Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 221/2009
Stuttgart,
03/13/2009



Gemeinnütziges Bildungsjahr bei der Landeshauptstadt Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich29.04.2009



Beschlußantrag:

Der Erhöhung des Taschengeldes für die GBJ’ler/-innen erstmals nach sieben Jahren von 200 auf 280 € wird zugestimmt. Der Mehraufwand im Haushaltsjahr 2009 in Höhe von 13.500 € wird aus Mitteln des Haupt- und Personalamts gedeckt. Ab dem Haushaltsjahr 2010 wird der jährliche Mehraufwand in Höhe von 40.300 € planmäßig bei den Personalkosten veranschlagt.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Das GBJ ist als Jugendfreiwilligendienst mit derzeit 30 Stellen bei der Landeshauptstadt Stuttgart im rechtlichen Rahmen des Bundesgesetzes FSJ konzipiert und richtet sich in erster Linie an Abiturientinnen und Abiturienten aus Stuttgart und der Metropolregion. Es dauert jeweils vom 1. September bis zum 31. August und ist als Zivildienstplatz wie auch für die Weiterzahlung des Kindergeldes anerkannt. Gefördert wird das GBJ durch das Regierungspräsidium Stuttgart im Rahmen der Förderung von Jugendfreiwilligendiensten.

Die Erhöhung des Taschengeldes ist zwingend notwendig, um die Anerkennung als FSJ und Zivildienstersatz nicht zu gefährden. Zudem muss die Landeshauptstadt gegenüber anderen Anbietern von Jugendfreiwilligendiensten weiterhin konkurrenzfähig zu sein, auch wenn das Weiterbildungsangebot für die GBJ’ler/-innen ein Stuttgarter Alleinstellungsmerkmal ist und entsprechend zur Bewerbung hochqualifizierter und überdurchschnittlicher motivierter Abiturienten/-innen führt.

Die Erhöhung des Taschengeldes greift erstmals zum GBJ Jahrgang 2009/2010 ab 1. September 2009.


Finanzielle Auswirkungen

Der seitherige durchschnittliche Aufwand pro GBJ-Platz beläuft sich auf rd. 5.300 EUR. Darüber hinaus entstehen Kosten für die Bereitstellung der Arbeitsplätze. Diese werden von der jeweiligen Einsatzstelle getragen.

Die Träger der externen Einsatzstellen leisten künftig gegenüber der Stadt nach der Erhöhung des Taschengeldes im GBJ-Jahr 2009/2010 einen Kostenersatz in Höhe von je 6.000 EUR/Jahr/Einsatzstelle statt bislang 5.000 €. Die städt. Träger (Einsatzstellen nicht bei 10, 15 bzw. BMA) leisten gegenüber dem Amt 10 Sachkostenersätze für das Weiterbildungsangebot in Höhe von 1.000 € pro GBJ-Platz/Jahr.

Da sich die Erhöhung des Taschengelds auch auf die Sozialversicherungsbeiträge auswirkt, betragen die monatlichen Mehrkosten pro GBJ-Platz nicht 80 €, sondern rund 112 €. Demnach beläuft sich der Gesamtaufwand vom 1.09.2009 bis 31.12.2009 für 30 GBJ Plätze auf 13.500 €. Ab dem Haushaltsjahr 2010 fallen jährliche Mehrkosten von 40.300 € an, die bei den Personalkosten veranschlagt werden.


Beteiligte Stellen

Referat WFB und Referat AK




Dr. Susanne Eisenmann

Anlagen

Entwicklung Gemeinnütziges Bildungsjahr bei der Landeshauptstadt Stuttgart im siebten Jahr und Perspektiven für das GBJ Jahr 2009/2010
Anlage 1 zur GRDrs 221/2009




Entwicklung
Gemeinnütziges Bildungsjahr bei der Landeshauptstadt Stuttgart im siebten Jahr und Perspektiven für das GBJ Jahr 2009/2010

Das Gemeinnützige Bildungsjahr (GBJ) bei der Landeshauptstadt Stuttgart startete als Initiative von Herrn Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster mit bundesweitem Pilotcharakter, die inzwischen von anderen Städten in Baden –Württemberg (Karlsruhe, Freiburg, Villingen-Schwenningen, Trossingen, Böblingen) aufgegriffen wurde.

Hinter diesen Fakten steht eine positive quantitative vor allem aber auch qualitative Entwicklung, die ganz wesentlich durch das Engagement der beteiligten Abiturientinnen und Abiturienten geprägt ist. Es besteht ein wachsender Bedarf an qualitativ anspruchsvollen Jugendfreiwilligendiensten, die für die jungen Erwachsenen einen konkreten Nutzen für mögliche weitere Ausbildungen mit sich bringen sollen und gleichzeitig Raum für Orientierung nach dem Abitur geben. Für die Einsatzstellen liegt der Nutzen neben der vergleichsweise niederen finanziellen Belastung im verbindlichen Einsatz eines ganzen Jahres durch hoch motivierte und hochqualifizierte Abiturientinnen / Abiturienten.


Das Prinzip Freiwilligkeit und das Leitmotiv „Danke!“

Die Freiwilligenagentur Stuttgart hat als Logo das demonstrative Wort „Danke!“ gewählt. Die Erkenntnis, dass freiwilliges Engagement auf Anerkennung und Dank stoßen muss, gerade wenn an das Engagement selbst hohe Anforderungen gestellt werden, hat auch für das GBJ Gültigkeit. In der Regel leisten alle am GBJ Teilnehmenden zumindest nach notwendiger Qualifizierung quantitativ wie qualitativ Arbeit, die sich mit der von Hauptamtlichen ohne weiteres messen lässt. Dies belegen die Selbstreflexionen in den Abschlussarbeiten wie die Beurteilungen durch die Vorgesetzten in den Einsatzstellen. Das (gesetzlich vorgeschriebene) Weiterbildungsprogramm wird als das notwendige „Danke!“ empfunden und bedarf deshalb einer besonderen Qualität im kognitiven wie im emotionalen Anspruch.

Auch für die Einsatzstellen gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Kein Hauptamtlicher sollte sich auf die Führung einer GBJ’lerin / eines GBJ’lers einlassen, wenn er dies nicht will und es für sinnvoll erachtet. Das Miteinander von hauptamtlichen und freiwillig tätigen Personen bringt naturgemäß Spannungen mit sich, deren Ausgleich nur dann gelingt, wenn beide Partner vor Ort sich dessen bewusst sind und sich auf Kompromisse einlassen. Das hierarchische Prinzip in einer Verwaltung wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt, es wird aber notwendig ergänzt. Diese Gesichtspunkte betreffen in besonderer Weise kleine Teams mit hoch spezialisierten Aufgaben bzw. einer besondere Klientel.

Die Teams in den Bezirksämtern sind in besonderer Weise betroffen (Erfahrungen belegen, dass die im GBJ seltenen Probleme vorrangig in Bezirksämtern entstehen) und dabei vor allem die Person der Bezirksvorsteherin/des Bezirksvorstehers gefordert ist. Letztere/r muss sich persönlich verantwortlich fühlen und nimmt somit z u s ä t z l i c h e Belastungen auf sich.

Den Nutzen hat in erster Linie bei einem Einsatz in Bezirksämtern die Gemeinwesenarbeit insbesondere durch anders nicht mögliche Projekte und damit die Bürgerschaft. Der Einsatz eines GBJ dient nicht in erster Linie der Entlastung der Innenverwaltung eines Bezirksamtes! Weitere – den GBJ Einsatz einschränkende – Faktoren in Bezirksämtern sind die räumlichen Gegebenheiten. Ein PC-Arbeitsplatz für ein GBJ muss bereitgestellt werden können. Und wichtig ist auch: Für einen GBJ Einsatz muss ausreichend und kontinuierlich Arbeit gegeben sein. Es macht keinen Sinn, sich ein GBJ zu „halten“, das nicht ausreichend beschäftigt werden kann.

Dies zeigt deutlich und im positiven Sinn der Entschluss der Internationalen Bachakademie, zunächst für das GBJ Jahr 2009/2010 auf einen GBJ Einsatz wegen Wegfall eines Projektes zu verzichten. Die Akademie für Gesprochenes Wort wie die Stuttgarter Hymnus Chorknaben sind neue Einsatzstellen beim GBJ. Das Interesse am GBJ von Seiten potentieller Einsatzstellen ist also weiterhin hoch und nicht alle Einsatzstellen können GBJ’ler/-innen kontinuierlich in einer 39 Stunden Woche beschäftigen. Deshalb müssen Kooperationen von Einsatzstellen erprobt werden. Dies wird im kommenden GBJ Jahr im Kulturamt mit der Dienststelle „Kulturinformation“ und dem Stadtarchiv ebenso der Fall sein wie bei KBS/B.E. und dem Bezirksamt Botnang sowie beim Bezirksamt Feuerbach und dem Freien Musikzentrum Feuerbach.

Das Bewerbungsverfahren für das GBJ Jahr 2009/2010 belegt, dass die Erhöhung des Taschengeldes angesichts der Struktur der Arbeitgeberleistungen auch aus sozialen Gründen zwingend ist, wenn die Landeshauptstadt nicht potentielle interessierte Abiturienten und Abiturientinnen mit einkommensschwachen Elternhäusern ausgrenzen will.

Eine auf Baden-Württemberg bezogene Übersicht, die nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt die Notwendigkeit einer Taschengelderhöhung auf:

EinsatzstelleTaschengeld
monatlich
Wohngeld
monatlich
Essensgeld
monatlich
Sozial-/
Renten-
Vers.
Anspruch
Kindergeld
ZeugnisUrlaubs-
tage
GBJ Stuttgart200€
künftig:
280 €
Übernahme
ÖPNV im VVS Verb.
Zone 10 - Wohnort
Teilnahme wo mögl.
am Kantinenessen
zum Tarif Auszu-
bildende
jajaja26
GBJ Karlsruhe200€40€110€jajaja26
GBJ Böblingen270€--jajaja27
FSJ Kultur280€--jajaja26
FSJ Politik150€150€-jajaja26
Internationaler
Bund Stuttgart
300 bis
400€
--jajaja26
AWO Baden-Württemberg270€Unterkunft
gestellt
Verpflegung gestelltjajaEinsatzstellen-
abhängig
27
Wohlfahrtswerk Baden-Württ.205€Unterkunft
gestellt
Verpflegung gestelltjajaja26
Zivildienst
(Dauer:
9 Monate)
3 monatlich steigernd, durchschnittlich
305,4€
Weihnachtsgeld
172,56€
Entlassungsgeld
690,24
Kleidungsgeld
35,4 monatlich
Unterkunft gestellt oder
bis zu 204€;
Verpflegung gestellt
sonst 144€
janein, ´
aber 9
Monate
länger
ausgezahlt
Bestätigung,
auf Wunsch auch Noten
Beurteilung
von
Verhalten
und
Leistung
20

Stand 22. Januar 2009 (GBJ Freiburg sind die Konditionen noch nicht abschließend geklärt)


Beteiligte Einsatzstellen 2008/2009 und 2009/2010
(Zahl der GBJ’ler/-innen in Klammer)

GBJ Jahr 2008/2009
GBJ Jahr 2009/2010
Bezirksamt Bad Cannstatt (2)Bezirksamt Bad Cannstatt (2)
Bezirksamt Feuerbach (1)Bezirksamt Feuerbach (1)
Innere Stadtbezirke mit Betr. Jugendrat (1)Innere Stadtbezirke mit Betr. Jugendrat (1)
Bezirksamt Mühlhausen (1)Bezirksamt Mühlhausen (1)
Bezirksamt Plieningen – Birkach (1)Bezirksamt Plieningen – Birkach (1)
Bezirksamt Sillenbuch/Möhringen (1)Bezirksamt Möhringen (1)
Bezirksamt Weilimdorf (2)Bezirksamt Weilimdorf (2)
Stabsstelle S/OB-Kind (1)Stabsstelle S/OB-Kind (1)
Stabsstelle KKP (1)Stabsstelle KKP (1)
Stabstelle KBS/B.E. (1)
Freiwilligenagentur (1)
Europa und GBJ Organisation (1)
Stabstelle KBS/B.E. (1)
Freiwilligenagentur (1)
Europa und GBJ Organisation (1)
Kooperation mit Bezirksamt Botnang
Kulturamt, Kulturinformation (2)Kulturamt, Kulturinformation (2);
Kooperation mit Stadtarchiv
Stadtbücherei (2)Stadtbücherei (2)
Musikschule (1)Musikschule (1)
Stuttgarter Philharmoniker (1)Stuttgarter Philharmoniker (1)
Mu*pä*di (1)Mu*pä*di (1)
Kunstmuseum (1)Kunstmuseum (1)
Internationale Bachakademie (1)Keine Teilnahme
Stuttgarter Kammerorchester (1)Stuttgarter Kammerorchester (1)
Junge Oper der Staatstheater (2)Junge Oper der Staatstheater (2)
Theaterpädagogik Schauspiel Staatsth. (1)Theaterpädagogik Schauspiel Staatsth. (1)
Altes Schauspielhaus (1)Altes Schauspielhaus (1)
Domsingschule St. Eberhard (1)Domsingschule St. Eberhard (1)
vhs Stuttgart, Treffpunkt Rotebühlplatz (1)vhs Stuttgart, Treffpunkt Rotebühlplatz (1)
DAZ (James F. Byrnes Institut) (1)DAZ (1)
Bürgerstiftung Stuttgart (1)Bürgerstiftung Stuttgart (1)
-Akademie für Gesprochenes Wort (1)
-Stuttgarter Hymnus Chorknaben (1)

Im Bewerbungsverfahren für das GBJ Jahr 2009/2010 setzt sich der Trend bei beiden Geschlechtern fort, dass sich hochqualifizierte Abiturienten/-innen bewerben, von denen die Mehrzahl qualifizierende außerschulische Aktivitäten nachweisen kann (insbesondere im musikalisch/künstlerischem Bereich). Die Gesamtzahl der Bewerbungen liegt allerdings erstmals knapp unter 80 und als Grund lässt sich in den Kennenlerngesprächen das niedrige Taschengeld festmachen. Teilweise wird dies aber durch das als hochattraktiv empfundene Weiterbildungsprogramm ausgeglichen. Die Bewerbungen aus der Metropolregion sind in der Mehrzahl, es folgend Bewerbungen aus der Stadt Stuttgart und aus dem Land Baden-Württemberg: Der Internetauftritt für die Bewerbung neben dem in den Gymnasien der Metropolregion Stuttgart ausgelegten Informationsfaltblättern wird immer wichtiger. Die Kommunikation des Angebots in Stuttgarter Gymnasien könnte besser sein. Es ist deshalb beabsichtigt, mit besonders qualifizierten GBJ’ler/-innen direkt in die Gymnasien zu gehen. Der Anteil von Bewerbern mit Migrationshintergrund liegt bei unter 10 %. Es sind allerdings durchgängig Bewerber/-innen, bei denen Deutsch bereits Muttersprache ist und die (sicherlich auch daher) sehr gute schulische Leistungen nachweisen.

Das Weiterbildungsprogramm umfasst insgesamt etwa 30 Tage. Das Einführungs- und Abschlussseminar findet immer gemeinsam mit altem und neuem GBJ Jahrgang statt. Das eigentliche Weiterbildungsprogramm setzt sich zusammen aus Maßnahmen, die zur Erledigung der anfallenden Arbeiten zwingend sind (v.a. im Einsatzbereich Verwaltung). Hinzu kommen Veranstaltungen, die die Geschichte und Stadtentwicklung Stuttgarts, die Vielfalt der Stadtverwaltung (auch Daseinsfürsorge der Bürgerschaft wie Klärwerke, Kanalbetrieb) und das politische Funktionieren (z.B. Bürgerversammlung, GR Sitzung) thematisieren. Die politische Weiterbildung wird in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung angeboten. Dazu zählen Seminare für Kommunal – und Europapolitik (mit Fahrten zum EU Parlament nach Straßburg sowie zur EU Kommission, zum EU Parlament und zur Landesvertretung Baden-Württemberg nach Brüssel – Eigenanteil der GBJ’ler/-innen an den Reisekosten zwingend!) sowie zu einem (wechselnden) aktuellem gesellschaftspolitischem Thema (Armut mit Besuch in der Vesperkirche). Die Teilnahme an Vorträgen z.B. der Robert-Bosch-Stiftung oder im Rathaus wird angeregt. Auf Einladung eines Stuttgarter Bundestagsabgeordneten findet in der Regel eine Berlin-Fahrt statt, die die deutsch / deutsche Geschichte neben dem Besuch beim Deutschen Bundestag und in Ministerien in den Vordergrund stellt.


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