom VfB versandten Brief. Dargestellt sei dort, dass der Verein ein renommiertes Frankfurter Anwaltsbüro in Zusammenarbeit mit einem führenden Juristen beauftragt habe zu prüfen, ob auf eine Ausschreibung verzichtet werden könne. Unter bestimmten Annahmen werde davon ausgegangen, dass seitens der EU die Genehmigung erteilt werde, in diesem konkreten Fall auf eine Ausschreibung verzichten zu können. Das Ergebnis des Prüfauftrages liege allerdings noch nicht vor.

Auf StR Wölfle eingehend fährt Herr Ruf fort, in die Cash-Flow-Betrachtung sei der Erbbauzins eingestellt. Dieser werde von der Betreibergesellschaft an die Objektgesellschaft erbracht.

Baupreiserhöhungen, und damit wendet er sich an StR Kugler, gingen zu Lasten der Objektgesellschaft. Von dort werde ja auch das komplette Risiko zunächst einmal durch das Heimfallrecht abgesichert. Bei Baukosten von 10 Mio. € werde von einer Refinanzierungsquote von 620.000 bzw. 630.000 €/Jahr ausgegangen. Dies sei sicherlich kein kleiner Betrag, aber letztlich lasse sich dieses wirtschaftlich ins Lot bringen. Bei einer verzögerten Fertigstellung des Projektes sei auch eine Vertragsstrafe anzudenken.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, wird von OB Dr. Schuster, einer Bitte von StR Kanzleiter folgend, dieser Tagesordnungspunkt ohne Votum des Verwaltungsausschusses an den Gemeinderat verwiesen.