Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1036/2006
GZ:
OB
Sitzungstermin: 20.12.2006
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Murawski
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Speisenversorgung in städtischen Einrichtungen

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 14.12.2006, GRDrs 1036/2006.


Zu Beginn des heutigen öffentlichen Sitzungsteiles wurde ein Geschäftsordnungsantrag von StR Gulde (FW) auf Zurückstellung dieses Tagesordnungspunktes bei 5 Ja-Stimmen und 10 Gegenstimmen mehrheitlich abgelehnt (siehe heutige öffentliche Niederschrift Nr. 472a).

Im Verlauf der nachstehend wiedergegebenen Aussprache wird zur Geschäftsordnung von BM Murawski bei 6 Gegenstimmen und 7 Ja-Stimmen festgestellt, dass er bei diesem Tagesordnungspunkt StRin Küstler (DIE LINKE/PDS) als Nicht-Ausschussmitglied das Wort erteilen darf.

Einführend teilt BM Murawski mit, die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters sei zwischen BMin Müller-Trimbusch und ihm abgestimmt. Die Verwaltung habe zu diesem Thema also eine einmütige Haltung gefunden. Für das Klinikum merkt er zudem an, durch den langen Beratungs- und Behandlungsgang seien mittlerweile beträchtliche Mehrkosten für das Klinikum aufgelaufen. Im Juni 2006 habe noch gesagt werden können, dass es aus Sicht des Kapitaleigners Stadt Stuttgart unwirtschaftlich sei, eine große Küche zu bauen, ohne dass diese im Mehrschichtbetrieb optimal genutzt werde. Zwischenzeitlich müsse das Klinikum mitteilen, angesichts der seit Juli 2006 durch die Bauverzögerung entstandenen Kosten sei der Eigenbetrieb Klinikum darauf angewiesen, dass dort auch tatsächlich in größerem Umfang gekocht werden könne. Ansonsten wären die dort zusätzlich entstandenen Kosten verloren; es mache einen großen Unterschied aus, ob eine Küche für 4.000 oder für 10.000 Essen ausgelegt werde. Wie der Vorlage entnommen werden könne, handle es sich hier um große Summen.

Laut StRin Ripsam (CDU) hat die Politik die zeitlichen Verzögerungen nicht zu verantworten. Es sei Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Der GRDrs 1036/2006 könne ihre Fraktion zustimmen. Einzelfragen müssten allerdings noch einer Klärung zugeführt werden.

Kritisch merkt StR Kanzleiter (SPD) an, die Verwaltung habe sehr lange Zeit benötigt, um eine Vorlage vorzulegen. Die jetzige Vorlage stelle im Grunde genommen eine weitere Zwischennachricht dar, da bedauerlicherweise nicht alle Punkte abschließend geprüft seien. Zu bedauern sei auch, dass trotz der langen Zeit keine Gespräche mit den Elternbeiräten stattgefunden hätten. Auch die Personalvertretung scheine noch nicht richtig beteiligt worden sein. BM Murawski spricht dagegen von einer sehr intensiven Beteiligung des Personalrats.

Ebenfalls kritisch zur Vorgehensweise der Verwaltung äußert sich StR Wölfle (90/GRÜNE). Er vermisst, dass nicht wie von seiner Fraktion beantragt, die Kosten für eine Essensversorgung entsprechend des Biosiegels benannt werden. Darüber hinaus äußert er die Vermutung, dass es bei den Mehrkosten in Höhe von ca. 300.000 € nicht bleiben wird.

Die Bedeutung dieses Tagesordnungspunktes für seine Fraktion unterstreicht StR Gulde (FW). Er wolle seine Verwunderung zum Ausdruck bringen, dass einem von drei Fraktionen mitgetragenen Geschäftsordnungsantrag, nicht gefolgt worden sei. § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderates, und dies gibt er zu Protokoll, sei eindeutig formuliert. Davon abzuweichen sei nur juristisch zu klären. Darauf werde aber verzichtet.

Die FW-Gemeinderatsfraktion lehne die GRDrs 1036/2006 ab. Aufbauend auf die GRDrs 611/2006 sowie auf die Mitteilungsvorlage 424/2006 werfe die heute zur Beratung anstehende Vorlage mehr Fragen auf, als sie beantworte. Sie dokumentiere die Schwierigkeiten, welche der mehrheitlich eingeschlagene Weg mit sich bringe. Sollte der Beschlussantrag der GRDrs 1036/2006 heute beschlossen werden, liefere das Klinikum zukünftig in Großgebinden an fünf bis acht Standorte oder an eine zentrale Kommissionierungsstelle Essen aus. Die zentrale Frage, wie die Speisenversorgung in den städtischen Einrichtungen aussehe, beantwortet die Vorlage allerdings nicht. Aus der GRDrs 611/2006 zitiert er: "Zur endgültigen Vereinbarung eines Preises sei die einvernehmliche Klärung aller Fragen und die Offenlegung der gesamten Konditionen der Cook- & Freeze-Lieferanten erforderlich". Am 26. Juli 2006 hätten dazu die Fraktionsvorsitzenden der CDU- und der SPD-Gemeinderatsfraktionen erklärt (es folgen Zitate aus der Verwaltungsausschuss-Niederschrifts-Nr. 288): "Im weiteren Verlauf wendet sich StR Uhl an die StRe Zeeb. Hierbei teilt er mit, um nach der Sommerpause tatsächlich eine Vorlage mit Zahlen, klaren Berechnungen und Fakten auf dem Tisch zu haben, müsse der Verwaltungsausschuss der Verwaltung heute eindeutig erklären, in welche Richtung gegangen werden solle. StR Kanzleiter spricht von der Notwendigkeit eines deutlichen Signals des Gemeinderats an die Verwaltung. Die fachlichen Anforderungen des Jugendamtes, des Schulverwaltungsamtes etc. müssten beim auszuarbeitenden Vorschlag im Wege eines Konsensverfahrens berücksichtigt werden. Alle relevanten Zahlen müssten offengelegt werden". Ihm seien diese Zahlen bis heute nicht bekannt. Sollten diese vorliegen, bittet er diese vorzutragen.

Danach erklärt StR Gulde weiter, in der GRDrs 1036/2006 werde der Essenspreis auf 2 € plus 20 Cent je Salat und Dessert festgelegt. Dies stelle eine deutliche Abweichung von bis zu 20 % gegenüber der Mitteilungsvorlage 424/2006 dar. Dort seien die Essen incl. Salat und Dessert zu einem Preis von 2 € angeboten worden. Erklärungen, Zahlen, Daten, Fakten fehlten zu dieser Änderung.

Nochmals abhebend auf die GRDrs 424/2006 führt StR Gulde an, auf der Seite 2 dieser Vorlage werde dargestellt, dass auf der Basis einer Wirtschaftlichkeitsberechnung im September 2006 nach den Vorschlägen des Jugendamtes die Speisenversorgung in Kindertagesstätten hätte starten können.

Bei der Behandlung der GRDrs 611/2006 sei als Beschlussantragsziffer 2 beschlossen worden: "Die Verwaltung wird beauftragt sobald wie möglich im September 2006 dem Verwaltungsausschuss ein Gesamtkonzept vorzulegen." Die GRDrs 1036/2006 beinhalte allerdings kein solches Gesamtkonzept und der September 2006 sei schon lange vorbei.

Zur Kostenseite stehe mit dem Beschlussantrag der GRDrs 1036/2006 nichts fest. Die Formulierungen zur Endkommissionierung seien sehr offen. Zu Zusatzkosten wie Kühlfahrzeuge, Lagerräume etc. würden keine Aussagen gemacht. Dasselbe treffe auf das Abdecken der zusätzlichen Kosten beim Jugendamt zu.

Abschließend bittet er erneut darum, den Unterausschuss Speisenversorgung nochmals einzuberufen. Dort sollte dann ergebnisoffen darüber diskutiert werden, ob die angedachte Versorgung für alle praktikabel sei oder ob es sich um eine Sackgasse handle.

Inhaltlich schließt sich StR R. Zeeb (FDP) den kritischen Ausführungen von StR Gulde an. Heute sollte kein Beschluss gefasst werden. Zudem erklärt er, die Vorlage sollte in den Unterausschuss "Speisenversorgung" verwiesen werden.

Von StR Kanzleiter (SPD) wird hervorgehoben, der Verwaltungsausschuss habe am 26.07.2006 die Verwaltung beauftragt bis September 2006 eine Gesamtkonzeption vorzulegen. Bei dieser Diskussion seien die Eckpunkte des Erwarteten formuliert worden (städtische Kapazitäten sind in geeigneter Weise einzubinden). Heute nun müsse festgestellt werden, dass im September von der Verwaltung keine Vorlage mit einem Gesamtkonzept vorgelegt worden sei. Gleichzeitig werde die Planung für das Versorgungszentrum vorangetrieben. Daher sei dem Gemeinderat bekannt, dass Entscheidungen fallen müssten. Da im November immer noch kein Verwaltungsvorschlag vorgelegen habe, hätten die CDU-Gemeinderatsfraktion und die SPD-Gemeinderatsfraktion gemeinsam einen Antrag gestellt, in welchem die schon seit längerem zitierten Eckpunkte aufgeführt worden seien. Es habe sich der Eindruck ergeben, dass sich die Verwaltung "intern verhakt hat, dass interne Intrigen gefahren worden sind, um das Ganze gegenseitig zu blockieren und um letztlich Dinge durchzusetzen, welche der Gemeinderat anders beschlossen hatte." Auf den Antrag Nr. 566/2006 werde beharrt. Nachdem die Verwaltung dies nicht auf die Tagesordnung gesetzt habe, sei von den antragstellenden Fraktionen entsprechend der Geschäftsordnung erklärt worden, das Thema heute auf die Tagesordnung zu setzen.

Die GRDrs 1036/2006 sei schlecht angreifbar, bei dieser handle es sich aber wiederum nur um einen Zwischenbericht, da sie kein zu Ende gedachtes und zu Ende gerechnetes Konzept beinhalte. Dafür sei die Verwaltung verantwortlich und dies sei zu rügen.

Aufgrund dieses Sachverhaltes sei nicht nachvollziehbar, weshalb StR Gulde die Angelegenheit so darstelle, als ob etwas Ehrenrühriges, etwas Unsachliches stattfinde.

Der Vorlage könne wie gesagt heute zugestimmt werden. Auf der Basis dieser Vorlage müsse die Arbeit aber zügig beendet werden.

Nach Einschätzung von StR Barg (CDU), welcher die Ausführungen von StR Kanzleiter unterstützt, spiegelt die Uneinigkeit innerhalb des Gemeinderates die in der Verwaltung erkennbaren Unstimmigkeiten wider.

StRin Küstler (DIE LINKE/PDS) unterstreicht, das Ziel müsse für die betroffenen Kinder in den Kindertagesstätten und den Schulen ein gutes Essen sein. Die ursprüngliche Forderung, auch von Seiten der Elternschaft, habe ja gelautet, dass die Essenszubereitung an den Einrichtungen selbst geschehen sollte. Da dieses nicht mehr möglich sei, habe sie es in der Vergangenheit begrüßt, dass anstelle eines eventuell zum Zuge kommenden international tätigen Caterers das Klinikum diese Essensausgabe wahrnehme. Dies vertrete sie heute noch.

In der Folge betont BM Murawski, wenn einerseits die benannten Mehrkosten angeführt würden, müssten doch auch die Personalüberhänge gesehen werden. Sollte heute dem Beschlussantrag gefolgt und später von ihm wieder abgerückt werden, würde die Stadt Stuttgart, und dies gibt er zu Protokoll, rund 1,8 Mio. € verlieren. Von daher könne die heutige Vorlage nicht als Zwischenbericht bezeichnet werden. Nach Auffassung von StR Kanzleiter hat bereits im Sommer Klarheit darüber bestanden, dass die Essen durch das Klinikum im Cook- & Chill-Verfahren hergestellt werden sollen. Die Verwaltung habe den Auftrag erhalten, zur Verteilung eine Konzeption zu erstellen und vorzulegen. Bis heute sei dies aber nicht erfolgt und auch mit der heutigen Vorlage sei die Verteilung noch nicht endgültig geklärt. Die heutige Beschlussantragsziffer 1 müsse die Grundlage für das weitere Handeln darstellen. StRin Ripsam geht davon aus, dass die für einen Beschluss benötigten Angaben in der Vorlage benannt sind. Mit dem Beschlussantrag würden Dinge festgelegt, welche über grundsätzliche Festlegungen hinausgingen.

Nachdem im Sommer beschlossen worden ist, wo und wie gekocht werden soll, geht StR J. Zeeb (FW) davon aus, dass dieses bei den Planungen des Versorgungszentrums Berücksichtigung gefunden hat. Damit dürften keine Schäden durch Planungsversäumnisse entstanden sein. Offen sei noch die Essensverteilung und die damit zusammenhängenden Kosten. Dazu erläutert BM Murawski, der Gemeinderat habe sich die abschließende Beschlussfassung bis zur Vorlage der endgültigen Verwaltungsbeschlussvorlage, und diese liege heute vor, vorbehalten. Insofern habe das Klinikum, ohne abschließende Zustimmung des Gemeinderates, Bauaufträge für 10.000 Essen anstelle für 4.000 Essen natürlich nicht vergeben können. So vorzugehen sei nicht nur selbstverständlich, sondern auch geboten.

Die Formulierung der Beschlussantragsziffer 1 stößt bei StRin Ripsam auf nachhaltige Kritik. Das in internen Gesprächen Besprochene, wonach vorhandene ehrenamtliche Strukturen an Schulen bzw. Strukturen, die mit Schulen in Verbindung stehen, erhalten werden sollen, komme dort nicht zum Ausdruck. Dazu schlägt BMin Dr. Eisenmann vor, die Beschlussantragsziffer 1 wie folgt zu ergänzen (Ergänzung ist fett dargestellt):

Entsprechend der Empfehlung des Unterausschusses "Speisenversorgung" sowie der Beschlussfassung des Verwaltungsausschusses am 26.07.2006 übernimmt das Klinikum Stuttgart nach Inbetriebnahme des Versorgungszentrums, voraussichtlich ab 01. September 2007, die Speisenversorgung der Kinder in den Kindertagesstätten des Jugendamtes sowie der Schüler in den städtischen Schulen, in denen nicht bereits eine andere Struktur der Essensversorgung gegeben ist.

Diese ergänzende Formulierung stößt auf die Zustimmung des Ausschusses.


Diesen Tagesordnungspunkt abschließend stellt BM Murawski fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt den Beschlussantrag der GRDrs 1036/2006 bei 3 Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen mehrheitlich, wobei die Beschlussantragsziffer 1 folgende Fassung aufweist (Ergänzung ist fett dargestellt):

Entsprechend der Empfehlung des Unterausschusses "Speisenversorgung" sowie der Beschlussfassung des Verwaltungsausschusses am 26.07.2006 übernimmt das Klinikum Stuttgart nach Inbetriebnahme des Versorgungszentrums, voraussichtlich ab 01.09.2007, die Speisenversorgung der Kinder in den Kindertagesstätten des Jugendamtes sowie der Schüler in den städtischen Schulen, in denen nicht bereits eine andere Struktur der Essensversorgung gegeben ist.
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