Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
101/2008
GZ:
8011-05.00
Sitzungstermin: 12.03.2008
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr N. N. (StKäm) - Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht)
Protokollführung: Frau Gallmeister sp
Betreff: Kapitalanlagen in Spezialfonds der Stadt und der
Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (SVV)

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 12.02.2008, GRDrs 101/2008.


EBM Föll verweist auf die Vorlage und führt ergänzend aus (Wortlaut):

"Wir haben ja im Jahr 2007 vor dem Hintergrund unserer vorgegebenen Anlagestruktur - 80 % Renten, 20 % Aktien - ein durchaus schwieriges Kapitalmarktjahr gehabt. In den Renten ist es immer dann schwierig, wenn Sie in einen Kapitalmarkt hineingehen, der ein tendenziell steigendes Zinsniveau hat. Weil logischerweise Ihre Papiere, die Sie im Portfolio haben, eben unter den Einstandskurs pari stichtagsbezogen sinken. Das ist, wenn Sie so wollen, zunächst einmal ein Buchverlust, der in der Rendite sich auch entsprechend ausdrückt. Insoweit sind die Renditen natürlich nicht wirklich befriedigend, die im Jahr 2007 erwirtschaftet werden konnten. Allerdings muss man hinzufügen, dass sie bei diesen stichtagsbezogenen Buchverlusten, die in die Rendite und die Wertentwicklung einfließen, natürlich auch stille Reserven schaffen, nämlich wenn Sie die Papiere bis zur Endfälligkeit halten - und Sie können ja bei der Landeshauptstadt Stuttgart davon ausgehen, dass wir jetzt nicht gezwungen sind, die Papiere vor Endfälligkeit zu veräußern -, dass wir dann eben zu 100 die Rückzahlung des Rentenpapiers bekommen.

Wir haben das einmal etwas überschlägig versucht zu ermitteln noch, welche stillen Reserven, wenn Sie dieses Thema sehen, in den Spezialfonds sowohl der Stadt als auch der SVV insgesamt noch enthalten sind. Das dürfte eine Größenordnung von rd. 21 Mio. € sein, sogenannte Einlösungsreserve, wie man das dann nennt. Natürlich ist das eine Stichtagsbetrachtung, das entwickelt sich sozusagen ein Stück weit von Tag zu Tag anders, je nachdem, wie die Kapitalmärkte sind. Und wenn Sie jetzt das Jahr 2008 nehmen, dann werden Sie bei einem stabilen bis vermutlich tendenziell sinkenden Zinsniveau - jetzt meine private Einschätzung ist, dass die EZB auf Dauer eine solche Dollarkursentwicklung auch nicht hinnehmen wird und dann irgendwann im 2. Halbjahr auch die Zinsen in Euroland sinken - und wenn das Zinsniveau sinkt, dann ziehen automatisch natürlich die Rentenpapiere, die wir im Portfolio haben, wiederum an. Von daher sollte man die Betrachtung und Bewertung der Spezialfonds nicht ausschließlich vor dem Hintergrund Stichtag, was wir Ihnen jetzt natürlich vorgelegt haben, machen, sondern sollte das immer dann auch in einer mittel- bis langfristigen Perspektive tun. Wir haben Ihnen bei dem Anlageinstrument immer gesagt, dass dieses ein Anlageinstrument ist mit einer mittel- bis langfristigen Perspektive. Und wir liegen in der mittel- bis langfristigen Rendite, das haben wir Ihnen auch zum Ausdruck gebracht, ja nach wie vor besser - also wir liegen da in der Rendite bei im Durchschnitt knapp 5 % - wir liegen immer noch besser, als wenn wir das über Tages- oder Monatsgelder am Geldmarkt angelegt hätten. Das zum einen.

Zum Zweiten steht ja bezogen auf den Spezialfonds, der bei den Kur- und Bäderbetrieben existiert, auch etwas drin, was Ihnen vielleicht noch nicht so geläufig ist und Sie bei der genauen Lektüre überrascht haben wird, dass Sie das so en passant sozusagen erfahren, mitgeteilt bekommen - das ist das Thema Mineralbad Cannstatt, vorzeitiger Rückkauf. Sie wissen ja, Anfang der 90er-Jahre, als es der Stadt sehr, sehr schlecht ging, hat man mit der Firma Wolff & Müller einen entsprechenden Vertrag - ich sage jetzt mal ein PPP-Modell erster Generation - abgeschlossen. Sie kennen auch das Thema, dass man darüber diskutieren kann, inwieweit dieses Geschäft vorteilhaft für die Landeshauptstadt Stuttgart gewesen ist. Allerdings muss man, wenn man das heute diskutiert, das Thema immer vor dem Hintergrund diskutieren, dass damals die Landeshauptstadt Stuttgart durch die Rechtsaufsicht nicht mehr die Möglichkeit hatte, zusätzliche Kommunalkredite aufzunehmen, weil die Rechtsaufsicht dem nicht mehr gestimmt hat und die Realisierung des Mineralbads Cannstatt auf diesem Weg die einzige Möglichkeit gewesen ist, um das Bad dann auch entsprechend zu realisieren und im Jahr 1996 in Betrieb zu nehmen. Wir verhandeln jetzt mit Wolff & Müller über einen vorzeitigen Rückkauf, weil dieses günstiger wäre. Würden natürlich diesen vorzeitigen Rückkauf aus dem Spezialfonds finanzieren. Würden den Spezialfonds auflösen, weil wir im Wesentlichen das Kapital für den Rückkauf benötigen würden, aber unterm Strich auch in den laufenden Wirtschaftsplänen der Kur- und Bäderbetriebe einen wirtschaftlichen Vorteil daraus erzielen. Wir würden Ihnen den natürlich dann, wenn wir Ihnen das Thema zur Entscheidung vorlegen, auch im Einzelnen beziffern. Aber gehen Sie davon aus, dass wir einen jährlichen wirtschaftlichen Vorteil unterm Strich in einer sechsstelligen Größenordnung erzielen können, wenn wir Ihnen das vorschlagen - einer unteren sechsstelligen Größenordnung, damit Sie jetzt nicht in Ihren Vorstellungen zu maßlos werden.

Natürlich ist das Ihre Entscheidung dann Bäderausschuss, Verwaltungsausschuss, Gemeinderat. Wir hoffen, dass wir Ihnen das bis zur Sommerpause vorlegen können. Insoweit würde sich dann auch die etwas unbefriedigende Entwicklung der Rendite bei diesem Spezialfonds sozusagen für die Zukunft erledigen und wir würden das Geschäft bzw. den finanziellen Vorteil für die Kur- und Bäderbetriebe dann auf anderem Wege erzielen."


StR Hill (CDU) dankt dem Vorsitzenden für seine ergänzenden Ausführungen, die ihm wichtig erschienen, da sonst durchaus ein falsches Bild in der Öffentlichkeit entstehen könnte, was die Entwicklung und Ertragsstärke der Kapitalanlagen betreffe.

Auch StR Kanzleiter (SPD) dankt EBM Föll für dessen Darlegungen. Er halte das Vorgehen der Stadt für grundsätzlich richtig.

StR Wölfle (90/GRÜNE) bewertet die Vorlage aufgrund der Darstellung des Anlagenstandes als hilfreich.

Zum vorzeitigen Rückkauf des Mineralbads Cannstatt bittet StR Kanzleiter zu gegebener Zeit um Vorlage der Berechnungen, da davon ausgegangen werden müsse, dass es sich insgesamt gesehen um einen relativ teuren Kauf handelt. Mit dem geplanten Vorgehen zeigt sich StR R. Zeeb (FDP) einverstanden.

Auf die Wortmeldungen eingehend legt EBM Föll zunächst zu dem von StR Hill angesprochenen Thema "Stille Beteiligung" dar, im Doppelhaushaltsplan 2008/2009 der Stadt sei für das Jahr 2009 eine Ausschüttung der thesaurierten Erträge der Spezialfonds der Stadt vorgesehen, um die 161 Mio. € tilgen zu können. Bei der stillen Beteiligung bekomme die Stadt rund 6 % Ausschüttung pro Jahr. Da mit Steuergeldern umgegangen werde, erachte er es als Selbstverständlichkeit, dass eine risikoarme Anlagestrategie gewählt wird, wie dies vom Ausschuss in den Eckpunkten auch entsprechend beschlossen worden sei.

Zu der von StR Kanzleiter in den Raum gestellten Frage, ob sich der Verkauf der Energiebeteiligungen finanziell gelohnt hat - wobei er anmerkt, dass diese Frage auch davon abhänge, was die Energiewirtschaft an Erträgen bringe -, bemerkt der Vorsitzende, die Ausschüttung der TWS und der Neckarwerke sei auf den Unternehmenswert bezogen gewesen und es gehe hier um Erträge von deutlich unter 1 % pro Jahr. Hinsichtlich der Frage von Wertsteigerungen gebe es sowohl Chancen als auch erhebliche Risiken, bestätigt EBM Föll mit dem Hinweis, dass man seinerzeit bei der Veräußerung der Energiebeteiligungen ganz froh gewesen sei, insbesondere die Risiken mitveräußern zu können. Bezüglich der Renditen liege man bei den Spezialfonds und der stillen Beteiligung der Landesbank sehr viel besser, was sich positiv auf den Stadthaushalt auswirke; manche Vorhaben der letzten Jahre wären sonst nur über entsprechende Kreditfinanzierung möglich gewesen. Er sei daher nach wie vor absolut davon überzeugt, dass die im Jahr 2001 getroffenen Entscheidungen richtig gewesen seien.

An StR R. Zeeb gewandt kündigt EBM Föll zum Thema Rathausgarage einen Vorschlag zur Realisierung in städtischer Hand an. Die Verwaltung gehe nicht von der Bildung von Teileigentum aus.

Auf Fragen von StR Hill erläutert Herr N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) zu den thesaurierten Zinserträgen, in den Fonds seien die aufgelaufenen Zinserträge enthalten. Der Zuwachswert schwanke abhängig von den Entwicklungen am Aktien- und am Rentenmarkt. Aufgrund der langen Laufzeit der Fonds entwickelten sich diese stetig, auch wenn, wie beispielsweise zu Beginn dieses Jahres, ein Rückgang bei den Aktienwerten eingetreten sei; dank der im Februar zurückgegangenen Zinsen sei der Rückgang wieder aufgeholt worden. Im Jahr 2009 werden die Fonds nach einer soliden Hochrechnung, bezogen auf ihren Einstandswert/Übernahmewert zum Zeitpunkt des Übergangs von der SVV die 161 Mio. € zugewonnen haben.

Weiter geht Herr N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) auf die Fälligkeit von Papieren und deren Verkauf ein. Es würden Vergleiche angestellt und seitens der Stadt nicht beispielsweise der Verkauf der Telekom-Aktie vorgegeben. In den von der Verwaltung genannten Fondspreisen seien sämtliche Kosten beinhaltet.


Abschließend stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag einmütig zu.
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