Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Gz: AK - (10-5.101)
GRDrs 215/2007
Stuttgart,
03/20/2007



Wegfall übertariflicher Arbeitsbefreiung und des übertariflichen Entgeltzuschlags an bestimmten Tagen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich21.03.2007



Beschlußantrag:

1. Einer Aufhebung der als Freiwilligkeitsleistung gewährten Regelungen, die vorsehen, dass für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Karsamstag und die Tage 27.12., 02.01. und 07.01. (soweit sie auf einen Samstag fallen) arbeitsfrei sind, wird zugestimmt.

2. Ferner wird einer Aufhebung der Regelung zugestimmt, wonach früheren Arbeiterinnen und Arbeitern für Tage i.S. von Satz 1 des Beschlussantrags ein übertariflicher 100 %-iger Lohn(Entgelt-)zuschlag gezahlt wird.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Im Hinblick auf die Änderung des Tarifrechts, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Bestreben der Stadt, die personellen Ressourcen optimal zugunsten des Bürgerservices einzusetzen, soll die übertarifliche Arbeitsbefreiung und der übertarifliche Lohn(Entgelt-)zuschlag mit sofortiger Wirkung gestrichen werden.


Finanzielle Auswirkungen

Der übertarifliche Entgeltzuschlag für Karsamstag 2006 betrug im Bereich der Stadtverwaltung (ohne Klinikum) für 53 frühere Arbeiter/-innen (ca. 300 Stunden) rd. 3.250 €. Im Bereich des Klinikums wurde kein Entgeltzuschlag gezahlt, da ausschließlich Freizeitausgleich in Anspruch genommen wurde.

Übertariflicher Freizeitausgleich für Karsamstag 2006 wurde im Bereich der Stadtverwaltung (ohne Klinikum) bei 338 Beschäftigten mit 2.490 Stunden gewährt. Bei einer durchschnittlichen Jahresarbeitszeit von ca. 1.600 Std. entspricht der gewährte Freizeitausgleich in der Stadtverwaltung (ohne Klinikum) rd. 1,56 Vollkräften (umgerechnet ca. 60.000 €).

Der übertarifliche Freizeitausgleich im Klinikum betraf 2.728 Beschäftigte, für 17.926 Std., was einem indirekten Kostenumfang von rd. 400.000 € entspricht.

Der Freizeitausgleich und Entgeltzuschlag ist im Einzelnen in Anlage 2 dargestellt.

Für zurückliegende oder künftige Brückensamstage lässt sich der Umfang des Freizeitausgleichs bzw. die Höhe des (übertariflichen) Lohn(Entgelt-)zuschlags mangels geeigneter Unterlagen nicht ermitteln.


Beteiligte Stellen

Referat WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Klaus-Peter Murawski
Bürgermeister


Anlagen

2

Anlage 1 zur GRDrs 215/2007



Ausführliche Begründung:


1. Vorbemerkung

Die in Nr. 1 und 2 des Beschlussantrags zur Streichung vorgeschlagenen Regelungen sind im Rundschreiben Nr. 023/2001 (Abschn. A, Nr. 3.2) enthalten. Die in diesem Rundschreiben enthaltenen Regelungen beruhen auf den Vorgängerregelungen vom 13.07.1990 (Mitt. S. 212), 02.04.1980 (Mitt. S. 129), 19.05.1961 (Mitt. S. 75) und 01.03.1955 (Mitt. S. 61).


2. Arbeitsbefreiung

Bei der Stadtverwaltung wurde bis 30.09.1957 in allen Bereichen am Samstagvormittag noch gearbeitet. Ab 01.10.1957 wurde grundsätzlich die 5-Tage-Woche mit dienstfreiem Samstag eingeführt. Dies entsprach auch der späteren Regelung im BAT und BMT-G, dass, soweit es die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse zulassen, an Samstagen nicht gearbeitet werden soll.

Für alle Beschäftigtengruppen sind bei der Stadt seit März 1955 der Karsamstag und die sog. Brückensamstage um den Jahreswechsel (27.12., 02.01., 07.01) dienstfrei. Mussten Beschäftigte an den genannten Tagen aus zwingenden dienstlichen oder betrieblichen Gründen arbeiten, erhielten sie entsprechenden Freizeitausgleich an einem anderen Tag. War Freizeitausgleich aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen nicht möglich, musste für die eventuelle Mehrarbeit nach Maßgabe der gesetzlichen bzw. tarifrechtlichen Bestimmungen Mehrarbeitsvergütung gezahlt werden.

Nach dem Inkrafttreten des BAT bzw. BMT-G (01.04.1961 bzw. 01.04.1962) erhielten Tarifbeschäftigte aufgrund von § 16 (2) BAT bzw. § 15 (4) BMT-G (gültig bis zum 30.09.2005) am Karsamstag ab 12 Uhr bezahlte Arbeitsbefreiung. Insoweit ergab sich zwischen der städtischen Regelung und den tarifrechtlichen Regelungen eine gewisse Überschneidung.

Der am 01.10.2005 für den Arbeitnehmerbereich in Kraft getretene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sieht im Gegensatz zum BAT und BMT-G eine Arbeitsbefreiung am Karsamstag nicht mehr vor. Nach § 6 (1) S. 3 TVöD kann die regelmäßige Arbeitszeit aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf 6 Tage in der Woche verteilt werden; dies gilt, wenn dienstliche Gründe vorliegen, auch für den Beamtenbereich (z.B. Trauungen am Samstag, Pflegedienste, Hausmeister- und Pförtnerdienste – mit besonderer Problematik betraf dies z.B. die Müllabfuhr am Sa. 27.12.2004).

Im Beamtenrecht war eine Arbeitsbefreiung am Karsamstag, wie auch an den genannten Brückensamstagen für den Kommunalbereich gesetzlich nie verankert.


3. Lohn-/Entgeltzuschlag

Arbeiterinnen oder Arbeiter erhalten seit März 1959 ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs für die an einem o.g. arbeitsfreien Tag geleisteten Arbeitsstunden einen Lohnzuschlag von 100 % des Tabellenlohns, sofern die Mehrarbeit nicht durch entsprechende Freizeitgewährung ausgeglichen werden kann (Basis ist seit einigen Jahren der auf die Arbeitsstunde umgerechnete, nach TVöD nicht mehr existente Monatsgrundlohn der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe).

Mit Inkrafttreten des TVöD (am 01.10.2005) wurde der Lohnzuschlag zu gleichen Bedingungen als Entgeltzuschlag an frühere Arbeiterinnen oder Arbeiter, mit denen am 30.09.2005 ein Arbeitsverhältnis nach dem BMT-G begründet war, das nach diesem Zeitpunkt ununterbrochen fortbesteht, hilfsweise nach Stufe 1 der entsprechenden Engeltgruppe gezahlt.


4. Begründung für den Wegfall beider Freiwilligkeitsleistungen

Im Hinblick auf die Änderung des Tarifrechts, den Grundsatz der Gleichbehandlung und das Bestreben der Stadt, die personellen Ressourcen zugunsten des Bürgerservices optimal einzusetzen, soll die übertarifliche Arbeitsbefreiung und der übertarifliche Lohn-/Entgeltzuschlag mit sofortiger Wirkung gestrichen werden. Die Nichtgewährung des Entgeltzuschlags an Beschäftigte, die nach Inkrafttreten des TVöD in den Dienst der Stadt treten bzw. getreten sind, würde zu einer Ungleichbehandlung der Beschäftigten führen. Die Aufhebung der übertariflichen Arbeitsbefreiung ist auch deshalb geboten, um die bisher immer wieder aufgetretenen Probleme beim Bürgerservice zu vermeiden (z.B. bei der Müllabfuhr).


5. Beteiligung der Personalvertretung

Der vorgesehene Wegfall der übertariflichen Leistungen, der von der Verwaltung bereits für das Jahr 2006 geplant war, unterliegt der Mitwirkung der Personalvertretung nach § 80 (1) Nr. 1 LPVG. Weil die Maßnahme über den Bereich einer Dienststelle hinausgeht, wurde der GPR Verwaltung und wegen der Geltung für den Bereich des Klinikums auch der dortige Personalrat beteiligt.

Im Februar 2006 wurde das erste Beteiligungsverfahren eingeleitet. Während der Personalrat des Klinikums dem Wegfall der übertariflichen Leistungen zustimmte, forderte der GPR Verwaltung für eine sachgerechte Stellungnahme zu der beabsichtigten Maßnahme folgende Informationen:

a) Zahl der betroffenen Beschäftigten nach Ämtern/Eigenbetrieben;

b) erwartete Höhe der finanziellen Entlastung, getrennt nach Ämtern/Eigenbetrieben;

c) eine Aussage, inwieweit die Aufwendungen in der Vergangenheit durch Gebühren oder ähnliche Zuschüsse gedeckt waren.

Die vom GPR gewünschten Angaben konnten von der Personalverwaltung nur mit erheblichem Verwaltungs- und Zeitaufwand ermittelt werden. Deshalb war ein Abschluss des Beteiligungsverfahrens vor Karsamstag 2006 nicht mehr möglich.

Mit Schreiben vom 15.01.2007 hat das Referat AK ein neues Beteiligungsverfahren mit dem GPR Verwaltung eingeleitet. Dem v.g. Schreiben war als Anlage eine Übersicht über die vom GPR Verwaltung gewünschten Informationen beigefügt (sie ist Anlage 2 zu dieser Drucksache).

Der GPR Verwaltung hat in seiner fristgerecht eingegangenen Stellungnahme vom 29.01.2007 ausgeführt, dass sich die Aufwendungen der Stadt in einem sehr überschaubaren Rahmen bewegen. Die größten Aufwendungen fielen in den Eigenbetrieben AWS (2.080 €) und SES (710 €) an. Ein Festhalten an den bisherigen Regelungen würde weder den Stadthaushalt noch die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe nennenswert belasten. Unter Berücksichtigung dessen, dass von einem Wegfall dieser Leistungen überwiegend Beschäftigte in den unteren Lohngruppen betroffen wären, spricht sich der GPR Verwaltung für eine Beibehaltung der bisherigen Regelungen auf freiwilliger Basis aus.

Das Referat AK hat dem GPR Verwaltung mit Schreiben vom 15.02.2007 folgendes mitgeteilt:

„Bei der Entscheidung über den Wegfall der übertariflichen Leistungen am Karsamstag und den Brückensamstagen um den Jahreswechsel (27.12., 02.01., 07.01.) darf nicht allein die monetäre Seite betrachtet werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die entweder den 100%-igen Entgeltzuschlag nicht in Anspruch nehmen wollen oder nicht in dessen Genuss kommen können (weil sie vor dem 01.10.2005 nicht im Arbeiter-, sondern im Beamten- oder Angestelltenverhältnis standen), erhalten, wenn sie an den o.g. Tagen zwischen 0 und 12 Uhr gearbeitet haben, einen entsprechenden Freizeitausgleich an einem anderen Tag.

Für die Arbeit am Karsamstag 2006 nahmen lt. Anlage zu meinem Schreiben vom 15.01.2007 insgesamt 338 Mitarbeiter/-innen Freizeitausgleich von 2.490 Std. in Anspruch. Bei einer durchschnittlichen Jahresarbeitszeit von ca. 1.600 Std. entspricht dies in der Stadtverwaltung (ohne Klinikum) rd. 1,56 Vollkräften. An den Tagen, an denen der Freizeitausgleich in Anspruch genommen wird, fehlt in den Ämtern und Eigenbetrieben insoweit die Arbeitszeitkapazität für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben.

Im Sinne von § 72 (3) LPVG sehe ich mich nicht in der Lage, Ihrer Bitte um Beibehaltung dieser Freiwilligkeitsleistungen zu entsprechen.“

Nachdem der Gesamtpersonalrat Verwaltung nach Erhalt dieses Schreibens nicht, wie in § 72 (5) LPVG vorgeschrieben, innerhalb von 12 Arbeitstagen die Entscheidung des Verwaltungsausschusses beantragt hat, ist das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren in Bezug auf die Stadtverwaltung abgeschlossen.

Nachrichtlich: Die Geschäftsführung des Klinikums hat mit dem dortigen Personalrat ebenfalls ein erneutes Beteiligungsverfahren eingeleitet. Der Personalrat hat den Wegfall der Freiwilligkeitsleistungen nicht befürwortet.

Auf Veranlassung des Personalrats Klinikum wurde die Angelegenheit am 13.03.2007 im Personalbeirat beraten. Im Personalbeirat wurde vereinbart, dass auf der gemeinderätlichen Ebene umgehend eine Entscheidung über die Freiwilligkeitsleistungen herbeigeführt wird (zuständig ist der Verwaltungsausschuss, für den Bereich Klinikum der Krankenhausausschuss).


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