Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
OB
GRDrs
890/2007
Stuttgart,
11/09/2007
Sprachförderung nach dem "Stuttgarter Modell" in 2008/2009
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Internationaler Ausschuss
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
21.11.2007
05.12.2007
Bericht:
1. Anliegen
Der Gemeinderat nimmt von dem Bericht über die Sprachförderung in Stuttgart von 2005 bis 2007 (GRDrs. 1130/2004) und den erwarteten Änderungen im Bereich der Bundes-Integrationskurse Kenntnis.
Die niederschwelligen, kommunalen Kurse sowie das Programm „Mama lernt Deutsch“ bieten eine wichtige Ergänzung zu den Integrationskursen des Bundes und sollen daher weitergeführt werden (GRDrs. 887/2005). Für die Haushaltsjahre 2008/2009 stehen hierfür 139.500 € pro Haushaltsjahr zur Verfügung.
2. Die Situation im Überblick
Seit 2005 hat die Stabsabteilung für Integrationspolitik die
Gesamtkoordination für die Integrationskurse des Bundes und die ergänzenden kommunalen Deutschkurse.
Die frühzeitige Einrichtung eines Kooperationsnetzes sowie einer Erstberatungs- und Clearingstelle in Stuttgart hat inzwischen bundesweit Modellcharakter.
Die positiven Erfahrungen mit einer kommunalen Gesamtsteuerung im Bereich der Sprachförderung fand auch Eingang in den
nationalen Integrationsplan
der Bundesregierung.
Die Landeshauptstadt Stuttgart war als einzige Kommune in der Arbeitsgruppe 1 „Integrationskurse verbessern“ vertreten und konnte Anregungen zur Optimierung der Kurse einbringen. Die öffentlichkeitswirksame und hochrangig besetzte Abschlussveranstaltung der AG 1 fand am 8. Oktober 2007 im Stuttgarter Rathaus statt.
Die Bundes-Integrationskurse
In Stuttgart sind derzeit 21 Sprachkursträger für die Durchführung von Integrationskursen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zugelassen, davon bieten jedoch aktuell nur 12 Träger Kurse an. Seit 2005 finden inzwischen
jährlich über 100 Kurse à 600 Unterrichtsstunden statt.
In den Jahren 2005 und 2006 wurden in Stuttgart insgesamt
4.136 Personen
zum Kursbesuch verpflichtet bzw. zugelassen (siehe Anlage 1). Nach Auskunft des Bundesamts liegt Stuttgart damit im bundesweiten Vergleich ganz vorne bei der Inanspruchnahme der Kurse. Auch die Verpflichtungsquote für Teilnehmer nach § 44 a AufenthG. konnte in 2006 gegenüber 2005 deutlich gesteigert werden: 88 % der Kursplätze wurden belegt im Vergleich zu 40,3 % im Vorjahr (siehe Anlage1).
Schwierigkeiten bereitete in 2007 die unzureichende
Fahrtkostenregelung
durch den Bund. Nach Weisungen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung stellte das JobCenter ab 23. April 2007 die bis dahin übliche Fahrtkostenerstattung ein. Am 19.Juli 2007 beschloss der Gemeinderat der Landeshauptstadt, diese Lücke in 2007 mit kommunalen Mitteln auszugleichen. Dies ermöglicht seit August 2007 wieder allen Alg II–Beziehern den Kursbesuch.
Eine verbindliche gesetzliche Regelung der Fahrtkostenübernahme durch den Bund ab 2008 steht noch aus.
Zur Optimierung der Integrationskurse
Nach der
Änderung des Aufenthaltsgesetzes
im August 2007 wird im November 2007 die
Anpassung der Integrationskursverordnung
(IntV.) durch die Bundesregierung erfolgen. Geplant ist eine
stärkere Erfolgsorientierung
der Integrationskurse durch
- verpflichtende Abschlusstests,
- flexible Stundenkontingente mit einer Erhöhung um 300 Unterrichtsstunden (UE) für bestimmte Zielgruppen, bei Analphabeten um bis zu 600 UE,
- Aufwertung des Orientierungskurses (45 UE statt bisher 30 UE),
- eine Fahrtkostenregelung für verpflichtete und kostenbefreite Teilnehmer/innen,
- ein Anreizsystem, das eine teilweise Rückerstattung der Eigenbeteiligung bei erfolgreicher Kursteilnahme vorsieht.
Auch die
Rolle der Kommunen
wird im Entwurf der Integrationskursverordnung (IntV) stärker hervorgehoben. Nach § 13 IntV soll der örtliche Bedarf für spezielle Kurse in enger Abstimmung mit den Kommunen erfolgen und nach § 20 ist die Kooperation in lokalen Netzwerken zukünftig eine Zulassungsvoraussetzung für Sprachkursträger. Um eine bessere Übersichtlichkeit bei der Trägerlandschaft zu gewährleisten, sollen Träger, die 12 Monate lang keinen Kurs anbieten, ihre Zulassung verlieren.
Die Erstberatungs- und Clearingstelle
Dieses Verbundmodell zwischen dem Sozialamt und der Liga der freien Wohlfahrtspflege (GRDrs 887/2005) hat sich bewährt und soll weitergeführt werden.
Die Erstberatungs- und Clearingstelle gewährleistet eine schnelle Vermittlung in passgenaue Kurse. Hier können sich sowohl Migrantinnen und Migranten als auch Ämter, Beratungsstellen und sonstige Einrichtungen jederzeit über das aktuelle Kursangebot in Stuttgart informieren. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem JobCenter und der Ausländerbehörde sowie einer gezielten Vermittlung durch die Clearingstelle konnten im Jahr 2006 die für Stuttgart bereitgestellten Kontingente für Alg II-Bezieher nahezu voll ausgeschöpft werden (siehe Anlage 1).
Kommunale Deutschkurse als Ergänzung zu den Integrationskursen
Als Ergänzung zu den nach wie vor überwiegend im Stadtzentrum angebotenen Bundes-Integrationskursen bietet die Stadt Stuttgart niederschwellige Deutschkurse sowie das Programm „Mama lernt Deutsch“ an Stuttgarter Schulen an (siehe Anlage 2). Mit diesem wohnortnahen Angebot ermöglichen wir vor allem Müttern das Deutschlernen und tragen zur Integration im Stadtteil bei.
Die „Mama lernt Deutsch“- Kurse zielen im Unterschied zu den Integrationskursen nicht nur auf eine Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse bei den Müttern, sondern vermitteln auch Wissen über die Schule und das deutsche Bildungssystem. Darüber hinaus fördern die Kurse den Kontakt und die Zusammenarbeit der Eltern mit der Schule.
Die kommunalen Kurse dienen zum einen der
Vorbereitung auf die Bundeskurse,
zum anderen bieten sie im
Anschluss an den Integrationskurs eine Konversationsmöglichkeit,
um das Gelernte nicht gleich wieder zu vergessen. Sie greifen dort, wo das System der Integrationskurse zu starr und unflexibel ist. Mit den kommunalen Mitteln können
maßgeschneiderte Sprachangebote für spezielle Zielgruppen und Stadtbezirke
eingerichtet werden und es kann
schnell auf neue Gegebenheiten reagiert werden:
·
So werden zum Beispiel Kurse mit Kinderbetreuung speziell für Mütter, die der deutsche
Kinderschutzbund
betreut, in dessen Räumen angeboten.
·
In einigen
Stadtbezirken
(Feuerbach, Weilimdorf, Neugereut) werden lokale Initiativen unterstützt, die sich besonders für niederschwelliges Deutschlernen im Viertel einsetzen.
·
Durch die
Bleiberechtsregelung in 2007
ergab sich kurzfristig der Bedarf, für langjährig Geduldete ein spezielles Sprachtraining einzurichten. Ein Großteil der Teilnehmer/innen konnte dadurch den erforderlichen mündlichen Sprachtest bei der Ausländerbehörde erfolgreich absolvieren.
·
Eine Finanzierung aus kommunalen Mitteln ist nur vorgesehen, wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten, wie z.B. aus Bundesprogramm (Soziale Stadt, Xenos, Jula) u.a., nicht möglich ist.
3. Ausblick 2008/2009
Aus den oben genannten Gründen sollten in 2008/2009 weiterhin 139.500 € pro Haushaltsjahr für die kommunale Sprachförderung zur Verfügung gestellt werden.
Die städtischen Kurse werden nachrangig belegt, Integrationskurse des Bundes haben stets Vorrang. Ziel ist, dass möglichst viele Personen das Kursangebot des Bundes nutzen.
Die Stabsabteilung für Integrationspolitik initiiert und unterstützt daher verstärkt Informationsveranstaltungen zu den Integrationskursen und Kampagnen zur Teilnehmergewinnung
.
Eine
Werbeaktion bei Migrantenvereinen
fand bereits im Frühjahr 2007 in Zusammenarbeit mit dem Forum der Kulturen statt. In Planung ist eine Veranstaltung am 8. Dezember 2007 im Stuttgarter Rathaus gemeinsam mit dem
italienischen Generalkonsulat
und dem Bundesamt. Dort sollen italienische Lehrer/innen, Vereinsvorsitzende und andere Multiplikatoren informiert werden, um den Anteil der Italiener in den Kursen zu erhöhen. Eine Kooperation mit weiteren Konsulaten wird angestrebt.
Auch
Firmen
sollen verstärkt auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht werden, die Integrationskurse für die sprachliche Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu nutzen. Erste Gespräche erfolgten bereits mit der Firma Lidl (25 Filialen in Stuttgart), die Interesse signalisiert hat.
In Absprache mit dem Haupt- und Personalamt sollen die Integrationskurse auch in das
städtische Fortbildungsprogramm 2008
aufgenommen werden. Vor allem in Ämtern und Eigenbetrieben mit einem hohen Migrantenanteil sollte überlegt werden, wie die Bediensteten mit Sprachdefiziten zum Besuch von Integrationskursen angeregt werden könnten.
Eine stärkere Verzahnung der Integrationskurse mit Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit wird für 2008 erwartet, wenn die europäischen Fördermittel für die seit längerem angekündigten
berufsorientierten ESF-BAMF Aufbaukurse
zur Verfügung stehen werden. Dieses Programm soll speziell für Personen mit Migrationshintergrund (Arbeitslose, Arbeitssuchende sowie Personen in Beschäftigung) eingerichtet werden und neben einem weiterführenden Deutschunterricht auch ein Modul zur Vermittlung von Fachsprache sowie ein berufsorientiertes Praktikum enthalten. Der Umfang der Kurse wird voraussichtlich bis zu 630 Unterrichtsstunden betragen, die Förderperiode ist bis 2013 angelegt.
Beteiligte Stellen
Referat WFB
Referat RSO
Referat AK
Referat SJG
Referat KBS
Dr. Wolfgang Schuster
Anlage 1 - Bundes-Integrationskurse in Stuttgart in 2005/2006
Anlage 2 - Städtische Deutschkurse in 2006/2007
Vorlage8902007.pdf