Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit

Gz: KBS/SJG
GRDrs 93/2005
Stuttgart,
02/18/2005


Essensversorgung an Schulen



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich16.03.2005

Bericht:


In der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 27. Oktober 2004 wurde die Beratung der Vorlage GRDrs 459/2004 ausgesetzt um zu prüfen,

· ob die Essensversorgung für Kinder in den traditionellen Ganztagesschulen und Sonderschulkindergärten durch das Jugendamt erfolgen kann und
· wie die Ergebnisse der Fachtagung zur gesunden Schulverpflegung in die Praxis der Stuttgarter Schulen übertragen werden kann. (Anlage 1)


Übernahme der Essensversorgung in den traditionellen Ganztagesschulen und Sonderschulkindergärten durch das Jugendamt

Das Jugendamt hat zwischenzeitlich gemeinsam mit der ods GmbH die betreffenden 11 Ganztagesschulen und drei Sonderschulkindergärten besucht. Das derzeitige System und Veränderungswünsche wurden dokumentiert und bewertet. Es wurde die bauliche Situation der Küchen, der Ausgabestellen und der Speiseräume begutachtet.

Die vom Schulverwaltungsamt benötigte Dienstleistung, deren Gesamtausschreibung im Beschlussantrag vom 31. August 2004, GRDrs 459/2004 beschlossen werden sollte, teilt sich in fünf Dienstleistungsbereiche:

1. Speisenproduktion
2. Mitarbeitereinsatz bei der Essensausgabe
3. Abrechnung der Mittagessen
4. Transport der Speisen
5. Beratung und fachliche Führung der Mitarbeiterinnen der Verteilerküchen

Alle Dienstleistungen sind separat zu betrachten und zu bewerten. Aktuelle Kosten der einzelnen Bereiche lassen sich letztendlich nur durch Ausschreibung ermitteln.


zu 1.: Speisenproduktion von 700 Essen täglich

Nach der Sanierung der Stützpunktküche in der Tageseinrichtung für Kinder Elsässer Str. 8, die 2006 abgeschlossen sein wird, könnte die Essensversorgung der Einrichtungen im Warmverteilverfahren übernommen werden. Dazu wären zusätzliche Investitionen in Höhe von ca. 70.000 € zu tätigen. Für die Herstellung von 700 Essen entsteht ein Personalbedarf von sieben Vollzeitkräften und Personalkosten in Höhe von 258.000 €, sowie Sachkosten in Höhe von 1.200 € pro Jahr.

Die meisten Schulen haben Mitte 2004 auf Tiefkühl-Mischküche umgestellt. 40 % bestehen aus frischen Komponenten wie z. B. Salat und Desserts und 60 % aus Tiefkühl-Komponenten. Anbieter ist hier die Firma apetito. Die Zufriedenheit ist ausgesprochen hoch. Hohe Flexibilität in Menge, Angebotsvielfalt und Qualität sind die Hauptgründe dafür, dass die Schulleitungen bei dieser Art der Speisenversorgung bleiben wollen. Ausgelöst durch die allgemeines Diskussion um die Essenausgabe ist derzeit ein Anstieg bei den Essensteilnehmer feststellbar.


zu 2.: Mitarbeiter bei der Essensausgabe

Der Mitarbeitereinsatz in den Ganztagesschulen und den Sonderschulkindergärten durch das Jugendamt erweist sich schwieriger als in den Verteilerküchen der Tageseinrichtungen für Kinder. Die Einrichtungsleitungen in den Tageseinrichtungen für Kinder sind den hauswirtschaftlichen Mitarbeiterinnen fachlich und disziplinarisch vorgesetzt und haben somit direkten Einfluss auf die Qualität und die Quantität der Arbeit. Über das bestehende Springkraftkonzept können bei geplanten oder überraschenden Ausfällen, Mitarbeiterinnen innerhalb des Bereiches angefordert werden.

Diese Struktur lässt sich in den Schulen nicht aufbauen. Es ist weder den Lehrern noch dem Sekretariat möglich, die Verantwortung und Führung dieser Mitarbeiterinnen zu übernehmen. Nach den Personalausstattungsgrundsätzen des Jugendamtes sind für 14 Verteilküchen an Schulen 11.789 Personalstunden (entspricht 8,0 Vollzeitstellen) notwendig. Es entstehen Personalkosten in Höhe von 283.200 € jährlich.


zu 3.: Abrechnung der Mittagessen

Die Abrechnung der Mittagessen in den Regelschulen wird derzeit in unterschiedlichen Verfahren durchgeführt. Zum einen werden Essensmarken vom Sekretariat bar verkauft, zum anderen im nachhinein den Eltern vom Schulverwaltungsamt, in Verbindung mit der Stadtkämmerei, in Rechnung gestellt. Die Essensmarken werden durch die Schüler am jeweiligen Tag entwertet.

In den Behinderten-Schulen gehört das Essen zum pädagogischen Auftrag. Alle anwesenden Kinder essen mit. Es werden deshalb keine Essensmarken ausgegeben sondern im nachhinein den Eltern vom Schulverwaltungsamt, in Verbindung mit der Stadtkämmerei, in Rechnung gestellt.

Das Jugendamt könnte diese Aufgaben übernehmen. Synergien ergeben sich hierbei nicht. Im Jugendamt wären 2,1 Stellen für die Abrechnung zu schaffen. Die Stadtkämmerei hat die EDV-Erfassung zwischenzeitlich auf die Ämter übertragen. Das Jugendamt oder das Schulverwaltungsamt sind gezwungen, ein neues EDV Erfassungsprogramm zu installieren.


zu 4.: Transport der Speisen

Da das Jugendamt keinen eigenen Fuhrpark hat, wird diese Dienstleistung über das Amt für Abfallwirtschaft an das DRK und/oder an den ASB vergeben. Für die Schulbelieferung wären die Routen entsprechend zu erweitern.


zu 5.: Beratung und fachliche Führung der Mitarbeiterinnen der Verteilerküchen

Die Dienststelle Küchen und Ernährung beim Jugendamt führt die Dienst- und Fachaufsicht über 14 Stützpunktküchen des Jugendamtes. Die Verteilerküchen des Jugendamtes werden hinsichtlich der hygienischen Vorschriften und dem Umgang mit Lebensmittel beraten. Die Verteilerküchen der Schulen könnten in diese Beratungsleistung aufgenommen werden.


Bewertung der Essensversorgung durch das Jugendamt

ProContra
teilweise Nutzung innerstädtischer SynergienQualitätsverlust durch lange Standzeiten
Ein kompetenter Ansprechpartner, verkürzte KommunikationswegeEingeschränktes Produktangebot
Stellenabbau des Jugendamtes zum HSK 2002 kann gemindert werdenWeniger Flexibilität, da ab 10:30 Uhr abgefüllt transportiert wird
Bessere Auslastung der Küchen des Jugendamtes, InvestitionsrenditeTransportrisiko, da versucht wird, so verzehrnah wie möglich abzufüllen
Kindgerechtes EssenZu erwartende Unzufriedenheit der Schulleitungen
Bessere Einkaufskonditionen durch höhere AbnahmeZusätzliche Investitionen in Transportgerätschaften
Keine durchgängigen Führungsstrukturen in den Schulen umsetzbar
Zusätzliche Stellenschaffungen erforderlich


Finanzielle Auswirkungen

Kostenübersicht je Mittagessen
bei 693 Essen an 153 Verpflegungstagen pro Jahr (106.000 Essen/Jahr)

WirtschaftsfaktorenAusgangssitua-
tion Schulverwal-
tungsamt
2002
Derzeitige Situation
Schulverwaltungs-
amt
2004
Kosten bei Belieferung durch Jugendamt
Lebensmittelkosten
2,40 €
2,50 €
1,30 €
Personalkosten in Produktionsküche
2,43 €
Personalkosten in Verteilerküche
4,60 €
3,23 €
2,67 €
Sachkosten in Produktionsküche
0,05 €
Sachkosten in Verteilerküche
0,17 €
0,17 €
0,12 €
Transportkosten, je nach gef. km
0,24 €
Abrechnungskosten 2,1 Stellen
(analog) 0,98 €
(analog) 0,98 €
(ermittelt) 0,98 €

Summe pro Mittagessen
8,15 €
6,88 €
7,79 €

Nach der Vollkostenrechnung kostet ein Mittagessen vom Jugendamt 7,79 €. Dieser Preis beinhaltet Wareneinkauf, Speisenproduktion durch eigene Mitarbeiter, Reinigung der Produktionsküche, Transport in die Verteilerküche, Essensausgabe, Spülen des Geschirrs, Reinigung der Verteilerküche und Abrechnung der Mittagessen.


Resümee

Die o. a. Gegenüberstellung dessen,

- was derzeit bereits in den Schulen an Essensangeboten möglich ist (Tiefkühlkost)
- was an Leistungen des Jugendamtes derzeit angeboten werden kann (Warm-Essen- Versorgung)

- und dass die Essensversorgung des Jugendamtes ohnehin in eine andere Struktur (vom Warmessen zu Alternativen wie z. B. Tiefkühlkost, Dreamsteam, Cook + Chill)

überführt werden muss

zeigt, dass die Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt die Übernahme der Essensversorgung an Schulen durch die Küchen des Jugendamtes nicht vorschlagen kann.

Dessen eingedenk hat das Jugendamt vor einiger Zeit eine Projektgruppe gegründet, die den Auftrag hat, die Essensversorgung in Kitas

- kindgerechter
- vielfältiger und gesünder
- und flexibler handhabbar

zu gestalten. Die Ergebnisse werden zu den Haushaltsplanberatungen vorgelegt.

Die Verwaltung schlägt daher vor, zunächst die Ergebnisse der Projektgruppe zu diskutieren und auf der Grundlage der Diskussionsergebnisse und Entscheidung in den entsprechenden Gremien sich nochmals (zum Schuljahr 2006/2007) mit der Frage auseinander zu setzen, ob eine Übernahme dieser Aufgabe durch das Jugendamt wirtschaftlich und sinnvoll ist.


Beteiligte Stellen




Vorliegende Anträge/Anfragen
Antrag von StR Ripsam im VA am 27.10.2004





Gabriele Müller-Trimbusch Dr. Iris Jana Magdowski
Bürgermeisterin Bürgermeisterin





Anlage 1: Ergebnisse der Fachtagung in Hohenheim
Anlage 2: Übersicht über bisherige Strukturen der Organisation


Anlage 1 zur GRDrs 93/2005


Ergebnisse der Fachtagung in Hohenheim

Die Fachtagung in Hohenheim hat die Notwendigkeit der Ernährungsberatunge und –erziehung sowie Vielfältigkeit der möglichen Systeme in der Essenversorgung der Schulen deutlich gemacht.

Hier gilt es, verschiedene Themenbereiche zu trennen:
· Beratung der Schulen für ein gesundes Essen und gesunde Ernährung
· Organisation der Essensversorgung

Die Ernährungsberatung des Gesundheitsamts steht allen Schulen für Informationsaustausche zur Verfügung. Die Schulen machen davon vielfältig Gebrauch. Dieses Beratungsangebot stößt im personellen Umfang auf Grenzen und sollte in Bezug auf die zunehmende Zahl von deutlich übergewichtigen Kindern und Jugendlichen bei einer weiteren Entwicklung eher weiter ausgebaut werden.

Wie der beiligenden Übersicht zu entnehmen ist, wird in den Stuttgarter Schulen die Essensversorgung ganz unterschiedlich organisiert. Hier gibt es das Vollangebot durch die Stadt ebenso wie eingeschränkt unterstützte Systeme. Besonders wichtig und wertvoll ist das ehrenamtliche Angebot an den Realschulen und Gymnasien.

Die Erfahrungen mit dem voll durch die Stadt organisierten Angebot sind nicht durchgängig positiv. Bei den Regelschulen schwankt die Zahl der Essensteilnehmer stark. An manchen Schulen muss die Wirtschaftlichkeit und die Fortführung des Angebots in Frage gestellt werden, wenn sich die Zahlen nicht auf höherem Niveau stabilisieren. Die Zahlungsmoral bei Angeboten durch öffentliche Träger ist offenbar schlechter. Besser funktionieren die nur teilweise unterstützten Systeme wie an den neuen Ganztageshauptschulen, die in der Regel nur noch mit Cafeterien ausgestattet werden. Hier wird die Art des Angebots von der Schule individuell nach dem Bedarf ausgerichtet und ggf. zusammen mit den über das Budget bei Trägern der Jugendhilfe engagierten Kräften angeboten. Die Erfahrungsberichte der Schulen sind überwiegend positiv, weil auf diesem Wege gleich Kontakte zwischen diesen Kräften und den Jugendlichen aufgenommen werden können und dadurch der Zugang erleichtert wird. Besonders positiv verlaufen die Angebote in den Realschulen und Gymnasien, die ehrenamtlich durch die Schulgemeinde erfolgen.

In der Weiterentwicklung sollte deshalb wesentlicher Grundsatz bleiben, dass die Organisationshoheit - wo immer möglich und zumutbar - bei den Schulen angesiedelt bleiben sollte. Wie die Erfahrungen zeigen, sichern die dezentralen Organisationen eine hohe Akzeptanz und preiswertere Systeme. Die Rolle der Stadt sollte sich vor allem auf Beratungs- und Informationstransfer beschränken.

Um alle Ergebnisse aus der Tagung in Hohenheim in ein Gesamtkonzept einarbeiten zu können, stehen im Schulverwaltungsamt keinerlei personelle Ressourcen zur Verfügung. Diese müssten erst noch geschaffen werden. Es ist absehbar, dass es sich dabei um ein hoch komplexes, fachlich sehr anspruchsvolles und dauerhaft zu bearbeitendes Thema handelt, weil die Nachfrage ständig steigt und sich die Erkenntnisse und die Rahmenbedingungen laufend verändern. Allein für die hohe Zahl von Schulen und die unterschiedlichen Anforderungen und Systeme dort wäre mindestens eine Stelle neu zu schaffen.

Wie die Tagung in Hohenheim ebenfalls gezeigt hat, ist die Catering-Sparte ein wachsender Wirtschaftszweig, der sehr flexibel auf die Anforderungen reagiert und auch bereit wäre, ehrenamtlich geleistete Systeme modular zu unterstützen. Die steigenden Anforderungen an die Qualität und Frische des Essens steht im Mittelpunkt. Darüber hinaus besteht hoher Beratungs- und Informationsbedarf in Bezug auf die gestiegenen Anforderungen an Hygiene. Da diese Dienstleistungen dadurch zwangsläufig auch immer teurer werden, die Akzeptanz des Essenspreises aber nicht in gleichem Maße steigt, liegt die Zukunft in den Schulen bei den ehrenamtlich geleisteten Systemen, die eine umfassende Beratung in dieser Aufgabe benötigen.

Um weitergehende Erkenntnisse und Erfahrungen mit Catering-Firmen ggf. ebenfalls in eine Weiterentwicklung mit einbringen zu können, empfiehlt es sich, den Teilbereich der traditionellen Ganztagesschulen wie vorgeschlagen mit umfassenden Leistungen auszuschreiben.