Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Recht/Sicherheit und Ordnung
Gz: RSO 1211-02
GRDrs 726/2007
Stuttgart,
09/27/2007


Illegales Glücksspiel in Stuttgart - Kooperationsmodell zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels und der Spielsucht



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich04.10.2007

Bericht:


1. Vorbemerkung

Das Thema „Illegales Glücksspiel“ steht seit längerer Zeit im Blickpunkt des öffentlichen Interesses.

Das Ministerium für Wirtschaft und Technologie B.-W. hat mit Erlass vom 23.10.2006 die zuständigen Gewerbebehörden angewiesen, in Bezug auf illegale Automatenspielgeräte (sog. „Fun Games“) unverzüglich ordnungsgemäße Zustände herzustellen (Anlage).

In der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 23.10.2006 (GRDrs 725/ 2006) sowie in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 23.05.2007 (GRDrs 242/ 2007) wurde zu dieser Problematik bereits berichtet.

Die Verwaltung wurde beauftragt, unter Einbeziehung aller beteiligten Stellen ein Konzept zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, insbesondere in Form der verbotenen sog. „Fun Games“, zu entwickeln und im Verwaltungsausschuss erneut zu berichten.


2. Illegales Glücksspiel und die Folgen

Illegales Glücksspiel ist kein Kavaliersdelikt!

Der Gesetzgeber hat zum Schutz der Allgemeinheit und zum Schutz der von Spielsucht Betroffenen das Glücksspiel in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen streng reglementiert. Der Bekämpfung illegalen Glücksspiels ist unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr nach wie vor große Bedeutung beizumessen.

Was bedeutet „Gefahrenabwehr“ in diesem Zusammenhang beziehungsweise welche Gefahren gehen vom illegalen Glücksspiel aus?


2.1 Suchtpotenzial
Die Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg hat in 2007 in ihrer zur Bekämpfung der Glücksspielsucht vorgelegten Entwicklungskonzeption ausgeführt, dass mit dem Ausbau der verschiedensten Glücksspielangebote auch die Anzahl der pathologischen Spieler gestiegen ist. Fachleute schätzen, dass etwa 0,5% der über 18-Jährigen (das sind in Baden-Württemberg ca. 50.000 Personen) spielsüchtig und damit prinzipiell auch hilfe- und behandlungsbedürftig sind. Dabei geht von den Automatenspielgeräten, nach Auffassung der Experten, das höchste Suchtpotenzial aus.


2.2 Soziale Komponente
Aufgrund der meist durch die Spielsucht bedingten Verschuldung der Spielsüchtigen entstehen neben familiären Spannungen, die bis zur Gewalt im sozialen Nahraum führen können, auch erhebliche finanzielle Belastungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen, die zur sozialen Isolation einer ganzen Familie führen können.

Dies wurde bereits im Bericht zur „Spielerberatung“ (GRDrs 725/2006) anhand von eindrucksvollen Leidensgeschichten belegt.


2.3 Beschaffungskriminalität
Die notwendigen Geldmittel zur Befriedigung der Sucht können wie beim Drogenabhängigen irgendwann nicht mehr auf legalem Weg beschafft werden. Ein Abgleiten in die Beschaffungskriminalität (z.B. durch Unterschlagung von Firmengeldern) ist dann oft die Folge.


2.4 Volkswirtschaftlicher Schaden
Nach einer Studie der Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg aus dem Jahr 2007 entstehen nicht unerhebliche volkswirtschaftliche Kosten beispielweise durch den Ausfall von Arbeitsleistung, durch Krankheitszeiten, Ausgaben für soziale Leistungen für Lebensunterhalt, für nicht tilgbare Überschuldung, durch Straftaten, den Kosten für Strafverfahren und den Strafvollzug.


2.5 Wettbewerbsverzerrungen
Die Automatenaufsteller, Spielhallenbetreiber und Gastwirte, die sich an die Vorschriften halten, haben starke Umsatzeinbußen zu verzeichnen, da die illegalen Geräte („Fun Games“) die legalen Spielautomaten vom Markt verdrängen. In Stuttgart hat zum Beispiel ein mittelständisches Unternehmen der Automatenaufstellerbranche seit dem Jahr 2005 über 10 Prozent der ehemals fast 100 fest angestellten Mitarbeiter abgebaut, da die Nachfrage nach legalen Geräten sehr stark zurückging.


2.6 „Trading-down-Effekt“
Die enorme Nachfrage nach Spielautomaten und hier insbesondere nach den sog. „Fun Games“ weckt Begehrlichkeiten bei Gastronomen und Spielhallenbetreibern.

Im Zuge dieser Entwicklung entstehen zunehmend Spielhallen, Internetcafes und Gastronomiebetriebe, die sich hauptsächlich aus dem Automatenspiel finanzieren. Dies bewirkt eine Abwanderung des Einzelhandels und derjenigen Gastronomiebetriebe, die durch ihre Betriebskonzepte zu einer Bereicherung und Belebung der Innenstadt und der Stadtteilzentren beitragen. Dieser sog. „Trading-down-Effekt“ hat für den Wirtschaftsstandort Stuttgart negative Folgen.


3. Illegales Glücksspiel in Stuttgart

Auch in Stuttgart findet illegales Glücksspiel statt!

In Stuttgart ist inzwischen von 1.500 bis 2.500 Spielsüchtigen auszugehen. Hierüber wurde am 23.10.2006 im Sozial- und Gesundheitsausschuss ausführlich berichtet (Mitteilungsvorlage Nr. 725/2006).

„Gezockt“ wird hauptsächlich in illegalen Wettbüros, bei Pokerturnieren und insbesondere an den sog. „Fun Games“.

Illegale Wettbüros:
In Stuttgart gibt es derzeit ca. 70 unerlaubte Wettbüros. Zu den Möglichkeiten, gegen diese Wettbüros vorzugehen, wurde in der Vorlage 242/2007 dem Verwaltungsausschuss ausführlich berichtet.

Pokerturniere:
Pokerturniere haben in den letzten zwei Jahren exorbitant zugenommen. Vor allem seit dem letzten „James-Bond-Film“ („Casino Royal“) hat ein regelrechter Pokerboom eingesetzt. Verstärkt wird der Trend noch dadurch, dass Pokerturniere im Fernsehen „live“
übertragen werden und so den Anschein eines legalen „Sports“ erhalten. Bei der Gewerbe- und Gaststättenbehörde sind im Jahr 2006 knapp 150 Meldungen von Pokerturnieren eingegangen. Im Jahr 2007 hat sich dieser Trend noch verstärkt: Für das Jahr 2007 (Stand 31.08.2007) liegen bisher Meldungen für mindestens 200 Turniere vor.

Es handelt sich um einen Aufgabenzuwachs, für den kein Personal zur Verfügung steht. Gegebenenfalls müssten Stellenanteile innerhalb der zuständigen Abteilung durch geänderte Prioritäten umgeschichtet werden. Bisher wird die Meldung solcher Turniere lediglich entgegengenommen. Die erforderliche Einzelfallprüfung, ob illegales Glücksspiel vorliegt oder ob das Turnier zulässig ist, findet nicht statt.

Illegale Automatenspielgeräte:
Hauptproblem sind die illegalen Automatenspielgeräte (sog. „Fun Games“).

Bei den sog. „Fun Games“ handelt es sich um Geräte, die von Automatenherstellern von vorneherein auf eine zumindest vordergründige Vereinbarkeit mit § 6 a Spielverordnung hin entwickelt worden sind. Das heißt, nach außen hin stellen sie sich als erlaubnisfreie Unterhaltungs- oder Geschicklichkeitsspiele dar. Die Geräte können mit Einsätzen von wenigen Cent bis zu mehreren Euro für kurz laufende Spiele bedient werden (Spieldauer ca. 3 Sekunden). Auffallend ist, dass diese Geräte hohe Einsätze ermöglichen, was bei den Spielern zu sehr hohen Verlusten führen kann (bis zu 1.200 Euro und mehr pro Stunde!). Die Geräte sind angesichts des geringen Unterhaltungswertes ihres Spielablaufs im Verhältnis zu den verlangten hohen Einsätzen als Unterhaltungsspielgeräte ohne finanziellen Gewinnanreiz wirtschaftlich nicht zu betreiben. Die Punkte, die im Verlauf eines Spiels erreicht werden, werden i.d.R. illegal ausbezahlt, womit faktisch ein Geldspielgerät betrieben wird.

Mit GRDrs 242/2007 wurde mitgeteilt, dass das Ordnungsamt von mindestens 1000 illegalen Geräten als unterste Grenze ausgeht. Aktuelle Erhebungen und die Auswertung polizeilicher und behördlicher Überprüfungen aus dem Jahr 2005 deuten daraufhin, dass diese Zahl möglicherweise zu niedrig gegriffen war. Circa 3000 illegale Geräte dürfte eine realistischere Größenordnung sein.

Im Jahr 2005 wurden im Rahmen einer Schwerpunktaktion von Polizei und Ordnungsamt alle Spielhallen auf den Betrieb sog. „Fun-Games“ hin überprüft. In 41 Spielhallen wurden insgesamt 313 illegale Geräte festgestellt. Das Ordnungsamt erließ in 33 Fällen Beseitigungsverfügungen, die zu langwierigen, teilweise bis heute nicht abgeschlossenen Rechtsverfahren führten (24 Widersprüche, davon noch drei offen/ sechs Klagen, davon noch zwei offen).

Mangels personeller Kapazitäten erfolgten seit 2006 keine ordnungsrechtlichen Maßnahmen mehr. Dies führte dazu, dass sich die illegale Automatenszene seit der genannten Schwerpunktaktion in Stuttgart nicht nur verfestigt, sondern erheblich ausgeweitet hat. Entgegen dem bundesweiten Trend verzeichnet Stuttgart im Bereich „Fun-Games“ einen enormen Zuwachs.

Im August 2007 wurden erneut stichprobenartig Gaststätten und Spielhallen durch die Polizei überprüft. In fünf Gaststätten war lediglich ein Betrieb „Fun Games“-Frei. In den anderen vier Betrieben waren zwischen vier und sechs „Fun Games“ in Betrieb.
In den fünf überprüften Gaststätten wurden insgesamt 20 illegale Automatenspielgeräte festgestellt.

Bei den Spielhallen zeigt sich ein ähnliches Bild: Nur ein Betrieb hatte keine illegalen Automatenspielgeräte aufgestellt; bei den anderen vier Spielhallen wurden jeweils zwischen fünf und zehn „Fun Games“ festgestellt.

Selbst bei einer gemessen am Ergebnis der Stichprobe und den behördlichen Erkenntnissen vorsichtigen Annahme, dass nur in jeder vierten der insgesamt ca. 3000 Stuttgarter Gaststätten jeweils nur vier illegale Spielgeräte und in zwei Dritteln der 55 Spielhallen je sechs illegale Geräte stehen, ergibt dies bereits weit mehr als die 3000 angenommen illegalen Geräte. Und dies, obwohl Ausländervereine, Internetcafés und Wettbüros noch gar nicht berücksichtigt sind.

Der deutsche Automatengroßhandelsverband bestätigt diese Annahme. Aus fehlenden Rückkäufen von Automaten durch den Großhandel einerseits sowie aufgrund von Hochrechnungen anhand der tatsächlich visuell wahrzunehmenden Geräte in Stuttgart andererseits kann aus dortiger Sicht die Zahl von bis zu 3.000 illegalen Geräten mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt werden.


4. Kooperationsmodell „Bekämpfung illegales Glücksspiel in Stuttgart“

4.1 Drei-Säulen-Modell

Die Spielleidenschaft steckt im Menschen!

Glücksspiel hat es immer gegeben. Die große Herausforderung für Politik und Gesellschaft ist es, ein „Spielfeld“ zu schaffen, das es dem Einzelnen ermöglicht seine Spielleidenschaft zu befriedigen, andererseits aber auch dort einen deutlichen Rahmen definiert wo Spielleidenschaft beginnt den Einzelnen und die Allgemeinheit zu gefährden. Der Gesetzgeber hat dies verwirklicht, in dem er ein staatlich kontrolliertes, legales Glücksspielangebot zugelassen hat.

Glücksspiel und seine Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft ist vielschichtig. Eine effektive und umfassende Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Glücksspielsucht und ihrer Auswirkungen kann deshalb nur Erfolg haben, wenn die verschiedenen Fachdisziplinen vernetzt vorgehen.

Das Kooperationsmodell „Bekämpfung illegalen Glücksspiels in Stuttgart“ baut daher im Wesentlichen auf den drei Säulen auf:

I. Repression
II. Prävention und
III. Beratung / Behandlung / Therapie

Warum Repression vor Prävention?

Eine erfolgreiche Prävention, Beratung und Behandlung setzt voraus, dass zunächst im repressiven Bereich alles Erforderliche getan wird, um das illegale Glücksspiel zurück zu drängen. Nur mit den gesetzlich zugelassenen Anbietern kann sichergestellt werden, dass bspw. suchtpräventive Maßnahmen durchgeführt oder Jugendschutzbestimmungen eingehalten werden.


4.2 Kooperationsmodule
Das Kooperationsmodell setzt sich aus folgenden Kooperationsmodulen zusammen:

· Bauplanungs- u. Bauordnungsrecht
· Ordnungs- und Gewerberecht
· Suchtberatung und Suchthilfe
· Jugendschutz
· Steuerrecht Akteure sind Ordnungsamt und Polizei, Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, Baurechtsamt, Jugendamt, Gesundheitsamt, Stadtkämmerei (Steuerabteilung) sowie freie Träger (Evangelische Gesellschaft e.V.).

Die Zusammenarbeit und die Abstimmung der Akteure in diesem Kooperationsmodell ist für die erfolgreiche Umsetzung dieses Modells sehr wichtig. Sowohl zwischen wie auch in den einzelnen „Säulen“ muss interdisziplinär gearbeitet werden. Daher ist es auch erforderlich, dass in regelmäßig stattfindenden Treffen der Kooperationspartner die grundsätzlichen Entwicklungen im Bereich des Glücksspiels und der Spielsucht im jeweiligen Wirkungsbereich ausgetauscht und die einzelnen Kooperationsmodule ggf. neu aufeinander abgestimmt werden.

Wie bereits ausgeführt, stellen die sog. „Fun Games“ aufgrund ihres Suchtpotenzials und aufgrund der zahlenmäßigen Verbreitung im Stadtgebiet das größte Problem dar. Das vorliegende Kooperationsmodell wurde deshalb schwerpunktmäßig auf die Bekämpfung dieser illegalen Geräte hin entwickelt. Es kann – je nach Entwicklung – auch für Pokerturniere, Internetcafes sowie illegale Wettbüros zeitnah angepasst werden.

Nachfolgend werden die einzelnen Kooperationsmodule näher vorgestellt: 4.2.1 Kooperationsmodul „Bauplanungs- und Bauordnungsrecht“

Kooperationspartner: Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, Baurechtsamt

Das Planungs- und Baurecht ist nur ein bedingt taugliches Mittel, um den Wettbüros und Spielhallen Einhalt zu gebieten. In den für potentielle Spielhallen- und Wettbürobetreiber interessanten Lagen (z.B. Kerngebiete, Mischgebiete in den größeren Stadtteilen) sind solche Betriebe bauplanungsrechtlich sehr schwer zu verhindern.

Da Spielhallen und größere Wettbüros grundsätzlich als Vergnügungsstätten einzustufen sind, können sie bis zu einem gewissen Grad nur durch spezielle planungsrechtliche Regelungen der Baunutzungsverordnung, z.B. die Vergnügungsstättensatzung verhindert werden. Von dieser Möglichkeit wurde durch den Erlass einer „Vergnügungsstättensatzung“ Gebrauch gemacht.

Von Bedeutung ist zudem, dass beispielsweise Gründe des Jugendschutzes oder das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen, im Planungsrecht nicht berücksichtigungsfähig sind.

Darüber hinaus spielen in der Praxis die Spielhallen, Wettbüros, Internetcafes und ähnliche Betriebe hinsichtlich der Zahl der illegal aufgestellten Automaten im Vergleich zu den Gaststätten eine eher untergeordnete Rolle. Gaststätten jedoch sind mit Mitteln des Bauplanungs- und Bauordnungsrecht so gut wie nicht zu verhindern.


4.2.2 Kooperationsmodul: Ordnungs- und Gewerberecht

Kooperationspartner: Amt für öffentliche Ordnung, Polizeipräsidium Stuttgart

Kontrollen:

Durch regelmäßige Kontrollen von Spielhallen und Gaststätten soll sichergestellt werden, dass gesetzliche Bestimmungen, die sich z.B. aus der Gewerbeordnung, der Spielverordnung und dem Jugendschutzgesetz ergeben, eingehalten werden. In der Praxis bedeutet dies bspw. zu überprüfen, ob das Informationsmaterial zur Suchtbekämpfung in den Spielhallen ausliegt, ob sich Jugendliche in den Betrieben aufhalten bzw. an den Geräten spielen, ob die Höchstzahl zulässiger Geräte eingehalten wird, ob eine Aufsicht über die Geräte erfolgt, ob unzulässige Ausspielungen (sog. „Jackpots“) erfolgen etc. Ein Kontrollschwerpunkt wird die Prüfung sein, ob in den Betrieben illegale Automatenspielgeräte („Fun Games“) aufgestellt sind.

Gerade im Spielsektor sind die Gerätehersteller und -aufsteller sehr einfallsreich, wenn es um die Umgehung gesetzlicher Vorgaben geht. So wird beispielsweise vom Bund-Länder-Ausschuss „Gewerberecht“ darauf hingewiesen, dass ständig neue Software-Updates für Unterhaltungsspielgeräte entwickelt werden, die es ermöglichen, „Unterhaltungsspielgeräte“ unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen, de facto als Gewinnspielgeräte zu betreiben. Rechtskonforme Zustände können langfristig nur sichergestellt werden, wenn Kontrollen durch geschultes Personal regelmäßig und nachhaltig erfolgen. Vor allem der dadurch aufgebaute Kontrolldruck erhöht die Motivation, sich an Recht und Gesetz zu halten.

Das Polizeipräsidium Stuttgart wird bei Bedarf an Kontrollen der Gewerbe- und Gaststättenbehörde teilnehmen oder einzelfallbezogen auf Weisung der Fachbehörde Überprüfungen vor Ort durchführen. Darüber hinaus legen die Beamten bei der Aufgabenerfüllung, insbesondere bei Kontrollen in entsprechenden Betrieben aus anderen Anlässen ein besonderes Augenmerk auf Automatenspielgeräte und informieren gegebenenfalls die Gewerbe- und Gaststättenbehörde.

Verwaltungsrechtliche Maßnahmen:

Werden bei Kontrollen illegale Automaten oder andere spielrechtliche Verstöße festgestellt, erlässt das Ordnungsamt zeitnah Abräum- bzw. Untersagungsverfügungen. Parallel hierzu können Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden.

Verstoßen Gastwirte, Spielhallenbetreiber oder Automatenaufsteller beharrlich gegen gesetzliche Vorschriften, können gewerberechtliche Erlaubnisse widerrufen und in begründeten Fällen Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet werden.

Die Einhaltung der ordnungsrechtlichen Verfügungen muss überwacht und ggf. mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden.


4.2.3 Kooperationsmodul: Suchtberatung und Suchthilfe

Kooperationspartner: Gesundheitsamt, Evangelische Gesellschaft e.V.

Die Landeshauptstadt Stuttgart fördert die Stelle einer Fachkraft zur Spielerberatung bei der Evangelischen Gesellschaft e.V. im Rahmen des Beratungs- und Behandlungszentrums für Suchterkrankungen. Das Angebot umfasst Prävention, Beratung, ambulante Therapie und Vermittlung in stationäre Therapie für Spielerinnen und Spieler aus Stuttgart sowie deren Angehörigen. Zu den Angeboten im Einzelnen wird auf die Anlage 2 zu GRDrs 725/2006 verwiesen.

Der Träger steht aufgrund seiner speziellen Fachkenntnisse und Erfahrungen in Verbindung zu Fachverbänden und lizenzierten Spielanbietern (Spielbanken). Er ist mit der Entwicklung von Präventions-, Beratungs-, Interventions- und speziellen Sozialkonzepten beschäftigt. Die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. bringt diese dadurch gewonnenen Fachkenntnisse in o.g. Angebot für die Spielerinnen und Spieler in Stuttgart ein. Darüber hinaus werden von der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V. landesweit Spielerhilfen angeboten. Deren Finanzierung erfolgt nicht aus dem städtischen Haushalt.

Die städtische Suchthilfeplanung beobachtet alle Entwicklungen und ist ebenso wie Ordnungsamt und Polizei am Runden Tisch Spielsucht in Stuttgart beteiligt, zu dem die
Evangelische Gesellschaft e.V. in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister seit Frühjahr 2006 im zweimonatigen Turnus einlädt. Beim Runden Tisch „Spielsucht“ tauschen sich neben den o.g. Fachbereichen die Vertreter folgender Anbieter und Institutionen aus: Vertreter der Glücksspielindustrie, der Spielbanken, die Toto-Lotto-Gesellschaft, der Verband der Automatenhersteller, die Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim und Vertreter der politischen Parteien.


4.2.4 Kooperationsmodul: Jugendschutz

Kooperationspartner: Jugendamt, Amt für öffentliche Ordnung, Polizeipräsidium Stuttgart

Im Rahmen der Kontrollen von Spielhallen, Gaststätten und Internetcafes durch das Amt für öffentliche Ordnung und das Polizeipräsidium Stuttgart wird die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen geprüft und gegebenenfalls noch vor Ort eingeschritten. Als Folgemaßnahmen kann dies für den Gewerbetreibenden neben der Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren auch zu verwaltungsrechtlichen Maßnahmen führen. Sofern erforderlich wird zeitnah das Jugendamt beigezogen.


4.2.5 Kooperationsmodul: Steuerrecht

Kooperationspartner: Stadtkämmerei, Amt für öffentliche Ordnung

Spielgeräte sind vergnügungssteuerpflichtig.

Durch die Stadtkämmerei erfolgen jährlich ca. 300 – 320 Kontrollen in Spielhallen und Gaststätten. Diese finden unter rein steuerrechtlichen Gesichtspunkten statt, d.h. es wird vor allem kontrolliert, ob die Anzahl der tatsächlich aufgestellten Geräte der aktenmäßig gemeldeten Zahl entspricht.

Bei den Kontrollen wird lediglich unterschieden nach Gewinnspielgeräten und Unterhaltungsspielgeräten. Dies geschieht in der Regel auf Grundlage der angegebenen Klassifizierung (Gewinn- oder Unterhaltungsspielgerät) durch den Wirt oder Betreiber und gegebenenfalls durch das auf dem Gerät angebrachte Zulassungszeichen für ein legales Gewinnspielgerät.

Die „Fun Games“ werden von den Betreibern als Unterhaltungsspielgeräte angegeben. Tatsächlich werden diese aber oftmals als Gewinnspielgeräte genutzt (vgl. Ziffer 3 „Illegale Automatenspielgeräte“). Die Feststellung, ob es sich bei den vorgefundenen Geräten um ein legales Unterhaltungsspielgerät oder ein sogenanntes „Fun Game“ handelt, ist nur durch geschultes Personal möglich. Durch Mitarbeiter der Stadtkämmerei sind solche Feststellungen schon deshalb kaum möglich, weil diese nicht verdeckt auftreten.

Erkenntnisse, die die Stadtkämmerei im Rahmen des Steuerverfahrens erlangt, unterliegen dem Steuergeheimnis. Sie dürfen somit nicht an andere Behörden weitergegeben werden.

Umgekehrt gilt dies nicht: Erkenntnisse über Anzahl und Art der Automaten, die bei Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt festgestellt werden, werden an die Stadtkämmerei weitergeleitet. Eine Besteuerung dieser Automaten ist auch dann möglich, wenn es sich um illegale Geräte handelt (Grundsatz: „Pecunia non olet“).

Steuerrechtlich ist die „richtige“ Klassifizierung der Automaten deshalb bedeutsam, weil die Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte höher ist als die für Unterhaltungsspielgeräte (in Spielhallen 76 EUR monatlich, in Gaststätten 31 EUR monatlich). Die sog. „Fun Games“ können als „de facto-Gewinnspielgeräte“ mit dem entsprechend höheren Vergnügungssteuersatz besteuert werden. Ungeachtet etwaiger Nachbesteuerungen sog. „Fun Games“ ist davon auszugehen, dass unter dem behördlichen Kontrolldruck die illegalen Geräte kurzfristig durch legale Gewinnspielautomaten ersetzt werden. Deshalb sind auch bei verstärkten Kontrollen keine nennenswerten, dauerhaften Steuermehreinnahmen zu erwarten.


5. Ausblick

Stuttgart als eine der sichersten Großstädte kann es sich nicht leisten zum „Zockerparadies“ zu werden. Um das ausführlich beschriebene Kooperationsmodell im Sinne dieses gesamtstädtischen Interesses, aber auch im Sinne eines wirksamen Spielerschutzes und einer Spielerprävention auf kommunaler Ebene zu gewährleisten, sind in den Bereichen Repression und Prävention zusätzliche Personalressourcen notwendig. Da eine Stellenschaffung nicht kostenneutral möglich ist, müssen gegebenenfalls Stellenanteile innerhalb der zuständigen Abteilung des Amts für öffentliche Ordnung umgeschichtet werden.

Beteiligte Stellen

Die Referate WFB, AK, SJG und StU haben die Vorlage mitgezeichnet.


Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag der SPD-Fraktion vom 15.12.2006 (421/2006)
Anfrage der CDU-Fraktion vom 18.12.2006 (428/2006)

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Dr. Martin Schairer
Bürgermeister





Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie BW vom 23.10.2006



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