Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 0032 - 11
GRDrs 344/2007
Stuttgart,
04/27/2007


Stuttgarter Projekt "Verständigung und Versöhnung mit osteuropäischen Partnerstädten" - Abschlussbericht über die Umsetzung in Brünn



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich23.05.2007

Bericht:


Mit dieser Vorlage wird über den erfolgreichen Abschluss des gemeinsamen Projekts „Verständigung und Versöhnung mit osteuropäischen Partnerstädten“ mit der Stadt Brünn berichtet.

Am 10. Mai 2001 hatte der Gemeinderat den osteuropäischen Partnerstädten Lodz, Brünn und Samara für Projekte im Senioren- und Sozialbereich je rund 256.000 EUR (damals = 500.000 DM) zur Verfügung gestellt (GRDrs 436/2001). Damit sollte ein vom Engagement des Bundes unabhängiger Beitrag der Landeshauptstadt Stuttgart zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter geleistet und ein dauerhaftes bzw. nachhaltiges Symbol der Partnerschaft geschaffen werden.

Auf dieser Grundlage erhielt die Bürgermeisterin für Soziales, Jugend und Gesundheit, Gabriele Müller-Trimbusch, von Herrn Oberbürgermeister Dr. Schuster als Projektleiterin den Auftrag, das Stuttgarter Projekt „Verständigung und Versöhnung mit osteuropäischen Partnerstädten“ gemeinsam mit den drei Partnerstädten zu verwirklichen.

Von der Stadt Brünn wurden daraufhin Vorschläge übermittelt, aus denen im September 2002 in gemeinsamen Gesprächen die realisierbaren Projektvorschläge entwickelt wurden. Einvernehmlich zwischen den beiden Partnerstädten wurde dabei die Neugestaltung einer Gartenanlage bei einem Seniorenwohnheim empfohlen, die zudem durch einen generationenübergreifenden Begegnungsbereich und einem Brunnen der Freundschaft ergänzt werden sollte. Außerdem sollte ein weiteres Seniorenwohnheim baulich modernisiert und barrierefrei gestaltet werden, in dem bevorzugt ehemalige Zwangsarbeiter aufgenommen werden sollten. Mit beiden Projekten sollte ein zukunftsweisender Beitrag geleistet werden. Durch das Gartenprojekt sollte ermöglicht werden, dass die persönlichen Erfahrungen der Brünner Senioren an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden können. Durch das Modernisierungsvorhaben sollte zudem ein Beitrag zur Unterstützung und Verbesserung der Lebensqualität der Senioren geleistet werden.

Der Stuttgarter Gemeinderat hatte für das Projekt mit der Partnerstadt Brünn auf der Grundlage dieser Projektempfehlung in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 13. November 2002 (GRDrs 897/2002) die Projektmittel in Höhe von 254.646 Euro freigegeben. Das Geld wurde in zwei Raten Ende März und Ende August 2003 an die Stadt Brünn überwiesen und auf einem Sonderkonto verbucht. Die bei der Stadt Brünn angefallenen Buchungskosten wurden durch Zinseinnahmen ausgeglichen, so dass die Mittel komplett dem Projekt zugute kamen. Die Stadt Brünn hatte die Kosten für die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen auf 8,1 Mio. tschechische Kronen veranschlagt und diesen Kostenrahmen auch eingehalten.


Zu den Maßnahmen im Einzelnen:


1. Seniorenheim-Altenpensionat Foltýnova (Gesamtkosten rd. 3,7 Mio. tschechische Kronen)

Die im Jahr 1987 in Plattenbauweise erstellte Einrichtung umfasst 220 Plätze (davon 25 Plätze für Demenzkranke).

a) Acht Seniorenwohnungen wurden modernisiert. Dabei ging es insbesondere um den Sanitärbereich und die Schaffung von Barrierefreiheit. Durch den Umbau der Balkone von 29 Wohneinheiten im Erdgeschoss zu Loggien wurde die Sicherheit der Senioren erhöht. Die Belegung erfolgt in Verbindung mit den Zwangsarbeiter-Organisationen. Die Verglasung der Loggien wurde im Juli 2003 fertig gestellt. Im September 2003 wurden die neuen Sanitäreinheiten eingerichtet.

b) Es wurde zudem ein Internetcafé, das gleichermaßen von älteren Menschen aus der Einrichtung wie jungen Menschen aus dem Stadtteil und den Gymnasien genutzt werden kann, eingerichtet. Dieses Angebot findet sehr großen Zuspruch sowohl seitens der Bewohner der Einrichtung, als auch von den Kinder und Jugendlichen sowie den Senioren aus der näheren Umgebung.

Anlässlich der Einweihungsfeierlichkeiten besuchte Herr Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster gemeinsam mit einer Delegation des Stuttgarter Gemeinderats vom 5. bis 7. März 2004 die Stadt Brünn. Die Teilnehmer konnten sich dabei von der gelungenen Realisierung der baulichen Verbesserungsmaßnahmen überzeugen.


2. Seniorenheim Kociánka (Gesamtkosten rd. 2,5 Mio. tschechische Kronen)

Die Senioreneinrichtung Kociánka umfasst 315 Plätze und wurde im Jahr 1964 zunächst als Studentenheim errichtet.

Die große, zuvor teilweise unbegehbare Gartenanlage der Einrichtung wurde neu und ansprechender gestaltet. Den Mittelpunkt bildet jetzt ein Brunnen der Freundschaft, der die Gartenanlage auflockert und Symbol der Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Stuttgart ist. Die Gartenanlage steht auch für die Anwohner aus dem Stadtteil und die jungen Behinderten, die in einer in der Nähe befindlichen (300 m Entfernung) Einrichtung leben, offen. Hierzu wurde in Ergänzung der ursprünglichen Planung und in Abstimmung mit den Behinderten ein rollstuhlgerechter Rundweg auf dem Gelände eingeplant. Es wurde ein Begegnungsbereich (Pavillon) geschaffen, in dem die Senioren mit Kindern und Jugendlichen aus der Nachbareinrichtung Kontakt haben können und in dem auch Begegnungen mit Stuttgarter Senioren stattfinden können. Die Platzkapazitäten im Begegnungsbereich wurden auf Anregung der Stuttgarter Projektgruppe nochmals erweitert. Mit dem Bau wurde im Herbst 2003 begonnen und er konnte Ende 2003 abgeschlossen werden. Die nach den Bauarbeiten erforderliche Neubepflanzung der Gartenanlage erfolgte im Frühjahr 2004.

Auf Einladung der Stadt Brünn nahm die Bürgermeister für Soziales, Jugend und Gesundheit, Gabriele Müller-Trimbusch, als Vertreterin der Landeshauptstadt Stuttgart am 9. Juni 2004 an der Feier zur Einweihung der Gartenanlage teil.


3. Ausbildung/Weiterbildung/Begegnung (Gesamtkosten rd. 1,9 Mio. EUR)

Im Zeitraum 2004 bis 2007 fanden insbesondere statt:

- Diskussionsveranstaltungen in Kultureinrichtungen für Zwangsarbeiter und deren Angehörige
- Konzertveranstaltung für Zwangsarbeiter und deren Angehörige
- eine Reise nach Theresienstadt mit Senioren und Schülern
- der 4-tägige Besuch einer Gruppe von Vertretern der Zwangsarbeiter-Vereinigung mit Begleitung bei der Stiftung Geissstraße in Stuttgart eine neue Gedenktafel für die Zwangsarbeiter im Hauptbahnhof von Brünn
- eine Wanderausstellung für die tschechischen Städte zum Thema Zwangsarbeit
- Kulturveranstaltungen für die Zwangsarbeiter in den Einrichtungen Kociánka und Foltynova

Außerdem wurde ein Fachkräfteaustausch zwischen Brünn und Stuttgart im Bereich Seniorenpflege vereinbart.

Die Stadt Brünn hat zudem eine zweisprachig (tschechisch – deutsch) verfasste Dokumentation über das Gesamtprojekt erstellt (siehe Anlage). Außerdem wird in dieser Sitzung das von der Stadt Brünn in Zusammenarbeit mit der historischen Fakultät der Universität Brünn in tschechischer Sprache herausgegebene 132-seitige Buch „Totaleinsatz – Geschichte, die nicht vergessen werden sollte. Erinnerung der Zeitzeugen. 60 Jahre danach.“ verteilt.

Die der Landeshauptstadt Stuttgart zugedachten Exemplare der Dokumentation und des Buches wurden Frau Bürgermeisterin Müller-Trimbusch bei Ihrem Besuch in Brünn anlässlich der Abschlussveranstaltung der Zwangsarbeitervereinigung am 4. April 2007 überreicht.


4. Fazit:

Das Projekt „Verständigung und Versöhnung mit osteuropäischen Partnerstädten“ wurde somit in der Stuttgarter Partnerstadt Brünn mit großem Erfolg umgesetzt. Die Repräsentanten der Stadt Brünn haben stets deutlich gemacht, dass sowohl die Stadt, die in den betr. Einrichtungen lebenden Senioren als auch die Zwangsarbeitervereinigung die Zuwendung der Landeshauptstadt Stuttgart für die sozialen Vorhaben mit großer Dankbarkeit und Anerkennung entgegennehmen. Besonders bemerkenswert ist, dass sich die Brünner Zwangsarbeiter-Vereinigung nach ihrer Veranstaltung am 4. April 2007 mit der Begründung aufgelöst hat, dass angesichts der Erfüllung ihrer Erwartungen und der Übernahme ihrer bisherigen Aufgaben durch die kommunalen und staatlichen Institutionen nunmehr alle ihre Ziele erreicht seien. Die Zwangsarbeitervereinigung sieht diese erfreuliche Entwicklung als Folge des Anstoßes durch das Projekt der Landeshauptstadt Stuttgart und ist der Landeshauptstadt Stuttgart dafür äußerst dankbar.

Zusammenfassend ist zudem festzustellen, dass die sehr gute und erfolgreiche Kooperation aller Beteiligten aus Brünn und Stuttgart im Rahmen dieses Projekts die vertrauensvolle Partnerschaft der beiden Städte weiter gestärkt hat.

Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Wolfgang Schuster




Dokumentation der Stadt Brünn über das Gesamtprojekt



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