Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
392/2004
GZ:
OB 4203-01
Sitzungstermin: 12.05.2004
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe kr
Betreff: Umsetzung des Hartz-Konzeptes
(Neue Gesetze SGB II, SGB XII, Änderung des
Wohngeldgesetzes)

Vorgang:

Sozialausschuss vom 10.05.2004, öffentlich, Nr. 38

Ergebnis: einstimmige Beschlussfassung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 30.04.2004, GRDrs 392/2004, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von den Ausführungen zum Projekt “Umsetzung des Hartz-Konzeptes” und dessen Projektstruktur wird Kenntnis genommen.

2. Von der Absicht der Verwaltung, mit der Agentur für Arbeit Stuttgart Verhandlungen bezüglich einer Modell-ARGE aufzunehmen, die die Aufgaben nach dem SGB II unter Berücksichtigung der besonderen Stuttgarter Situation dezentral, effizient und bürgernah wahrnimmt, wird Kenntnis genommen.

3. Die Verwaltung wird beauftragt, im Herbst 2004 (vorausgesetzt Stichtag zur Umsetzung bleibt 01.01.2005) dem Gemeinderat das Verhandlungsergebnis und ein entsprechendes Umsetzungskonzept vorzulegen.

4. Wird die Zusammenlegung zum 01.01.2005 verwirklicht, führt die Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen der Übergangsregelung nach § 134 SGB XII die Förderung von “Arbeit statt Sozialhilfe” längstens bis zum 30.06.2005 weiter. Dabei werden die Maßnahmen nur noch im Rahmen des § 19 Abs. 2 BSHG (Mehraufwandsentschädigungen) gestaltet.

5. An der Verfassungsmäßigkeit von Hartz IV bestehen erhebliche Zweifel. Der Deutsche Städtetag hat ein entsprechendes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat die Absicht, sich einer Klage anzuschließen, wenn ausreichende Erfolgschancen bestehen.

6. Die Verwaltung bereitet gemeinsam mit der Arbeitsverwaltung und den fünf Stuttgarter Sozialunternehmen einen Workshop des Gemeinderates im Herbst 2004 vor, der sich vor dem Hintergrund veränderter Rahmen- und Finanzierungsbedingungen der Programmatik “Arbeit für Stuttgart” widmen soll.


Die ausgeteilte Tischvorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 11.05.2004 ist diesem Protokoll beigefügt.

Eingehend auf diese Tischvorlage trägt EBM Föll vor, ausgehend von der Diskussion im Sozialausschuss und der Prüfung der dort aufgeworfenen Fragestellungen habe sich die Verwaltung nochmals der Thematik "Wie werden bei den Arbeitshilfeträgern in der Übergangszeit die Arbeitsplätze besetzt?", Beschlussantragsziffer 4, befasst. Auch in Absprache mit den Arbeitshilfeträgern werde nun hierzu vorgeschlagen, bei der Neubesetzung von Arbeitsplätzen nach der Prämienvariante und bei der Verlängerung von Beschäftigungsverhältnissen im Regelfall nach der Entgeltvariante zu verfahren.

Diese Vorgehensweise liege sowohl im Interesse der Landeshauptstadt als auch im Interesse der Betroffenen. Durch die Übergangsfinanzierung habe die Stadt gegenüber den Arbeitshilfeträgern quasi eine Garantie für einen bruchlosen Übergang abgegeben. Die bewährten und erfolgreichen Strukturen bei diesen Trägern sollen nicht zerschlagen, sondern in die Bundesfinanzierung überführt werden. Zudem solle eine Weiterentwicklung stattfinden. Wenig Sinn mache es allerdings, wenn mit dieser Garantie lediglich eine Finanzierung des Overhead erfolge und freiwerdende Arbeitsplätze nicht wieder besetzt würden, da dann nur Kosten entstünden und ein Nutzen ausbliebe.

Wenn Neubesetzungen nach der Entgeltvariante vorgenommen würden, wäre dieses in der Regel für die Betroffenen, was die Leistungsberechtigung nach dem 30.06.2004 nach SGB II angehe, problematisch. Daher, aber natürlich auch aus finanziellen Gründen, sei bei Neubesetzungen die Prämienvariante gewählt worden. Bei der Verlängerung von bestehenden Arbeitsverhältnissen mache die Entgeltvariante dagegen durchaus Sinn, da damit ja sozialversicherungsrechtliche Ansprüche erworben würden.

Mit dieser differenzierten Vorgehensweise werde es ermöglicht, dass einerseits die Betroffenen die individuell richtige Lösung erhielten und andererseits werde der finanzielle Aufwand für die Stadt Stuttgart in überschaubaren Grenzen gehalten.

Laut BMin Müller-Trimbusch wurde im Sozialausschuss noch der Wunsch geäußert, die unter 25-Jährigen besonders zu betrachten. Darüber sei länger diskutiert worden unter der Überschrift "Arbeit für Stuttgart" (Eröffnung von Perspektiven für Jugendliche in nicht unbedingt tariflich gebundene Beschäftigungsverhältnisse, sondern in Beschäftigungen). Dem geäußerten Anliegen, die Amtsleitung des Jugendamtes in die Projektgruppe aufzunehmen, sei gestern nachgekommen worden.

Die Vorlage und die Tischvorlage sieht StRin Dr. Eisenmann (CDU) im Rahmen des derzeit Einschätzbaren als das derzeit Mögliche an. Ihrer Einschätzung nach ist erkennbar, dass durch das Geplante eine weitere Belastung für die Kommunen zu befürchten ist. Wenn grundsätzlich feststehe, was tatsächlich komme, müsse gemeinsam mit dem Städtetag ernsthaft geprüft werden, ob das Ganze auf dem Rechtsweg einer Prüfung unterzogen gehöre. Die Vorlage und die Tischvorlage stellten den gelungenen Versuch dar, in Stuttgart das was sich Stuttgart erfreulicherweise in diesem Bereich erarbeitet habe, solange wie möglich zu erhalten. Das Weitere müsse abgewartet werden.

StR Kanzleiter (SPD) signalisiert ebenfalls Zustimmung zum Vorgelegten. Das Anliegen seiner Fraktion sei gewesen, möglichst zu einer allen Betroffenen zumutbaren praktischen Lösung zu kommen. Endgültige Aussagen könnten heute, in einer Phase des Übergangs, nicht gemacht werden.

Im weiteren Verlauf stimmen StR Wölfle (90/GRÜNE), StR J. Zeeb (FW) und StR R. Zeeb (FDP/DVP) dem durch die Tischvorlage modifizierten Beschlussantrag zu.

Für die Akzeptanz der vorgelegten praktischen Lösungsansätze bedankt sich EBM Föll. Erste Zielsetzung müsse sein, die bestehenden Gesetze bestmöglich im Interesse der Betroffenen umzusetzen. Die Landeshauptstadt werde sich dann einer Verfassungsklage anschließen, wenn der Deutsche Städtetag aufgrund diverser Rechtsgutachten diese als erfolgsversprechend ansehe.

Er persönlich, und damit wendet er sich an StR Wölfle, halte den letzten Satz der Vorlage "Es ist Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart, allen Jugendlichen, unabhängig ob und welche Leistungen sie beziehen, eine Beschäftigungsmöglichkeit anbieten zu können" als die wichtigste Aussage der Vorlage. Dieser Satz stimme mit § 3 Abs. 2 SGB II überein. Wenn es nicht gelinge dieses umzusetzen, dann würden in Stuttgart langfristig gravierende Probleme entstehen, die auch durch sozialarbeiterische Maßnahmen nicht gelöst, sondern nur stabilisiert werden könnten. Daher werde dieses ein Schwerpunktthema der Gespräche mit der Arbeitsagentur darstellen. Richtig sei es, im Zweifelfall begrenzte Ressourcen schwerpunktmäßig bei dieser Zielgruppe einzusetzen. Über die Verhandlungen werde der Gemeinderat durch entsprechende Zwischenberichte in den Ausschüssen unterrichtet.


Abschließend stellt er fest:

Unter Berücksichtigung der in der Tischvorlage für die Beschlussantragsziffer 4, Satz 2, vorgesehenen Fassung, beschließt der Verwaltungsausschuss einstimmig den Beschlussantrag.