Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB 9150
GRDrs1357/2009
Stuttgart,
11/30/2009
Haushalt 2010/2011
Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur öffentlichen Behandlung am 07.12.2009
Kreditfinanzierung eines Sonderprogramms Sanierungen Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen i.H. von 150 Mio. EUR
Beantwortung / Stellungnahme
1. Kreditaufnahme
Die im Antrag Nr. 684/2009 genannten Mehreinnahmen von 13,7 Mio. EUR aus der zusätzlichen Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von 470 auf 520 vH, die als Zins und Tilgung für ein Annuitätendarlehen zur Verfügung stehen sollen, ermöglichen die Aufnahme eines Darlehens von 150 Mio. EUR, das bei einem Zinssatz von rd. 4,5 % in annähernd 15 Jahren getilgt sein wird.
Wenn das Investitionsvolumen und somit die Kreditsumme weiterhin 150 Mio. EUR betragen soll und die genannten 13,7 Mio. EUR für den Schuldendienst zur Verfügung stehen, verlängert sich bei dem im Antrag genannten Zinssatz von 4,5 % die Laufzeit bis zur vollständigen Rückzahlung auf rd. 16 Jahre.
Ein Zinssatz von 4,0 % wäre aus heutiger Sicht für die angedachte Konstruktion erreichbar. Da die Mittel aber voraussichtlich über einen Zeitraum von mehreren Jahren abfließen und dementsprechend die Kredite aufgenommen werden, kann der Zinssatz zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme auch höher oder niedriger sein. Außerdem verschiebt sich der Zeitpunkt bis zu einer vollständigen Rückzahlung, wenn die Kredite in Tranchen verteilt über mehrere Jahre aufgenommen werden. Die beigefügten Tabellen (Anlagen 1 und 2) zeigen dies auf. Eine Sicherung des gesamten Kreditvolumens zum heutigen Zeitpunkt (Forward) ist in Anbetracht der aktuellen Zinskurve ungünstig, zumal der Mittelabfluss nicht genau prognostiziert werden kann.
Die Einschätzung, dass laut den Finanzbehörden bei Sanierung von Gebäuden dann von einer Werterhöhung ausgegangen wird, wenn der Sanierungsaufwand innerhalb von drei Jahren 15 % des Gesamtgebäudewerts überschreitet, ist für die beantragten Sanierungsmaßnahmen nicht anwendbar, weil sich diese Regelung nur auf Sanierungen bezieht, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung getätigt werden (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Juli 2003).
Die Schulgebäude wurden in der Regel nicht in den vergangenen drei Jahren angeschafft, sondern sind bereits seit Jahrzehnten im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart bzw. vor Jahrzehnten erstellt worden.
Die Landeshauptstadt hat vorrangig die länderspezifischen Regelungen zum Gemeindewirtschaftsrecht anzuwenden, so auch für die Beurteilung, ob es sich um Herstellungskosten handelt. In Baden-Württemberg wird nicht nach dem investierenden Kaufmann gefragt, sondern es werden in dem aktuell erarbeiteten landeseinheitlichen Leitfaden Bilanzierung Empfehlungen für die Kommunen gegeben. Dabei wird aber nur teilweise auf die handels- und steuerrechtlichen Regelungen zurückgegriffen.
Bei den Sanierungsmaßnahmen an Schulen wird vielmehr zu prüfen sein, ob die Maßnahme eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung bedeutet.
Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12. September 2001, IX R 39/97) ist immer dann von einer wesentlichen Verbesserung auszugehen, wenn die Einrichtungen, die den Nutzwert eines Gebäudes wesentlich bestimmen, nicht nur in zeitgemäßer Form durch die Baumaßnahmen ersetzt werden, sondern darüber hinaus in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt werden und dadurch der Komfort des Gebäudes wesentlich verbessert wird. Soweit lediglich substanzerhaltende Baumaßnahmen anfallen, führen diese nicht zu Herstellungskosten, sondern zu Erhaltungsaufwendungen. AfA-Lexikon; Nachträgliche Herstellungsarbeiten, nachträgliche Herstellungskosten; Geiermann; Rdnr. 12
Zu den Einrichtungen, die den Nutzwert des Gebäudes wesentlich bestimmen gehören nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12.09.2001, IX R 39/97)
- die Sanitärinstallationen,
- die Heizungsanlage,
- die Elektroinstallationen und
- die Fenster.
Für die Kommunen wurden im Leitfaden Bilanzierung ergänzend zwei weitere Ausstattungsmerkmale für die Kommunen aufgenommen:
- das Dach und
- die Fassade.
Man spricht hier auch von zentralen Ausstattungsmerkmalen. Einzeln betrachtet handelt es sich um Erhaltungsaufwand, in einem Bündel von mindestens drei Merkmalen und hohem Umfang und Qualität lässt sich die Annahme einer wesentlichen Verbesserung rechtfertigen.
Fallen im Rahmen umfassender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowohl investive als auch unterhaltende Arbeiten an, so sind diese - sofern die o.g. Bündelungsvoraussetzungen nicht vorliegen - in Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen zu trennen (so Rdnr. 33 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Juli 2003).
Bezogen auf die bereits im Haushaltsplanentwurf 2010/2011 berücksichtigten Sanierungsmaßnahmen konnte für die Planung keine Differenzierung hinsichtlich Erhaltungsaufwand und investiver Maßnahmen vorgenommen werden, so dass der Schwerpunkt für die Planung im investiven Bereich festgelegt wurde. Das Gleiche gilt sinngemäß für die in der Wunschliste dargestellten Sanierungsmaßnahmen. Bei der Bewirtschaftung der Haushaltsmittel werden die oben genannten Vorgaben beachtet und in Erhaltungsaufwand (Ergebnishaushalt) und Investitionsmaßnahmen (Finanzhaushalt bzw. Anlagenvermögen) getrennt; dies gilt auch für die Ermittlung der Kreditobergrenze.
Für bis 2009 durchgeführte Maßnahmen wurden für die Anlagenrechnung bis 2003 Erfahrungswerte für die AHK zugrundegelegt und ab 2004 die echten aktivierungsfähigen Ausgaben berücksichtigt, obwohl die Abwicklung im Vermögenshaushalt insgesamt erfolgte. Nach dem NKHR ist eine Buchung der nicht aktivierungsfähigen Aufwendungen im Finanzhaushalt nicht mehr zulässig.
Vorliegende Anträge/Anfragen
Nrn. 364/2009 und 684/2009 (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)