Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 1063/2007
Stuttgart,
10/01/2008



Auswahl der Betriebsträger neuer Kindertageseinrichtungen im Rahmen von nicht-förmlichen Interessenbekundungsverfahren



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich15.10.2008



Beschlußantrag:

Von dem Bericht über die Praxis bei der Auswahl des Betriebsträgers neuer Kindertageseinrichtungen wird zustimmend Kenntnis genommen.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Grundsätzlich soll bei der Auswahl von Trägern von neuen Kindertagesstätten nach wettbewerblichen Grundsätzen in Erfahrung gebracht werden, ob die Trägerschaft der geplanten Einrichtung durch einen Träger der freien Jugendhilfe übernommen werden kann oder die Stadt diese Einrichtung selbst übernimmt. Dies erfolgt im Rahmen eines nicht-förmlichen Interessenbekundungsverfahrens.

Eine Übertragung der Betriebsträgerschaft einer Einrichtung erfolgt immer dann, wenn die Landeshauptstadt Stuttgart neue Standorte plant oder in Auftrag gibt. Hierbei handelt es sich um neue Einrichtungen in Neubau-/Aufsiedlungsgebieten oder um Einrichtungen zur Bedarfsdeckung in Bestandsgebieten. Diese Einrichtungen decken den örtlichen Bedarf und potentielle Bewerber sind verpflichtet, die Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen für Kinder analog anzuwenden.

Die Verwaltung stellt in dieser Vorlage die Praxis bei der Auswahl neuer Kindertageseinrichtungen dar.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

Rechnungsprüfungsamt, Rechtsreferat




Gabriele Müller-Trimbusch
Bürgermeisterin


Anlagen

Nutzwertanalyse
Anlage 1 zur GRDrs 1063/2007

Ausführliche Begründung


1. Verfahrensablauf

Das geplante Trägerauswahlverfahren wird im Amtsblatt der Landeshauptstadt Stuttgart bekannt gemacht (Trägeraufruf). Veröffentlicht werden insbesondere Angaben zum geplanten Standort, dem voraussichtlichen Betriebsbeginn, der Anzahl der Gruppen ggf. mit Angebotsform und ab wann detailliertere Informationsunterlagen wo angefordert werden können, die Kontaktdaten der Ansprechpartner und bis wann die Bewerbung für die Trägerschaft im Jugendamt eingegangen sein muss (Rückmeldedatum).

Alle fachlich geeigneten und interessierten Träger haben somit die Möglichkeit, Informationsunterlagen anzufordern und sich dann um die Trägerschaft zu bewerben. Die Informationsunterlagen enthalten detaillierte Angaben zur geplanten Kindertageseinrichtung, die Angebotsvoraussetzungen und Angaben zu den Fördergrundsätzen. Daneben werden die Träger darauf hingewiesen,

· dass es sich um ein nichtförmliches Interessenbekundungs- oder Vergabeverfahren handelt,
· dass der Trägeraufruf lediglich als erster Schritt zur Auswahl eines freien Trägers für eine Betriebsträgerschaft dient,
· dass rechtliche Forderungen oder Ansprüche auf finanzielle Mittel seitens der Interessierten mit der Teilnahme am Verfahren nicht bestehen,
· eine Erstattung der Kosten, die den Teilnehmern durch die Bearbeitung entstehen ausgeschlossen ist und
· die im Rahmen des Verfahrens ausgetauschten Unterlagen sowie mündlichen Abstimmungen für beide Seiten vertraulich sind.

Die Bewerbungsfrist beträgt 6 Wochen. Alle eingegangenen Bewerbungen werden gesammelt und nach Bewerbungsfristende erfolgt die verwaltungsinterne Auswertung. Diese wird durchgeführt durch eine/n Vertreter/-in der Dienststelle Förderung freier Träger und mind. 2 Vertreter/-innen der Jugendhilfeplanung. Bei der Auswahl der Träger von Horten an Schulen sind auch die jeweiligen Schulleiter/-innen beteiligt.

Die Empfehlungen der Auswertung werden der Amtsleitung des Jugendamtes vorgelegt und dann dem Gemeinderat zu Beschlussfassung unterbreitet. Das Verfahren dauert insgesamt vier Monate.

Nach Entscheidung des Gemeinderates über die Trägerauswahl schließt das Jugendamt vor dem Betriebsbeginn der Kindertageseinrichtung eine Zuwendungsvereinbarung mit dem Träger.


2. Kriterien für die Auswahl

2.1 Zuwendungsrechtlichen Voraussetzungen:
Im Rahmen der zuwendungsrechtlichen Voraussetzungen werden die finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit sowie die Zuverlässigkeit des Bewerbers geprüft. Zuverlässig ist ein Bewerber nur, wenn eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert ist, d.h. der Bewerber in der Lage ist, die städtischen Zuschüsse bestimmungsgemäß nachzuweisen, der erforderliche Eigenanteil grundsätzlich leistbar ist, die Aufgabenerledigung im Rahmen des geltenden Rechts erfolgt, etc. Im Zweifel sind diesbezüglich schriftliche Auskünfte vom Bewerber anzufordern.

Es müssen alle in den Informationsunterlagen genannten Voraussetzungen erfüllt sein, z.B. muss sich der Träger zur analogen Anwendung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen für Kinder verpflichten und mit einer Förderung entsprechend der geltenden Fördergrundsätze einverstanden sein, etc.

Vom Bewerbungsverfahren werden Bewerber ausgeschlossen,

· über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt oder dieser Antrag mangels Masse abgelehnt worden ist,
· die sich in Liquidation befinden,
· die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt (z.B. eine gerichtliche Verurteilung, die zu einem Eintrag ins Strafregister o. ä. geführt hat bzw. führen wird),
· die ihre Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß erfüllt haben,
· die vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit und ihre Zuverlässigkeit abgegeben haben,
· die die Stuttgarter Leitlinien der Kinder- und Jugendhilfe nicht anerkennen und umsetzen.

Der Träger muss gewährleisten können, dass von ihm erhobene Sozialdaten entsprechend § 61 Abs. 3 SGB VIII geschützt werden und er muss sicherstellen können, dass keine Personen beschäftigt oder vermittelt werden, die wegen einer Straftat entsprechend § 72a SGB VIII verurteilt worden sind. Der Träger muss sich verpflichten, den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung entsprechend § 8a SGB VIII wahrzunehmen. Weiter muss er ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe nach §75 SGB VIII sein oder die Voraussetzungen dazu erfüllen.

Die Eignungsprüfung wird schriftlich dokumentiert.

2.2 Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse (siehe hierzu auch Anlage 2) dient der systematischen Entscheidungsvorbereitung bei der Auswahl komplexer Alternativen, bei denen ein monetärer Wert nicht bestimmt werden kann bzw. zur Entscheidungsfindung allein nicht ausreicht. Neben objektiven Informationen werden auch Einschätzungen mit in die Entscheidungsfindung einbezogen.

Um eine möglichst qualitätvolle Nutzwertanalyse vornehmen zu können, die einen differenzierten Bewerbervergleich ermöglicht, werden die Bewerber gebeten, möglichst differenzierte und aufschlussreiche Aussagen zu folgenden Qualitätsmerkmalen einzureichen:

· (Beweg)Gründe für den Antrag auf Einrichtung und Betrieb einer Tagseinrichtung für Kinder

· Angaben zur Trägerkonzeption (Fachliche und strukturelle Standards und Qualitätsmerkmale) mit Aussagen zum/r

o Leitbild des Trägers (soweit vorhanden)
o Pädagogisches Konzept zum Betreuungs- Erziehungs- und Bildungsauftrag
o Sprachförderung/ Bildungsförderung
o Umsetzung der Stuttgarter Leitlinien der Kinder- und Jugendhilfe
o Familienorientierung und Elternbeteiligung
o Sozialraumorientierung (Kooperation und Vernetzung)
o Qualitätsmanagement und Selbstevaluation
o Personalmanagement
o Flexibilität in der Angebotsgestaltung
o Bau- und Sachausstattung
o Finanzmanagement · Angaben zur Einrichtungskonzeption mit Aussagen zur Umsetzung und Konkretisierung der genannten fachlichen und strukturellen Standards und Qualitätsmerkmale des Trägers, bezogen auf die beantragte Einrichtung. Hierbei sind die (städte)baulichen und sozialräumlichen Gegebenheiten und Ressourcen sowie der Bewohnerstruktur im Einzugsgebiet einzubeziehen.

Der Einrichtungskonzeption sind

o Angaben zur Personalausstattung
o Pläne der Einrichtung (mit Angaben zum Raumprogramm)
o Angaben zur Gestaltung der Außenfläche beizulegen.

Die Nutzwertanalyse erfolgt ausschließlich auf Grund der vorgelegten Unterlagen.


2.3 Weiteres Auswahlkriterium
Weiteres Kriterium ist die Trägerpluralität im Stadtteil. Dieses kommt dann zum Tragen, wenn bezogen auf die fachlichen Qualitätsmerkmale nahezu gleichrangige Bewerbungen vorliegen.

Die Trägervielfalt spielt im Einzugsgebiet der Einrichtung eine wichtige Rolle. Eltern sollen eine größtmögliche Wahlfreiheit bezogen auf Tageseinrichtungen haben (vgl. § 5 SGB VIII), d. h. zum Beispiel eine Wahl zwischen konfessionellen und nicht konfessionellen Einrichtungen oder unterschiedlichen pädagogischen Ausrichtungen.


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