Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 321/2006
Stuttgart,
05/02/2006



Projekt YOL
Berufliche und schulische Förderung von Jugendlichen




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
08.05.2006
12.05.2006
15.05.2006
17.05.2006



Beschlußantrag:

1. Der Fortführung des Projekts YOL in Stuttgart im Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2007 wird zugestimmt.

2. Die Landeshauptstadt und das JobCenter Stuttgart fördern das Projekt mit bis zu 90 % der tatsächlich nachgewiesenen Kosten (voraussichtlich 156.750 €), höchstens mit zusammen 141.000 €. Hiervon belaufen sich der Anteil des JobCenters auf voraussichtlich 43.000 € und jener der Landeshauptstadt auf voraussichtlich 98.000 €.

3. Der Anteil der Landeshauptstadt von voraussichtlich 98.000 € wird in den Verwaltungshaushalten 2006 und 2007 bei AHSt. 1.7917.7000.000, Zuschüsse zu Arbeitsgelegenheiten, gedeckt.


Begründung:


Ausgangssituation

Die berufliche und schulische Ausbildungssituation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland ist auffallend. Immer mehr ausländische Kinder und Jugendliche, darunter ein besonders hoher Anteil an türkischen Jugendlichen, verlassen die Schule ohne einen Abschluss (siehe Strukturbericht Region Stuttgart 2003, Seite 238).

Ein hoher Anteil der ausländischen Jugendlichen findet keinen geeigneten Ausbildungsplatz (Strukturbericht, Seite 243). Im Bereich Stuttgart der Agentur für Arbeit liegt die Arbeitslosigkeit bei jungen Migranten und Migrantinnen bei 19 % und die der türkischen Jugendlichen bei 23 % und damit weit über dem Gesamtdurchschnitt von 7,3 % (Arbeitsmarktreport Stuttgart 07/2005). Besonders gering ist die Ausbildungsbeteiligung von ausländischen Mädchen und jungen Frauen.

Zu der beschriebenen Situation tragen folgende Merkmale bei:

· Unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache,
· Ein Teil der Schulbildung erfolgt im Herkunftsland,
· Keine kontinuierliche Schulbildung in Deutschland,
· Unzureichende Kenntnisse über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem,
· Schlechter oder fehlender Schulabschluss,
· Geringer Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten.

Die Eltern spielen hierbei eine wichtige Rolle. Unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache und mangelnde Kenntnisse über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem führen dazu, dass die Eltern die Kinder und Jugendlichen bei der Schulbildung und Berufswahl nicht ausreichend unterstützen können.


Das “YOL”-Projekt

Das Projekt “YOL”, das die Berufsakademie aktif gGmbH bisher in Stuttgart und in Esslingen durchführt, hat sich zum Ziel gesetzt, Jugendliche mit Migrationshintergrund bei der Suche von Ausbildungsplätzen und Praktikas behilflich zu sein sowie durch präventive Arbeit an Schulen, DVJS und Berufsschulen Schülerinnen und Schüler auf die richtige Auswahl des Ausbildungsberufes vorzubereiten. Die Jugendlichen sollen erfolgreich sozial und ökonomisch integriert werden. Insbesondere die Sensibilisierung der Familien und von Multiplikatoren wird als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Integration der Jugendlichen in die Arbeitswelt und damit in die deutsche Gesellschaft verstanden. Es ist wichtig, Eltern auf ihre Rolle bei der Berufswahl ihrer Kinder aufmerksam zu machen und sie zu motivieren, sich aktiv an dem Prozess zu beteiligen und Informationen nutzbar zu machen.

Neben dem besseren Zugang zur beruflichen Ausbildung sollen Schulabgänger motiviert werden, bei der Berufswahl eine breite Auswahl von Berufsbildern in ihren Entscheidungen mit einzubeziehen. Das Beratungsangebot bezieht sich auf die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten und setzt dabei einen Schwerpunkt auf das duale Berufsausbildungssystem. Jugendliche und Eltern werden bei Fragen des Ausbildungsplatzes unterstützt. Dabei spielen die Vernetzung und Kooperation zu Organisationen eine wichtige Rolle. Das Projekt “YOL” ist vernetzt mit Schulen, Kammern, Verbänden, Betrieben, städtischen Ämtern (Job-Center, Jugendamt), der Stadtteilarbeit, mit Migranten-Organisationen (beispielsweise BoS, türkische Verbände), Migrationsorganisationen und Beratungsstellen.

Angeboten werden Einzel- und Gruppenberatung und -betreuung, Workshops und Seminare wie z. B. Bewerbungstraining und laufende Berufsinformationsangebote bei der Bildungsakademie aktif gGmbH sowie mobile Beratungsangebote in Schulen und Jugendeinrichtungen.

Die Arbeit von “YOL” ist auf die Verhältnisse der jeweiligen Schule abgestimmt, damit keine Parallelstrukturen zu existierenden Angeboten entstehen. Es ist ein besonderes Anliegen, alle Jugendlichen zu fördern, die Hilfe benötigen. Das Angebot wendet sich daher an alle Jugendlichen der jeweiligen Klassenstufen, jedoch ist die Gruppe der türkischen Jugendlichen eine der größten Zielgruppen.


Ergebnisse der bisherigen Projektphasen 2001-2005

In der Projektphase von 2001 bis 2005 hat die Bildungsakademie aktif gGmbH das Projekt “YOL” ins Leben gerufen und in Stuttgart und in Esslingen durchgeführt. Das Projekt wurde aus Mitteln des ESF, des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg und mit Spenden-geldern finanziert. Die Ergebnisse der Projektphase 2001 bis 2005 können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Projektphase 1 von 10/2001 bis 09/2003

In den ersten beiden Jahren des Projektes konnten in Stuttgart und Esslingen 404 Teilnehmerinnen und Teilnehmer intensiv betreut werden, davon 175 Jungen und 229 Mädchen, 390 TeilnehmerInnen waren unter 25 Jahre. Von diesen konnten 101 in Ausbildung vermittelt werden und 60 in weiterführende Schulen. Folgende Stuttgarter Schulen waren beteiligt: Altenburgschule, Gablenbergschule, Raitelsbergschule, Jörg-Rathgeb Schule, Rosensteinschule, GHS Stammheim und Uhlandschule.

Außerdem wurden folgende Beratungsmöglichkeiten erbracht:

· 591 telefonische Beratungen, davon 428 mit Jugendlichen und 134 mit Eltern
· 818 Beratungsgespräche in den Sprechstunden (561 mit Jugendlichen, 257 mit Eltern)
· 246 Bewerbungstrainings in Einzelsitzungen
· 47 Bewerbungstrainings in Gruppensitzungen mit je 8 TeilnehmerInnen
· 3.080 Bewerbungsschreiben
· 16 Schulen mit Veranstaltungen in Kooperation
· 4 Jugendhäuser/Mädchentreffs mit Veranstaltungen in Kooperation
· 144 Betriebe mit Ausbildungs- und Praktikumsplätzen
· 59 Pressebeiträge in der deutschen und türkischen
· 121 Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisse und/oder Schulbesuche, davon 57 Mädchen


Die Projektphase 2 von 01/2004 bis 12/2005

In den beiden Jahren konnten 393 Teilnehmer (Stuttgart und Esslingen) intensiv betreut werden, davon 202 Jungen und 191 Mädchen. 93 % der TeilnehmerInnen waren unter 25 Jahre. 70 TeilnehmerInnen konnten in Ausbildung vermittelt werden, 30 in Arbeit, 45 in Qualifizierungsmaßnahmen und 66 in weiterbildende Schulen. 1760 Trainings und Beratungsgespräche fanden in mehr als 3900 Beratungsstunden statt.

Folgende Beratungsleistungen wurden zusätzlich erbracht:

· 391 Situationsanalysen/Profiling
· 520 Bewerbungs- und Vorstellungtrainings
· 222 Kontakte zu kooperierende Institutionen
· 220 Erarbeitung von Bewerbungsstrategien
· 187 Motivationsgespräche/Motivations- und Kommunikationstrainings
· 172 Praktikums- und Ausbildungsplatzakquisition
· 158 Infos über Bildungssysteme
· 137 Elterngespräche
· 128 Gespräche zur Berufsorientierung
· 41 Begleitung zu Betrieben/Institutionen
· 29 Vermittlung an andere Fachstellen wie Jugendamt, Suchtberatung etc.

Die Ergebnisse sind positiv, weil die MitarbeiterInnen zwei- bzw. mehrsprachig sind und über interkulturelle Kompetenzen verfügen. “YOL” arbeitet mit bikulturellen Teams; es gibt zielgruppenspezifische Angebote z. B. für Mädchen und Eltern.


Zielsetzung 3. Projektphase 05/2006 bis 12/2007

Nachdem die Förderung des Projekts aus ESF- und Landesmitteln ausgelaufen ist, hat sich die Landeshauptstadt bereit erklärt, eine Weiterführung des Projekts in Stuttgart bis Ende 2007 mit Mitteln des JobCenters und der Landeshauptstadt zu unterstützen. Ziel für die 3. Projektphase ist es, die Arbeit mit den Jugendlichen und Eltern auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen und mit den gleichen Zielsetzungen fortzuführen. Aufgrund der notwendigen Kontinuität in der Arbeit mit Organisationen, Eltern und Jugendlichen sollen die Maßnahmen an den Schulen weitergeführt werden, die bereits in Projektphase 1-2 berücksichtigt wurden.

Die 3. Projektphase soll von Juni 2006 bis Dezember 2007 dauern und wie die vor-ausgegangenen Projektphasen mit einer Auswertung abschließen.

Es wird von rd. 200 Teilnehmern in Stuttgart ausgegangen. Um aus den Ergebnissen des Projekts “YOL” weiter erfolgreich Arbeit für Jugendli-che zu leisten, sind für die Beratung von Jugendlichen und Eltern 1,5 Personalstellen zu finanzieren (angelehnt an bisherige Vergütungsgruppe IVa BAT). Des weiteren fallen für Veranstaltun-gen und Seminare, die teilweise von freien Mitarbeitern durchgeführt werden; ent-sprechende Honorarmittel an. Zu den übrigen Beratungsleistungen, die auch bis 2006 erfolgten, soll zusätzlich eine ständige Beratungsstelle bei aktif gGmbH in Stuttgart oder bei potentiellem Kooperationspartner eingerichtet werden. Die Gesamtkosten für die Projektlaufzeit Juni 2006 / Dezember 2007 betragen voraussichtlich 156.750 €:

Kostengruppe
Aufwand
pro Kalenderjahr
Aufwand
für Projektlaufzeit
Personalkosten
- 1,5 Stellen
- Honorar- und Personalnebenkosten
63.000 €
5.000 €
99.750 €
7.900 €
Sach- und Overheadkosten
- Miete, Mietnebenkosten, Versicherungen
- Sonstiger Geschäftsbedarf
- Geschäftsführungskosten
- Evaluation
10.800 €
7.800 €
9.400 €
3.000 €
17.100 €
12.350 €
14.900 €
4.750 €
Gesamtkosten
99.000 €
156.750 €

Die Landeshauptstadt und das JobCenter beteiligen sich an der Finanzierung mit bis zu 90 % der tatsächlich nachgewiesenen Kosten, höchstens aber 141.000 €. Das JobCenter übernimmt die Kosten für Leistungsberechtigte nach dem SGB II im Rahmen einer individuellen Einzelfallförderung (insgesamt voraussichtlich 43.000 €). Den verbleibenden Betrag von voraussichtlich 98.000 € übernimmt die Landeshauptstadt. Die endgültige Aufteilung zwischen JobCenter und Stadthaushalt wird erst nach Prüfung der einzelnen Fälle durch das JobCenter vorliegen; die Kostenanteile können sich deshalb innerhalb des Gesamtaufwands von 141.000 € noch verschieben. Der vom Stadthaushalt zu tragende Anteil kann aus den Mitteln für die bei der Landeshauptstadt bereitgestellten Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung gedeckt werden. Diese werden nicht in vollem Umfang benötigt, weil das JobCenter auf Grund einer Entscheidung der Trägerversammlung die Mehraufwandsentschädigung in den ersten drei Monaten der Arbeitsgelegenheit übernimmt und so die Landeshauptstadt – wie auch die anderen Träger von Arbeitsgelegenheiten – finanziell entlastet wird.

Michael Föll
Erster Bürgermeister

Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen








Anlagen