Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 904/2003
Stuttgart,
10/13/2003



Städtische Förderung der AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. ab dem Jahre 2003



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuß
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
24.10.2003
12.11.2003



Beschlußantrag:
  1. Die AIDS-Hilfe Stuttgart e.V., Hölderlinplatz 5, 70193 Stuttgart, wird ab dem Jahr 2003 im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf der Grundlage einer Zuwendungsvereinbarung (Anlage 2) mit den Bestandteilen Vergütungsvereinbarung (Anlage 3), Leistungsvereinbarung und Berichtswesen A (noch zu erarbeiten) sowie Berichtswesen B (Anlage 4) gefördert.
  2. Die Leistungsbeschreibung sowie das Berichtswesen A sind bis Mitte des Jahres 2004 zu entwickeln und dem Gesundheitsausschuss zur Beschlussfassung vorzulegen.
  3. Der jährliche Förderaufwand ist aus Mitteln des jeweiligen Verwaltungshaushalts - Finanzposition 1.4700.7031.000 -Behindertenhilfe - zu decken.


Begründung:


In den Sitzungen des Gesundheitsausschusses am 11.02.2000 und des Verwaltungsausschusses am 23.02.2000 wurde beschlossen, dass über die Förderung der AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. ab dem Jahr 2003 neu entschieden wird.

Nach krankheitsbedingtem Ausfall der Geschäftsführung drohte aufgrund der Mitte 2002 vorliegenden Auswertung des Jahresergebnisses 2001 die Insolvenz. Hierüber wurde der Gesundheitsausschuss in seiner Sitzung am 11. Oktober 2002 informiert.

Inzwischen konnte die Insolvenz abgewandt werden. Ein ausgeglichener Haushalt zum Jahresende 2003 kann erreicht werden.

Entsprechend des Antrages 405/2002 vom 29.11.2003 der CDU-Fraktion sollte die Förderung freier Träger künftig auf der Grundlage von Leistungsverträgen auf eine pauschale Förderform umgestellt werden.

Mit den in dieser Gemeinderatsdrucksache dargestellten Veränderungen der Rahmenbedingungen und der vorgeschlagenen veränderten städtischen Förderung ab dem Jahr 2003 soll sichergestellt werden, dass für die Erfüllung des Versorgungsauftrages dieser Klientel eine ausreichende Personalausstattung gegeben ist und die AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. in die Lage versetzt wird, ihr bedarfsgerechtes Angebot auf Dauer gesichert zu erbringen.

Beteiligte Stellen

Das Finanzreferat hat der Vorlage zugestimmt.




Gabriele Müller-Trimbusch
Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1: Ausführliche Begründung
Anlage 2: Zuwendungsvereinbarung
Anlage 3: Vergütungsvereinbarung
Anlage 4: Berichtswesen - Teil B
Anlage 5: Kosten- und Finanzierungsplan 2003
Anlage 1 zur GRDrs 904/2003


Ausführliche Begründung


Epidemiologische Situation im Hinblick auf HIV und AIDS

Nach Informationen der Robert-Koch-Instituts in Berlin, das die Meldungen über HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland auswertet, stellt sich die epidemiologische Situation zurzeit folgendermaßen dar: Die Zahl an Neuinfektionen mit dem HI-Virus bleibt seit Jahren konstant bzw. ist leicht rückläufig. Durch den Einsatz von wirksamen Medikamenten gelingt es, den Ausbruch der AIDS-Erkrankung hinauszuzögern und nach Ausbruch die Erkrankten über einen längeren Zeitraum, zum Teil über Jahre, erfolgreich zu behandeln. Durch diese medizinischen Erfolge, die den tödlichen Verlauf der Krankheit hinauszögern, nimmt die Zahl an Infizierten etwa seit 1995 zu.

Hauptbetroffenengruppen sind nach wie vor Männer, die Sex mit Männern haben, und intravenös Drogenabhängige. Bei den Drogenabhängigen kommen verstärkt auch Personen aus den ehemaligen Ostblockländern dazu. In den letzten Jahren nimmt aber auch die Zahl von Personen zu, die sich über heterosexuelle Kontakte infiziert haben, darunter Migranten aus Ländern, in denen HIV und AIDS viel stärker verbreitet sind als in den westlichen Industrieländern.


Längerfristige Entwicklung

Auf die wachsende Bedeutung der Aids-Prävention hat Herr Minister Dr. Friedhelm Repnik, MdL, in einem eindringlichen Brief an die Stadt- und Landkreise vom 19.11.2002 hingewiesen.

Bei der künftigen Personalbedarfsbemessung sind folgenden Entwicklungen Rechnung zu tragen:
Städtische Zuschüsse bis zum Jahr 2002

Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsausschusses vom 23.02.2000 (GRDrs 85/2000) wurde die AIDS-Hilfe Stuttgart e. V. in den Jahren 2000 - 2002 wie folgt gefördert:

1. Bereich "Selbsthilfegruppen-Aktivitäten"

50 % der Personalkosten für 1 Fachkraft
75 % der Raum- und Raumnebenkosten
50 % der förderfähigen Programmkosten

2. Bereich "Beratung"

Auf dieser Basis wurden im Jahr 2002 für Selbsthilfearbeit ein Zuschuss von 52.197 Euro und für Beratung ein Zuschuss von 182.477 Euro bewilligt.

Entsprechend des o. g. Beschlusses ist über eine städtische Förderung ab dem Jahr 2003 auf der Grundlage der in den vergangen zwei Jahren gemachten Erfahrungen neu zu entscheiden.

Dies sollte ursprünglich Ende 2002 erfolgen. Nachdem der frühere Geschäftsführer in den Jahren 2001 und 2002 lange Zeit krank war, der neue Geschäftsführer erst im August 2002 seine Arbeit aufnahm, lagen erst Mitte 2002 die Jahresergebnisse 2001 und die Zwischenbilanzierung des Jahres 2002 vor. Danach war Ende 2002 ein Defizit in Höhe von 100.000 Euro zu erwarten.

In der Sitzung des Gesundheitsausschusses am 11. Oktober 2002 wurde über diese prekäre Finanzsituation und die damals unmittelbar drohende Insolvenz der Aids-Hilfe Stuttgart e. V. berichtet.

Die Liquidität des Trägers konnte kurzfristig durch einen stringenten Sparkurs des Trägers und vorgezogene Abschlagszahlungen auf die städtische Förderung 2003 behoben werden.


Städtische Förderung ab dem Jahr 2003

Gesundheitsamt und AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. haben in den vergangenen Monaten eine detaillierte Finanz- und Personalprüfung sowie eine Bedarfsanalyse der Arbeit der AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. vorgenommen.

In vielen Bereichen wurden vom Träger auf dieser Basis zwischenzeitlich dauerhaft einschneidende Einsparungen vorgenommen. Gleichzeitig sind sich Gesundheits- und Sozialplanung sowie Förderung des Gesundheitsamts und Träger einig, dass die nachstehend genannte Personalausstattung und die vorgeschlagene städtische Pauschalfinanzierung ab dem Jahr 2003 erforderlich sind, um zum einen den o. g. fachlichen Anforderungen gerecht zu werden und andererseits für den Träger Planungs- und Haushaltssicherheit zu erreichen.


Personalausstattung

Die derzeitig durch die Stadt geförderten 3,5 Fachkräfte und 0,75 Verwaltungskräfte arbeiten in den nachstehend genannten Arbeitsbereichen. Auf der Grundlage der noch zu erarbeitenden Leistungsbeschreibung wird die bestehende Zuordnung des Fachpersonals zu den jeweiligen Aufgabenfeldern noch einmal überprüft werden.

Selbsthilfegruppentätigkeit

Für den Bereich Selbsthilfegruppenarbeit wird eine Fachkraft gefördert.

Prävention

Seit 1997 leistet die AIDS-Hilfe durch einen Fachmitarbeiter Streetwork und Beratung für männliche Prostituierte (Stricher) und betreibt zusammen mit dem Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V. einmal wöchentlich das Café Strichpunkt (siehe auch GRDrs. 332/2001). Die bisher eingesetzten Arbeitskapazitäten entsprechen etwa einer 0,75 Stelle. Die Arbeit hat sich nach Einschätzung der Gesundheitsverwaltung als spezifische Präventionsarbeit für eine besonders gefährdete Zielgruppe bewährt. Die Geschäftsführung der Aids-Hilfe und die Gesundheitsverwaltung haben sich darauf verständigt, diese Arbeit künftig im Umfang von 0,5 Fachkraftstellen weiterzuführen.

Beratung

Die bisherige Personalausstattung für den Bereich Beratung umfasst zwei Fachkräfte.

Verwaltung

Die bisherige Personalausstattung für den Bereich Verwaltung mit 0,75 Fachkräften erscheint angemessen und ausreichend.


Vorgeschlagene Förderumstellung
Grundsätzliches
Die Verwaltung hat zusammen mit der AIDS-Hilfe Stuttgart e. V. eine Zuwendungsvereinbarung mit den Bestandteilen Vergütungsvereinbarung und Berichtswesen - Teil B - erarbeitet. In den nächsten Monaten sollen die weiteren Bestandteile Leistungsbeschreibung und Berichtswesen - Teil A - erarbeitet, dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt und als Bestandteile der Zuwendungsvereinbarung zugefügt werden.

Durch die vorgeschlagene Umstellung erfolgt ein Paradigmenwechsel in der Förderung:

Bisher:
Zuwendung durch Bescheid
= Input-Orientierung, Schwerpunkt Rechnungsprüfung
d.h. Zuschussempfänger ist nicht zu einer konkreten Gegenleistung verpflichtet, sondern lediglich zur zweckentsprechenden Verwendung der vergebenen Mittel.

Neu:
Zuwendung durch Zuwendungsvereinbarung
= Output-Orientierung, Schwerpunkt inhaltliche Arbeit
d.h. Zuwendungsempfänger verpflichtet sich zu einer konkretisierten Leistung. Diese Leistung wird geprüft nach Umfang, evaluierter Qualität und Erfolg.

Diese Vereinbarung ist bewußt kein Leistungsvertrag im idealtypischen Sinn, da
Mit der gewählten Form der Zuwendungsvereinbarung werden jedoch sowohl für Zuwendungsgeberin (Stadt) also auch für Zuwendungsnehmerin (Aids-Hilfe Stuttgart e. V.) wichtige Vorteile erreicht:
Planungs- und Haushaltssicherheit sowie Festlegung von Leistungsstandards und Qualitätssicherung.

Bei der Förderumstellung gibt es neben den statischen Elementen Zuwendungsvereinbarung, Leistungsbeschreibung und Vergütungsvereinbarung auch dynamische Elemente - Berichtswesen Teil A und Zielvereinbarungsgespräche:
Durch diese beiden Elemente ist es möglich, Erkenntnissen der Sozialplanung und der Gesundheitsberichterstattung sowie des Trägers Rechnung zu tragen, d. h. bedarfs- und zeitgemäß die Schwerpunkte der Arbeit zu verändern. Dadurch sind kontinuierlich Qualitätsverbesserung und -sicherung möglich.

Bestandteile der künftigen Förderung

- Zuwendungsvereinbarung
Im Sinne der Gleichbehandlung enthält die Zuwendungsvereinbarung (Anlage 2) allgemeine Regelungen, wie sie erstmals für die künftige Förderung von KISS Stuttgart vorgeschlagen wurde und künftig auch bei allen noch umzustellenden Förderbereiche angewandt werden soll.

- Leistungsbeschreibung
Die noch zu erarbeitende Leistungsbeschreibung soll sehr detailliert die Inhalte der Arbeit aufzeigen.

- Vergütungsvereinbarung
Die vorgeschlagene Vergütungsvereinbarung orientiert sich an der bestehenden Förderung für Begegnungsstätten für Ältere (Fördersatz für Personalkosten: 70 %) und sieht teils die Berücksichtigung tatsächlicher Kosten vor, teils werden Pauschalierungen vorgeschlagen:

Für Kostenfelder, die vom Träger nicht beeinflußbar sind, den Raum- und Raumnebenkosten, wird die Förderung der tatsächlichen Kosten vorgeschlagen - Fördersatz 80 %
Obergrenzenregelung der Kosten für den Bereich Reinigung: 301,38 qm x 22,20 €.

Für Kostenfelder, die vom Träger zumindest mittel- und langfristig beeinflußbar sind, den Personal- und Programmkosten, werden pauschalierte Förderungen, also unabhängig von der tatsächlichen Eingruppierung des Personals und der tatsächlich anfallenden Kosten vorgeschlagen:

- Für Fachkräfte:80 % der Pauschale für BAT IV a
(Stand 2002: 56.900 € zuzügl. 2,4 %)
- Für Verwaltungspersonal:80 % der Pauschale für BAT VI b
(Stand 2002: 37.500 € zuzügl. 2,4 %)
- Für Sachkosten:80 % der jew. Sachpauschalen für
BAT IV a bzw. BAT VI b

- die Personalkostenpauschale ab 2004 im Rahmen der Tarifsteigerung des BAT angepaßt wird
- die Sachkostenpauschale sowie die Raumnebenkosten nur entsprechend der Steigerungsrate des städtischen Haushalts fortgeschrieben werden ( vgl. Ziffer 2.1. der Zuwendungsvereinbarung).

Auf der Basis dieser vorgeschlagenen Förderumstellung errechnet sich, ausgehend von der Kostenschätzung 2003 eine Förderung für das Jahr 2003 in Höhe von 238.546 Euro.

Mit diesen Fördervorschlägen und -maßstäben kann künftig dauerhaft eine Eigenbeteiligung der AIDS-Hilfe Stuttgart e. V. von rund 30 % erreicht werden.

Durch die pauschalierten Förderbereiche kann die Zuwendungsnehmerin im Rahmen eines verlässlichen Budgets Eigenakzente setzen.

Der Kostenplan 2003 und die sich auf der Grundlage dieser vorgeschlagenen Förderung für 2003 ergebende Finanzierungsplan sind aus Anlage 5 ersichtlich.

Der Träger ist mit den o. g. Festlegungen zu Personalausstattung und -förderung einverstanden und hält die vorgeschlagene Förderung ab dem Jahr 2003 für ausreichend und auch in der Zukunft für tragfähig.

Nach heutigem Stand kann nach Trägerauskunft mit dieser städtischen Förderung das aufgelaufene Defizit bis Jahresende ganz abgebaut werden bzw. verbleibt maximal ein Restdefizit von 10.000 Euro.

Anlage 2 zur GRDrs 904/2003

Zuwendungsvereinbarung


Die Vertragsparteien
und
schließen nachstehenden Zuwendungsvertrag:
  1. Gegenstand und Grundlagen des Vertrags

2. Zuwendung

2.1 Pauschale Zuwendung für das beschäftigte Personal und die Räume Hölderlinplatz 5. 2.2 Verwendung der Zuwendung für den laufenden Betrieb
2.3 Veröffentlichungen 3. Berichtswesen


4. Zielvereinbarungsgespräche


5. Inkrafttreten, Laufzeit, Kündigung
Stuttgart, ..Stuttgart, ..
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Gesundheitsamt