Protokoll: Verwaltungsausschuß des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
478/2003
GZ:
OB
Sitzungstermin: 07/23/2003
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Murawski
Berichterstattung:TechnRef Prof. Beiche, Herr Prof. Erhardt (Projektsteuerungsgesellschaft Prof. Weiss & Partner / PWG)
Protokollführung: Herr Häbe kr
Betreff: Neubau Robert-Bosch-Halle
Investoren- und Betreibersuche
Vorgang:Ausschuss für Umwelt und Technik vom 22.07.2003,

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 07.07.2003, GRDrs 478/2003, mit folgendem

Beschlussantrag:


Von StR Föll (CDU) wird angemerkt, heute liege das Ergebnis der Ausschreibung vor, welche mit breiter Mehrheit vom Gemeinderat beschlossen worden sei. Dieses Ausschreibungsergebnis nehme seine Fraktion zur Kenntnis. Nun wolle die Verwaltung mit dem besten Bieter über die Konditionen/Inhalte eines möglichen Vertrages verhandeln. Die Entscheidung, ob das dabei erzielte Ergebnis für die Landeshauptstadt vertretbar sei, könne erst nach Vorliegen des Verhandlungsergebnisses getroffen werden. In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik habe die CDU-Gemeinderatsfraktion deutlich gemacht, dass je höher der städtische Investitionszuschuss sei, um so niedriger die Wahrscheinlichkeit angesehen werde, zu einem erfolgreichen Vertragsabschluss zu kommen. Wer die Bosch-Halle ernsthaft wolle bzw. für notwendig erachte, habe keine echte Alternative zum Gebot der Harkimo-Gruppe. Ob sich dieses Gebot aber letztlich in einen Vertrag umwandeln lasse, müsse in den Verhandlungen geklärt werden.

Von StRin Hollay (SPD) wird darauf hingewiesen, dass der Antrag Nr. 119/2003 ihrer Fraktion "Großveranstaltungshalle am Wasen - Stadionausbau - Neuorganisation im Veranstaltungsbereich" nicht wie beantragt vor der Behandlung dieses Themas im Gemeinderat von der Verwaltung beantwortet worden ist.

Durch StR Wölfle (90/GRÜNE) und StR Kugler (90/GRÜNE) wird auf das in der Vergangenheit verfolgte Ziel, diese Halle ohne einen städtischen Investitionszuschuss zu erstellen, hingewiesen. Das nun Vorgelegte bedeute allerdings eine erhebliche Belastung für die Landeshauptstadt. Sollte sich diese Belastung in den weiteren Verhandlungen nicht reduzieren lassen, werde die Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion erhebliche Probleme haben, dem Neubau zuzustimmen. Weitere Verhandlungen könnten eigentlich nicht abgelehnt werden, aber dem Oberbürgermeister müsse bewusst sein, welches Ergebnis angestrebt gehöre.

Beratungsbedarf seiner Fraktion artikuliert StR J. Zeeb (FW). Er selbst unterstütze Bestrebungen, welche auf eine Hallenrealisierung abzielten. Stuttgart benötige eine solche Halle und daher müssten die Verhandlungen weitergeführt werden.

Seine Fraktion, so StR R. Zeeb (FDP/DVP), habe seit Jahren erklärt, dass neben der Hanns-Martin-Schleyer-Halle eine weitere Halle benötigt werde. Mit dem Wettbewerbssieger müssten weitere Gespräche geführt werden.

BM Murawski plädiert für ein Votum des Gemeinderates, welches es der Verwaltung erlaubt, die Verhandlungen bis zu einem Punkt zu führen, an dem dann tatsächlich entschieden werden kann. Dies müssten doch alle Fraktion mittragen können.

Von einer veränderten wirtschaftlichen Situation der Stadt Stuttgart gegenüber der Zeit, als erste Überlegungen zu dieser Halle erfolgt sind, spricht StR Kanzleiter (SPD). Insbesondere sei dies auch dadurch deutlich geworden, dass die ursprünglich für diese Halle vorgehaltenen 12,5 Mio. € in die Haushaltskonsolidierung mit aufgenommen worden seien. Diese Mittel stünden also für diese Halle nicht mehr bereit. Von daher sei seine Fraktion davon ausgegangen, dass die Gespräche darauf abzielten, eine finanzielle städtische Belastung auszuschließen. Dies decke sich nicht mit den Vorlageninhalten.

StR Willmann (FDP/DVP) nimmt Bezug auf Sitzungen des Beirates der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Dort seien alle Fraktionen vertreten und wiederholt habe dabei die Messe auf die Defizite dieser Halle hingewiesen. Zu erklären, in den Hallen der Neuen Messe könnten Großveranstaltungen durchgeführt werden, stelle keine wirkliche Alternative dar. Dem Ausschuss für Umwelt und Technik sei in seiner gestrigen Sitzung dargestellt worden, welche Rahmenbedingungen bzw. welches Umfeld in Zukunft eine Großhalle benötige.

Darauf, dass bisher mit der Harkimo-Gruppe noch keine Verhandlungen geführt worden sind, weist Herr Prof. Erhardt hin. Ein Grund dafür sei, dass bisher noch kein Mandat vorliege, einem der vier Bieter abzusagen. Dieses Mandat wolle sich die Verwaltung heute erteilen lassen. Nach dem Vergaberecht könne mit den Bietern erst in der Folge Kontakt aufgenommen werden. Die stattgefundenen Aufklärungsgespräche hätten im Wesentlichen dazu gedient, die in den Angeboten gemachten Rahmenbedingungen etwas näher abzuprüfen. Ein erster Schritt im Vorfeld solcher Verhandlungen wäre es, einen Fragenkatalog darüber aufzustellen, was verhandelbar sei und was nicht (Eckpunkte der Landeshauptstadt).

StRin Hollay führt aus, ihre Fraktion habe den Eindruck, dass in das Verfahren der Wert der Hanns-Martin-Schleyer-Halle sowie die seitens der Stadt zur Verfügung gestellte Infrastruktur nicht im ausreichenden Umfang eingebracht würden. Keine Aussagen würden über die Auswirkungen auf die SMK bzw. auf eine zukünftige Veranstaltungs GmbH gemacht. Daher könne ihre Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt der Vorlage nicht zustimmen. StR Kanzleiter erachtet es als möglich, für eine Übergangsphase - bis sich die Landeshauptstadt eine große Halle leisten kann - die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in einem begrenzten Maße weiterhin in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen.

Nach Einschätzung von StRin Hollay verliert die Stadt mit dem von der Verwaltung verfolgten Modell die Chance, in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle eigene Veranstaltungen durchzuführen. Diese Halle werde derzeit von der Messe gut bespielt. Aussagen vermisst sie auch bezüglich der Neuen Messe. Bisher sei nicht aufgearbeitet, inwieweit in einer Multifunktionshalle der Neuen Messe Großveranstaltungen durchgeführt werden könnten.

Sollte das von der Harkimo-Gruppe verfolgte Modell keinen Erfolg haben, sieht StR Wölfle die Gefahr, dass die Landeshauptstadt gegebenenfalls Betriebsrisiken tragen muss. Nach Auffassung von StR Föll kann die Stuttgarter Messegesellschaft oder eine andere städtische Beteiligungsgesellschaft das von der Harkimo-Gruppe verfolgte Betreiberkonzept nicht umsetzen. Seiner Fraktion gehe es darum, durch die neue Halle neue Veranstaltungen in die Stadt zu bekommen. Ob die neue Halle privat oder von einer städtischen Beteiligungsgesellschaft betrieben werde, sei für die Bürgerschaft nicht von Interesse.

Der Betrieb der Hanns-Martin-Schleyer-Halle und die Übernahme der Hanns-Martin-Schleyer-Halle durch einen Pachtvertrag ist laut Information von Herrn Prof. Erhardt Gegenstand der Ausschreibung gewesen. Daran habe sich nichts verändert und dem Investor sei dies auch bekannt. Bei neu erstellten Großhallen bzw. bei den dort verfolgten Hallenkonzepten zeige sich die Tendenz, gleichzeitig zwei Hallen zu betreiben (z. B. Köln und Hamburg). Gewisse Sportarten würden nach wie vor in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle stattfinden (z. B. Radrennen, Reitsport). Die von der Gruppe Harkimo verfolgte Konzeption sei von daher ebenfalls auf den Betrieb von zwei Hallen angelegt. Natürlich müssten in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle Instandhaltungsmaßnahmen über die dafür zur Verfügung stehende Rücklage in Höhe 550.000 € hinaus durchgeführt werden. Dieses Risiko würde aber auf den Investor übergehen. Dieser müsste die Instandhaltung in den nächsten dreißig Jahren durchführen.

Er habe, so StR Föll, in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik die Frage aufgeworfen, was mit den Erlösen aus den Namensrechten vom 11. bis zum 30. Jahr der Halleninbetriebnahme geschehe; die Namensrechte seien lediglich für die ersten 10 Jahre für ca. 7,5 Mio. € an die Firma Bosch vergeben.

Von StR R. Zeeb wird nachgefragt, ob auch andere Finanzierungsmodelle seitens der Finanzverwaltung untersucht worden sind. Insbesondere spricht er dabei das Auflegen eines Fonds an. Er erhält dazu von Herrn Schopf (Ref. WFB) die Auskunft, unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten seien untersucht worden. Eine Fondslösung wäre sicher denkbar, da es dabei aber keine steuerlichen Vorteile geben würde, wäre eine solche Lösung mit Sicherheit nicht günstiger. Dies sei bereits in anderen Fällen untersucht worden. Die Finanzierung durch einen privaten Investor sei deshalb günstiger, da der Kapitaleinsatz der Stadt geringer sei, als wenn sie selbst als Bauherr auftreten würde. Zudem müsse hier das vom privaten Betreiber übernommene Betriebsrisiko gesehen werden. Untersucht gehöre noch, inwieweit die Stadt über das Erbbaurecht in die Haftung genommen werden könne. Im Verlauf der Aussprache wird auch von StRin Hollay angeregt, noch andere Finanzierungsmöglichkeiten zu untersuchen.

Eine Vorlagenergänzung um zu verhandelnde Punkte regt StR J. Zeeb an. Unterstützung findet dieses bei StR Föll und StR Kanzleiter. Diesbezüglich sagt TechnRef Prof. Beiche für die heute Nachmittag stattfindende Gemeinderatssitzung ein Papier zur Ergänzung der Beschlussantragsziffer 2 im Hinblick auf folgende heute angesprochenen Punkte zu:

- Belastungen der Stadt im Zusammenhang mit der Gesamtinvestition für die neue Halle,
- Möglichkeiten aus der weiteren Vermarktung des Namensrechts nach Ablauf der Vertragsfrist mit der Firma Robert Bosch,
- Investitions- und Betreiberrisiko und die daraus sich für die Stadt ergebenden Konsequenzen,
- Bewertung alternativer Finanzierungsmodelle (z. B. Fondsmodell),
- aufeinander abgestimmtes Betriebs- und Veranstaltungskonzept für die neue Robert-Bosch-Arena und die Hanns-Martin-Schleyer-Halle (HMSH),
- Wert der HMSH, notwendige Aufwendungen für Werterhaltung sowie Möglichkeiten einer Modernisierung mit Kapazitätserhöhungen und Standardverbesserungen,
- flankierende Maßnahmen für den Verkehr im Wasenbereich in Bezug auf die Hallenkonzeption,
- Gesamtveranstaltungskonzept, vor allem auch im Hinblick auf die mit der Messe entstehenden Veranstaltungsmöglichkeiten.

Über diese Punkte könne dann der Gemeinderat in seiner heute Nachmittag stattfindenden Sitzung entscheiden. Von Herrn Prof. Erhardt wird angemerkt, bevor die Verhandlungen aufgenommen würden, müssten die städtischen Rahmenbedingungen geklärt werden. Dazu müssten die von TechnRef Prof. Beiche genannten Punkte abgearbeitet werden.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, wird dieser Tagesordnungspunkt durch den Verwaltungsausschuss ohne Votum an die Vollversammlung des Gemeinderates verwiesen.