Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs
666/2003
Stuttgart,
07/04/2003
Weiterentwicklung des SIMT
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Beratung
Beschlußfassung
öffentlich
öffentlich
16.07.2003
17.07.2003
Beschlußantrag:
1. Die Planungen der Universität Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg zur Weiterentwicklung des Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) von einer privaten Hochschule zu einer privaten Weiterbildungsakademie in der Trägerschaft der Universitäten Stuttgart, Hohenheim und Tübingen werden zustimmend zur Kenntnis genommen.
2. Die bisherigen Zahlungen der Landeshauptstadt in den Kapitalstock des SIMT stehen auch weiterhin zur Verfügung, die noch ausstehende Restrate in Höhe von 511.300 Euro wird zeitnah angewiesen.
3. Die durch den Gemeinderat beschlossenen Mietkostenzuschüsse für die Jahre 2004 und 2005 werden nicht mehr realisiert. Die Restrate für das Jahr 2003 in Höhe von 117.600 Euro wird noch ausbezahlt.
Begründung:
1. Entwicklung und aktuelle Situation des SIMT:
a)
Das
akademische Konzept
des SIMT ist erfolgreich
, das daraus resultierende Renommee der Einrichtung ist hoch: bereits im Dezember 2001 wurden Profil, Qualitätssicherung, Finanzierung und Kooperation im Rahmen eines Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft mit “gut” bewertet. Ende vergangenen Jahres belegte das SIMT in der Times einen Platz unter den 100 besten Business Schools.
b)
Auf der anderen Seite befindet sich das
SIMT in einer finanziellen Schieflage
, die massive Korrekturen erforderlich macht. Insgesamt hat das SIMT im laufenden Geschäftsjahr (bis zum 31. August 2003) einen ungedeckten Finanzbedarf in Höhe von 1,43 Mio. Euro. Es gibt im wesentlichen vier Gründe für diese Schieflage:
ü
Die Wirtschaft hat ihre Zusage in Höhe von rund 10 Mio. Euro nicht eingelöst. Ende vergangenen Jahres waren rund 7,2 Mio. Euro eingegangen. Diese Mittel sind inzwischen vollständig im laufenden Betrieb aufgezehrt worden.
ü
Der Aufbau eines Kapitalstocks über mehrere Jahre hinweg hat zu Problemen gerade in der Anlauf- und Aufbauphase des SIMT geführt.
ü
Es gab Schwächen in Organisation und Marketing.
ü
Für viele Bewerber für das SIMT waren die Studiengebühren (24.000 Euro pro Studierende/r) nur durch Kredit zu finanzieren. Das SIMT hat hierfür die Hälfte der eingenommenen Studiengebühren als Sicherheit bar hinterlegt (90 % der Studierenden). Insoweit hat die Hälfte der Einnahmen das SIMT zur Finanzierung des laufenden Betriebs nicht mehr zur Verfügung gestanden. Derzeit sind dadurch rund 1,2 Mio. Euro an Kapital gebunden. Inzwischen vergibt das SIMT keine Studierenden-Kredite mehr.
2. Konzept der Universität Stuttgart zur Lösung dieses Problems:
Um das Konzept des SIMT nicht zu beenden und zugleich auch, um eine drohende Insolvenz abzuwenden, hat das Land gemeinsam mit den Betreibern nach Wegen gesucht, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, das zum einen den Erhalt der “Marke” SIMT sichert und die innovativen – auch für die Landeshauptstadt essentiellen – Ansatzpunkte des SIMT für die Zukunft zu gewährleisten.
Grundvoraussetzung des neuen Geschäftsmodells ist die Tatsache gewesen, dass eine private Hochschule vom Land nicht finanziert wird. Insoweit wird eine engere Anbindung an die drei Universitäten Stuttgart, Hohenheim und Tübingen gesucht.
Die Universität Stuttgart hat in der Sitzung ihres Hochschulrates vom 20. Mai und in der Sitzung des Senats am 21. Mai ein
Konzept mit folgenden Eckpunkten
beschlossen:
ü
Das SIMT verliert seinen
Status
als Privathochschule und wird zu einer privat-rechtlich organisierten Weiterbildungseinrichtung unter mehrheitlicher Beteiligung der staatlichen Universitäten und ihrer Universitätsbünde (gemeinnützige GmbH).
ü
Die
Lehre
am SIMT soll wie bisher organisiert und angeboten werden. Allerdings soll es zu einer Neuausrichtung des Studienangebots kommen, bei der u.a. die Kernkompetenzen im Technologiemanagement verstärkt werden sollen, die wissenschaftliche Weiterbildung forciert werden sollen.
ü
Graduierungen
erfolgen künftig im Wege der Externenprüfung.
ü
Geschäftsanteile:
Universität Stuttgart: 39 %
Universitätsbünde (je 12 %): 36 %
Wirtschaft (Verein der Freunde des SIMT): 25 %
(Bislang hielt die Wirtschaft 64 % der Anteile, die drei Universitätsbünde je 12 %.)
ü
Aus gegebenem Anlass sollen effektivere Kontrollinstanzen geschaffen werden, insbesondere im Bereich
Finanz-Controlling
.
ü
Die
private Hochschule
SIMT soll bis Ende Juni 2004 erhalten werden, damit die derzeit 139 Studierenden (5 MBA-Studiengänge) ihr Studium ordnungsgemäß abschließen können.
Der
Vollzeit-MBA
soll erhalten bleiben, obwohl er finanzielle Defizite erwirtschaftet; er soll allerdings zugunsten eines finanziell günstigeren
Teilzeit-MBA
zurückgefahren werden. Letztendlich ist er die Grundlage für die internationale Anerkennung der Einrichtung und ein wesentlicher Punkt für die finanzielle Beteiligung der Landeshauptstadt.
Kostendeckung
soll durch eigene Studienprogramme der Universitäten für das Weiterbildungsangebot des SIMT erreicht werden. Das
Technologiemanagement
soll verstärkt werden. Hier liegt eine hervorragende Zielgruppenorientierung für die Region und eine erwünscht enge Verzahnung mit ihrer Wirtschaft und Wissenschaft vor.
Die Universität Stuttgart verweist derzeit bereits über auslandsorientierte Masterstudiengänge auf das Weiterbildungsprogramm des SIMT. Ebenso soll der geplanter Maßen von den Universitäten Stuttgart und Tübingen gemeinsam durchgeführte Studiengang
“Health Management”
vom SIMT angeboten werden.
Die
Federführung
liegt auch in Anbetracht der Anteilsgewichtung bei der Universität Stuttgart. Bereits jetzt hält die Uni Stuttgart im Konzert der drei beteiligten Universitäten (insgesamt ca. 40 % der Lehre) mit 25 % den höchsten Anteil. Eine mehrheitliche Übernahme von Anteilen der künftigen SIMT GmbH durch die Universität Stuttgart ist von daher sinnvoll. Dies gilt für die nächsten drei Jahre, dann soll eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit der neuen Konstruktion sowie der Anteilsverteilung erfolgen.
Ein
Personalkonzept
steht ebenso noch aus wie eine genaue Kalkulation der Einnahmen aus den Weiterbildungsangeboten der Universitäten für das SIMT.
Die Universität erhofft sich von der Anbindung an das SIMT erhebliche
Vorteile
:
ü
Kombination von staatlicher Universität und Management School ist eine einmalige Konstellation für die Ausbildung von Führungsnachwuchs für die Wirtschaft. Die Universität Stuttgart erhält durch innovative Studienformen und attraktive Fächerangebote (Health Management, Ausbau des englischsprachigen Masterprogramms) so ein zusätzliches
Alleinstellungsmerkmal
.
ü
Das Risiko eines Neubeginns wird durch das bereits erreichte internationale Renommee des SIMT verringert.
ü
Das SIMT ist eine Art
“Experimentierplattform” für neue innovative Projekte
in Forschung, Lehre und Weiterbildung für die Universität (z.B. Entwicklung MSc Health Management) und “Brückenkopf” für die Privatisierung eines Teils des weiteren Angebots der Universität. Angedacht sind ggf. sogar Einstellungen von auslandsorientierten Studiengängen. Für auslandsorientierte Studiengänge können Gebühren erhoben werden; Weiterbildungsprogramme können auf dieser Grundlage adäquat honoriert werden.
ü
Am SIMT können Weiterbildungsprogramm für die Absolventen der Berufsakademien, Fachhochschulen und Praktiker angeboten werden.
3. Finanzielle Konsequenzen des Konzeptes für die Landeshauptstadt:
a)
Das
Land
hat diesem Konzept bereits zugestimmt (Ministerratsbeschluss vom 27. Mai 2003). Die bisher in den Kapitalstock des SIMT einbezahlten Landesmittel in Höhe von rund 4,6 Mio. Euro (= 3 Raten á 3 Mio. DM für die Jahre 2000 bis 2002) sollen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs des SIMT ratenweise und nur zur Deckung des nachzuweisenden Fehlbedarfs bewilligt werden.
Die letzten beiden Raten der dem SIMT im Jahr 1998 zugesagten Anschubfinanzierung des Landes in Höhe von insgesamt noch rund 3 Mio. Euro sollen angesichts der staatlichen Haushaltslage nicht in den Kapitalstock einbezahlt werden.
b)
An die
Landeshauptstadt
wurde die Bitte herangetragen, ihr finanzielles Engagement in bisheriger Form weiterzuführen.
Es geht nicht darum, die vom Gemeinderat beschlossenen (GRDrs. 171/1998) rund 2,5 Mio. Euro zur freien Disposition zu geben, sondern sie im Kapitalstock wie bisher zu belassen.
ü
Im
Kapitalstock
des SIMT befinden sich
derzeit
Mittel der Stadt Stuttgart in Höhe von rund
2,05 Mio. Euro
(= 4 Raten á 1 Mio. DM = 511.300 Euro für die Jahre 1999 bis 2002. Das Land hat mit seinen Kapitalstock-Einzahlungen ein Jahr später als die Landeshauptstadt begonnen).
Die für dieses Frühjahr fällige letzte Rate in Höhe von 511.300 Euro wurde bislang noch nicht angewiesen.
ü
Über den Kapitalstock-Beitrag hinaus
wurden (GRDrs. 319/1998 und 30/1999) weitere
1,27 Mio. Euro
an
Mietzinsen und
Mietkostenzuschüssen
für das Universitätsgebäude
beschlossen.
Davon sind bislang rund 680.000 Euro abgeflossen:
2001/2
470.000 Euro,
für 2 Jahre
2003
117.600 Euro,
insgesamt geplant: 235.200 Euro
Der Mietkostenzuschuss für das Universitätsgebäude wurde ursprünglich für insgesamt 5 Jahre zugesagt, ist also noch für 2004 und 2005 vorgesehen. Mittel dafür sind in den Entwurf der Haushaltspläne 2004 und 2005 aufgenommen worden; für 2003 wurden sie bereits außerplanmäßig bewilligt.
In diesen Zusammenhang gehört auch, dass für das in der Anfangszeit genutzte
Bezirksrathaus Plieningen
weitere 92.000 Euro bereitgestellt wurden.
Es stünden nach Beschlüssen des Gemeinderats eigentlich noch 1,1 Mio. Euro zur Auszahlung an: 588.000 Euro an Mietkostenzuschüssen für 2004 und 2005 sowie 511.300 Euro zum Kapitalstock.
Angesichts der finanziellen Lage der Landeshauptstadt halte ich es allerdings für sachgerecht und angemessen, über den Kapitalstock-Zuschuss (
511.300 Euro
) hinaus nur noch den restlichen Mietkostenzuschuss für 2003 in Höhe von
117.600 Euro
auszubezahlen, während die beiden Raten für die Jahre 2004 und 2005 (470.000 Euro) nicht mehr realisiert werden sollten. Der Aufwand für die Stadt läge damit abschließend bei rund
630.000 Euro.
Nach meiner Auffassung sind die Eckpunkte, die für die Landeshauptstadt bei der Unterstützung des SIMT bislang immer leitend waren, also
ü
Internationalität
ü
ein besonderes eigenständiges Profil und Angebot sowie eine
ü
enge Verknüpfung mit der regionalen Wirtschaft
auch unter veränderten äußeren Strukturen immer noch aktuell und gültig. Ich halte es deshalb für sinnvoll und notwendig, dass wir die Universitäten und die Betreiber des SIMT bei ihrem Versuch unterstützen, diese für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort wichtige Institution erfolgreich weiterzuführen.
Finanzielle Auswirkungen
Beteiligte Stellen
Referat WFB
Dr. Wolfgang Schuster