Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 1304/2009
Stuttgart,
12/01/2009



Haushalt 2010/2011

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur öffentlichen Behandlung am 07.12.2009



Integrationspolitik - Sprachförderung nach dem Stuttgarter Modell

Beantwortung / Stellungnahme

1. Die Sprachförderung des Bundes 1.1. Integrationskurse des Bundes

Der Bund fördert seit 2005 Integrationskurse, die für Neuzuwanderer sowie ALG-II-Bezieher aus Drittstaaten verpflichtend sind. Die Verpflichtung von Neuzuwanderern erfolgt über die Ausländerbehörde, das JobCenter verpflichtet ALG-II-Bezieher mit Sprachförderbedarf. EU-Angehörige und länger hier lebende Migranten können an den Kursen freiwillig teilnehmen, hierfür müssen sie einen Antrag auf Kurszulassung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellen.

Die Kurse werden in Stuttgart von 16 Kursträgern durchgeführt. Der Kursumfang beträgt 600 bis 900 Unterrichtsstunden, es werden überwiegend Intensivkurse angeboten (16 bis 25 Wochenstunden / Unterricht 4- bis 5-mal pro Woche). Das Kursangebot kommt in den Außenbezirken oftmals nicht zustande, da die nötige Teilnehmerzahl (15 bis 20 Personen mit ähnlichem Sprachniveau) nicht erreicht wird. Nur wenige Kursträger bieten spezielle Kurse mit Kinderbetreuung an. Die Zahl der Integrationskurse und Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnte in den letzten Jahren trotzdem kontinuierlich gesteigert werden: In 2007 wurden 120 Kurse mit 1.720 Teilnehmern durchgeführt, in 2008 waren es 141 Kurse mit 1.919 Teilnehmern und bis September 2009 wurden bereits 124 Kurse mit 1.840 Personen in Stuttgart gestartet.


1.2. Die ESF-BAMF-Kurse (berufsorientierte Aufbaukurse)

Dieses Programm (2009 - 2013) wird zu 50% aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert und vom BAMF verwaltet. Die erste Förderperiode läuft von Mai 2009 bis April 2010. Die Kurse werden in Stuttgart unter Federführung der städtischen Arbeitsförderung von dem Netzwerk Sprache und Beruf angeboten.

In den ESF-BAMF-Kursen wird nicht nur berufsbezogenes Deutsch vermittelt, sondern werden insbesondere berufsqualifizierende Maßnahmen durchgeführt. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer/innen noch Praktika, die an die Kurse anschließen. Ziel ist es, Menschen mit Migrationshintergrund für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren und sie nach dem Kursbesuch in den Arbeitsmarkt zu vermitteln.

In 2009 wurden bisher 13 Kurse mit 254 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestartet, 6 weitere Kurse sind noch in diesem Jahr geplant. Ziel ist, dass in der ersten Förderperiode bis Mai 2010 ca. 500 Personen einen ESF-BAMF-Kurs durchlaufen.


Viele Migrantengruppen werden sowohl von den ESF-BAMF Kursen als auch von den Integrationskursen gut erreicht. Beide Kursarten richten sich an unterschiedliche Kursteilnehmer und deren Bedürfnisse. Die Kurse unterscheiden nach Lernfähigkeit, Bildungshintergrund, nach Geschlecht und Sprachlevel. Somit können die unterschiedlichsten Kurse angeboten werden, von Alphabetisierungskursen bis hin zu beruforientierten Kursen.

Die meisten Zuwanderer in Stuttgart lernen in Kursen Deutsch, die aus Bundesmitteln und über ESF-Mittel gefördert werden. Die Stadt Stuttgart wirbt intensiv für die Bundeskurse und engagiert sich in der Koordination von entsprechenden Netzwerken. Die Bundeskurse werden stets vorrangig belegt.

Dennoch gibt es Migrantinnen und Migranten, die niederschwellige, stadtteilorientierte Angebote mit einem geringeren Stundenumfang benötigen. Sowohl die Integrationskurse als auch ESF-BAMF-Kurse sind in der Regel Intensivkurse, die vor allem im Stadtzentrum angeboten werden. Eine flächendeckende Versorgung in allen Außenbezirken ist derzeit in Stuttgart nicht vorhanden. Die ESF-BAMF Kurse richten sich vor allem an Arbeitslose, da das Arbeitslosengeld (ALG I und ALG II) zur Kofinanzierung des ESF-Programms erforderlich ist. Somit sind z.B. ältere Migrantinnen und Migranten oder Mütter mit kleinen Kindern, die nicht im Hilfebezug sind oder keinen Berufseinstieg anstreben, keine Zielgruppe dieser Kurse. Integrationskurse mit Kinderbetreuung kommen nur vereinzelt zustande. Lediglich zwei der 16 Sprachkursträger bieten Kurse mit Kinderbetreuung an. Um diese Versorgungslücke für bestimmte Zielgruppen, wie z.B. Mütter mit kleinen Kindern oder ältere Migranten, zu schließen bietet die Stadt Stuttgart niederschwellige, kommunale Deutschkurse sowie das Programm „Mama lernt Deutsch“ an.


2. Die kommunalen Deutschkurse und „Mama lernt Deutsch“

Die kommunalen Deutschkurse sind Einstiegsangebote mit einem wesentlich geringeren Stundenumfang (40 - 100 Unterrichtsstunden) als die Bundeskurse. Vom Stundenumfang her entspricht ein Integrationskurs mit 600 Unterrichtsstunden sechs städtischen Kursen, d.h. die jährlich durchgeführten 30 „Mama lernt Deutsch“-Kurse haben insgesamt einen Stundenumfang von 5 Integrationskursen.

„Mama lernt Deutsch“ unterscheidet sich inhaltlich wesentlich von den Bundeskursen. Das Curriculum ist auf schulische Inhalte ausgerichtet mit dem Ziel, Mütter stärker am Schulgeschehen zu beteiligen. Der Bildungserfolg von Kindern aus Zuwandererfamilien ist eine große Zukunftsaufgabe unserer Stadt. In den „Mama lernt Deutsch“-Kursen vermitteln wir den Müttern die notwendigen Informationen über das deutsche Schulsystem und schaffen die sprachlichen Voraussetzungen für die Kommunikation mit Lehrerinnen und Lehrern.

Für die kommunalen Deutschkurse stehen bislang 139.500 € pro Haushaltsjahr zur Verfügung. In 2008/2009 konnten damit 35 niederschwellige Deutschkurse à 100 Unterrichtsstunden (davon 11 mit Kinderbetreuung) sowie 7 Konversationskurse und 2 Vorbereitungskurse auf die Einbürgerung mit 40 - 50 Unterrichtsstunden angeboten werden. Außerdem wurden in 2008/2009 insgesamt 61 „Mama lernt Deutsch“-Kurse à 100 Unterrichtsstunden (davon 42 mit Kinderbetreuung) durchgeführt. Die Teilnehmerzahl pro Kurs beträgt 10 bis 12 Personen.

Mit den städtischen Kursen erreichen wir vor allem Mütter mit kleinen Kindern, die ein stadtteilorientiertes Angebot mit Kinderbetreuung benötigen.

Wir bieten Konversationskurse für Personen an, die nach dem Integrationskurs keine berufsorientierten Kurse besuchen. Hier können sie das im Integrationskurs Gelernte festigen und anwenden. Bei diesen Kursen steht die Integration im Stadtteil im Vordergrund.

Ältere Migranten besuchen in der Regel keine Integrationskurse. Sie benötigen Kurse mit reduzierter Stundenzahl und möchten Themen besprechen, die auf ihre Lebenssituation abgestimmt sind. Inzwischen haben in Stuttgart 26.000 Personen über 65 Jahre einen Migrationshintergrund. Dieser Zielgruppe soll in den nächsten Jahren mehr Beachtung geschenkt werden. Viele der älteren Migrantinnen und Migranten haben es versäumt, Deutsch zu lernen, da sie beabsichtigten, in ihr Heimatland zurückzukehren. Für sie bieten wir Kurse in Begegnungsstätten, beim Deutschen Roten Kreuz oder in Bürgerhäusern an.


3. Koordination und Zuständigkeiten in Stuttgart

Die Integrationskurse des Bundes unter Punkt 1.1. liegen in der Zuständigkeit des BAMF. Die Stabsabteilung für Integrationspolitik koordiniert das Kooperationsnetz Integrationskurse, um einen reibungslosen Ablauf des Programms in Stuttgart sicherzustellen.

Auch die ESF-Kurse unter 1.2. werden vom BAMF verwaltet. Die Koordination der Kurse in Stuttgart liegt bei der Arbeitsförderung im Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen (vgl. GRDrs 144/2009 und GRDrs 1168/2009).

Die Koordination sowie Verwaltung der Haushaltsmittel für die kommunalen Kurse obliegt der Stabsabteilung für Integrationspolitik (vgl. GRDrs 1130/2004, GRDrs 887/2005, GRDrs 890/2007, GRDrs 919/2009 und GRDrs 1136/2009).



Vorliegende Anträge/Anfragen

465/2009 SPD-Gemeinderatsfraktion
583/2009 SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
634/2009 Dr. Rolf Schlierer, Die Republikaner





Dr. Wolfgang Schuster



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