Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 232/2007
Stuttgart,
11/06/2007



Preisgestaltung für die Essenversorgung an traditionellen Ganztagesschulen in Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich21.11.2007



Beschlußantrag:

1. In Anlehnung an die Regelung des Jugendamts wird an den elf traditionellen Ganztagesschulen der Essenspreis auf 2,50 Euro festgelegt. Diese Preise gelten ab dem Zeitpunkt, ab dem die Essenlieferung durch das Klinikum umgesetzt werden kann, also voraussichtlich ab dem Schuljahr 2008/2009. Für Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 ff. SGB II wird darüber hinaus für die Mittagessenversorgung ein weiter ermäßigter Satz von 1,15 Euro festgelegt.

2. Im Zuge des Ausbaus weiterer (teil-)gebundener Ganztagesschulen, für welche die Stadt über Träger der Jugendhilfe die Mittagessenversorgung regelt, wird diese Regelung analog übernommen.

3. Vom Bericht über die Möglichkeiten, über einen Fonds auch den Kindern und Jugendlichen der anderen Schulen mit BonusCard finanziell die Teilnahme am Mittagstisch zu erleichtern, wird Kenntnis genommen.


Begründung:


Die traditionellen Ganztagesschulen beziehen derzeit ihr Essen von externen Anbietern (Tiefkühlkost auf der Grundlage einer Ausschreibung, zwei Schulen Frischkost in Thermophoren von einem örtlichen Anbieter). Es handelt sich dabei um folgende Schulen:
· Fasanenhofschule
· Lerchenrainschule
· Falkertschule
· Schillerschule
· Jörg-Ratgeb-Schule
· Gustav-Werner-Schule mit Schulkindergarten
· Helene-Schoettle-Schule mit Schulkindergarten
· Bodelschwingh-Schule mit Schulkindergarten
· Körperbehindertenschule mit Schulkindergarten
· Helene-Fernau-Horn-Schule mit Schulkindergarten
· Ernst-Abbe-Schule

Das Kultusministerium weist darauf hin, dass es rechtlich nicht möglich ist, die Kinder zur Teilnahme am Essen zu verpflichten. Dennoch müssen bei den traditionellen Ganztagesschulen zwei Gruppen unterschieden werden:

Für die Allgemeinbildenden Schulen ist die Teilnahme am Essen freiwillig, aber zentraler Bestandteil des Ganztagesangebots. Die Essensteilnahme soll wie beim Jugendamt nur auf Vorauszahlungsbasis erfolgen (beispielsweise Essensmarken oder Chipkarte). Ohne Bezahlung ist also eine Teilnahme am Essen grundsätzlich nicht möglich.

Für die Behindertenschulen sollte nach Auffassung der Schulleitungen eine Essensversorgung aus pädagogischen Gründen verpflichtend sein. Deshalb ist selbst ein zeitlich eng begrenzter Ausschluss von der Essensversorgung (bei Nichtzahlern) einem Unterrichtsausschluss gleichzustellen und wäre auch aus Fürsorgegründen nicht zu empfehlen. Leider lässt die Zahlungsmoral mancher Eltern sehr zu wünschen übrig. Eltern waren teilweise erst nach Androhung, das betreffende Kind vom Essen auszuschließen, bereit, den Essenspreis zu bezahlen. In anderen Fällen hat selbst die Beitreibung keinen Erfolg gehabt. Die Rechnungsstellung erfolgt nach Anwesenheitstagen des Kindes in der Schule. Hier müssen zusammen mit den Schulleitungen und Elternvertretern die Möglichkeiten einer Form der Essensabrechnung (z.B. Abbuchungsverfahren) geprüft werden, welche die Eltern mehr in die Verantwortung nimmt.

Zu 1.

Den Eltern bzw. Schülerinnen und Schülern wird derzeit einheitlich jeweils der reine Bezugspreis für das fertige Essen in Rechnung gestellt, der im Schnitt bei rd. 2,50 € liegt. Die Kosten für Ausgabe, Reinigung und Essensgeldeinzug werden dabei nicht berücksichtigt. Dieser vergleichsweise günstige Preis besteht unverändert seit dem Jahr 2000.

Da künftig die städtische Essenversorgung für diese Schulen über das Jugendamt in einheitlicher Form mit Essensbezug durch das Klinikum und ELW geleistet und daher ein Gesamtpreis für das Essen verrechnet wird, ist ab diesem Zeitpunkt ein fester Essenspreis auch für die Schulen festzulegen. Die Gesamtkosten für ein Essen, einschließlich Kapitalkosten und Gemeinkosten belaufen sich lt. Kalkulation der Fa. ODS auf 5,08 €. Hinzu kommen noch Kosten für Essensausgabe und Essensgeldeinzug.

Die Essens-Komponenten für die Schulen sind nicht so umfangreich wie bei der Essensversorgung z.B. in Horten. Das Jugendamt bietet über die reine Mittagsverpflegung hinaus den Kindern täglich ein Milchprodukt, Rohkost und Getränke. Daher wird eine Beibehaltung des jetzigen Essenspreises und Festlegung auf einheitlich 2,50 Euro für die Schulen für angemessen erachtet.

Für Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Arbeitslosengeld II sollte ähnlich dem Verfahren beim Jugendamt ein weiter reduzierter Preis von 1,15 € pro Essen festgelegt werden. Aus Gleichbehandlungsgrundsätzen wäre eine kostenlose Abgabe von Mittagessen rechtlich sehr problematisch. Davon sollte auch deshalb abgesehen werden, damit der Wert der ausgegebenen Speisen im Bewusstsein der Schüler verankert bleibt. Mit der deutlichen Reduzierung soll es aber den Eltern der Kindern, die über eine BonusCard verfügen, erleichtert werden, den Essenspreis trotz der finanziellen Einschränkungen aufbringen zu können, damit auch diesen Kindern eine Teilnahme am Essen in der Schule ermöglicht bleibt.

Mit der Essenspreisermäßigung für Kinder mit BonusCard würden deshalb an allen Schulen die Rahmenbedingungen für die Teilnahme am Mittagessen deutlich verbessert.

Zu 2.

Für die Carl-Benz-Schule, die Heusteigschule sowie die Elise-von-König-Schule organisiert der Jugendhilfeträger auch die Mittagessensverpflegung. Es ist beabsichtigt, die Mittagessensverpflegung auch der mit GRDrs 606/2007 neu vorzuschlagenden Ganztagesschulen durch die Jugendhilfeträger zu organisieren. Um nicht zwischen Schülerinnen und Schülern in traditionellen und neuen Ganztagesschulen zu unterscheiden, sollen die genannten Regelungen auch für diese Ganztagesschulen übernommen werden.

Zu 3.

Mit ihrem Antrag Nr. 137/2007 hat die SPD-Gemeinderatsfraktion darüber hinaus beantragt, eine Modellrechnung der finanziellen Auswirkungen einer Ausdehnung der Gebührenermäßigung auf Kinder von Empfängern von Leistungen nach SGB II und SGB XII vorzulegen, die an einem Mittagstisch in einer offenen Ganztagesschule teilnehmen. Es gibt derzeit keine vom Land formell genehmigten offenen Ganztagesschulen. Es wird davon ausgegangen, dass damit die Schulen – vorwiegend Realschulen und Gymnasien – gemeint sind, die Angebote der Außerschulischen Bildung und Betreuung anbieten. Diese Schulen organisieren derzeit ihren Mittagstisch in eigener Verantwortung und kalkulieren auf dieser Grundlage den Preis unterschiedlich. Der Essensgeldeinzug wird von den Schulen selbst geregelt. Da dies insgesamt für Stadt die wirtschaftlichste Lösung darstellt, sollte dies so beibehalten werden. Deshalb kann hier nicht analog des Vorschlags unter 1. und 2. vorgegangen werden.

Um auch den Schüler/innen dieser Schulen mit BonusCard die Teilnahme am Mittagessen zu erleichtern, wäre die Einrichtung eines Fonds oder die Bereitstellung von zweckgebundenen Mitteln denkbar, über welche Schulleitungen Zuschüsse zu den Kosten des Mittagessens beantragen zu können. Voraussetzung wäre beispielsweise, dass die Schulleitung als Begründung die BonusCard-Nummer der betreffenden Schüler/innen angibt.

Um auch hier eine Gleichbehandlung sicherstellen zu können, sollte als Mindestkostenanteil die 1,15 Euro zugrunde gelegt und durch Angabe des an der jeweiligen Schule üblichen Mittagessenpreises der jeweils darüber hinaus gehende Betrag als Zuschuss beantragt werden können. Diese Regelung könnte allen Schülern unabhängig von der Schulart bei entsprechender Bedürftigkeit zur Verfügung stehen. Im Blick auf den entstehenden Verwaltungsaufwand sollten die Anträge sich auf eine Essensteilnahme von mindestens einem Schulhalbjahr, in Sonderschulen auf ein Schuljahr beziehen. Die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle der Schulen könnten auf diesem Wege ausgeglichen werden.

Die Möglichkeit, hierfür die Mittel der sogen. Schülerbeihilfe, eines Fonds aus Stiftungsmitteln, entsprechend aufzustocken, ist nach Auskunft der Stadtkämmerei mit Hinweis auf den Verwendungszweck lt. Satzung nicht möglich. Die Stiftung weise eine Unterdeckung aus und daher bestünde kein finanzieller Spielraum.

Hinzu kommt, dass derzeit weder abzusehen noch einzuschätzen ist, in welchem Umfang ein solches Angebot in Anspruch genommen würde.

Auch über den entstehenden Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der Anträge könnten derzeit keine Aussagen gemacht werden.

Eine derartige zusätzliche Aufgabe ist in der Neuorganisation der Innenverwaltung des Schulverwaltungsamts nicht berücksichtigt. Angesichts der Tatsache, dass bei der im Rahmen der Neuorganisation durchgeführten Stellenbemessung ein erheblicher Stellenfehlbedarf für eine ordnungsgemäße Erledigung der bereits unabdingbar definierten Aufgaben festgestellt wurde, könnte eine solche zusätzliche Aufgabe auch nicht ohne Personalaufstockung umgesetzt werden.

Unter der Voraussetzung, dass die bei der Stellenbemessung ermittelten zusätzlich notwendigen Stellen geschaffen werden, böte es sich im Falle der Einrichtung eines solchen neuen Fonds an, den hierfür ggf. zusätzlich notwendigen Finanz- und Personalbedarf nach Ablauf eines Schuljahres zu ermitteln und über das Ergebnis dem Gemeinderat zu berichten.

Bei dieser unsicheren Sachlage bietet sich eine stufenweise Vorgehensweise an. Zunächst werden im Rahmen der Kostenfestsetzung bei den formellen Ganztagesschulen Erfahrungen gesammelt, in welchem Umfang mit einer Inanspruchnahme des ermäßigten Essenspreises zu rechnen ist.

Zum Doppelhaushalt 2010/2011 könnte dann ggf. eine entsprechende Lösung für die anderen Schulen mit konkreteren Angaben zu den finanziellen und personellen Auswirkungen ausgearbeitet werden.


Finanzielle Auswirkungen

Durch die Einführung eines ermäßigten Satzes in Höhe von 1,15 € gemäß Beschlussantrag Punkt 1 für die Mittagessenversorgung an formellen Ganztagesschulen sind Mindereinahmen zu erwarten. Die Gruppe der Leistungsempfänger nach SGB II und SGB XII erreichen im Bereich der Jugendhilfe erfahrungsgemäß einen Anteil von rd. 15 %. Über eine spätere Differenzierung auf die weiterführenden Schulen liegen keine Daten vor. Unter der Annahme, dass auch in den Schulen ca. 15 % der Schüler in den Genuss der Ermäßigung kommen, entspräche dies 15.750 Essenportionen je Jahr. Die zu erwartende Mindereinnahme beträgt somit rein rechnerisch rd. 21.000 € pro Jahr. Tatsächlich liegt der Betrag aber niedriger, weil schon bisher ein Teil der ausstehenden Essenkosten mangels Masse nicht beigetrieben werden konnte und niedergeschlagen werden musste.


Sollte der Gemeinderat dennoch bereits jetzt eine finanzielle Unterstützung für besondere Härtefälle beschließen, müssten aus Sicht der Schulverwaltung im Doppelhaushalt 2008/2009 zunächst einmal Mittel in Höhe von mindestens 35.000 € pro Jahr bereitgestellt werden. Erst mit dem Angebot würde sich konkreter abzeichnen, wie stark ein solcher Fonds in Anspruch genommen werden würde.


Beteiligte Stellen

Referat AK

Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 137/2007 der SPD-Gemeinderatsfraktion

Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 137/2007 der SPD-Gemeinderatsfraktion



Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen

keine




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