Landeshauptstadt Stuttgart
Finanz- und Beteiligungsreferat
Gz: F
GRDrs 233/2003
Stuttgart,
03/03/2003



Deutsches Substanzleasingmodell für Kommunen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschußKenntnisnahmeöffentlich12.03.2003



Beschlußantrag:

Der Absicht der Verwaltung, derzeit keine Sonderfinanzierungen nach dem Deutschen Substanzleasingmodell vorzunehmen, wird Kenntnis genommen.


Begründung:


1. Allgemeines

Im Herbst 2002 wurde in der Tagespresse verschiedentlich über die Absichten der Städte München und Nürnberg berichtet, städtische Immobilien in eine innerdeutsche Finanzierungsgestaltung (Deutsches Substanzleasingmodell) mit dem Ziel einzubringen, zusätzliche Haushaltsmittel in Millionenhöhe zu generieren.

Es handelt sich dabei um ein Modell, in dem städtische Immobilien (z. B. Rathäuser oder Schulen) in eine Personengesellschaft in der Rechtsform der “GmbH & Co. KG” eingebracht werden, wobei der Stadt 100 Prozent der Kommanditanteile der Objektgesellschaft gehören. Damit behält die Stadt das volle wirtschaftliche Zugriffsrecht auf die Grundstücke und Gebäude, das sie in der Regel aus kommunalrechtlichen Gründen nicht aufgeben darf.

Am Kommanditkapital wird insbesondere um Grunderwerbsteuer zu vermeiden z. B. eine Familienstiftung als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt, die vorhandenes Geldvermögen hierdurch in Betriebsvermögen umwandeln möchte, damit sie die Steuervorteile des § 13 a ErbStG in Anspruch nehmen kann. Der Steuervorteil liegt insbesondere darin, daß Grundstücke im Gegensatz zum übrigen Vermögen nicht mit dem Verkehrswert, sondern nur mit dem sogenannten Bedarfswert angesetzt werden. Dieser Bedarfswert beträgt im Regelfall zwischen 60 und 80 Prozent des Verkehrswerts. Den monetären Steuervorteil teilen sich die Stiftung und die Kommune. Es wird unterstellt, daß der Nettobarwertvorteil für die Kommune bei etwa 3 Prozent der Transaktionssumme (Wert der Grundstücke und Gebäude) liegt.

Aus München wurde zwischenzeitlich bekannt, daß dieses Modell nicht weiterbetrieben wird. Nürnberg will jedoch daran festhalten.


Die Verwaltung hat zugesagt, derartige finanzielle Lösungen zu überprüfen und dem Gemeinderat wieder zu berichten.


2. Mögliches Vorgehen

Eine derartige Transaktion kann von der Stadt nicht selbst durchgeführt werden. Es ist dazu die Mandatierung einer Leasinggesellschaft im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger EU-weiter Vergabebekanntmachung erforderlich. Die Aufgabe der Leasinggesellschaft umfaßt die “Zurverfügungstellung” der notwendigen Struktur, die Beschaffung des Investorenkapitals und die Durchführung der Transaktion.

Zur Vorbereitung der Transaktion entstehen Vorlaufkosten für Ausschreibung, Beratung und die Wertermittlung der Grundstücke.


3. Risiken einer derartigen Transaktion

Sie liegen insbesondere in den nicht unbeträchtlichen Vorlaufkosten, falls die Transaktion nicht zustande kommt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn

- das Erschaftsteuergesetz geändert wird

- das Stiftungsmodell durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wird

- derartige Transaktionen durch die Aufsichtsbehörden verboten werden (in Bayern liegt ein Gesetzentwurf über das Verbot bereits vor)

- keine geeignete Stiftung gefunden wird.

Ein weiteres Risiko liegt darin, daß eine abschließende steuerliche Prüfung nicht mehr möglich ist, da die Finanzverwaltung in derartigen Fällen keine verbindliche Auskunft mehr erteilt.

Die Transaktionen erfordern eine lange Vorlaufzeit. Da die Vorlaufkosten nicht auf Dritte abgewälzt werden können, besteht insoweit ein erhebliches Kostenrisiko.


4. Fazit

Die derzeitige negative Stimmung für derartige Transaktionen, die mögliche Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuergesetzes hinsichtlich der Begünstigung von Grundvermögen, die erfolgte Anrufung des Bundesverfassungsgerichts durch den Bundesfinanzhof und die Steuerverluste der Länder (die Erbschaftsteuer steht in voller Höhe den Ländern zu), lassen es als wahrscheinlich erscheinen, daß in der nächsten Zeit Änderungen eintreten können, die derartige Transaktionen erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen.

Im Hinblick auf die beträchtlichen Vorlaufkosten und die genannten möglichen Veränderungen in der Rechtslage empfiehlt die Verwaltung, entsprechende Modelle in Stuttgart derzeit nicht weiter zu verfolgen.

Beteiligte Stellen






Dr. Klaus Lang