Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 25.10.2006
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Murawski
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll
Protokollführung: Herr Häbe sp
Betreff: Wiederbesetzungssperre
- Antrag Nr. 302/2006 der Gemeinderatsfraktion
Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 09.10.2006 -
- Antrag Nr. 265/2006 der Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion vom 03.08.2006 -

Neben den im Betreff genannten Anträgen sind diesem Protokoll folgende Unterlagen angeheftet:

- Antrag Nr. 311/2006 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 16.10.2006
- Antrag Nr. 328/2006 der StRe Uhl (CDU) und R. Zeeb (FDP) vom 23.10.2006
- Stellungnahme des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.10.2006 zum Antrag
Nr. 265/2006


Wiederbesetzungssperre/Beförderungssperre

Die Gelegenheit, die jeweiligen Anträge zu begründen, nehmen StR J. Zeeb (FW), StR Wölfle (90/GRÜNE), StR Kanzleiter (SPD), StR Uhl (CDU) und StR R. Zeeb (FDP) wahr.

BM Murawski informiert anschließend, die Anzahl der Stellen, welche zur Wiederbesetzung frei geworden seien, habe sich im Jahr 2005 auf 430 und in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres auf 282 Stellen belaufen. Die Abteilung Personalservice beim Haupt- und Personalamt (10-5) gehe für das Jahr 2006 hochgerechnet von 376 Stellen aus.

Von den im Jahr 2005 zur Wiederbesetzung frei gewordenen 430 Stellen seien 322 von vornherein durch die allgemeinen Ausnahmebeschlüsse des Gemeinderates zur Stellenbesetzung freigegeben worden. Über diese hinaus hätten die Referate AK und WFB weitere 22 Ausnahmen bewilligt, sodass die Zahl der Stellen, bei welchen die Besetzungssperre überhaupt relevant geworden sei, 86 Stellen (rd. 16 %) betragen habe.

Dies zeige, dass einerseits die Belastung für die Ämter und Eigenbetriebe nicht übertrieben hoch gewesen sei, andererseits könne aber von einem erheblichen finanziellen Effekt gesprochen werden. So sei im Jahr 2004 der städtische Haushalt durch die Wiederbesetzungssperre um 1 Mio. € und im Jahr 2005 um 860.000 € entlastet worden. Im Jahr 2006 werde wiederum mit einer Entlastung von 1 Mio. € gerechnet, wie gesagt bei lediglich 16 % der zur Wiederbesetzung anstehenden Stellen.

Zur Beförderungssperre fährt der Bürgermeister fort, im Jahr 2005 habe es 153 Beförderungen gegeben, welche um 3 Monate zeitversetzt vorgenommen worden seien. Im Jahr 2006 handle es sich in den ersten neun Monaten bereits um 174 Fälle. Die Haushaltsentlastung im Jahr 2005 habe 100.000 € betragen. Die im laufenden Jahr bisher erzielte Entlastung belaufe sich auf 130.000 €.

Die heute genannten Zahlen müssten mit der Einschränkung erfolgen, dass bedauerlicherweise von den Eigenbetrieben AWS und ELW, trotz mehrmaliger Aufforderung, keinerlei Daten geliefert worden seien.

Das Land Baden-Württemberg habe seit 1. November 2004 eine Besetzungssperre von einem Jahr. Die Beförderungssperre belaufe sich dort auf 9 Monate. In nahezu allen Großstädten gebe es eine Stellenbesetzungssperre (Duisburg, Hannover, Dortmund, Düsseldorf, Mannheim, Karlsruhe - 12 Monate). In den umliegenden Städten Ludwigsburg, Esslingen, Böblingen und Göppingen variiere die Sperre zwischen 4 und 12 Monaten. Eine Beförderungssperre gebe es im Prinzip in den bundesdeutschen Großstädten und auch in den Umlandkommunen nicht mehr (Ausnahmen: Esslingen, Böblingen).

Die Haltung der Verwaltung ergebe sich aus der Stellungnahme des Herrn Oberbürgermeisters zum Antrag der Freien Wähler-Gemeinderatsfraktion.

In der Folge trägt EBM Föll vor, die Eckdaten der für das Jahr 2006 beschlossenen Haushaltssatzung seien bekannt. Dort sei eine Kreditaufnahme in Höhe von 213 Mio. € enthalten (205 Mio. € innere und 8 Mio. € externe Darlehen).

Die Finanzverwaltung habe die Finanzlage aufgrund der derzeitigen Erkenntnisse auf Mitte Oktober 2006 hochgerechnet. Demnach ergebe sich eine Zuführungsrate von 145 Mio. €; Ausgangspunkt der Haushaltssatzung sei eine Zuführungsrate in Höhe von 8 Mio. € gewesen (Verbesserung: 137 Mio. €).

In der Hauptsache resultiere diese Verbesserung aus der Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen. Nach derzeitigem Ist-Stand und einer Abgleichung mit großen Gewerbesteuerzahlern könne davon ausgegangen werden, dass sich im laufenden Jahr die Brutto-Einnahmen bei der Gewerbesteuer auf ca. 620 Mio. € belaufen werden (99 Mio. € mehr als geplant). Gegenüber dem Ist-Ergebnis 2005 stelle dies ein Plus von 18 % dar. Das Gewerbesteueraufkommen im Jahr 2004 in Höhe von rd. 640 Mio. € werde aber nicht erreicht.

Unter Berücksichtigung dieser Verbesserung müsse im Jahr 2006 noch in der Größenordnung von 76 Mio. € eine Kreditaufnahme getätigt werden. Dabei handle es sich um das Defizit des Haushaltsjahres 2006. Dem stünden Kredittilgungen in Höhe von 44 Mio. € gegenüber. Nach heutiger Erkenntnis sei somit von einer Netto-Kredit-aufnahme von rd. 32 Mio. € auszugehen. Im Jahr 2006 könne keineswegs ein ausge-glichener Haushalt erwartet werden. Einzuschränken sei, dass es sich beim Monat November bekanntlich noch um einen wichtigen Gewerbesteuermonat handle. Aufgrund des vorgenommenen Abgleichs könne aber von einigermaßen verlässlichen Zahlen ausgegangen werden.

Mit einem Anstieg von 18 % bei der Gewerbesteuer gegenüber dem Ist-Ergebnis 2005 liege die Landeshauptstadt knapp im Durchschnitt der baden-württembergischen Städte und Gemeinden. Mitte des Jahres hätten diese ein Plus von gut 19 % veröffentlicht. Dies müsse Stuttgart als gewerbesteuerstarke Stadt Sorge bereiten. Klassischerweise sei es in der Vergangenheit beim Anziehen des Gewerbesteueraufkommens so gewesen, dass in Stuttgart in Relation zu gewerbesteuerschwachen Gemeinden überproportionale Anstiege hätten verzeichnet werden können. Auch im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten wie München und Frankfurt, wo das Gewerbesteueraufkommen um 20 bzw. zum Teil um 30 % ansteige, stelle sich die Frage, welche Ursachen für den vergleichsweise bescheidenen Anstieg ausschlaggebend seien.

Die Verwaltung, und dies habe der Oberbürgermeister ja in seiner Antragsstellungnahme zum Ausdruck gebracht, habe vor einer Entscheidung zur Wiederbesetzungssperre und zur Beförderungssperre eigentlich noch den Monat November 2006 abwarten wollen. Da sich aber im Jahr 2007 schon in der Haushaltssatzung eine bessere Finanzsituation ergebe (Kreditaufnahme ca. 80 Mio. €) wäre es ein vernünftiger Kompromiss, die Wiederbesetzungssperre und die Beförderungssperre zum 01.01.2007 aufzuheben. Wie sich das Jahr 2007 entwickle, müsse abgewartet werden. Nach heutigen Erkenntnissen sei von einer normalen Entwicklung auszugehen, sodass auf diese Instrumente nicht zurückgegriffen werden müsse. Wie sich dies in den Jahren 2008 und 2009 verhalte, werde der Gemeinderat in den Haushaltsplanberatungen im 4. Quartal 2007 zu diskutieren haben.

StR Uhl, welcher sich nach den Sachvorträgen darin bestätigt sieht, dass es keinen Grund gibt, von der Haushaltsdisziplin abzurücken, bekräftigt das Anliegen, die Wiederbesetzungssperre und die Beförderungssperre ab dem 01.01.2007 aufzuheben. Diese Sperren müssten ohnehin in den nächsten Haushaltsplanberatungen neu beschlossen werden.

StR Kanzleiter betont, die städtische Haushaltssituation stelle sich üblicherweise zum Abschluss von Haushaltsjahren besser als prognostiziert dar. Natürlich gebe es Haushaltsrisiken, und einen Grund in Euphorie zu verfallen, gebe es nicht. Insbesondere hätten sich die strukturellen Defizite der Stadt, was den Finanzausgleich angehe, nicht verbessert. Angesichts der geringen Unterschiede zwischen den Anträgen Nrn. 311 und 328 neige er dazu, beide Sperren ab dem 01.01.2007 bis zu den Haushaltsplanberatungen 2008/2009 nicht mehr zu praktizieren.

Danach hebt StR Wölfle hervor, dass seine Fraktion und die Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler die sofortige Aufhebung der Wiederbesetzungssperre und die Fraktionen von CDU, FDP und SPD ab 01.01.2007 neben der Aufhebung der Wiederbesetzungssperre auch die Aufhebung der Beförderungssperre wünschen. Damit belaufe sich die Streitmenge bei der Wiederbesetzungssperre auf 2 Monate.

Gegenüber StR Barg (CDU), welcher BM Murawski bittet, solche Sachvorträge wie heute zu diesem Tagesordnungspunkt, in Zukunft schriftlich vorzulegen, verweist der Vorsitzende darauf, dass die von ihm vorgetragenen aktuellen Zahlen erst kurzfristig hätten erhoben werden können. Zur Verdeutlichung des finanziellen Gegenwertes von 2 Monaten Wiederbesetzungssperre im Vergleich zum Einsparpotenzial der Beförderungssperre für ein Jahr wiederholt BM Murawski an StR Wölfle gewandt, während die Beförderungssperre im Jahr 2005 zu einer Entlastung in Höhe von rd. 100.000 € geführt habe (Prognose für das Jahr 2006: 130.000 €), werde im Jahr 2006 durch die Wiederbesetzungssperre von einer Entlastung in Höhe von ca. 1 Mio. € ausgegangen.

Nachdem sich im weiteren Verlauf ein Dissens darüber ergibt, welcher Antrag als am weitestgehenden anzusehen ist und deshalb als erster zur Abstimmung gestellt werden muss, beantragt StR Uhl zur Geschäftsordnung, darüber abzustimmen, dass der Antrag Nr. 328/ als weitestgehender anzusehen ist.

Da sich gegen diesen Antrag lt. Feststellung des Vorsitzenden keine Einwendungen ergeben, stellt er den Antrag Nr. 328 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Antrag Nr. 328 auf Aufhebung der Wiederbesetzungssperre und der Beförderungssperre zum 01.01.2007 bei 2 Gegen-stimmen und 1 Stimmenthaltung mehrheitlich zu.


Auswirkung der Verlängerung der Arbeitszeit von 38,5 auf 39 Stunden/Woche

Zu dem im Antrag Nr. 311 der SPD-Gemeinderatsfraktion gewünschten Bericht über die Auswirkung der Wochenarbeitszeitverlängerung wird Einvernehmen darüber erzielt, diese Thematik in der Sitzung des Reform- und Strukturausschusses (RSA) am 15.11.2006 zu behandeln. Dazu sagt BM Murawski einen schriftlichen Bericht zu. Dieser soll mit der Einladung versendet werden.

Darauf abzielend, dass die Verwaltung diesen Sitzungstermin eigentlich mangels Punkten wie schon den letzten Sitzungstermin des RSA absagen wollte, erklärt StR Kanzleiter, in der Sitzung am 15.11.2006 sollte die Verwaltung die Gründe darlegen, weshalb sie sehr viel Zeit benötige, Themen beratungsreif zu machen. Dies sei ein Stück weit zu rügen. Indem EBM Föll dies aufgreift, merkt er zum Sitzungstermin 15.11. an, da nur kleinere Punkte zur Beratung angestanden hätten, sei es das Bestreben der Verwaltung gewesen, die wertvolle Zeit der Ausschussmitglieder nicht in Anspruch zu nehmen. Nach der heutigen Verständigung würden nun aber neben dem Thema Wochenarbeitszeit auch noch zwei bzw. drei andere beratungsreife Punkte auf die Tagesordnung des RSA am 15.11.2006 gesetzt.

Zum Personalbeirat teilt BM Murawski StR Kanzleiter mit, dieser Beirat diene dazu, um insbesondere Anliegen des Gesamtpersonalrates (GPR) mit dem Gemeinderat zu erörtern. Die Verwaltung richte sich beim Einberufen solcher Sitzungen insbesondere nach dem Gesprächsbedarf des GPR. Dieses Gremium sei kein vorberatendes Gremium, weshalb die Frage, ob eine Sitzung stattfinde, nicht von Vorberatungsbedarfen abhänge.

Da sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, schließt BM Murawski anschließend diesen Tagesordnungspunkt ab.