Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 0321-00
GRDrs 339/2005
Stuttgart,
07/12/2005



Überfachliche Förderung von Bürgerschaftlichem Engagement durch die Landeshauptstadt Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich20.07.2005



Beschlußantrag:

1. Veranstaltungsbereich

Es wird davon Kenntnis genommen, dass der Veranstaltungsbereich die alternierenden Veranstaltungen Bürgerfest und Bürgerempfang des Oberbürgermeisters sowie den jährlichen Stuttgarter Stiftungstag umfasst. Ab dem Haushaltsjahr 2005 werden diese Veranstaltungen wie folgt finanziert:

FiPo 1.0001.6202.000 – Kongresse, Veranstaltungen, BMA – 50.000 EUR.
Zur Deckung 2005 wird eine außerplanmäßige Mittelbewilligung aus der Deckungsreserve FiPo 1.9140.8500.000 – Deckungsreserve – in Höhe von 50.000 EUR zugelassen.


2. Bürgerstiftung Stuttgart (BSS)

2.1. Für die Erfüllung Ihrer Aufgaben, die auch die Freiwilligenagentur und die Freiwilligen-Akademie (u. a. kostenlose bzw. stark ermäßigte Weiterbildungsangebote für Ehrenamtliche) umfassen, erhält die BSS von der Landeshauptstadt ab dem Haushaltsjahr 2005 als Zuschüsse:

- Jährlich 20.000 Euro für die Geschäftsstellen-Arbeit

- Jährlich 15.000 Euro für den Aufgabenbereich Freiwilligenagentur - Wie bisher jährlich 65.000 Euro für den Aufgabenbereich Freiwilligen-Akademie 2.2. Die Öffentlichkeitsarbeit der BSS wird seitens der Stadt mit jährlich 10.000 Euro unterstützt, die im Rahmen des Deckungskreises “Öffentlichkeitsarbeit” von L/OB-K zur Verfügung gestellt werden müssen.

2.3. Wie bisher wird die Geschäftsführung durch die Stabsstelle “Förderung bürgerschaftliches Engagement” unterstützt.


3. Allgemeine Stiftungsförderung und Stifterberatung, public private partnership mit dem Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen (ISS)

Der Aufgabenbereich wird seitens der Stadt mit Werkvertragsmitteln jährlich in Höhe von 12.000,-- Euro ab dem Haushaltsjahr 2005 unterstützt. Die Kosten für diesen Werkvertrag werden bis einschließlich 2007 wie folgt gedeckt: FiPo 1.0001.6580.000 – sonstige Geschäftsaufgaben - .

Diese Förderung erfolgt nur, wenn durch den ISS jährlich Komplementärmittel in gleicher Höhe bereit gestellt werden. Wie bisher werden für die geschäftsführenden Tätigkeiten des ISS in der Nadlerstraße 4 ein Raum und die notwendige Büroinfrastruktur unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Geschäftsführung wird durch die Stabsstelle “Förderung Bürgerschaftliches Engagement” unterstützt.


4. Gemeinnütziges Bildungsjahr (GBJ) bei der Landeshauptstadt Stuttgart

Das GBJ wird unter den bestehenden Konditionen weitergeführt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Die Landeshauptstadt Stuttgart fördert freiwilliges Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe in vielfältiger Form auf fachlicher Ebene der Referate und der Ämter sowie dezentral über die Bezirksämter. Die übergreifenden Kommunikations-, Kooperations- und Förderstrukturen des Netzwerks frEE Stuttgart (siehe Anlage 2) sind arbeitsfähig und werden weiterentwickelt.

Mit der Bildung der Stabsstelle “Förderung bürgerschaftliches Engagement” ist der zentrale Knoten im Netzwerk geschaffen.

Mit der Gründung der Bürgerstiftung Stuttgart und deren Übernahme der Trägerschaft für bislang kommunale Aufgaben wie “Weiterbildung von Ehrenamtlichen” und “Freiwilligenagentur” sowie durch die Verleihung des Bürgerpreises ist ein Stuttgarter Modell der Einbeziehung der Bürgerschaft in die Förderung bürgerschaftlichen Engagements entstanden.

Diese überfachlichen Förderstrukturen wurden in ihrer Entwicklungsphase bereits mit Haushaltsmitteln der Landeshauptstadt gefördert. Diese Förderung bedarf nach Abschluss der Entwicklungsphase einer Verstetigung. Die im klassischen Sinne der public private partnership mit der Landeshauptstadt kooperierenden Partner BSS und ISS haben einen Anspruch auf Planungssicherheit und Verlässlichkeit.

Planungssicherheit ist auch für das bundesweite Pilotprojekt der Landeshauptstadt Stuttgart “Gemeinnütziges Bildungsjahr” erforderlich. Dieses erfüllt die Erwartungen in den Einsatzgebieten “Bezirksämter” wie “Kulturinstitutionen” über die Erwartungen hinaus. Die Anerkennung als Ersatz für den Zivildienst und die Möglichkeit, in idealer Weise Erfahrungen für den gehobenen bzw. höheren Verwaltungsdienst zu gewinnen, machen die Bewerberlage für die Landeshauptstadt auch aus Sicht ihrer Rolle als Arbeitgeber immer interessanter.


Finanzielle Auswirkungen

Die Mittel für den Aufwand des Beschlussantrags stehen in den Verwaltungshaushalten 2005-2007 bei den im Beschlussantrag genannten Haushaltsstellen zur Verfügung.


Beteiligte Stellen

WFB, USO, AK

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen

1. Ausführliche Begründung
2. Organigramm "Netzwerk für freiwilliges Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe frEE Stuttgart"
3. Struktur und Aufgaben der Bürgerstiftung Stuttgart
4. Evaluation der Weiterbildungsangebote der Freiwilligen-Akademie
5. Bericht über die Tätigkeit der Freiwilligenagentur
6. Bericht über den Aufgabenbereich "Stifter- und Stiftungsberatung, Stiftungsförderung", Vorstellung des Initiativkreises Stuttgarter Stiftungen


Anlage 1 zur GRDrs 339/2005



Ausführliche Begründung


Eine aktive Bürgergesellschaft ist in einer Stadt mit einer internationalen Bürgerschaft, die als Herz eines industriellen Ballungsraumes pulsiert, von zentraler Bedeutung. Die Verwaltung und der Gemeinderat haben bei der notwendigen Förderung von freiwilligem Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe von Anfang an auf eine Vernetzung und auf die Stärkung dezentraler Strukturen gesetzt. Das so entstandene Netzwerk frEE Stuttgart bewährt sich und wächst weiter. Um zentrale Stabsstellenstrukturen im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Kommunen so klein wie möglich zu halten, ist die LHS Stuttgart konsequent den Weg von public private partnerships (Bürgerstiftung, Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen) gegangen und hat so mit dem Einsatz vergleichsweise geringer Finanzmittel breit angelegte Beratungs- und Förderstrukturen schaffen können:

Ø Vielfältige fachliche Förderung bürgerschaftlichen, ehrenamtlichen Engagements in dezentralen Strukturen durch die Ämter der Landeshauptstadt;
Ø Stärkung der Position der Stadtbezirke bei der Förderung von Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement (Bezirksbeiratsmittel, Bezirksvorsteher/-innen als Ehrenamtsbeauftragte, Ehrenmünze der Landeshauptstadt auf Antrag der Bezirksvorsteher/-innen); Bezirksämter als Bürgerservicezentren;
Ø Ehrenamtsbeauftragte auch in den anderen Ämtern;
Ø Stabsstelle “Förderung Bürgerschaftliches Engagement” als zentraler Knoten im Netzwerk frEE Stuttgart und die Kooperationspartner (Bürgerstiftung, Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen) unterstützende Verwaltungseinheit;
Ø Nadlerstraße 4 nicht nur als Europahaus und Haus des Sports, sondern auch als Bürgerinformationszentrum in allen Fragen Bürgerschaftlichen Engagements (Stabsstelle, Freiwilligenagentur, Dachverband der Chöre, Musik- und Karnevalsvereine Stuttgart 1995 e.V., Forum der Kulturen, Stifter- und Stiftungsberatung, Geschäftsstelle Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen und Geschäftsstelle Bürgerstiftung Stuttgart);
Ø Anerkennung, Danksagung, Ehrung und Information beim jährlich sich abwechselnden Bürgerfest im Höhenpark Killesberg und beim Bürgerempfang des Oberbürgermeisters – jeweils mit Verleihung der Ehrenplakette der LHS.

Mit der Bürgerstiftung Stuttgart, dem Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen, dem jährlichen Stiftungstag, Stiftungsbörsen und Workshops zu stiftungsrelevanten Themen sowie systematischer Stifter- und Stiftungsberatung hat die Landeshauptstadt Stuttgart eine bundesweite Pilotrolle bei einem Thema eingenommen, welches für eine aktive, selbstbestimmte Bürgergesellschaft von zentraler Bedeutung ist.


Die Bürgerstiftung Stuttgart hat mit der Trägerschaft für die frEE-Akademie und ihre Weiterbildungsangebote für Ehrenamtliche sowie mit der Trägerschaft für die Freiwilligenagentur und den attraktiv doitierten Stuttgarter Bürgerpreis zentrale, kommunale Förderaufgaben für bürgerschaftliches Engagement übernommen. Dies bedarf einer langfristig angelegten finanziellen Förderung durch die Landeshauptstadt. Die Bürgerstiftung Stuttgart ist ein wichtiger Akteur in der sich weiter entwickelnden Bürgergesellschaft. Sie bietet vielfältige Möglichkeiten für a l l e sozialen Schichten der Stuttgarter Bevölkerung, sich einzubringen, da auch kleinste finanzielle Beträge den beabsichtigten Zwecken gemeinnützig begünstigt zufließen können. Möglich sind Zustiftungen in den sich nicht verzehrenden Kapitalstock, Zustiften materieller Art (wie z.B. eine Sammlung von Künstlerselbstportraits), sich verzehrende Zustiftungen für bestimmte Projekte, Spenden für Projekte. Ziel der Bürgerstiftung, deren Arbeit langfristig angelegt ist und die sich von der Idee her in permanentem Aufbau befindet, ist also, durch eine möglichst breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit möglichst viele Menschen anzusprechen, um die Erträge aus einem wachsenden Kapitalstock zu steigern bzw. für konkreten Projekte, Aktionen und Fördermaßnahmen private Geldmittel Dritter zu akquirieren. Im Vergleich zu anderen im Stiftungsziel enger begrenzten Stiftungen ist dadurch für jede Bürgerstiftung ein hoher Geschäftsstellenaufwand materiell wie personell verbunden, der nicht nur rein ehrenamtlich aufgefangen werden kann, sondern auch Unterstützung durch Honorarkräfte erforderlich macht. Es liegt im Interesse der Landeshauptstadt Stuttgart, hier der Bürgerstiftung über einen mittelfristigen Zeitraum finanzielle Unterstützung zu gewähren.

Die Förderung des allgemeinen Stiftungswesens, die Öffentlichkeitsarbeit für den Stiftungsgedanken, die Weiterbildung für am Stiften und für Stiftungen Interessierte sowie eine konkrete, vertrauliche und nachhaltig angelegte Stifterberatung werden von der Landeshauptstadt gefördert aber nicht selbst wahrgenommen. Auch hier gilt das Prinzip, mit dem Einsatz minimaler Finanzmittel ein Maximum an Förderung durch Kooperation mit fachlich qualifizierten Dritten zu erreichen.

Am Beispiel des inzwischen von anderen Kommunen nach dem Stuttgarter Vorbild nachgeahmten Gemeinnützigen Bildungsjahres (GBJ) zeigt sich, wie Stiftungsförderung (erst durch die Robert-Bosch-Stiftung, jetzt vor allem durch die Bürgerstiftung Stuttgart), kommunales Engagement und bürgerschaftliches, dem Gedanken der Freiwilligkeit verpflichtetes Engagement sich gegenseitig bereichern. Dieser kommunale und kulturelle Jugendfreiwilligendienst hat für das GBJ Jahr 2005/2006 über 130 Bewerbungen auf 16 GBJ Plätze, davon 6 in Stuttgarter Bezirksämtern, zur Folge gehabt. Die Qualität der Bewerbungen ist außerordentlich. Es kann von einer klassischen win-win-Situation für alle beteiligten Freiwilligen wie für die beteiligten Kulturinstitutionen gesprochen werden. Dies gilt in besonderer Weise für die Landeshauptstadt selbst, wo Abteilungen des Kulturamts wie die Stadtbücherei, die Musikschule, die Stuttgarter Philharmoniker für den Bürgerservice mit den GBJ Kräften wichtige Unterstützung erfahren. Am Einsatzort “Bezirksämter” ist neben den positiven Aspekten des GBJ Einsatzes für die Gemeinwesenarbeit im Stadtbezirk eine neue, sehr positive Entwicklung zu konstatieren: Hochqualifizierte Abiturienten/-innen mit dem Ziel des Studiums “Diplomverwaltungswirt” bzw. “Verwaltungswissenschaften” und “Jura” kommen hochmotiviert mit konkretem Verwaltungshandeln über ein ganzes Jahr in Berührung und sind für die Personalgewinnung langfristig betrachtet ein großer Gewinn. Als Folge von Hartz IV sind allerdings bei den Bezirksämtern Ausbildungsplätze im gehobenen Verwaltungsdienst weggefallen; über eine Kompensation wurde vom Innenministerium noch nicht entschieden. Wenn deshalb vom GBJ auch weiterhin für die Ausbildung geeignete Plätze bei den Bezirksämtern beansprucht werden, führt dies zu einer weiteren Reduzierung der Ausbildungskapazität im gehobenen Verwaltungsdienst, die gegenüber dem Gemeinderat nicht vertretbar ist. Deshalb müssen Alternativplätze für das GBJ akquiriert werden.