Protokoll: Verwaltungsausschuß des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
632/2003
GZ:
5672-02
Sitzungstermin: 07/02/2003
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Dr. Lang,
Herr Staudt (VfB Stuttgart e. V.)
Protokollführung: Herr Häbe hr
Betreff: Modernisierung Gottlieb-Daimler-Stadion, 3. BA
Alternative Überlegungen des VfB Stuttgart zum Umbau des Gottlieb-Daimler-Stadions in ein Fußballstadion

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 01.07.2003,

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 23.06.2003, GRDrs 632/2003, mit folgendem

Beschlussantrag:


Beigefügt ist diesem Protokoll der Antrag der FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion Nr. 154/2003 vom 26.06.2003 sowie das als Tischvorlage ausgeteilte Papier des Oberbürgermeisters "Modernisierung Gottlieb-Daimler-Stadion, 3. BA; Alternative Überlegungen des VfB Stuttgart zum Umbau des Gottlieb-Daimler-Stadions in ein Fußballstadion" (GRDrs 632/2003) vom 01.07.2003.

Von OB Dr. Schuster wird vorgetragen, auch wenn Herr Staudt vom Fußball als "emotionale Ware" gesprochen habe, die verkauft gehöre, müsse bei diesem Tagesordnungspunkt doch bei der Realität geblieben werden. So sei die Landeshauptstadt an das öffentliche Vergaberecht gebunden. Die Verwaltung habe sich mit dem Thema Vergaberecht nochmals auseinandergesetzt. Dabei hätten sich insbesondere zwei Sachverhalte ergeben. Einmal gehe es dabei um die Frage, was es bedeute, wenn das Investitionsvolumen um mehr als die Hälfte von der öffentlichen Hand abgesichert werde. Zudem sei die Frage relevant, ob das Land bereit sei, einen Zuschuss auszuzahlen, ohne dass die VOB Anwendung finde. Bei der ersten Frage sei es stets unstrittig gewesen, sollte die öffentliche Hand faktisch für die Finanzierung geradestehen, dass dann die VOB angewendet werden müsse. Derzeitiger Sachstand sei, so sein Kenntnisstand, dass ein Dritter für die Finanzierung nicht die Verantwortung übernehmen wolle/könne. Somit verbleibe das gesamte Finanzierungsrisiko bei der Stadt und daher müsse auch die VOB angewandt werden. Dies habe zur Folge, dass die vorgelegten Terminpläne, und hier habe ebenfalls Einigkeit mit dem Verein bestanden, so wie vorgesehen nicht eingehalten werden könnten, da sowohl die Planungs- als auch die Bauleistungen europaweit ausgeschrieben werden müssten. Dieses europaweite Verfahren nehme Monate in Anspruch und die Konsequenz wäre, auf die Ausrichtung von Spielen der Fußballweltmeisterschaft 2006 zu verzichten. Damit würde aber auch der Landeszuschuss, welcher u. a. an die WM-Tauglichkeit des Stadions gebunden sei, ausbleiben. Faktisch müsse also der Gemeinderat darüber entscheiden, ob er mit dem VfB Stuttgart den Weg gehen wolle, ein reines Fußballstadion zu realisieren, unter Verzicht des Landeszuschusses und unter Verzicht auf das Ausrichten von Spielen der Fußballweltmeisterschaft. Die Alternative dazu wäre, die bislang verfolgte Planung, welche bereits detailliert ausgearbeitet sei, voranzutreiben.

Wenn nicht die Fußballweltmeisterschaft, sondern ein reines Fußballstadion in Stuttgart gewünscht würde, wäre auch kein Zeitdruck mehr vorhanden. Der VfB Stuttgart hätte dann Zeit Sponsoren/Partner/Finanziers zu finden. Wann dann das reine Fußballstadion verwirklicht würde, könne niemand sagen.

Gute Gründe gebe es sowohl für ein reines Fußballstadion als auch für ein multifunktionales Stadion. Mit der von der Landeshauptstadt verfolgten Planung würden die wesentlichen Defizite der Stadionbesucher aufgenommen. Angestrebt würden Verbesserungen der Aufenthaltsqualität, der gastronomischen Versorgung, die Zugangsbedingungen und der sanitären Bedingungen. Wenn zur Feststellung des eigentlichen Streitwertes das eine und das andere Szenario durchgespielt werde, würden sich einige Unterschiede zeigen, aber gesagt werden könne sicherlich nicht, das die eine Planung gut und die andere schlecht sei. Hier gehörten Fakten verglichen. Dazu gehöre, dass nach der städtischen Planung deutlich mehr Sitzplätze vorhanden sein werden; die magische Grenze von über 50.000 Sitzplätzen werde überschritten und dies sei wichtig im Wettbewerb um internationale Fußballspiele und internationale Leichtathletikveranstaltungen. Alle Besucher hätten in etwa dieselben Aufenthaltsbedingungen. Ein reines Fußballstadion erreiche nicht die wichtige Sitzplatzzahl von 50.000. Damit wäre ein reines Fußballstadion im europaweiten Wettbewerb der Stadien schlechter positioniert. In der Tat würden die Besucher bei einem reinen Fußballstadion näher an den Innenraum herangerückt, dieser wäre allerdings kleiner, was sich wiederum auf die Möglichkeit zur Durchführung anderer Veranstaltungen auswirken würde. Für ihn sei es nicht so wesentlich ob man nun 125 oder 135 Meter vom entferntesten Tor Abstand habe. Dies sei nicht so ausschlaggebend, dass in der Gesamtabwägung die dargestellten negativen Folgen eines reinen Fußballstadions akzeptiert werden könnten. Richtig sei, dass sich ein schwach besuchtes multifunktionales Stadion negativ auf die Stimmung im Stadion auswirke. Ziel müsse aber nicht sein, ein schwach besuchtes Stadion zu erstellen. In einem vollen Daimler-Stadion habe es auch in der Vergangenheit, hauptsächlich wenn der VfB gut gespielt habe, eine tolle Stimmung gegeben.

Die Androhung, dass aus dem VfB Stuttgart ein VfB Leonberg werde, nehme er nicht ernst. Die Frage eines reinen Fußballstadions als Ergänzung zum jetzigen Stadion sei bereits in der Vergangenheit wiederholt besprochen worden. So sei, bevor die Sanierung der Haupttribüne angegangen worden sei, mit dem früheren Vereinspräsidenten, Herr Mayer-Vorfelder, darüber gesprochen worden, ob neben dem Gottlieb-Daimler-Stadion eine kleinere Arena erstellt werden sollte. Alle möglichen Varianten seien damals durchdiskutiert worden mit dem Ergebnis, es mache durchaus Sinn, das bisherige Stadion weiter zu qualifizieren. Daraufhin habe sich der Gemeinderat engagiert (55 Mio. € für den zweiten Bauabschnitt). Auch bislang sei der Gemeinderat bereit gewesen, entsprechende Mittel für die WM-Tauglichkeit und für die Situationsverbessserungen für die "Jedermannsbesucher" bereitzustellen. Vorsicht sei vor einer Phantomdiskussion zum Bau eines Fußballstadions durch den VfB Stuttgart geboten. Diese würde das Gewinnen von Sponsoren/Partnern durch den VfB Stuttgart für das Gottlieb-Daimler-Stadion nur erschweren. Der Verein würde dadurch das eigene Produkt schlechtreden, ohne über eine Alternative zu verfügen.

Seine Bitte sei, "die Kirche im Dorf zu lassen". Über Jahrzehnte habe die Landeshauptstadt mit dem VfB Stuttgart eine gute Partnerschaft gepflegt. In vielen Punkten sei die Stadt dem Verein entgegengekommen. So seien erst vor einem halben Jahr städtische Forderungen gestundet worden. Stets habe sich die Stadt gegenüber dem Verein fair verhalten und er wäre dankbar, wenn in diesem Sinne weiter gemeinsam vorangegangen werden könnte, wissend, dass der Verein in seiner Abwägung ein reines Fußballstadion präferiere.

Von EBM Dr. Lang wird ergänzt, die Mehrheitsentscheidung des Gemeinderates am 22.05.2003 habe er finanzpolitisch, im Hinblick auf die Chance für den VfB Stuttgart, ein zukunftsträchtiges Stadion zu realisieren, als gerade noch vertretbar erachtet. Außer Frage stehe sicherlich, dass dieser Verein für die Landeshauptstadt und das Land insgesamt einen positiven Imageträger darstelle. Persönlich habe er im Mai deutlich gemacht, dass er, obwohl er selbst früher Leichtathletik betrieben habe, in der Abwägung ein reines Fußballstadion, befürworte. Die Leichtathletik habe ihre Chance verspielt. Verschiedentlich wäre die Stadt Stuttgart, auch verbunden mit finanziellen Aufwendungen, bereit gewesen, der Leichtathletik entgegenzukommen. Die nun von Seiten der Leichtathletik gemachten Versprechungen hätten keinen konkreten Inhalt.

Die finanzielle Situation der Landeshauptstadt habe sich seit Mai weiterhin verschlechtert. In Anbetracht dieser Situation halte er es bei aller Wertschätzung des VfB Stuttgarts nicht für vertretbar, weitere finanzielle städtische Leistungen, über das durch den Gemeinderat bereits Beschlossene hinaus, in Erwägung zu ziehen. Der Verein habe den im Mai gefassten Beschluss als hohe Messlatte bezeichnet. Für jeden Beteiligten sei offenkundig, dass diese Messlatte durch den Verein in Sachen Finanzen gerissen worden sei. Gesehen werden müssten natürlich die Schwierigkeiten des Vereins, in der Kürze der Zeit ein solches Objekt voranzubringen.

Geärgert habe ihn im Vorfeld die Reaktion des VfB Stuttgarts ("Motto: forsches Auftreten entbindet von der Erledigung der eigenen Hausaufgaben"). Er könne nicht akzeptieren, wenn seitens des Vereins erklärt werde, zwar gebe es Verträge mit der Stadt, aber diese könne und wolle man nicht einhalten. Andererseits wiederum habe er Verständnis, dass in einer emotional geladenen Mitgliederversammlung Äußerungen getätigt worden seien, die über das "normale Maß" hinausgingen. Zudem müsse gesehen werden, das die Bereitschaft zur Erhebung eines Stadiongroschens nicht die vom Gemeinderat geforderte Finanzgarantie ersetze. Gerade von Wirtschaftsvertretern könne ein solches Gebaren nicht angehen; gerade die Wirtschaft erwarte von der Landeshauptstadt eine vernünftige Finanzpolitik.

Abschließend betont er, er bedaure zutiefst, dass der Gemeinderat nicht zu einer positiven Entscheidung für ein reines Fußballstadion kommen könne. Insgesamt "müssen die Dinge tiefer gehängt werden", da auch in Zukunft der Verein und die Landeshauptstadt zusammenarbeiten müssten. Er hoffe, dass auch ein nicht nach den Wünschen des Vereins ausgebautes Stadion für den VfB ein gutes Stadion sein werde, welches ihn nicht daran hindere auch gute Erfolge zu erzielen.

Zum Vergaberecht bittet StR Föll um Ausführungen des vom VfB Stuttgart beauftragten Experten. Zudem sollten heute nochmals Ausführungen zur Finanzierung erfolgen, um letztendlich dieses emotionsgeladene Thema anhand von Fakten entscheiden zu können. Ein Faktum, wie auch immer die Entscheidung ausgehe, stelle dar, dass die Zeit zur Entwicklung dieses Projektes für den Verein extrem kurz gewesen sei. In der morgigen Gemeinderatssitzung werde aber eine Entscheidung dieses Themas gewollt, da seine Fraktion sowohl Rundenspiele der Fußballweltmeisterschaft und wenn möglich auch Achtel- und Viertelfinalspiele abhalten wolle. Dass das Ausrichten von Spielen der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Stuttgart Priorität habe, habe für seine Fraktion stets außer Frage gestanden. Alles andere wäre eine Blamage für die Stadt.

Unabhängig von der morgigen Entscheidung sei es der CDU-Gemeinderatsfraktion ein großes Anliegen, weiterhin mit dem VfB Stuttgart gut zusammenzuarbeiten.

Von Anfang an, so StR Kanzleiter (SPD), habe sich seine Fraktion an sportpolitischen und finanziellen Gesichtspunkten orientiert. Sportpolitisch handle es sich beim Gottlieb-Daimler-Stadion um ein sowohl von der Leichtathletik als auch vom Fußball hochangesehenes Stadion. Unmittelbar nach der fehlgeschlagenen Olympiabewerbung werde eine grundsätzliche Wende bei der Ausrichtung des Stadions abgelehnt. In der derzeitigen schlechten Wirtschaftssituation erwarteten die Bürgerinnen/Bürger von der öffentlichen Hand höchste Sorgfalt beim Umgang mit öffentlichen Geldern. Risiken, die nicht vollständig überschaubar seien, dürften nicht eingegangen werden. Dies habe den Ausschlag für seine Fraktion gegeben, die Durchführung des 3. BA (bisherige Linie) zu unterstützen. Ziel sei, ein Spielort der Fußballweltmeisterschaft 2006 zu werden. Zu keiner Zeit habe die Positionierung gegen ein reines Fußballstadion eine Positionierung gegen den VfB Stuttgart bedeutet. Gewünscht werde für die Zukunft eine noch weiter verbesserte Kooperation zwischen dem Verein und der Landeshauptstadt. So sollte überlegt werden, ob es Möglichkeiten gebe, Wettbewerbsbenachteiligungen, die ohne Zweifel ein kombiniertes Stadion aufweise, auszugleichen.

Auch StR Wölfle (90/GRÜNE) spricht von einer in Sachen Finanzen gerissenen Messlatte. Er fährt fort, bedauerlicherweise habe er ein "gemeinsames Trainingsprogramm, nachdem im ersten Versuch die Messlatte gerissen wurde" nicht feststellen können. Der Verein habe angesichts des Zeitdruckes durch die Fußballweltmeisterschaft 2006 nicht die Zeit gehabt, eine seriöse Entscheidung vorzubereiten. Kritisiert werden von StR Wölfle polemische Äußerungen durch Verantwortliche des VfB Stuttgarts im Vorfeld der Beratung der GRDrs 603/2003. Langfristig betrachtet, so der Stadtrat weiter, sei seine Fraktion davon überzeugt, dass sich ein reines Fußballstadion auch für die Landeshauptstadt finanziell als positiv erwiesen hätte (Bau und Unterhaltung durch den Verein). Sollte sich beim VfB eine negative sportliche Entwicklung einstellen, stehe das dann ausgebaute, im Eigentum der Stadt befindliche Leichtathletikstadion leer.

Für die deutliche Meinungsäußerung der Verwaltung bedankt sich StR J. Zeeb (FW). Insgesamt sei die kontroverse Behandlung des Themas für die Landeshauptstadt förderlich. Eine Umgehung des Vergaberechtes dürfe nicht stattfinden. Zudem dürfe in keinster Weise in irgendeiner Form Stuttgart als Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Frage gestellt werden. An die Leichtathletik gewandt fährt er fort, er hoffe, dass durch die stattgefundene Diskussion neue Ansätze angedacht würden, um das Gottlieb-Daimler-Stadion als Leichtathletikaustragungsort zu beleben. Vorwürfe, dass die Landeshauptstadt den VfB Stuttgart schlecht behandelt habe, seien nicht gerechtfertigt. Bedauerlicherweise seien seitens des Landes keine Signale für ein stärkeres finanzielles Engagement gekommen. Angesichts der finanziellen Fakten, und nur an denen orientiere sich seine Fraktion, könne die Landeshauptstadt ein reines Fußballstadion nicht unterstützen.

StR R. Zeeb (FDP/DVP) zeigt sich nicht davon überzeugt, dass die Stadtverwaltung zusammen mit dem Verein nachhaltig Anstrengungen unternommen hätten, um das zur Beratung anstehende Thema zu einer Lösung zu führen. Die Verwaltung "hat den Verein ins Abseits laufen lassen, und zwar bevor das Spiel eigentlich begonnen hat". Egal welche Variante des Stadionumbaus realisiert werde, zwischen der Stadt und dem Verein müsse Fairplay gelten. Schon in der Vergangenheit habe sich seine Fraktion gegen den Ausbau des Stadions ausgesprochen. Vielmehr sei man schon damals - und dieses gelte noch heute - bereitgewesen, ernsthafte Überlegungen zum Bau eines reinen Fußballstadions anzustellen. Ein Neubau müsste sich allerdings für die Stadt rechnen.

Aus Sicht der sachkundigen Mitglieder des Sportausschusses äußert Herr Schüle für das Anliegen des VfB Stuttgarts Verständnis. Seiner Einschätzung nach würde aber ein Wegfall der Leichtathletikbahn eine weitere Reduzierung des Rufs der Landeshauptstadt als Sportstadt bedeuten. Der Sportausschuss und die Sportverwaltung gehörten aufgefordert, dass vor allem die Leichtathletik und die Schulen (z. B. Jugend trainiert vor Olympia) das Stadion stärker nutzen sollten. Die sportbegeisterte Bevölkerung, die Vereine sowie die sachkundigen Mitglieder des Sportausschusses würden sich mehrheitlich gegen einen Ausbau des Stadions in ein reines Fußballstadion aussprechen.

Herr Herre (Sportausschussmitglied), bemerkt, er wolle angesichts knapper Finanzmittel fragen, wozu die Landeshauptstadt ein Leichtathletikstadion mit über 50.000 Sitzplätzen vorhalten wolle. Die letzte internationale Großveranstaltung im Gottlieb-Daimler-Stadion liege bereits über 10 Jahre zurück. Ob in Zukunft nochmals ein solcher Event durchgeführt werden könne, sei fraglich, zumal die Bundespolitik angesichts der Olympiabewerbung von Leipzig unmissverständlich deutlich gemacht habe, dass sportliche Großveranstaltungen im Osten stattfinden sollten. Alle Nicht-Leichtathletikveranstaltungen, auch der Stuttgart-Lauf, könnten durchaus in einem reinen Fußballstadion stattfinden.

Der neugewählte Präsident des VfB Stuttgarts, Herr Staudt, verweist auf die in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik ausgetauschten Argumente. Außer Frage stehe, dass die Landeshauptstadt den VfB Stuttgart benötige und der VfB Stuttgart die Stadt Stuttgart. Auch wenn kontroverse Diskussionen erfolgten werde nie ein Punkt erreicht, an dem der Verein gegen die Stadt arbeite. Er habe in allen Statements deutlich gemacht, dass sich der Verein als Partner der Stadt verstehe. Leider sei bei der letzten Hauptversammlung des Vereins die Stadt nicht vertreten gewesen und dies sei der Grund, dass Aussagen wie "der Verein will Verträge nicht erfüllen" aus dem Zusammenhang gerissen sinnentstellt wiedergegeben worden seien. Dieses bedaure er. Die Verantwortlichen des Vereines würden nicht daran denken, bestehende Verträge zu brechen.

Der Finanzierungspartner des Vereines bestehe darauf, dass sich die Partnerschaft des Vereins mit der Landeshauptstadt in der Übernahme einer möglichst umfassenden Haftungsgarantie ausdrücke. Auch der Verein wünsche sich, dass Stuttgart wie geplant Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2006 werde. Alles Notwendige solle dafür getan werden, damit hier keine Unsicherheiten und Risiken aufkämen.

Herr Siebold, Rechtsvertreter des VfB Stuttgarts, wird in der Folge von Herrn Staudt gebeten, eine Bewertung der "Vergabe-Rechtsfrage" aus Sicht des Vereins abzugeben. Dieser führt aus, vergaberechtlich sei die Fußballweltmeisterschaft nicht gefährdet und das VfB-Stadion möglich. Das Vergaberecht müsse auf zwei Ebenen betrachtet werden. Nämlich einmal die Ebene des Landes mit dem Landeszuschuss und zum anderen die Ebene der Stadt mit dem Heimfallrisiko, sollten die beteiligten Unternehmen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

Auf der Ebene des Landes mit dem Landeszuschuss gebe es wiederum zwei Ebenen. Einerseits das Delta zwischen der kommunalen Absicherung, die zu einem günstigeren Kredit führe, als das ohne die kommunale Absicherung der Fall wäre. Dieses Delta werde wie eine Subvention behandelt. Auch wenn dieses Delta zum Landeszuschuss addiert werde, werde immer noch nicht die Schwelle einer 50%igen öffentlichen Subventionierung eines privaten Bauvorhabens erreicht/überschritten. Eine solche Überschreitung hätte zur Folge, dass zwingend eine öffentliche europaweite Ausschreibung erfolgen müsste. Diese Position werde mit dem Finanzminsterium und dem Ministerium für Kultus, Sport und Jugend diskutiert.

Die Stadt werde vom VfB gebeten, ein anfängliches Ausfallrisiko in voller Höhe zu übernehmen, bis der VfB in der Lage sei, durch Eigenleistung, durch Fremdleistung und durch den Landeszuschuss dieses Risiko deutlich (wenn möglich auf den Betrag von 30 Mio. €) zu minimieren. Die Frage, die sich hinsichtlich des Risikos des Heimfalls (Ausfallrisiko) stelle, sei zum Einen die, wann dieser realistisch eintreten könne. Dabei handle es sich um eine Spekulation. Solche Risiken würden weltweit ausschließlich von Kommunen abgefedert.

Sollte sich jemand dieser Meinung nicht anschließen können, würden sich Befürchtungen ergeben, dass Verzögerungen eintreten. Dazu wolle er anmerken, die haushaltsrechtliche Frage, die vorhin gestellt worden sei, stelle überhaupt keine Frage dar, die vor die Vergabekammer komme. Wenn das Land seinen Zuschuss mit der Wahl einer bestimmten Vergabeart verbinde und der VfB wähle einen anderen Weg, wäre die einzige Rechtsfolge die Rückforderung dieses Zuschusses. Darüber würde dann sicherlich gestritten bis Einigkeit bestehe. Mit dieser Frage beschäftige sich aber nicht die Vergabekammer. Somit könnte dadurch auch kein Baustopp bzw. keine Verzögerung eintreten. Die Frage, inwieweit ein Wettbewerber vor die Vergabekammer gehen könnte mit dem Ziel, das Projekt zu stoppen bis geklärt ist, ob die Vergabe korrekt erfolgt ist, werde von der Vergabekammer entschieden. Die Einschätzung der Stuttgarter Vergabekammer zur Frage, ob sich die Vergabekammer überhaupt mit einem Thema zu befassen habe, bei dem es überhaupt zu keiner Ausschreibung gekommen sei, sei relativ klar, nämlich die Kammer erkläre sich hierfür nicht zuständig. Vielmehr werde auf den ordentlichen Gerichtsweg verwiesen (Geltendmachung einer Schadensersatzforderung). Sollte, und auch dies gebe es, die Vergabekammer eine andere Auffassung vertreten (Zuständigkeit obwohl keine Ausschreibung stattgefunden hat), wäre eine Entscheidung sicherlich innerhalb von 5 Wochen möglich, da es sich um keine Beurteilung von verschiedenen Sachverhalten handle. Lediglich die Rechtsfrage, ob eine Ausschreibung hätte stattfinden müssen oder nicht, müsste geprüft werden. Die bisher damit befassten Experten seien einhellig diesbezüglich zur Auffassung gelangt, dass eine öffentliche Ausschreibung bei diesem Projekt nicht erforderlich wäre.

Zunächst müsse die Kommune entscheiden, ob es überhaupt ein Projekt gebe oder nicht. Danach müssten die Rahmenbedingungen mit dem Partner ausgehandelt werden. Erst daran anschließend meldeten sich Investoren bzw. erst danach könnten Finanziers erklären, ob sie die aufgestellten Bedingungen akzeptierten.

Danach gibt OB Dr. Schuster zu bedenken, sollten diese Varianten der Rechtsauslegung von anderen nicht geteilt werden, ergebe sich ein sehr großes Zeitproblem (Land, Rechtsaufsichtsbehörde, Einsprüche, Schadensersatz- forderung). Wenn der Zeitdruck nicht bestünde, hätte er kein Problem zu erklären, alles werde in Ruhe ausgelotet.

Für die Klarstellung von Herrn Staudt gegenüber StRin A. Schmid (CDU), dass er zu keiner Zeit erklärt habe, der VfB werde selbst ein Stadion bauen, wenn der Gemeinderat den Vorstellungen des Vereines nicht folge, bedankt sich OB Dr. Schuster. Weiter stellt Herr Staudt klar, er habe lediglich erklärt, dass er befürchte, wenn der Gemeinderat sich gegen die Vorstellungen des VfBs entscheide, dass dann eine Diskussion losbreche, wie der Verein dennoch zu einem eigenen Stadion komme. Dann würde sich auch die Standortfrage stellen. Er wolle weder nach Leonberg oder Waiblingen gehen, zumal der Verein dort auch keine Grundstücke habe. Bedenken, dass der Verein seinen Standort wechsle, könne er gerne ausräumen.

Vom Vorsitzenden erhält Herr Walz (Sportausschussmitglied) die Information, die Planungen für den 3. BA liefen seit längerer Zeit. Jeder Planungsschritt sei vergeben worden, und zwar unter Anwendung der VOB. Vorgesehen sei, auch die einzelnen Gewerke öffentlich auszuschreiben. Im Zeitplan für den 3. BA sei dieses so berücksichtigt. Für das Projekt des Vereines "reines Fußballstadion" liege derzeit lediglich eine Machbarkeitsstudie (keine Planung) vor. Wenn für das VfB-Projekt zunächst die Planung ausgeschrieben und die Planung noch abgeschlossen werden müsste bzw. dann die einzelnen Gewerke erst vergeben werden könnten, würde die Umsetzung der Planung nicht bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 gelingen. Darüber habe es nie einen Dissens gegeben. Das VfB-Projekt lasse sich bis 2006 nur dann realisieren, wenn sämtliche Leistungen frei vergeben werden könnten. Eine freie Vergabe wäre dann unproblematisch, wenn der Verein bzw. ein Beauftragter des Vereins eigenständig vergeben und finanzieren würde. Nachdem aber die Landeshauptstadt Stuttgart für die gesamte Investitionssumme die Garantie übernehmen müsste, sei es fraglich, ob es sich dann immer noch um ein privates Bauvorhaben handle. Weiter stelle sich die Frage, inwieweit es sich überhaupt um ein privates Bauprojekt handeln könne, wenn ein Landeszuschuss in Höhe von 15 Mio. € erfolge. Über die Ausnahmemöglichkeiten wolle Herr Siebold, wie heute gehört noch weiter verhandeln.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben bedankt sich OB Dr. Schuster bei Herrn Staudt auch dafür, dass dieser sich eindeutig für ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem VfB Stuttgart, egal wie letztlich die Entscheidung des Gemeinderates ausfällt, ausgesprochen hat. Alle Beteiligten, so betont der Vorsitzende hätten das Interesse, dass sich der Verein positiv weiterentwickle.

Der Tagesordnungspunkt wird ohne Votum an den Gemeinderat verwiesen.