Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 282/2009
Stuttgart,
09/30/2009



Verbesserung der Integration benachteiligter Jugendlicher
in Ausbildung und Beschäftigung




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
09.10.2009
12.10.2009
04.11.2009



Beschlußantrag:

Der Weiterentwicklung der Leistungen von JobConnections und der Kooperation mit dem JobCenter Stuttgart bei der Integration benachteiligter Jugendlicher in Ausbildung und Beschäftigung wird zugestimmt.


Begründung:


Situation

Im August 2009 waren beim JobCenters Stuttgart 1.823 junge Menschen unter 25 Jahren als arbeitslos und arbeitsuchend registriert. Insbesondere Schulabgänger/-innen, die im Übergang Schule-Beruf direkt in die Erwerbslosigkeit landen, laufen Gefahr, biografische Brüche zu erleben und in die Langzeitarbeitslosigkeit zu geraten. Die Bewältigung dieses Übergangs in Beruf und Erwerbstätigkeit kann gerade bei chancenarmen Jugendlichen erschwert sein.

Die Tatsache, dass zudem 350 junge Menschen im Rahmen der Vorschriften des SGB II im Jahr 2008 voll sanktioniert wurden, erfordert Prävention und intelligente Lösungen. Hierauf muss mit Angeboten und Maßnahmen reagiert werden, damit die Jugendliche den Anschluss zu Ausbildung und die Orientierung am Arbeitsmarkt nicht gänzlich verlieren.


Erkenntnisse aus der zweiten Folgebefragung zur Stuttgarter Schulabsolventenstudie

Aus dem Bericht zur zweiten Erhebung der Stuttgarter Schulabsolventenstudie des Deutschen Jugendinstituts ist zu erkennen, dass nur ein Viertel der Absolventen/-innen der Stuttgarter Hauptschulen direkt in die Ausbildung gelangt. Dies bedeutet, das Dreiviertel der jungen Menschen unter 25 Jahren „längere Wege“ gehen müssen, um nach dem Hauptschulabschluss in Beruf und Erwerbstätigkeit zu gelangen. Aufgrund des breiten Angebots an Berufsvorbereitungsjahren, weiterführende Schulen u.a sind die jungen Hauptschulabsolventen/-innen jedoch im ersten Jahr nach dem Hauptschulabschluss „versorgt“ und fallen nicht aus dem System. Anders sieht es bei Jugendlichen aus, die bereits seit einem Jahr und länger die Schule abgeschlossen haben.

Bei der zweiten Folgebefragung der Stuttgarter Schulabsolventenstudie des Deutschen Jugendinstituts München wurden als zentrale Ergebnisse formuliert:

„Die Übergänge der Stuttgarter Hauptschulabsolventen/innen im ersten Herbst nach Schulabschluss waren u.a. dadurch gekennzeichnet, dass nur eine sehr kleine Zahl von Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt aus Bildung- und Ausbildungseinrichtungen heraus gefallen waren. Im zweiten Herbst nach der Pflichtschulzeit waren es bereits 6% der Stuttgarter Jugendliche.“.

Aus den vorliegenden Zahlen ist abzuleiten, dass sich die Zahl der unversorgten Hauptschulabgänger im zweiten und dritten Jahr nach dem Schulabschluss erneut erhöht. Wesentliches Ergebnis der zweiten Folgebefragung ist somit die Erkenntnis, dass insbesondere solche Jugendliche Unterstützungsangebote benötigen, die keinen Kontakt mehr zum Schulsystem haben bzw. seit mehreren Monaten Schul bzw. Ausbildungsmaßnahmen abgebrochen haben. Dies bedeutet aber, dass auf diesen Bedarf reagiert werden muss indem nicht wie bisher Leistungen der Jugendberufshilfe im Vordergrund stehen sollen, sondern die Angebote für diese Jugendliche in erster Linie und stärker als bisher auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts ausgerichtet werden müssen.


JobConnections

JobConnections der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart ist ein niederschwelliges Angebot für junge Stuttgarter/-innen mit dem Ziel an, die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern und zu unterstützen.

Im Jahre 2008 kamen 4882 meist chancenarme junge Menschen zu JobConnections. Davon wurden 369 Besucher/-innen im Alter von 15 bis 27 Jahre beraten, 298 Personen hatten einen Haupt- bzw. Förderschulabschluss. 305 der 369 Besucher/-innen hatten keine Ausbildung. Knapp 50 % der jungen Menschen waren Migranten/-innen. 4513 Besucher/-innen nahmen das Bewerbungscenter in Anspruch, davon benötigten 813 junge Menschen intensive Unterstützung.

Mit einem Bewerbungscenter bietet JobConnections alle technischen und inhaltlichen Bewerbungshilfen an, bis hin zum Bewerbungsphoto durch eine hauseigene Fotografin. Außer dem Schwerpunkt der Beratung über alle Möglichkeiten der beruflichen Integration und Vermittlung in den Arbeitsmarkt hat JobConnections das Ziel bei der beruflichen Orientierung und Berufswahlentscheidung zu unterstützen. Hierbei werden Eltern ebenso mit einbezogen, wie auch Organisationen, beispielsweise Migrantenvereine.

JobConnections berät Fachkräfte bei Trägern und in der Verwaltung, die mit jungen Menschen in Kontakt stehen und deren Themen die berufliche Bildung, Ausbildung oder die Vermittlung in den Arbeitsmarkt ist. Ferner steht JobConnections in Vernetzung mit Trägern und Organisationen, die das Thema Junge Menschen und Integration in den Arbeitsmarkt zum Schwerpunkt haben.

Eine enge Kooperation mit den Berufsberater/-innen der Arbeitsagentur, dem JobCenter Stuttgart, den Kammern und den örtlichen Betrieben wirkt sich positiv bei der Vermittlung von jungen Menschen aus. Insbesondere die enge Kooperation mit dem JobCenter hat sich in der Vergangenheit als wirkungsvoll und positiv erwiesen.

Für die Aufgaben Bewerbungscenter, Beratung und Vermittlung junger Menschen sowie Beratung der Fachkräfte bei Verwaltung und Trägern stehen insgesamt 3,5 Stellen für Fachkräfte zur Verfügung, die durch 1 Verwaltungskraft ergänzt werden.

Die Landeshauptstadt Stuttgart erstattet dem Träger Kosten in Höhe von 258.063 € jährlich und übernimmt zusätzlich die Miete und die Kosten der Telekommunikation.


Folgerungen

Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart ist es, alle Förderinstrumente zur Integration junger Menschen unter 25 Jahren, unabhängig von Ihrer Zuordnung zu gesetzlichen Unterstützungssystemen (§ 13 SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe –, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – und SGB III – Arbeitsförderung –), zu nutzen, um möglichst viele junge Menschen zu fördern und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hierbei müssen auch neue Wege gegangen werden, um den höchst möglichen Erfolg zu erreichen. Erklärtes Ziel ist die individuelle berufliche und soziale Förderung von jungen Menschen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Hierfür ist es notwendig, bisherige Strukturen und Zuständigkeiten zu erweitern, Maßnahmen zu entwickeln und um zu setzten, Kooperationen mit JobCenter und Trägern im Bereich U 25 zu fördern sowie verstärkt mit Trägern zusammen zu arbeiten, die die Zielgruppe erreichen und die mit innovativen Konzepten und Maßnahmen auf die Ergebnisse u.a der Studie des Deutschen Jugendinstituts reagieren können.

Um alle Möglichkeiten zur Förderung junge Stuttgarter und Stuttgarterinnen zu nutzen, soll ergänzend zu den bisherigen Angeboten von JobConnections ein Modell umgesetzt werden, das den Synergieeffekt zwischen JobConnections und dem JobCenter bei der Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt erhöht. Dabei ergibt sich die Möglichkeit, die bestehenden Förderangebote für junge Menschen nach § 13 SGB VIII zu erweitern und darüber hinaus das Angebot für junge Menschen nach dem SGB II und III nutzbar zu machen.

Die Auswertungen der Besucher-/innen von JobConnections, die in der Mehrzahl noch keine Leistungsempfänger-/innen des JobCenters sind, zeigt die gleiche Tendenz wie die Ergebnisse der Studie des Deutschen Jugendinstituts. An JobConnections wenden sich in der Regel keine Schulabgänger/innen. Bei der Mehrzahl der Besucher-/innen liegt der Schulbesuch zwei bis vier Jahre zurück. 81,1 % mündeten bisher noch nicht in Ausbildung, bei den jungen Männern sogar 85,7 %. Von den verbleibenden jungen Menschen haben 11,2 % eine begonnene Ausbildung abgebrochen. Bei den 7,9 %, die eine Ausbildung entweder begonnen oder abgeschlossen haben, sind die jungen Menschen mit Migrationshintergrund in der Minderheit.

Zu JobConnections kommen auch junge Menschen, die von der Agentur für Arbeit „ausgefördert“ sind. Dies trifft in besonderem Maße für ehemalige Förderschüler/-innen zu.

Je länger der Schulbesuch zurückliegt, desto differenzierter sind die beruflichen und bildungsmäßigen Voraussetzungen und damit die beruflichen Integrationsmöglichkeiten, die aufzuzeigen sind. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass junge Menschen, die aus dem (Berufs-)Bildungssystem zeitweise „ausgestiegen“ sind, durch kompetente Beratungs- und Unterstützungsangebote auf freiwilliger Basis wieder den Anschluss finden. Die jungen Menschen, die längere Zeit erfolglos waren, sind in der Regel nicht bereit, Hilfe in den früheren Schulsystemen zu suchen. Diesen Jugendlichen kann JobConnections die notwendigen Hilfestellungen bieten.


Weiterentwicklung und Kooperation mit dem JobCenter

Die Zusammenarbeit von JobConnections und JobCenter soll inhaltlich gestärkt und durch die räumliche Nähe der beiden Einrichtungen unterstützt werden.

Eine unmittelbare Zusammenarbeit des JobCenters mit JobConnections soll u.a. stattfinden bei der

· individuellen und sozialen Unterstützung des einzelnen jungen Menschen. Durch eine enge Kooperation zwischen JobCenter und JobConnections, können individuelle Begleitungen angeboten und Prozesse effektiviert werden. Gemeinsame Absprachen zwischen persönlichen Ansprechpartner/-innen und JobConnections ermöglichen einen einheitlichen Prozess zur Integration auf dem Arbeitsmarkt.

· Zusammenarbeit in konkreten Vermittlungsfällen. In direkter Verbindung mit Stellenangeboten des JobCenters können junge Menschen auf kurzem Wege sofort das Bewerbungscenter von JobConnections nutzen. Hindernisse im Bewerbungsverfahren werden aufgefangen und lange Bewerbungszeiten vermieden

· Lösung schwieriger Vermittlungsfälle. In Kooperation mit dem JobCenter und JobConnections sollen bei Konfliktfällen gemeinsame unterstützende Maßnahmen entwickelt werden. Denkbar ist hier auch die aufsuchende Arbeit oder die gemeinsame Erarbeitung von Eingliederungsplänen, die mit Zustimmung des JobCenters umgesetzt werden. Insbesondere junge Menschen die kurz vor Sanktionen stehen oder die mit Angeboten/ Maßnahmen schwer zu erreichen sind, wird hier eine zusätzliche Unterstützung geboten.

Wesentliche Voraussetzung für eine engere Kooperation mit dem JobCenter ist die größtmögliche räumliche Nähe. Ein neuer Standort für JobConnections ist auf Grund der städtischen Belegungs- und Unterbringungskonzeption (GRDrs 582/2005), die die Aufgabe des gesamten Anmietobjekts Eberhardstr. 65 vorsieht, ohnehin notwendig geworden.

Deshalb wurde JobConnections zum 1. Juni 2009, wie die Zweigstelle U 25 des JobCenters, im Gebäude Rosensteinstr. 11 untergebracht. Ziel ist es, hierdurch für die Jugendlichen direkte Zugangsmöglichkeiten zu beiden Organisationen zu schaffen. Möglich wird eine „direkte Übergabe“ zwischen persönlichen Ansprechpartner/-innen und dem Angebot von JobConnections, insbesondere ins Bewerbungscenter von JobConnections, ohne dass Terminabsprachen nötig sind oder Wartezeiten anfallen. Eine unmittelbare Zuweisung junger Leistungsbezieher/-innen in ein Trägersystem, in dem in Absprache mit den persönlichen Ansprechpartner/innen weitere Prozessschritte vorgenommen werden können, bietet einen hohen Synergieeffekt.


Verwaltungsinterne Zuordnung von JobConnections

Um die enge Zusammenarbeit zwischen JobConnections und JobCenter zu gewährleisten, ist eine Ansiedelung im gleichen Referat sinnvoll. Übergeordnete Themen wie die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt, Steuerungsprozesse und konzeptionelle Innovationen, können in Kooperation mit der Arbeitsförderung gezielt erarbeitet und umgesetzt werden. Ferner zeigen die Ergebnisse auf, dass insbesondere Jugendliche Unterstützungsangebote benötigen, die keinen Kontakt mehr zum Schulsystem haben bzw. seit mehreren Monaten Schul- und Ausbildungsmaßnahmen abgebrochen haben. Die Orientierung liegt hier auf dem Arbeitsmarkt, so dass auch außerhalb der Jugendberufshilfe auf diesen Bedarf reagiert werden muss.

Die Referate SJG und WFB schlagen daher übereinstimmend vor, die Zuständigkeit für JobConnections zum 1. Januar 2010 auf das Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligung (Arbeitsförderung) zu übertragen.



Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

Referat SJG hat der Vorlage zugestimmt.




Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen






File Attachment Icon
Vorlage2822009.pdf