Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 0348
GRDrs 796/2009
Stuttgart,
11/06/2009


Rechenschafts- und Tätigkeitsbericht der Leiterin der Stabsstelle für individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeratungöffentlich18.11.2009

Bericht:


Die Leiterin der Stabsstelle für individuelle Chancengleichheit für Frauen und Männer stellt in dem beiliegenden Bericht den rechtlichen Hintergrund ihrer Arbeit und konkrete Zielsetzungen und Maßnahmen in den Jahren 2007 bis 2009 dar.

Dr. Wolfgang Schuster



Tätigkeitsbericht (Januar 2007 bis Oktober 2009)

I. Rechtlicher Hintergrund

1. Gesetzliche Grundlagen der Gleichstellungspolitik der Stadt Stuttgart:
Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz
Bundesgesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Zweites Gleichberechtigungsgesetz vom 24. Juni 1994)
Landesgleichberechtigungsgesetz Baden-Württemberg vom 21.12.1995
Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene (Rat der Gemeinden und Regionen Europas 2006)

2. Kommunale Beschlussaufträge für die Stabsstelle:
Gemeinderatsbeschluss vom 22.2.1985 zur Bestellung einer Frauenbeauftragten
Dienstanweisung Nr. 18 /1991 Förderung von Frauen und Männern bei der Stadtverwaltung Stuttgart
Gemeinderatsbeschluss 27.7. 2001 (GRDrs 507/2001 und 1246/2001) mit strategischer Neuausrichtung Gender Mainstreaming und Frauenförderung
Gemeinderatsbeschluss vom 6.7.2007 (GRDrs 550/2007) mit der Überführung der Kommunalen Gender Mainstreaming Methode in den personalwirtschaftlichen Regelbetrieb der Ämter und Eigenbetriebe

3. Personal- und Finanzressourcen der Stabsstelle für Chancengleichheit
Die Stabsstelle wurde 1991 mit 3 Vollzeitpersonalstellen (Leitung, Sekretariat, Sachbearbeitung) ausgestattet. 2001 erfolgte aufgrund der Neuausrichtung des Aufgabengebiets eine Erweiterung um eine 0,5 Teilzeitstelle. Gegen Streichung des Sekretariats wurde zum 1.1.2006 eine 0,75 Teilzeitstelle für Sachbearbeitung geschaffen, um die Koordination von STOP kostenneutral zu gewährleisten (GRDrs 353/2005). Insgesamt 3,75 Personalstellen sind mit 7 Frauen besetzt, die aufgrund spezifischer Lebensbedingungen (Kinderbetreuung, pflegebedürftige Angehörige, Wiedereinstieg) mit unterschiedlichen Stellenanteilen beschäftigt sind: 100% (Leitung),15% (Sekretariat: Wiedereinstieg), 50%, 50%, 50%, 50%, 60% (Sachbearbeitung). Die Stabsstelle ist damit, im Vergleich zu anderen Städten wie etwa Düsseldorf (6 Stellen), Frankfurt (10 VZ-Stellen), Hannover (4 VZ-Stellen + 32 z. T. freigestellte „örtliche Frauenbeauftragte“ in den Fachämtern), München (5 VZ, dezentrale Freistellungen mit unterschiedlichen Stellenanteilen in den Fachämtern / Eigenbetrieben, z.Zt. Ausbau der Vollzeitfreistellung im Eigenbetrieb, 2 Vollzeitstellen für die Umsetzung des Gender Budgeting in der Kämmerei und im Direktorium) personell eher unterbesetzt.

Seit 2001 wurde das Finanzbudget der Stabsstelle nicht erweitert, sondern vielmehr in Zusammenhang mit Haushaltskürzungen gesenkt (2009: 33.000 €). Durch die Akquise von EU-Fördermitteln (2003 – 2005: ESF-Projekt „Familienportal“, 2005 – 2006: Projekt „Besser essen, mehr bewegen in Stuttgart“ des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2006: ESF-Projekt „Nachhaltige, beschäftigungswirksamen Wissensvernetzung zur Work – Life- Balance“, 2008 – 2009: Projekt „Gesund essen, mehr bewegen in Stuttgart“ des Bundesgesundheitsministeriums, 2009 – 2011: ESF-Projekt „Verstärkung- Frauen in Führungspositionen sind ein Gewinn“, konnten seit 2001 zusätzliche Barmittel in Höhe von 318.286,60 € eingebracht werden. Dem steht eine Kofinanzierung an unbaren Mitteln durch Personaleinsatz der Stabsstelle und beteiligter Partner und ein geringer Barmitteleinsatz aus dem Finanzbudget der Stabsstelle von 17.000 € gegenüber.

4. Methodisches und strategisches Vorgehen der Stabsstelle zur Förderung der Chancengleichheit

Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 27. Juli 2001 wurde die Gleichstellungsstelle als Stabsstelle für individuelle Chancengleichheit neu konzipiert. Mit der erweiterten Zielrichtung von Gleichstellungspolitik auf Frauen und Männer sollte die Chancengleichheit, je nach individuellen Rahmenbedingungen, Lebens- und Berufswegplanungen, durch die Analyse von entsprechenden Ungleichheiten verbessert werden. Diese strategische Neuausrichtung, Gleichstellung als Interessensvertretung von Frauen und Männern, unter Berücksichtigung von Alter, Herkunft, Religion, Lebensstil, verbindlich auf allen Entscheidungs- und Handlungsebenen der Stadtverwaltung und Kommunalpolitik, zur Maxime zu machen, wurde mit der Entwicklung einer kommunalen Konzeption des Gender Mainstreaming (KGMM) erprobt (GRDrs 1014/2003,GRDrs 1299/2003, 117/2005) und als nachhaltige Methode und Strategie eines zielgruppenspezifischen Personalmanagements in die zentrale und dezentrale Linienverantwortung überführt (GRDrs 550/2007). Der Stabsstelle kommt weiterhin eine beratende und unterstützende Funktion zu. Der Unterschied zur punktuellen Frauenförderung, die gleichwohl weiterhin notwendig ist, besteht darin, dass auf der Grundlage tatsächlicher, nachweisbarer ungleicher Chancen von Frauen und Männern die Ursachen umfassend ermittelt und konkrete Gegenmaßnahmen von den jeweils Verantwortlichen entwickelt werden. Der Handlungsradius erstreckt sich dabei oft über die unmittelbaren Arbeitsbereiche der Ämter und Eigenbetriebe hinaus. Aufgabe der Stabsstelle ist es, Gesamtzusammenhänge von Chancenungleichheiten aufzuzeigen und Gegenmaßnahmen in einer Gesamtstrategie zu entwickeln. Daraus ergeben sich auch komplexe Handlungsfelder, die in Projekten wie „Gesund essen, mehr bewegen in Stuttgart“ (GEMBIS) ihren Niederschlag finden. Der Erfolg wird an einer in das gesamtstädtische Handeln integrierten Umsetzung und konkreten Veränderungen gemessen. Erfolgsvoraussetzung sind Kooperationen und Kommunikation, „neue Allianzen“, gerade zwischen der Gleichstellungsbeauftragten, den Referaten und Verwaltungseinheiten, Wirtschaftsunternehmen, -verbänden, NGO`s, Landes- und Bundespolitik.
Die Gleichstellungsstelle hat die Aufgabe der Konzeptionierung, Steuerung und Gesamtverantwortung für diesen Veränderungsprozess und die notwendige Netzwerkarbeit übertragen bekommen.
Die Querschnittsaufgabe „Verbesserung der Chancengleichheit“ bietet die Möglichkeit, umfassend auf Zusammenhänge aufmerksam zu machen und nachhaltige Veränderungsprozesse aufzuzeigen.
Chancengleichheits- / Gleichstellungspolitik als Stabsstellenarbeit bedeutet demnach eine systematische Ursachenanalyse der Chancenungleichheiten von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen, Entwicklung von innovativen Handlungsempfehlungen, Umsetzung in Pilotmodellen und Übertragung in den Regelbetrieb der Kommunalverwaltung bzw. auf die entsprechenden Verantwortungsebenen (Landes- und Bundespolitik).

Folgende Schwerpunkte gelten weiterhin als kommunale Handlungsfelder der Stabsstelle:
1. Chancengleichheit für die Beschäftigten der Stadtverwaltung vor allem in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie im erweiterten Sinn (Kinderbetreuung, Pflegebedürftigkeit) und Beruf, Wiedereinstieg, Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten, konsequent zu verbessern.
2. Chancengleichheit für die in Stuttgart lebenden und/oder arbeitenden Menschen als gesellschafts-, beschäftigungs- und wirtschaftspolitischen Standortfaktor zu begreifen und entsprechende Maßnahmen in Kooperation mit ministerialen und kommunalen Verantwortlichen für Sozialpolitik, Arbeits- und Wirtschaftsförderung, mit Wirtschaftsunternehmen und Verbänden, umzusetzen.
3. Spezifische Frauenförderung und Familienfreundlichkeit in Stuttgart, insbesondere durch Stadtteilarbeit, zu unterstützen, Stadtteilprojekte zu initiieren. Dabei gilt ein besonderer Schwerpunkt zunehmend älteren Frauen und Migrantinnen.
4. Gewalt gegen Frauen durch Kooperationen und Koordination von Maßnahmen zu begegnen
5. Service-Beratungsleistungen für Frauen in Problemsituationen anzubieten.
6. Fundraising und Marketing, um Sponsoren für notwendige, aber im Regelbetrieb nicht finanzierte Projekte, Maßnahmen zu generieren, Arbeitsergebnisse und Erfolge als best practices zu veröffentlichen und daraus selbst zu lernen.


II. Konkrete Zielsetzungen und Maßnahmen für entsprechende Zielgruppen (2007 bis 2009)

1. Chancengleichheit für die Beschäftigten der Stadtverwaltung
Mit dem Abschluss des Pilotprojektes KGMM (Kommunales Gender Mainstreaming Management) konnten für das AföO messbare Erfolge zur Verbesserung der Chancengleichheit erreicht werden: Stellenhebungen, die aufgrund der Datenauswertung zur Personalausstattung und Stellenbewertung zu 63 Beförderungen führten; Ansteigen des Anteils von Frauen in Führungspositionen durch geeignete Rahmenbedingungen von 34,8% auf 41,32%, Ansteigen der Teilzeitquote in Führungspositionen von 3% auf 8,9%. Einige Maßnahmen im Bereich „Wiedereinstieg“ und „Gesundheitsvorsorge“ hatten gesamtstädtische Wirkung: Einführung des WE-Pools mit 15 Stellen, Ermäßigung für Kiesertrainings-abonnements).
Die Methode des KGMM, in jedem Amt / Eigenbetrieb systematisch die genderspezifischen, personalwirtschaftlichen Basisdaten (Arbeitssituation und Zufriedenheit, Personalausstattung, Personalgewinnung, Personalentwicklung, Entgelt, Fehlzeiten, Fluktuation, Flankierende Serviceleistungen) zu erheben, entsprechende Handlungsfelder zur Verbesserung der Chancengleichheit auszuwählen und gezielte Maßnahmen festzulegen, war bereits 2004 in fünf weiteren Ämtern (Garten-, Friedhofs- und Forstamt, Sportamt, Stadtkämmerei, Stadtmessungsamt, Haupt- und Personalamt) angewandt worden. Es zeigte sich, dass, je nach amtsspezifischer Personalstruktur (Geschlecht, Herkunft, Alter, Gesundheit) andere Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Auf ein Amt mit Überalterung kommen gerade in Bezug auf Personalentwicklung und Gewinnung Herausforderungen zu, die genderspezifische Erfolge mit sich bringen sollten. Mit der GRDrs 550/2007 wurde die weitere Anwendung und Umsetzung des KGMM in die zentrale (Haupt- und Personalamt) und dezentrale Linienverantwortung (Personalverwaltung der Ämter/Eigenbetriebe) übergeben, als Teil eines zielgruppenspezifischen, effizienten Personalmanagements.
Ebenso ist diese Methode, für die Stuttgart bundesweit bekannt wurde (siehe Anhang 3), auf den Dienstleistungssektor übertragen worden. Z.B. im Bereich „Altenhilfe“ wurden die Angebote der Stadt genderspezifisch untersucht. Mit den Ergebnissen kann die Stadt ihre Hilfen wesentlich zielorientierter und effizienter anbieten.
Seit 2007 arbeitet die Stabsstelle an der Umsetzung der Charta zur Chancengleichheit des Rats der Gemeinden und Regionen in Europa (RGRE). 2009 gehören 18 deutsche Städte neben Stuttgart zu den Unterzeichnern. Mit diesem Aktionsplan muss das gesamte Aufgabenspektrum der kommunalen Chancengleichheit erfasst werden: Stadt als Arbeitgeber, als Dienstleister, als Auftraggeber. Die Stabsstelle gilt gerade wegen der guten Erfahrungen mit dem KGMM als Strategie, die alle Verwaltungseinheiten umfasst, als prädestiniert für die Verabschiedung eines erfolgreichen Aktionsplans. Landes- und bundesweit wurden deshalb diese Erfahrungen inzwischen abgerufen (Vorträge, Beratung von kommunalen Entscheidungsgremien). Die größte Herausforderung besteht jedoch in einer effizienten Steuerung und Controlling dieses Veränderungsprozesses. Hierbei stehen alle deutschen Städte am Anfang. Die Stabsstelle ist deshalb als Vorreiter mit Heidelberg angefragt, bundesweit eine Konzeption zu erarbeiten und diese bei der Bundeskonferenz der Frauenbeauftragten 2010 zur Diskussion zu stellen. In Zusammenhang mit dem 25-jährigen Jubiläum der Gleichstellungsstelle der Stadt Stuttgart findet im September 2010 eine bundesweite Fachkonferenz „Chancengleichheit im 21. Jahrhundert“ statt, bei der ausgewählte Städte ihre Arbeit vor dem Hintergrund der Herausforderungen darstellen.

2. Chancengleichheit als gesellschafts-, beschäftigungs- und wirtschaftspolitischer Standortfaktor
Im Rahmen eines ESF-Projekts zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch strukturierten Wissensaustausch wurde ein Netzwerk von Betrieben aufgebaut, die erfolgreiche Beispiele ihrer täglichen Praxis vergleichen und so voneinander lernen. Die Feststellung, dass eine interdisziplinäre Vernetzung und Kommunikation zwischen Betrieben, Kommunalverwaltung, Landespolitik, Verbänden und Trägern) zur größeren Effizienz einzelner Maßnahmen beiträgt (beispielsweise beim Aufbau einer Betriebskita), führte zur Etablierung und dem Ausbau des regionalen Netzwerks von 53 teilnehmenden Institutionen 2007, 120 Teilnehmer aus 81 Institutionen 2009 (siehe Anhang 3). Ein entsprechendes Kommunikationsinstrument (www.familienfreundlicher-wirtschaftsstandort.de) erlaubt in einem offenen und geschlossenen Portal den Zugriff auf eine Suchmaschine, wertvolle Kontakte und Daten (siehe Anhang 3). Um nur einige praktische Erfolgsbeispiele des gegenseitigen Lernens zu nennen:
- Aufbau einer Internetplattform „Zuhause den Wiedereinstieg planen“ bei der Stadtverwaltung Stuttgart (Best practice Vorbild: Daimler AG)
- Kantinenessen zur Mitnahme für Familienangehörige bei der Stadtverwaltung Stuttgart und Daimler (Best practice Vorbild: Allianz Lebensversicherung AG)
- Pflegebedürftigkeit der Angehörigen als Herausforderung für Beschäftigte und Personalverwaltungen (Best practice Vorbild: LBS, Georg-von-Holtzbrinck-Verlagsgruppe ). Gerade diesem Problemfeld gegenüber stehen die meisten Betriebe am Anfang. Auf die Stadt Stuttgart als Arbeitgeberin und als Dienstleisterin kommen genderspezifisch ähnliche Anforderungen zu wie in der Frage der Kinderbetreuung. Die Stabsstelle bearbeitet dieses sensible Handlungsfeld umfassend (Anlage 2).
- Kinderbetreuung außerhalb der Regelbetreuung (Ferien-, Notfallbetreuung) durch innovative Modelle und Kooperationen (Best practice: Universität Hohenheim)

Durch die Neukonzeption des Themas „Mehr Frauen in Führung“ konnten beim Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Fördergelder für den Aufbau von Betriebpartnerschaften generiert werden: Erfahrene Personalverantwortliche in Führungspositionen stellen als ExpertInnen ihrer Branche KollegInnen anderer Betriebe ihr Know How in kostenlosen Beratungseinheiten zur Verfügung. Zeitgleich werden die Instrumente und Maßnahmen zur gezielten Förderung von Frauen auf dem Weg in Führung auch praktisch angewandt (GRDrs 152/2009)

Einer der Schwerpunkte von Chancenungleichheit für Frauen liegt im Bereich des Zweiten Arbeitsmarktes. Durch zusätzliche Vermittlungshemmnisse (fehlende Kinderbetreuung, Minderqualifikation, Gewalt-, Suchterfahrung) können Frauen schwer in den Ersten Arbeitsmarkt bzw. eine Ausbildungsstelle vermittelt werden. Im Netzwerk „Qualifizierung und Ausbildung für Frauen“, dem Sozialunternehmen, Arbeitsagentur, Job Center, Arbeitsförderung angehören, werden gezielt genderspezifische Ursachen aufgezeigt und Lösungen gesucht, wie z.B. mit dem Fachtag „Ausbilden und Gewinnen“, 2009. Der besonderen Situation von Migrantinnen wurde in einer breit angelegten Untersuchung zu deren besonderen Familien- und Berufswegplanung (Förderprojekt der Fachhochschule für Sozialwesen, Freiburg: 450 Interviews mit Türkinnen und Aussiedlerinnen in Stuttgart) nachgegangen. Die Ergebnisse wurden von der Stabsstelle veröffentlicht und werden in Kooperationsprojekten umgesetzt. Durch die Vernetzung stadtinterner und externer Fach- und Politikverantwortlicher (MIBIS: Migrantinnen in Beschäftigung in Stuttgart) werden spezifische Themen wie etwa „Ausbildung mit Kind“, „Anerkennung von Abschlüssen“, etc. bearbeitet.

3. Frauenförderung und familienfreundliches Stuttgart
Chancenungleichheiten setzen sich meist vom Kinderstatus aus über mangelnde Bildung, geringe Arbeitsmarktchancen und Lebensstile / Lebenswelten biographisch fort. Eine Verbesserung kann nur über Aktionsbündnisse und Abstimmung der Aktivitäten in umfassend angelegten Veränderungsprozessen erreicht werden. Die Stabsstelle griff 2007 bis 2009 drei Bereiche auf, um geschlechts- und herkunftsspezifische Benachteiligungen zu analysieren, Lösungsansätze zu entwickeln und in die Umsetzung zu bringen:
1. Gesunde Lebenswelten und Lebensstile für Kinder und Jugendliche (Förderprojekt des Bundesgesundheitsministeriums „GEMBIS“: Gesund essen, mehr bewegen in Stuttgart)
2. Lebenssituation behinderter Frauen und älterer Frauen unter dem Aspekt Leben im Stadtteil, Wohnen im Alter, Traumatisierung in der Lebensgeschichte, Pflegebedürftigkeit und Betreuung im häuslichen Bereich.
3. Gendergerechte Stadtplanung (Erarbeitung eines praxistauglichen Kriterienkatalogs für anstehende Planungsvorhaben)
Um keine Doppelstrukturen entstehen zu lassen, greift die Stabsstelle Problemfelder nur dann eigenständig auf, wenn sie nicht bereits in der Linienverantwortung bearbeitet werden bzw. eine Querschnittsaufgabe darstellen, die der Koordination und Steuerung bedarf. Oft fehlen bei Querschnittsthemen allerdings grundsätzliche Erhebungen, was eigentlich schon gemacht wurde, von wem und mit welchen Ergebnissen und Nachhaltigkeiten. Eine stringente Analyse und Vernetzung lokaler Angebote / Akteure war deshalb Ziel des Aktionsbündnisses von GEMBIS. In vier Stadtteilen / sechs Brennpunktschulen konnten während der 6-monatigen Förderlaufzeit wertvolle genderspezifische Erkenntnisse zu Motorik, Ess- und Lebensgewohnheiten, Schulsituation von Jugendlichen gewonnen werden. Die Erfahrungen aus umgesetzten Verbesserungsvorschlägen der Schulen mündeten in konkrete Handlungsempfehlungen für den Regelbetrieb.


4. Gewalt gegen Frauen
Im Bereich der Gewaltabwendung und –prävention für betroffene Frauen stellten folgende Bereiche die größte Herausforderung dar: Häusliche Gewalt (STOP) mit der Erweiterung um das Thema „Gewalt in der Pflege“, Zwangsprostitution und Menschenhandel.

Im Rahmen der Koordination von STOP (Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt) wurden zusätzliche Handlungsfelder erfolgreich aufgegriffen:
- Besondere Situation von Migrantinnen,
- Kinderschutz bei häuslicher Gewalt,
- Nachhaltige Täterarbeit und
- Fairstreittraining als Fortbildung der Fachberatungsstellen (FIS, MIS) und als Seminare für Paare mit Gewalterfahrung auf dem Weg in ein gewaltfreies Zusammenleben. Es handelt sich um eine konzeptionelle Erweiterung der bisherigenFrauen- und Männerinterventionsarbeit.
Das Thema „Gewalt in der Pflege“ umfasst einen vielschichtigen Problembereich, der bisher vernachlässigt wurde und in einer entsprechenden Kooperationsstruktur von Fachleuten erstmals behandelt wird (siehe Anhang 2)
Wie alle anderen Handlungsfelder zur Chancengleichheit erfordert gerade der Bereich „Gewalt gegen Frauen“ eine enge Kooperation unterschiedlicher Hierarchien und Zuständigkeiten, Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit. Auch hierbei konnte die Stabsstelle gute Erfolge verbuchen.

5. Service-Beratungsleistungen
Die Arbeit der Gleichstellungsstelle basiert auf (Er-)Kenntnissen zu Chancenungleichheiten von Frauen und Männern, Verbesserungsvorschlägen und deren konkreter Umsetzung.
Ein Schwerpunkt der täglichen Praxis der Stabsstelle besteht deshalb in der persönlichen Beratung Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger und städtischer Beschäftigten. Die Fälle beziehen sich hauptsächlich auf mittelbare oder unmittelbare sexuelle Belästigung, Mobbing, Benachteilung im Privat- und Berufsleben.
In Einzelgesprächen werden Zusammenhänge und Hintergründe geklärt. In den meisten Fällen konnte eine Lösung gefunden werden. Für entsprechende stadtinterne Konflikte wäre eine verbindliche Verfahrensregelung besonders bei Personalauswahlverfahren sinnvoll. Trotz des AGG und Zuständigkeitsregelung (Referat AK) wenden sich betroffene Frauen weiterhin an die Stabsstelle. In Zusammenhang mit dem Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Charta zur Chancengleichheit und der geplanten DV (Chancengleichheitsplan), die die DA zur Frauenförderung von 1991 ablösen wird, sollte einer entsprechend paritätisch besetzten Schlichtungsstelle Rechnung getragen werden.
Die Stabsstelle wirkt in zahlreichen Gremien und Arbeitskreisen zur Förderung der Chancengleichheit mit, teilweise hat sie die Geschäftsführung inne (u.a. LAG - Frauenbeauftragte, AG Mädchenpolitik, AK Frau und Alter, Fraueninformationszentrum, Regionales Bündnis gegen Zwangsprostitution, Frauenwerke e.V.)

6. Fundraising und Marketing
Ziel der Stabsstelle ist es seit 2001, durch Fördergelder aus dem Europäischen Sozialfond, Bundes- und Landesministerien, der Arbeitsagentur oder privaten Institutionen Projektmittel für ihre Arbeit zu akquirieren. Dabei ist nicht nur der finanzielle Aspekt wichtig, sondern es erweisen sich auch die erweiterten Kooperationsmöglichkeiten, Öffentlichkeitswirksamkeit und landesweiter Wissenstransfer als sehr vorteilhaft.
Durch Benefizveranstaltungen (Beispiel: Altes Schauspielhaus) und aus Spendengeldern konnten zusätzliche Mittel für nicht im Regelbetrieb der Institutionen abgedeckte Zusatzleistungen gewonnen werden (u. a. Ausflugsfond für die Kinder in den Frauenhäusern).
Die Stabsstelle veröffentlicht alle Projekte / Untersuchungen in einschlägigen Printmedien (siehe Anhang 3). Darüber hinaus werden regelmäßige Anfragen von Funk und Fernsehen zu tagesaktuellen Themen der Chancengleichheit beantwortet (z.B. SWR, Landesschau). Dadurch werden nicht nur die eigenen erfolgreichen Ansätze öffentlich gemacht, sondern auch das entsprechende Thema verbreitet (z.B. durch die Prämierung des Stuttgarter STOP-Modells als deutscher Beitrag zum europäischen Präventionspreis in Lissabon 2007)
2007 bis 2009 wurden Informationsbroschüren wie etwa „So geht es weiter“ für Alleinerziehende, „Zuhause bei Schulzes“ und „Zoff daheim - Die Polizei kommt“ für Kinder in häuslicher Gewalt, von der Stabsstelle verfasst, in Druck gegeben und verbreitet.

III. Fazit und Nachhaltigkeit
Der Schwerpunkt der Arbeit der Stabsstelle besteht in der umfassenden Analyse und Ursachenforschung von Chancenungleichheiten bei den Bürgerinnen / Bürgern und Beschäftigten der Stadt Stuttgart. Der Vorteil einer jeden Stabsstelle liegt gerade in der Möglichkeit pilothaft innovative Lösungsansätze aufzugreifen und bei Erfolg in die Linienverantwortung zu geben. Sowohl nach Innen (Stadtverwaltung) als auch nach Aussen (Kommune) bearbeitet die Stabsstelle im Rahmen ihrer Querschnittaufgabe zahlreiche Themen mit erfolgreichen Ergebnissen. Allerdings erfordert die Überführung in den Regelbetrieb eine begleitende Steuerung, die die Stabsstelle nicht in der notwendigen Stringenz leisten kann. Eine gesamtstädtische Strategie zur weiteren Umsetzung der Chancengleichheit ist grundsätzliche erforderlich.
Im Rahmen der Umsetzung der EU-Charta zur Chancengleichheit können hierzu grundsätzlich neue Maßstäbe gesetzt werden. Der von der Stabsstelle federführend zu erarbeitender und mit Referat AK, weiteren Ämtern und Partner abzustimmender Aktionsplan sollte deshalb nicht nur alle kommunalen Verantwortungs- und Handlungsbereiche der Stadt Stuttgart zur Verbesserung der Chancengleichheit umfassen, sondern vor allem auch ein effizientes Controlling- und Steuerungssystem sein.

Beteiligte Stellen













Anlage 1: Zielgruppen - Handlungsfelder - Personalstruktur
Anlage 2: Themenfelder und Maßnahmen
Anlage 3.1: Internetseite zum Wiedereinstieg für beurlaubte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Anlage 3.2.1 Familienfreundlicher Wirtschaftsstandort
Anlage 3.2.2 Mitglieder des Regionalen Work-Life-Balance Netzwerks für Führungskräfte und Personalverantwortliche aus Unternehmen, Kommunen, Verbänden und Wissenschaft
Anlage 3.3 ESF-Projekt "Verstärkung - Frauen in Führungspositionen sind ein Gewinn"
Anlage 3.4 Interventionsverfahren STOP
Anlage 3.5 Gender Mainstreaming in der Stadt Stuttgart, in: Personalarbeit in Krisenzeiten, Personalführung 5/2009




File Attachment Icon
Vorlage7962009.pdf