Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: 2100-00
GRDrs 1013/2008
Stuttgart,
02/25/2009



Neukonzeption Einschulungsuntersuchung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Internationaler Ausschuss
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beratung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
09.03.2009
18.03.2009
23.03.2009
01.04.2009



Beschlußantrag:

1. Vom Bericht zur Neukonzeption Einschulungsuntersuchung und dem vorgeschlagenen Stuttgarter Weg wird zustimmend Kenntnis genommen.

2. Der sogenannte „Stuttgarter Weg“ wird vorerst mit dem vorhandenen Personal eingeführt.

3. Nach der ersten Untersuchungsrunde in den Außenstellen des Gesundheitsamtes und in einer großen Kindertageseinrichtung wird über die Ergebnisse und Erkenntnisse, endgültige Umsetzung der Neukonzeption Einschulungsuntersuchung und der daraus ggf. abgeleiteten Ressourcenbedarfe entschieden.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Sachstand

In Baden-Württemberg soll ein neuer Weg bei der Einschulungsuntersuchung beschritten werden. Die Gesetzesänderungen im Schul- und Öffentlichen Gesundheitsdienstgesetz (ÖGDG) wurden am 04.11.2008 vom Landtag beschlossen, die Richtlinien und Verordnungen im Dezember 2008 veröffentlicht.

Ziel der Neukonzeption ist, die Einschulungsuntersuchungen vorzuziehen, um bei einem besonderen Bedarf an pädagogischer Förderung und/oder medizinischer Vorsorge frühzeitig reagieren zu können. Daneben soll eine Sprachstandserhebung durchgeführt werden. Die neue Untersuchung, die bisher einmal in der Regel drei bis neun Monate vor Einschulung durch eine Kinderärztin/einen Kinderarzt stattfand, soll künftig in zwei Schritten erfolgen:

· Der erste Schritt 24 – 15 Monate vor Schulbeginn,
· der zweite Schritt etwa drei Monate vor der Einschulung.


Vom Land vorgesehener Ablauf der Untersuchung

Die erste Untersuchung der Kinder soll eine sozialmedizinische Assistentin (SMA) durchführen. Die Untersuchung der Kinder erfolgt entweder in den Kindertageseinrichtungen, den umgebenden Schulen, den Außenstellen des Gesundheitsamtes oder anderen geeigneten Orten. Die Eltern können bei der Untersuchung dabei sein, eine Anwesenheit der Eltern ist aber nur bei den ärztlichen Untersuchungen gefordert.

Die Kinder werden gewogen und gemessen, es wird ein Seh- und Hörtest sowie ein Screening von Grob- und Feinmotorik durchgeführt und das Impfbuch wird auf Vollständigkeit geprüft. Außerdem wird ein Sprachscreening durchgeführt. Die Vorsorgeuntersuchungen, die der niedergelassene Kinder- und Jugendarzt durchgeführt hat, werden vermerkt.

Wenn bei der Untersuchung durch die SMA Auffälligkeiten festgestellt werden, entscheidet der Arzt nach Aktenlage (Dokumentation SMA-Screening, Erzieherinnen-Fragebogen, Eltern-Fragebogen), ob das Kind zusätzlich ärztlich untersucht werden muss und eine Sprachstandserhebung durch den SprachEntwicklungsTest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK) erfolgt.

Eine Information der Eltern erfolgt durch den Arzt entweder schriftlich oder - bei ärztlicher Untersuchung – persönlich.

Beim zweiten Schritt kurz vor der Einschulung werden nur diejenigen Kinder, bei denen noch Klärungsbedarf für die Einschulung besteht, unter Einbeziehung der Erfahrungen der Erzieherinnen und der Kooperationslehrerinnen nochmals durch eine Kinderärztin/einen Kinderarzt untersucht.


Bewertung des Landesmodells

Das neue Verfahren hat aus Sicht der Sozialverwaltung einige Nachteile:

· Falls das Kind in der ersten Untersuchung durch die SMA Auffälligkeiten zeigt und zusätzlich ärztlich zu untersuchen ist, müssen die Eltern ein zweites Mal mit ihrem Kind zur Untersuchung kommen. Bei den drei- bis vierjährigen Kindern kann dies zu Irritationen führen.
· Die Eltern werden lediglich schriftlich, nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen, durch den Arzt informiert und können keine Rückfragen stellen bzw. sich gleich beraten lassen.
· Den vom Land prognostizierten Anteil der Kinder (30 %), die zusätzlich ärztlich untersucht werden müssen, halten wir, gemessen an den bisherigen Erfahrungswerten, für nicht realistisch und zu niedrig angesetzt. Außerdem sollen Kinder, bei denen kein ausgefüllter Elternfragebogen, keine Einwilligung der Eltern zum Ausfüllen des Erzieherinnen-Fragebogens vorliegt oder bei fehlenden Vorsorgeuntersuchungen auf jeden Fall von den Ärzten des Gesundheitsamtes untersucht werden. So werden in Stuttgart voraussichtlich zwischen 30 % und 50 % der Kinder eine zusätzliche ärztliche Untersuchung benötigen.


Empfehlungen für einen Stuttgarter Weg

Die neue Einschulungsuntersuchung muss ein fachlich kompetentes und vom Kind aus gedachtes Angebot werden, denn die Zielgruppe der neuen Einschulungsuntersuchung sind die Kinder und deren Eltern. Seit Monaten fordern daher sowohl die Politik als auch die Elternvertreter, dass die Eltern bereits bei der ersten Untersuchung (und allen weiteren) ihres Kindes anwesend sein dürfen und dass auf Wunsch eine persönliche Beratung der Eltern durch den untersuchenden Arzt im Anschluss an die Untersuchung stattfindet. Diese Belange und Bedürfnisse haben wir ins Zentrum der Neukonzeption gestellt und in Gesprächen mit Elternvertretern, Mitarbeiterinnen von Kindertageseinrichtungen, Bereichsleitern und Trägern eine an die Verhältnisse der Stadt Stuttgart angepasste Variante der neuen Einschulungsuntersuchung erarbeitet.

Vier Punkte ergaben sich als wesentlich:

· Untersuchung der Kinder durch eine Kinderärztin/einen Kinderarzt (möglichst in vertrauter Umgebung) in Anwesenheit der Eltern
· Verzicht auf Elternfragebogen und des zweiten Teils des Erzieherfragebogens
· differenzierte Beratung der Eltern
· differenzierte Beratung der Kindertageseinrichtungen und Schulen
· gute Untersuchungsbedingungen. Unter Wertung der aus Sicht der Sozialverwaltung für das Wohl der Kinder vorrangig wichtigen Aspekte wird für Stuttgart empfohlen, flexibel vorzugehen. Grundsätzlich wünschenswert ist als Untersuchungsstätte die Kindertageseinrichtung. Unterschiedliche räumliche Bedingungen sowie Größe der Kindertageseinrichtungen und logistische Probleme können es erforderlich machen, dass andere Untersuchungsorte in Absprache mit Eltern und Einrichtungsleitungen gewählt werden.

Vorrangiges Ziel ist dabei eine gute Beratung der Eltern, der pädagogischen Fachkräfte und der Lehrerinnen und Lehrer, um die Förderung der Kinder zu optimieren. Dieser zusätzliche Aufwand für die Beratung und örtliche Flexibilität können nicht kostenneutral erfolgen. Zusatzbedarfe für die Mischung beider Varianten können aber erst exakt beziffert werden, wenn bekannt ist, wie viele Untersuchungen in Kindertageseinrichtungen stattfinden werden. Das Gesundheitsamt wird daher zunächst mit den vorhandenen Ressourcen diese neue Konzeption der Einschulungsuntersuchung durchführen, diese auswerten, um eine gesicherte Grundlage für eine Bemessung des künftigen Stellenbedarfs zu erhalten.


Zwischenschritt

Abweichend vom oben beschriebenen, grundsätzlich zu praktizierenden Verfahren wird die erste Untersuchung nach dem neuen Konzept ab Februar 2009 aus den nachstehenden Gründen in den Außenstellen des Gesundheitsamtes durchgeführt werden.

Die Beantragung von Fördermitteln des Landes für Sprachfördermaßnahmen durch die Kindertageseinrichtungen war ursprünglich an eine Antragsfrist bis 31. Mai 2009 gebunden, eine Verlängerung bis 30. September 2009 wurde inzwischen eingeräumt. Zur Beantragung ist eine von den Gesundheitsämtern durchgeführte Sprachstandserhebung Voraussetzung. Das heißt, bei allen 5.000 Kindern eines Einschulungsjahrgangs (vorgesehene Einschulung: September 2010) muss vor diesen Terminen vom Gesundheitsamt eine Screeninguntersuchung durchgeführt werden. Sollte dieser Test auffällig sein, erfolgt ein ein sog. SETK-Test. Es ist davon auszugehen, dass dies etwa bei 50 % der Kinder der Fall sein wird. Die Bewältigung dieser Aufgabe ist aus logistischen Gründen nur möglich, wenn ein großer Teil der Kinder in den Außenstellen des Gesundheitsamtes untersucht wird (nur so ist es möglich, mehr Kinder in kürzerer Zeit zu untersuchen). Als Vergleich zu dieser Gruppe wird das Gesundheitsamt die Kinder der größten Kindertageseinrichtung in den Räumen der Einrichtung untersuchen. Mit der Auswertung dieses Vergleichs können dann bereits gute Erkenntnisse über die organisatorischen Bedingungen für beide Varianten gewonnen werden.

Die Untersuchung des nächsten Jahrgangs kann dann im Herbst 2009 beginnen, so dass hier kein zeitlicher Engpass der Antragsfristen für Sprachfördermaßnamen zu erwarten ist (vorgesehene Einschulung: September 2011). Die Untersuchung der Kinder, die 2009 eingeschult werden und bisher noch nicht untersucht sind, wird zunächst zurückgestellt, bis der erste Schritt der neuen Einschulungsuntersuchung abgeschlossen ist.


Zusammenfassung:

1. Grundsätzlich erfolgt die erste Untersuchung im Team Arzt/SMA in den Kindertageseinrichtungen mit anschließender Elterninformation. Sofern dies nicht möglich ist, erfolgen die Untersuchungen in den Außenstellen.
2. Die erste Untersuchung nach dem neuen Verfahren erfolgt 2009 aus zeitlichen und logistischen Gründen in den Außenstellen des Gesundheitsamtes und als Modell in einer großen Kindertageseinrichtung.
3. Die erste Runde der neuen Konzeption der Einschulungsuntersuchungen wird zunächst mit den vorhandenen Ressourcen durchgeführt und dann ausgewertet, um gesicherte Grundlagen für eine Bemessung des künftigen Stellenbedarfs zu erhalten.


Finanzielle Auswirkungen

Aussagen zu einem eventuellen künftigen zusätzlichen Personalbedarf können nach Auswertung der ersten Untersuchungsrunde, ggf. in Abstimmung mit dem Jugendamt, gemacht werden.

Einnahmen werden erzielt durch Haushaltsmittel des Landes für die Durchführung der verbindlichen Sprachstandsdiagnose. Pro Sprachtest erhalten die Gesundheitsämter 35 Euro. Für das Gesundheitsamt Stuttgart sind bei rund 2.500 Kindern jährlich ca. 87.500 Euro zu erwarten. Eine erste Abschlagszahlung für 2009 wurde kurzfristig in Aussicht gestellt.


Beteiligte Stellen

Die Referate AK und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.




Gabriele Müller-Trimbusch
Bürgermeisterin


Anlagen

keine




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