Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
194/2006
GZ:
1614-00
Sitzungstermin: 05.04.2006
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Murawski
Berichterstattung:Herr N. N. (Branddirektion / Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht)
Protokollführung: Frau Faßnacht hr
Betreff: Zivil- und Katastrophenschutz in Stuttgart

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Mitteilungsvorlage des Referats Umwelt, Sicherheit und Ordnung vom 20.03.2006, GRDrs 194/2006.

Einleitend erklärt BM Murawski, die Verantwortlichen seien sehr glücklich darüber, dass die Katastrophenschutzübung bezüglich der Fußball-WM im Daimler-Stadion und den anliegenden Infrastruktureinrichtungen am letzten Wochenende erfolgreich verlaufen ist. Man habe nur technische Mängel wie z. B. bei der Lautsprecheranlage im Stadion feststellen müssen. Im eigentlichen Abwicklungsbereich der Katastrophenschutzübung habe man sehr zufrieden sein können - insbesondere im Vergleich zu anderen Städten wie Berlin und Hannover. Die Anschlussübung in den Krankenhäusern Stuttgarts werde Ende April gesondert durchgeführt. Hierfür bedürfe es nach Auffassung der Projektgruppe besonderer Vorbereitungen.

Weiter berichtet er zusammenfassend im Sinne der Vorlage. Auch wenn nunmehr für Stuttgart die Bewältigung eines "Massenanfalls von Verletzten" bis zu einer Größenordnung von 50 Personen gesichert ist, müsse man darauf hinweisen, dass im Nationalen Sicherheitskonzept und von Seiten der FIFA auch andere Zahlen als mögliche Varianten diskutiert werden. Dies zeige, dass man sich zwar so gut wie möglich vorbereiten könne, aber nicht für jeden denkbaren Fall perfekt gerüstet sein kann.

Innerhalb des Gesamtkonzepts zum Zivil- und Katastrophenschutz müsse beachtet werden, dass seit dem 11.9.2001 eine Reihe von zusätzlichen Problemstellungen erfolgt sind (Anthrax-Alarme). Auftragsgemäß habe man sich in der Folge auf terroristische Angriffe mit Bio-Kampfstoffen vorbereitet, insbesondere mit Pocken-Viren. Zum ersten Mal wurde dabei in Deutschland wieder ein flächendeckender Pocken-Impfschutz aufgebaut, der jetzt zur Verfügung stehe. Durch die Mitarbeiter der beteiligten städtischen Ämter, der Rettungsdienste und des Landes sei eine ausgereifte Planung erstellt worden für solche biologischen Kampfmittel. Die Pandemie-Planung sei als "besondere Variante" hinzugekommen und in Stuttgart inzwischen besonders ausgereift.

Die Zeiten, wo man den Zivil- und Katastrophenschutz als ein Mittel des Kalten Krieges betrachtet habe, das weggespart werden kann, seien vorbei. Aus heutiger Sicht sei dies auf jeden Fall als völlig überholt zu betrachten. Im Gegenteil: Die Experten schätzen die Sicherheitslage unter den aktuellen Bedrohungen der westlichen Industriegesellschaften als gefährdeter ein, als sie dies je im Kalten Krieg war. Deshalb sei es seines Erachtens richtig, dass die Stadt Stuttgart ihre Vorbereitungen für zivile und Katastrophenschutzmaßnahmen verstärkt hat. Sämlichen planerischen Maßnahmen habe sich die Verwaltung in vorbildlicher Weise gewidmet. Gerade die Branddirektion in Stuttgart genieße landesweit und bundesweit einen sehr guten Ruf und habe zusammen mit den anderen städtischen Ämtern dafür gesorgt, "dass wir sehr gut aufgestellt sind."

Herr N. N. (Branddirektion / Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) ergänzt, man sei nach der Übung am vergangenen Samstag sehr froh darüber gewesen, dass nur die Stadiondurchsage ein Problem dargestellt hat. Selbstverständlich werde dem zusammen mit dem Amt für öffentliche Ordnung und dem Sportamt nachgegangen.

Nicht alle hätten in der Vergangenheit den Zivil- und Katastrophenschutz am liebsten abgeschafft, erinnert StR Barg (CDU). Bereits vor der Tsunami- und anderen Naturkatastrophen habe es eine ganze Reihe von Anträgen und Initiativen der CDU-Gemeinderatsfraktion deswegen gegeben. In der Mitteilungsvorlage werde leider nicht darauf hingewiesen, dass der Bericht aufgrund eines Antrags seiner Fraktion erfolgt. Man habe die Dinge ein Stück weit schleifen lassen. Inhaltlich wertet er die Vorlage als einen guten Bericht und stimmt im Ergebnis überein, auch was die aktuelle Lageeinschätzung betrifft. Erst vor wenigen Tagen habe sich in Hamburg eine Schadenslage durch einen Tornado ereignet, wie sie in Stuttgart jederzeit genauso passieren könnte. Der Stadtrat verweist auf das Fazit des Berichts (S. 27 und 28). Es zeige die Mängel auf, die vorhanden sind. Mängel gebe es, insbesondere was die Ausstattung angeht (Fahrzeuge, Gebäude). Außerdem enthalte es Hinweise auf notwendige Maßnahmen, die dringend gebraucht werden.

Das Amt für Zivilschutz sei aufgelöst worden und zum Teil in einer Abteilung der Branddirektion aufgegangen. Dank der Fußball-WM habe man bezüglich des Zivil- und Katastrophenschutz einen großen Sprung gemacht. Ihm erscheint wichtig, die zuständigen Partner der Stadt Stuttgart in diesem Bereich, nämlich das Land und den Bund, weiterhin in die Pflicht zu nehmen, insbesondere was die Fahrzeuge angeht. Daher sollte man ständig bei den Genannten präsent sein, "um das zu bekommen, was uns zusteht". Der Stadtrat ist dankbar für den Bericht, der aufzeigt, dass die Bemühungen in die richtige Richtung gehen. Er dankt allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seine Fraktion schätze deren Arbeit. Bei den genannten Mängeln müsse nachgehakt werden.

StR Kanzleiter (SPD) dankt den Vorlagenerstellern für die umfangreiche Bestandsaufnahme zum Thema Zivil- und Katastrophenschutz in Stuttgart. Es sei kein Zufall, dass ein Teil des Amts für Zivilschutz zur Branddirektion überführt wurde. Die Aufgaben dürften dennoch nicht als identisch betrachtet werden, auch wenn sie viel miteinander zu tun hätten. Er hofft, dass die Arbeit des Zivil- und Katastrophenschutz in der Zukunft nicht häufig in Anspruch genommen werden muss. Die Bedrohungslagen jeder Art hätten sich jedoch verschärft und auf diese müsse man sich vorbereiten. Der Organisationsstand scheine "in Ordnung zu sein", mangelhaft dagegen erscheine die technische Ausrüstung. Der Bund, das Land und auch die Stadt müssten hier noch ihre Hausaufgaben machen. Die Motivationslage der Ehrenamtlichen erhöhe sich nicht, wenn sie mit total veraltetem Gerät arbeiten müssen. Die Wertschätzung der Gesellschaft als Grundlage für die Arbeit der Ehrenamtlichen müsse gepflegt werden. Auch in diesem Bereich mache sich der demografische Wandel deutlich sichtbar, insofern stehe man insgesamt vor einer Herausforderung. Bei konkreten Vorschlägen und Forderungen sei seine Fraktion immer bereit, diese zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen.

Hinsichtlich der Lautsprecheransage im Daimlerstadion macht StR Willmann (FDP) darauf aufmerksam, dass dieses Problem bereits seit Jahrzehnten bestehe und es nicht gelungen sei, dies in den Griff zu bekommen. In einem Stadion, wo jeder erreicht werden muss, sei es wichtig, dass dies funktioniert. Er warnt davor, das Problem zu leicht zu nehmen. Dem stimmt BM Murawski zu.

StR J. Zeeb (FW) erkundigt sich, ob die neue Leitstelle SIMOS komplett getestet und voll einsatzfähig ist, bevor die Fußball-WM beginnt.

Herr N. N. (Branddirektion / Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) kann diesbezüglich beruhigen: Am 26. März 2006 sei die Leitstelle umgestellt worden. Selbst das Umschalten habe hervorragend funktioniert. Die offizielle Einweihung findet am 26. April 2006 statt. Zuvor werde am 24. und 25. April 2006 noch eine Stabsrahmenübung mit dem Führungs- und dem Verwaltungsstab durchgeführt.

BM Murawski stellt abschließend fest, dass der Bericht zur Kennntnis gedient hat.