Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
505
6
VerhandlungDrucksache:
853/2005
GZ:
OB 5040-03
Sitzungstermin: 23.11.2005
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Murawski
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll, Herr Dr. Schönauer (Ref. AK)
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: Bereitstellung von Geldern für die Bekämpfung
einer möglichen Pandemie


Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 05.10.2005, öffentlich, Nr. 374
Verwaltungsausschuss vom 26.10.2005, öffentlich, Nr. 411

jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Verwaltungsausschuss vom 09.11.2005, öffentlich, Nr. 440

Ergebnis: Vertagung


Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 07.11.2005, GRDrs 853/2005.

Dieser Tagesordnungspunkt, so BM Murawski, befasse sich mit der Kostenaufteilung für die Vorbereitung der Stadtverwaltung auf eine möglichen Pandemie. In diesem Zusammenhang gebe es einen einstimmigen Beschluss des Krankenhausausschusses, nachdem die Vorsorge für die Mitarbeiterschaft des Städtischen Klinikums nicht zu Lasten des Wirtschaftsplans des Klinikums gehen solle. Entscheidend sei letztlich der Verwaltungsausschuss als Finanzausschuss.

Der Herr Oberbürgermeister habe entschieden, dass eine Verteilung der Kosten durchzuführen sei. Einmal werde dabei davon ausgegangen, dass die Stadt auf ihrem

Standpunkt beharre, nachdem das Land im Rahmen der Seuchenbekämpfung auch für diese Mittel zuständig sei. Die Stadt wolle darauf bestehen, dass das Arbeitssicherheitsgesetz nicht auf weltweit auftretende Seuchen, sondern auf arbeitsbedingte, arbeitsplatzbedingte und gesundheitliche Gefährdungen, welche durch den Arbeitgeber durch Analyse der Gefährdungspotenziale abzustellen seien, abhebe. Dies stelle eine völlig andere Situation dar, als die, welche das Infektionsschutzgesetz, das frühere Bundesseuchengesetz, regle. Ein Arbeitgeber könne - auch nicht mit der besten Erhebung von Gefährdungspotenzialen - bezüglich der Entstehung dieser Gefährdung der Mitarbeiterschaft direkt am Arbeitsplatz, nichts unternehmen. Dies bedeute, der eigentliche inhaltliche konstruktive Ansatz des Arbeitssicherheitsgesetzes laufe angesichts einer Seuche ins Leere. Was nun die Stadt unternehme, sei deswegen auch nicht der Ausschluss von Gefährdungen nach Ermittlung von Gefährdungspotenzialen im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes. Vielmehr ziele das städtische Handeln auf die Prophylaxe gegenüber einer möglicherweise auftretenden oder einer tatsächlich auftretenden Gefahr ab, damit die Stadt in den Teilen, in denen sie für das Leben in der Stadt unverzichtbar sei, arbeitsfähig bleibe. Dies sei juristisch logisch und in jeder Hinsicht ein völlig anderer Zusammenhang, weshalb der Herr Oberbürgermeister und er selbst auf der Forderung beharrten, dass das Land im Rahmen seiner Verpflichtungen nach dem Infektionsschutzgesetz auch diese Kosten übernehmen müsse. Diese Haltung teile auch der Baden-Württembergische Städtetag und mittlerweile durch den jüngsten Präsidiumsbeschluss auch der Deutsche Städtetag.

Dies sei für den Oberbürgermeister die Voraussetzung für die nun getroffene Regelung gewesen. Diese Regelung stelle eine Art Hilfskrücke in Erwartung der Erfüllung der Zahlungspflicht des eigentlich Zahlungspflichtigen dar. Vorgesehen sei, dass sich die Ämter und die Eigenbetriebe im Verhältnis der Stärke der Mitarbeiterschaft, welche als Gewährleistungsträger im Seuchenfall geschützt werden müsse, an den Kosten vorläufig beteiligten.

Positiv zur Vorlage äußert sich StR Uhl (CDU). Er und StR Wölfle (90/GRÜNE) unterstreichen, dass das Land die notwendigen Mittel finanzieren muss.

Gegenüber StRin Sawade (SPD) versichert Herr Dr. Schönauer, dass nach dem derzeitigen Wissensstand Tauben zwar erkranken und auch an der Vogelgrippe verenden könnten. Die Verbreitung durch Tauben stelle jedoch derzeit keine Gefahr dar. Richtig sei, dass Tauben viele Krankheiten verbreiteten. Mit diesem Problem, so der Vorsitzende, müsse man sich dann befassen, wenn die Vogelgrippe in Deutschland tatsächlich einmal endemisch werden sollte.

Zu einer Frage von StR J. Zeeb (FW) erklärt Herr Dr. Schönauer, die Beigeordneten und auch einige ihrer Mitarbeiter/-innen zählten zum Kreis der Personen, welche zur Aufrechterhaltung von Schlüsselfunktionen erforderlich seien. Ausgegangen werde davon, dass das Mittel auch den Stadträtinnen und Stadträten angeboten werden könne. Dies sei bei der Bestellung berücksichtigt. Laut BM Murawski handelt es sich bei den Mitgliedern des Gemeinderates um Schlüsselfunktionsträger. Der Gemeinderat sei schließlich das Hauptorgan der Stadtverwaltung.

StR Wölfle (90/GRÜNE) kann nicht nachvollziehen, wie die betroffenen Ämter und Eigenbetriebe planmäßig ihren Kostenanteil finanzieren können. Von daher beantrage seine Fraktion, dass anstelle einer Umlegung der notwendigen Mittel auf die Ämter/Eigenbetriebe aus Haushaltsresten des Jahres 2005 die notwendigen Mittel aufgebracht werden. Ein konkreter Finanzierungsvorschlag wird von StR J. Zeeb in der Vorlage vermisst. Von StRin Küstler (DIE LINKE.PDS) wird anschließend dafür plädiert, dass auch beim Städtischen Klinikum die Finanzierung der Kosten über Haushaltsreste stattfindet. Sein Antrag, so diesbezüglich StR Wölfle, beziehe sich natürlich auch auf das Städtische Klinikum. Nach Auskunft von EBM Föll ist die beantragte Vorgehensweise nach dem Gemeindehaushaltsrecht nicht möglich. Wenn eine Ausgabe beschlossen werden sollte, würde eine haushaltsmäßige Deckung benötigt. Noch nicht gebildete Haushaltsreste könnten nicht für eine haushaltsmäßige Deckung herangezogen werden. Der von der Verwaltung gemachte Deckungsvorschlag werde als umsetzbar angesehen. Sollte im Einzelfall ein Budget eines Amtes/Eigenbetriebes nicht ausreichen, könnten aus Bereichen mit Spielraum Umschichtungen vorgenommen werden. Daran anknüpfend beantragt StR Wölfle für die Finanzierung der notwendigen Mittel die Deckungsreserve in Anspruch zu nehmen. Nach Bildung der Haushaltsreste könne dann ein Ausgleich vorgenommen werden. Über diesen Vorgang sollte im Januar ein Bericht erfolgen. Hierzu wiederum macht EBM Föll geltend, die Deckungsreserve sei bereits in vollem Umfang in Anspruch genommen. Beschlossen werden müsste eine überplanmäßige Ausgabe.

Hinsichtlich der von StRin Küstler angesprochenen nicht in Anspruch genommenen Haushaltsreste der Jahre 2003 und 2004 informiert EBM Föll, die Schlussberichtsvorlage, auf welche die Stadträtin Bezug nehme, sei noch nicht öffentlich. Erst in der morgigen Sitzung des Gemeinderates werde diese Vorlage öffentlich behandelt. Die in dieser Vorlage gemachten Anmerkungen des Rechnungsprüfungsamtes beziehen sich auf den Vermögenshaushalt; eine Ausgabe im Vermögenshaushalt könne laut Gemeindehaushaltsrecht nicht durch Haushaltspositionen im Verwaltungshaushalt gedeckt werden. In der Hoffnung, dass zum Ende des Jahres genügend Haushaltsreste gebildet werden können beantragt StR Wölfle eine überplanmäßige Ausgabe zur Finanzierung der Maßnahme.

Im weiteren Verlauf fasst BM Murawski die Antragssituation zusammen. Dabei stellt er dar,

- Die Verwaltung beantrage die in der Vorlage genannten notwendigen Mittel (463.400 €) auf die Eigenbetriebe (111.000 €) und auf das Städtische Klinikum (325.000 €) aufzuteilen, in der Hoffnung, dass die Stadt ihrem Rechtsstandpunkt gegenüber dem Land durchsetzen könne.

- StR Wölfle habe beantragt, die notwendigen Mittel pauschal überplanmäßig zur Verfügung zu stellen.

Für die SPD-Gemeinderatsfraktion unterstützt StR Kanzleiter (SPD) den Antrag von StR Wölfle. Durch den Beschlussantrag der Verwaltung sieht er eine Schwächung der städtischen Position gegenüber dem Land.


Abschließend stellt BM Murawski fest:

- Der Verwaltungsausschuss lehnt den Antrag von StR Wölfle auf überplanmäßige Zurverfügungstellung der notwendigen Mittel bei 9 Gegenstimmen mehrheitlich ab.

- Der Verwaltungsausschuss beschließt den Beschlussantrag einstimmig wie beantragt.