Eine Umfrage in Zusammenarbeit von S/OB und OB-ICG unter 136 Stuttgarter Schulen in öffentlicher Trägerschaft zeigt schon nach einer ersten Durchsicht, dass es an den meisten Stuttgarter Schulen entsprechende Angebote bereits gibt. Wir haben also nicht das Rad neu zu erfinden, sondern können auf Vorhandenem aufbauen. Neben den Angeboten Verlässliche Grundschule, Hort an der Schule und den vom Kultusministerium genehmigten Ganztagesschulen ist das vorhandene Angebot an den Stuttgarter Schulen geprägt durch eine Vielzahl kreativer Kooperationen. Diese Angebote werden von den Schulleitungen organisiert. Es gibt Angebote, die gebührenfrei sind und es gibt Angebote die gegen einen kostendeckenden Beitrag angeboten werden. Quer durch alle Angebote sind unterschiedliche fachliche Standards und Qualitäten vorhanden.
Auch der Deutsche Städtetag beschäftigte sich intensiv mit dieser Thematik. Er hat im Rahmen der 33. Ordentlichen Hauptversammlung in Berlin “Neue Formen der Zusammenarbeit in der Bildungs- und Jugendpolitik” veröffentlicht. Unter anderem geht es ihm um folgendes: ٱ “Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen sind zentrale Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung.” ٱ “Kommunale Bildungsplanung sollte zu einem fachübergreifenden Handlungsansatz unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure weiter entwickelt werden, der Schulentwicklung und Jugendhilfeplanung integriert. Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten in Jugendhilfe und Schule verfügen die Städte über vielfältige Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vernetzung beider Politikfelder.” ٱ “Bei der Kooperation und Vernetzung kann an bestehende Beispiele gelungener fachlicher Kooperation angeknüpft werden. Gleichwohl erscheint notwendig, die Zusammenarbeit zu systematisieren und dauerhaft institutionell abzusichern. Die Kommunen sollten ihre Möglichkeiten in diesem Sinne für die organisatorische, fachliche und finanzielle Vernetzung beider Bereiche nachhaltig nutzen.” Eckpunkte für die Ganztagesangebote an Schulen: 1. Schule als Lern-, Lebens- und Erfahrungsraum:
Die Schulen in Stuttgart sollen als wichtiger Lern-, Lebens- und Erfahrungsraum neben dem Elternhaus strategisch und konzeptionell weiterentwickelt werden. Das heißt, Schule wird ein Ort
ٱ mit einem pädagogischen Gesamtkonzept zur Förderung von emotionalen, sozialen und kognitiven Kompetenzen, wie dies auch die neuen Bildungspläne in Baden-Württemberg anstreben, ٱ an dem die Schule, Jugendhilfe, Sport und Kultur und anderen Anbietern zusammenarbeiten, ٱ mit tragfähigen Organisationsstrukturen vor Ort und Gestaltungsräumen, die unter der Verantwortung der Schulleitung stehen, ٱ an dem Eltern aktiv mitwirken und sich einbringen, ٱ an dem die notwendigen und kindgerechten räumlichen Voraussetzungen zum Aufenthalt, zur Betreuung und zur Mittagsverpflegung an der Schule oder im Umfeld der Schule geschaffen sind. 2. Bedürfnisse der Kinder und der Elternwille: Das Betreuungsangebot für Schulkinder orientiert sich an den Bedürfnissen der Kinder und am Elternwillen. Bei der Entwicklung der Angebote sind die unterschiedlichen sozialen, kulturellen und ethnischen Lebenslagen der Kinder und Familien in Stuttgart zu berücksichtigen. 3. Ganztagesschulen: Ganztagesschulen nach den Richtlinien des Landes Baden-Württemberg ergänzen das Angebot mit dem Ziel einer besonderen Förderung von Kindern aus sozialen Brennpunkten. 4. Funktion der Schulleiterin / des Schulleiters: Die Schulleiterin, bzw. der Schulleiter soll für alle Bildungs- und Betreuungsaufgaben an der Schule verantwortlich sein. Die Angebote werden partnerschaftlich zwischen der Schule und den beteiligten Partnern entwickelt. Dazu soll ein zweckgebundenes Budget für jede teilnehmende Schule geschaffen werden. Die Schulleiterin / der Schulleiter kann sich zur Unterstützung in diesem Bereich entsprechende Dienstleistungen, zum Beispiel bei einem Kooperationspartner, einkaufen. Der Aufbau der außerschulischen Bildungsangebote soll durch eine erweiterte Beratung durch das Schulverwaltungsamt erfolgen, das hierfür erforderliche Personal steht allerdings derzeit noch nicht im ausreichenden Umfang zur Verfügung. 5. Kooperationspartner der Schulen: Die Kooperation von Schule mit Jugendhilfe, Sport und Kultur und anderen Anbietern von außerschulischen Bildungsangeboten wird unter den Kriterien der “Verbindlichkeit”, “Verlässlichkeit” und “Qualität” neu definiert und vereinbart. Dazu werden fachliche Qualitätsstandards festgelegt, auf deren Grundlage Rahmenvereinbarungen getroffen und Förderrichtlinien festgeschrieben werden. Vorhandene Konzepte, Programme und Leistungen aus den Bereichen Jugendhilfe, Sport und Kultur und anderen Anbietern werden auf die Einbindung in eine verlässliche und bedarfsorientierte Betreuungsstruktur für Schulkinder überprüft und ggf. neu ausgerichtet. Unser Ziel sind differenzierte und verlässliche Angebote. 6. Ehrenamtliche Strukturen in Schulen: Das vielfältige bürgerschaftliche Engagement in den Schulen soll auf jeden Fall erhalten und ggf. weiterentwickelt werden. Die Angebote der Eltern, der Fördervereine und der Schulpaten werden, wo immer möglich, integriert. 7. Essen an Schulen: Eine wirtschaftliche Essensversorgung mit attraktiven Preisen wird für alle Schulen sichergestellt, die eine Ganztagesbetreuung anbieten. Dabei sind auch Verbundlösungen mehrerer Schulen oder Kooperationen mit Horteinrichtungen anzustreben. Vorhandene ehrenamtliche Strukturen bei der Essensversorgung an den Schulen werden bei Bau- und Einrichtungsmaßnahmen berücksichtigt und in ihrer Leistungsfähigkeit gestärkt. Das Jugendamt ist im Begriff, seine Essensversorgung grundsätzlich zu verändern. Ziel ist, mit höherer Qualität und niedrigeren Kosten das Essensangebot für Schulkinder zu öffnen. Die Essensversorgung wird für jede Schule oder jeden Schulverbund standortspezifisch entwickelt. Die in Stuttgart tätigen Sozialunternehmen werden bei Bedarf im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit am Ausbau der Essensversorgung beteiligt. Das Essensangebot wird als Teil des pädagogischen Gesamtkonzepts einer Schule entwickelt und soll eine sinnvolle Brücke zwischen dem Vor- und Nachmittag sein. 8. Finanzierung: ٱ Die Betreuung an den Schulen wird den Eltern zu einem einheitlichen Satz von 0,60 € pro Stunde unter Berücksichtigung der beschlossenen Sozialabschläge angeboten. Qualitätsstandards werden definiert. Die Gebühr wird vom jeweiligen Anbieter erhoben. Vom Kultusministerium genehmigte Ganztagesschulen sind gebührenfrei. ٱ Ziel ist, den Essenspreis kostendeckend vom Anbieter zu erheben. ٱ Kooperationspartner und Einzelpersonen können für ihre Leistungen zur außerschulischen Bildung eine Aufwandsentschädigung erhalten. Sie beträgt in der Regel 15,- € pro Stunde. Eine Doppelförderung von Seiten der Stadt Stuttgart von Leistungen im Rahmen der Ganztagesbetreuung an Schulen soll dabei ausgeschlossen sein. ٱ Wir sind bereits im Gespräch mit dem baden-württembergischen Kultusministerium, um darauf hinzuwirken, dass die Schulen analog zur Verlässlichen Grundschule, schulartübergreifend “Budgets für außerschulische Bildung” erhalten. Neben den Elternbeiträgen und den städtischen Zuschüssen ist dies die dritte und wesentliche Säule der Finanzierung des Angebots (Anlage 1). ٱ Das Land steht aus meiner Sicht auch in der Pflicht, für die Schulen ein eigenes Investitionsprogramm mit einer Förderquote in Höhe von 60 % aufzulegen, die zwar einen Antrag auf IZBB-Mittel gestellt haben, aber nicht zum Zug gekommen sind (Anlage 2). 9. Organisation: ٱ Um die aufgeführten Eckpunkte zu erreichen und ein Gesamtsystem von schulischer Bildung und außerschulischen Bildung zu schaffen, ist ein fachübergreifenden Handlungsansatz unter der Mitwirkung der Staatlichen Unterrichtsverwaltung erforderlich. Daher wird zur Planung und Umsetzung eine gemeinsame Organisationsstruktur aus den entsprechenden Arbeitsbereichen der Referate KBS (Federführung) und SJG gebildet werden. ٱ Auf der hier dargestellten Basis können die Schulen in Stuttgart zum Schuljahr 2005/2006 mit dem Aufbau eines entsprechenden Bildungs- und Betreuungsangebots beginnen. Es ist unser Ziel, dass den Schulen nach Möglichkeit dann bereits entsprechende Budgets zur Verfügung stehen. Wir werden deshalb beim Land auf eine verlässliche Mitfinanzierung hinarbeiten. ٱ Die vorhandenen Fördermittel des Landes wie z. B. Verlässliche Grundschule, flexible Nachmittagsbetreuung und Hortförderung, Lehrbeauftragtenprogramm u.a. bleiben bis zu einem Verhandlungsergebnis zu Punkt 3 des Beschlussantrages in das Gesamtsystem der Betreuungsangebote an den Schulen in der jetzigen Form eingebunden. ٱ Im Stadtbezirk Vaihingen findet auf Antrag von Frau Stadträtin Iris Ripsam sowie den Herren Stadträten Joachim Rudolf und Jürgen Sauer (alle CDU) ein Pilotprojekt “Betreuung an Schulen” statt. Ziel dieses Projektes ist es, die Betreuung an Schulen im Kontext eines Stadtbezirks und in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen vor Ort (z.B. Sport und Kultur) auszubauen und so weitere Erfahrungen für ein flächendeckendes Angebot zu sammeln. Finanzielle Auswirkungen Beteiligte Stellen Dr. Wolfgang Schuster Anlagen Modellrechnung der Aufwandsentschädigungen für eine weiterführende Schule Investitionen / IZBB-Programm des Bundes