Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit

Gz: WFB und SJG
GRDrs 471/2009
Stuttgart,
09/28/2009


Stuttgarter Haupt- und Förderschüler/-innen auf dem Weg von der Schule in die Berufsausbildung
Ergebnisse aus der zweiten Folgeerhebung im Rahmen der Stuttgarter Schulabsolventenstudie




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Jugendhilfeausschuss
Internationaler Ausschuss
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
09.10.2009
12.10.2009
21.10.2009
03.11.2009
04.11.2009

Bericht:


Mit dieser Vorlage informiert die Verwaltung über

1. die zentralen Ergebnisse der zweiten Folgeerhebung im November 2008;
2. die Schlussfolgerungen und Handlungsansätze, die sich daraus ergeben;
3. die weiteren Umsetzungsperspektiven.

I. Ausgangslage

Der Gemeinderat hat Anfang 2007 beschlossen, das Deutsche Jugendinstitut mit der Durchführung einer dreijährigen Studie zu den Übergangsverläufen der Stuttgarter Haupt- und Förderschüler/-innen von der Schule in den Beruf zu beauftragen (GRDrs 76/2007). Es handelt sich um eine Längsschnittstudie des Abgangsjahrganges 2007 aller Stuttgarter Haupt- und Förderschulen (Ausgangsgröße N=1216). Die Untersuchung gibt auf der Grundlage der Aussagen von Jugendlichen Aufschlüsse darüber, welche Wege Jugendliche nehmen und welche sich dabei als erfolgreich oder als Umwege und Sackgassen erweisen. Die Ergebnisse der Basiserhebung und der 1. Folgebefragung liefern Ansatzpunkte für die Verbesserung der schulischen Berufsvorbereitung (in Partnerschaft zwischen Schule, Berufsberatung, Jugendhilfe und Betrieben) und für die Gestaltung des unmittelbaren Übergangs nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule (GRDrs 807/2007; GRDrs 748/2008).
Die dritte Befragung fand im November 2008 statt. Sie liefert Informationen zum Ausbildungs- und Fachschulsystem sowie zum Berufseinstiegs- und Berufsvorbereitungsjahr (BEJ und BVJ). Insbesondere ergeben sich Aufschlüsse darüber

§ wo sich die jungen Menschen im 2. Herbst nach Beendigung der Schule befinden,
§ wie das 1. Jahr nach Beendigung der Haupt- und Förderschule verlaufen ist,
§ ob sich die Bildungsambitionen der Stuttgarter Hauptschüler/-innen auszahlen,
§ ob Ausbildungsverhältnisse stabil verlaufen,
§ wie Jugendliche das berufsvorbereitende Jahr im BEJ oder BVJ nutzen konnten.

Abb.: Zeitplan der Stuttgarter Schulabsolventenstudie
(kann aus technischen Gründen nicht abgebildet werden)

II. Zentrale Daten und Ergebnisse der 2. Folgebefragung vom November 2008

0. Repräsentativität und Zusammensetzung



1. Wo befinden sich die Hauptschulabsolvent/-innen im November 2008?

§ Weiterführender Schulbesuch (n=253)

§ Ausbildung (n=239) § Berufsvorbereitung (n=63) § Erwerbslos/ohne Tätigkeit (n=41) § Arbeiten/Jobben/Praktika 2. Wo befinden sich die Förderschulabsolvent/-innen im Herbst 2008?
§ 83 % der Förderschulabsolvent/-innen waren im ersten Jahr nach Beendigung der Schule vorrangig in einem auf sie ausgerichteten Berufsvorbereitungsjahr. Ein Jahr später erhalten 57 % einen geförderten Ausbildungsplatz (n=32), 18 % verbleiben weiter in Berufsvorbereitung (n=10) und 14 % (n=8) sind ohne jeden Anschluss und Alternative.
§ Förderschulabsolvent/-innen befinden sich damit nach wie vor überwiegend in einem geschützten Bereich des Ausbildungs- und Bildungssystems.
§ Gleichzeitig entsteht eine Gruppe von jungen chancenarmen Menschen, die bereits zu diesem Zeitpunkt ohne jeglichen beruflichen Anschluss sind.


3. Jede/r Siebte bricht den eingeschlagenen Weg im ersten Jahr nach Ende der allgemein bildenden Schule ab (n=100).
§ Hauptschulabsolvent/-innen brechen am häufigsten die Ausbildungsverhältnisse ab (14 %, n=40). Jede/r Zehnte (n=23) bricht das BEJ oder BVJ ab. 8 % (n=32) brechen den weiterführenden Schulbesuch ab.
§ Der Zeitpunkt des Abbruchs ist in Ausbildungsverhältnissen und in der Berufsvorbereitung häufig frühzeitig (innerhalb der Probezeit) und am Ende des 1. Ausbildungsjahres bzw. Schuljahres. Diese Abbrüche, so lässt sich aus den Rückmeldungen der Jugendlichen sagen, erfolgen nicht aufgrund besserer Alternativen.
§ 70 % der Abbrecher/-innen (n=65) sind im November 2008 ohne eine Alternative bzw. jobben. Weitere 10 % überbrücken die Situation durch ein Praktikum.


4. Wie gelingt der Anschluss nach einem Jahr weiterführender Schule?

5. Insbesondere die Anschlüsse an das BEJ und BVJ sind kritisch. § Jeweils ein Viertel dieser Jugendlichen finden nach dem berufsvorbereitenden Jahr einen Ausbildungsplatz bzw. gehen danach weiter auf eine Schule, um einen höheren Schulabschluss anzustreben.
§ Bei 28 % der Jugendlichen (n=49) schließt sich nach einem Jahr Berufsvorbereitung nochmals eine berufsvorbereitende Maßnahme an. Für einige dieser noch jungen Menschen kann ein zweites Jahr Berufsvorbereitung eine notwendige Entwicklungsmöglichkeit für den eigenen Reifungsprozess darstellen und damit sinnvoll sein.
§ 13 % der Hauptschulabsolvent/-innen und 16 % der Förderschulabsolvent/-innen bleiben nach der Berufsvorbereitung ohne jegliche Anschlussperspektive.
§ Zählt man die Hauptschulabsolvent/-innen, die im Anschluss an ein BVJ/BEJ nochmals ein berufsvorbereitendes Angebot wahrnehmen (z.B. BvB) zusammen mit den Jugendlichen, für die sich keinerlei Anschluss ergibt, liegt der Anteil an unzufrieden stellenden Anschlüssen bei 41 % (n=72). 6. Ansprechpartner/-innen: Wer wird als hilfreich erlebt? Zusammenfassung:
1. Berufsausbildungen und der weitere Schulbesuch verlaufen verhältnismäßig stabil.
2. Die Anschlüsse nach einem Jahr Berufsvorbereitung stellen eine kritische Schnittstelle im Stuttgarter Übergangssystem dar.
3. Die Anzahl der Jugendlichen ohne jeglichen Anschluss (Ausbildung, Schule, BVJ/BEJ, Job) ist deutlich angestiegen (n=49).
4. Dieses „Herausfallen“ aus dem Ausbildungs- und Bildungssystem trifft die Absolvent/-innen der Förderschulen verschärfter als die ehemaligen Hauptschüler/-innen. III. Schlussfolgerungen/Ansatzpunkte

Die Schlussfolgerungen und Ansatzpunkte aus den Ergebnissen der Studie wurden gemeinsam in der Steuerungsgruppe U25 entwickelt. Dabei haben die Mitglieder insbesondere Handlungsbedarfe entwickelt, die sich aus dem eigenen Verantwortungsbereich ergeben. Dementsprechend tragen sie Sorge dafür, einzelne der gesammelten Ideen im eigenen Zuständigkeitsbereich auch umzusetzen. Maßnahmen und Ideen, die in kommunaler Verantwortung umgesetzt werden können, wurden in einer Untergruppe der Steuerungsgruppe konkretisiert. Diese sind in den GRDrs 648/2009 (Regionales Übergangsmanagement) und GRDrs 682/2009 (Jugendberufshilfe) dargelegt.


1. Abbrüche verhindern – Stabilität in Ausbildungsverhältnissen gewährleisten
Unter den Abbruchquoten ist die Quote im Ausbildungssystem mit 14 % am höchsten. Dabei stellt sich das 1. Ausbildungsjahr als besonders kritische Hürde dar. Jugendliche sind hier besonders zu unterstützen, mit dem Ziel, dass sie das erste Jahr der Ausbildung, bzw. die gesamte Ausbildung, durchhalten. Darüber hinaus muss es Ziel sein, dass sich mehr Betriebe als bisher für Hauptschüler/-innen öffnen und sie als Ressource sehen (lernen).

§ Ansatzpunkt 1: Fortbildung für Ausbilder/-innen


§ Ansatzpunkt 2: Externes Ausbildungsmanagement
§ Ansatzpunkt 3: Lernhilfen zur Bewältigung der (theoretischen) Anforderungen in den Berufsschulen
§ Ansatzpunkt 4: Zugänge von Jugendlichen zu ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) verbessern

2. Stabilität des Besuchs einer weiterführenden Schule unterstützen
Unsere Wissensgesellschaft lebt davon, dass junge Menschen Bildungsambitionen haben und dass sich gerade auch Jugendliche aus so genannten bildungsfernen Milieus für Bildung interessieren und entsprechende Anstrengungen auf sich nehmen. Diese Anstrengungen müssen unterstützt werden, insbesondere da 14% der Befragten angeben, sich in den Herausforderungen der weiterführenden Schule eher überfordert zu fühlen.
§ Ansatzpunkt: Ausbau der (professionellen) Unterstützung von bildungsambitionierten jungen Menschen
Von den Rektoren/-innen der beruflichen Schulen wird zurückgemeldet, dass sich die Sozialarbeit an beruflichen Schulen zukünftig nicht mehr auf die BVJ- und BEJ-Klassen konzentrieren sollte, sondern allen Schüler/-innen zu Gute kommen müsste. Die Begründung dafür ist, dass auch Schüler/-innen in den zweijährigen Fachschulen Unterstützungsbedarf haben und sich deren Lebens- und Problemlagen nicht wesentlich von denjenigen der BEJ- und BVJ-Schüler/-innen unterscheiden. Da hier keine Ressourcen zur Umverteilung vorhanden sind und auch die Kapazitäten des Netzes von ehrenamtlichen Mentoren begrenzt sind, müsste es um eine Ausdehnung von Personalressourcen gehen. Ggf. wäre eine Unterstützung durch das Kultusministerium im Rahmen eines Pilotversuchs anzustreben.


3. Berufsvorbereitung verbessern – Qualifizierte Anschlüsse garantieren –

Alternative modulare Ausbildungskonzepte entwickeln

Die Abbruchquote im Berufsvorbereitungs- oder Berufseinstiegsjahr in Stuttgart liegt mit 10 % (n=23) unter dem Bundes- und Landesschnitt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes beendeten 2007/2008 in Baden-Württemberg durchschnittlich 22 % der Schüler/-innen das BVJ/BEJ vorzeitig oder ohne Abschlusszeugnis. Dies kann als Erfolg aller Beteiligter und nicht zuletzt der Sozialarbeit an den beruflichen Schulen angesehen werden. Gleichzeitig zeigen die Daten (13 % verlassen die Berufsvorbereitung ohne Perspektive, 28 % schließen ein 2. Jahr Berufsvorbereitung an) wie prekär der Anschluss an das BEJ und insbesondere an das BVJ ist. Es ist zudem zu erwarten, dass die mit der Wirtschaftskrise verbundene Krise am Ausbildungsmarkt spätestens im Jahr 2010 unmittelbar auf die berufliche Einmündung von Haupt- und Förderschüler/-innen durchschlägt. Anzunehmen ist, dass mehr (ausbildungsreife) Abgänger/-innen als zuvor, aufgrund des nicht ausreichenden Lehrstellenangebotes, in Berufsvorbereitung gehen (müssen) und noch weniger Jugendliche nach diesem Jahr der Anschluss in Ausbildung gelingt. Dieser Entwicklung muss die Kommune zusammen mit den beteiligten Akteuren aktiv entgegen steuern.
Maxime müssen dabei sein:

1. Die Bemühungen, ausbildungsreife Jugendliche in eine Ausbildung zu vermitteln, müssen verstärkt werden. Junge Menschen sollen nicht vorschnell auf eine Übergangsmaßnahme verwiesen werden.
2. Jugendliche mit weiterem Entwicklungs- und Unterstützungsbedarf („fehlende Ausbildungsreife“) sind noch optimaler durch individuelle Ansätze und durch eine bessere Abstimmung der Akteure und deren Maßnahmen zu fördern.

§ Ansatzpunkt 1: Jugendlichen nach Abschluss der Berufsvorbereitung eine Ausbildungsperspektive garantieren.


§ Ansatzpunkt 2: Alternative Ausbildungskonzepte entwickeln und in nachhaltige Strukturen überführen.
§ Ansatzpunkt 3: Betreuung und Begleitung während der Berufsvorbereitung im BEJ/BVJ ausbauen

4. Zugänge zu Jugendlichen finden, die ohne Anschlussperspektive sind und aus dem Ausbildungs- und Bildungsnetz „herausfallen“

Im ersten Jahr nach Beendigung der Hauptschule hat eine Anzahl von Jugendlichen verschiedene Stationen (Ausbildung, Schule, Berufsvorbreitung) abgebrochen. Zum Teil werden Anschlüsse gefunden, zum Teil nicht. Deutlich wird, dass verstärkt Hauptschul- und Förderschulabsolvent/-innen im Anschluss an das berufsvorbereitende Jahr „verloren gehen“.
Im vorausgegangenen Punkt 3 wurden verschiedene Ansatzpunkte entwickelt, die darauf abzielen, diesen Jugendlichen ein ausbildungsanaloges Angebot zu machen und dieses auf deren Talente und Lebensbedingungen abzustimmen. Darüber hinaus sind weitere 2 Ansatzpunkte zu formulieren:

§ Ansatzpunkt 1: Etablierung von Konzepten mit aufsuchendem Charakter


§ Ansatzpunkt 2: Bildungsbiografien untersuchen
Beteiligte Stellen

Haushalts- und stellenplanrelevante Entscheidungen können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen getroffen werden.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Michael FöllGabriele Müller-Trimbusch
Erster BürgermeisterBürgermeisterin





DJI-Bericht der 2. Folgebefragung



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