Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
OB 7613
GRDrs
599/2007
Stuttgart,
09/18/2007
Arbeitsprogramm der Wirtschaftsförderung 2008-2009: Mittelbedarf
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
04.10.2007
12.10.2007
Bericht:
1. Vom Arbeitsprogramm der Wirtschaftsförderung für die Jahre 2008-2009 (vgl. auch GRDrs 52/2007) und den damit notwendigen Finanzmitteln wird Kenntnis genommen.
2. Von den geplanten Schwerpunkt-Maßnahmen der Stabsabteilung Wirtschaftsförderung in den Jahren 2008-2009 wird Kenntnis genommen. Es ist abschließend darüber in den Haushaltsplanberatungen 2008/2009 zu entscheiden. Dabei handelt es sich um folgenden Finanzierungsbedarf:
FiPo
Budget 2007 / Budgetvorgabe
Budgetbedarf
1.7917.6200.000
Standortmarketing/
Akquisitionsmaßnahmen
202.100 €
200.000 €
1.7917.7181.000
Gründeroffensive
255.000 €
250.000 €
Neue FiPo
Ansiedlung/Investorengewinnung
und Ansiedlungsstrategien
0
80.000 €
Neue FiPo
Bestandspflege
0
140.000 €
Arbeitsprogramm der Wirtschaftsförderung 2008-2009
Bei der Diskussion um den Finanzkraftvergleich der Städte und Gemeinden im Verwaltungsausschuss im Herbst 2006 wurde vom Gemeinderat eine noch offensiver ausgerichtete Wirtschaftsförderung gewünscht. Vom daraufhin vorgelegten Arbeitsprogramm der Wirtschaftsförderung hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 10.5.2007 zustimmend Kenntnis genommen (vgl. GRDrs 52/2007). Die wichtigsten Ergebnisse der Analyse über Herausforderungen und Chancen für den Wirtschaftsstandort Stuttgart sind im Folgenden dargestellt.
Ein Hauptziel der Wirtschaftsförderung ist die Ansiedlung von Unternehmen, um Arbeitsplätze und ggf. Gewerbesteuereinnahmen zu generieren. Ein wichtiges Instrument zur Erreichung dieses Ziels ist die Flächenpolitik, weil sich auf den vorhandenen Flächen in der Regel unter Einbeziehung eines Immobilieninvestors Unternehmen ansiedeln. Im Zeitraum von 1995 bis 2006 hat die Landeshauptstadt 371.500 m² gewerbliche Grundstücksflächen verkauft (s. Tabelle).
Städtische Verkäufe gewerblicher Objekte und unbebauter Gewerbegrundstücke
Jahr
Bebaute Grdst.
Unbebaute Grdst.
Ges.
1995
36.000 m²
20.000 m²
56.000 m²
1996
2.700 m²
12.000 m²
14.500 m²
1997
270 m²
37.600 m²
38.000 m²
1998
5.600 m²
14.200 m²
20.000 m²
1999
9.200 m²
50.000 m²
60.000 m²
2000
10.900 m²
26.400 m²
37.000 m²
2001
-
46.000 m²
46.000 m²
2002
2.000 m²
16.000 m²
18.000 m²
2003
5.000 m²
105 m²
5.000 m²
2004
2.200 m²
7.500 m²
10.000 m²
2005
10.500 m²
15.800 m²
26.000 m²
2006
7.000 m²
34.000 m²
41.000 m²
Gesamt
371.500 m²
Dies entspricht bei einem sehr niedrig angenommenen Wert von 200 € pro m² Grundstücksfläche einem Gesamtwert von 74,3 Mio. €. Diese Vermögensmasse steht der Wirtschaftsförderung nicht mehr zur Verfügung, denn derzeit verfügt die Landeshauptstadt nur noch über ca. 10 ha marktgängige Flächen, die bereits im Fokus von Investoren stehen. Damit fällt ein wichtiger Grundsatz wirtschaftsfördernden Handelns – Ansiedlung folgt Fläche – weg, und das wesentliche Instrument Flächenpolitik kann nicht mehr effektiv eingesetzt werden. In anderen Ballungsräumen spielt die Flächenpolitik nach wie vor eine bedeutende Rolle, da zum Teil große Flächen zur Vermarktung angeboten werden können. Beispielsweise in Dortmund steht im Jahr 2007 über 250 ha vermarktbare Fläche zur Verfügung.
Insofern gilt es, verstärkter die Instrumente Bestandsentwicklung und Ansiedlungsmaßnahmen für Fremdflächen zum Einsatz zu bringen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, möchte die Wirtschaftsförderung zwei zusätzliche Finanzpositionen einführen: Mit den Mitteln aus der Finanzposition „Ansiedlung/Investorengewinnung“ sollen einerseits neue Maßnahmen durchgeführt werden, die die Standortattraktivität – auch international – noch mehr hervorheben, zum anderen soll die Etablierung einer stringenten Ansiedlungsstrategie verfolgt werden. Die Finanzposition „Bestandspflege“ deckt vor allem Projekte ab, die die Zufriedenheit der Unternehmen am Standort im Focus haben, das heißt: der Service vor Ort und bei der Landeshauptstadt Stuttgart soll weiter verbessert werden. Notwendig sind auch verstärkte Anstrengungen zur Identifizierung freier Flächen und bei der Nachverdichtung und Reaktivierung von vorhandenen Flächen.
Insgesamt soll die Qualität der von der Wirtschaftsförderung angebotenen Leistungen weiter gesteigert und der Leistungsumfang ausgebaut werden. Das bedeutet aber auch, dass die Wirkungen der Leistungen und damit der Erfolg der Förderung in Zukunft stärker hinterfragt werden. Controlling als neue Aufgabe der Wirtschaftsförderung soll realisiert werden.
Personelle und finanzielle Ressourcen
Die Ausstattung mit qualifiziertem Personal gehört zur Grundvoraussetzung einer guten Wirtschaftsförderarbeit. Die personelle Ausstattung der Wirtschaftsförderungen der Städte in Deutschland fällt sehr unterschiedlich aus (s. Tabelle):
Stadt
Einwohner
Mitarbeiter
Wifö pro 100 TEW
(ges.)
Etat € pro EW
(ges.)
Karlsruhe
300.000
6,6 (20)
3,3 (1.000 T€)
Mannheim
324.000
6,5 (21)
3 (979 T€)
Nürnberg
499.000
5,8 (29)
4,8 (2422 T€)
Frankfurt
645.000
4,3 (28)
6,5 (4200 T€)
München
1.300.000
1,85 (24)
k. A.
Stuttgart
590.000
1,4 (8,5)
0,76 (450 T€)
Der Vergleich mit den anderen Großstädten zeigt, dass die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart mit ihren personellen und finanziellen Ressourcen im unteren Bereich liegt – und auch nach einer evtl. Aufstockung liegen würde. Das neu erstellte Arbeitsprogramm und der damit verbundene Aufgabenkatalog können mit den bestehenden Möglichkeiten nicht realisiert werden. Prioritäten müssen gesetzt und die Haushaltsmittel für die Jahre 2008 und 2009 aufgestockt werden. Dabei ist auch geplant, für einige der neuen Aufgaben Fremdvergaben zu machen.
Maßnahmen und Mittelbedarf
Um alle im Arbeitsprogramm beschriebenen Maßnahmen umsetzen zu können, wäre es notwendig, den Etat der Wirtschaftsförderung um zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 € aufzustocken. Bei den nachfolgend dargestellten Maßnahmen bzw. daraus resultierenden Kosten handelt es sich um ausgewählte Teilaufgaben für die Jahre 2008 und 2009. Sie beziehen sich nur auf die neuen Aufgabenbereiche und die neu zu schaffenden FiPos „Ansiedlung/Investorengewinnung“ und „Bestandspflege“ mit einem
zusätzlichen Mittel-/Budgetbedarf in Höhe von 220.000 €.
1. Maßnahmen im Bereich der neuen FiPo „Ansiedlung/Investorengewinnung“:
- Professionelles Ansiedlungsmanagement: Internationale Unternehmensberatungen bieten bundesdeutschen Großstädten (z.B. in Berlin, Dortmund, Hannover, Ulm, München) ihre Unterstützung bei der Entwicklung von Strategien und Konzepten zur Firmenakquise an (im nationalen wie internationalen Bereich, Ermittlung von Branchen, Clustern, Wachstums- und Zielmärkten bzw. -ländern, Aufbau von Netzwerken, Repräsentanten vor Ort). Kosten je nach Auftragsumfang zwischen 50 und 200.000 € pro Jahr; notwendig ist eine dauerhafte Bearbeitung (mindestens 4-5 Jahre). Für die Entwicklung einer neuen Ansiedlungsstrategie wurden Kosten kalkuliert in Höhe von ca. 50.000 €
- Neues Projekt „Haus der Luft- und Raumfahrt“ im STEP:
Durch die räumliche Nähe zur Universität in Vaihingen und damit zum zukünftigen Raumfahrtzentrum Baden-Württemberg bietet sich eine Fokussierung auf den Cluster Luft- und Raumfahrt an. Geplant ist die Einrichtung eines (Gründer-)zentrums zur Unterstützung von Ausgründungen der Universität und zur Ansiedlung von KMU’s aus diesem Bereich. Für die Entwicklung eines Konzepts, die Akquise von Fördermitteln und den Start einer Informationskampagne (inkl. Broschüre) zur Anwerbung von Firmen wurden Kosten veranschlagt in Höhe von ca. 30.000 €
2. Maßnahmen im Bereich der neuen FiPo „Bestandspflege“:
- Kontaktpflege durch eine regelmäßige telefonische Umfrage:
Die Wirtschaftsförderung will mit dieser Maßnahme einen neuen Service für Stuttgarter Unternehmen implementieren und somit in permanentem Kontakt mit den Unternehmen stehen. Hier soll ein externer Dienstleister im Namen der Wirtschaftsförderung monatlich mit ca. 500 Unternehmen telefonisch in Kontakt treten, um den Entwicklungsbedarf am Standort bzw. die Zufriedenheit mit dem Standort zu erfragen und zu prüfen, ob ggf. Standortverlagerungen geplant sind. Mit diesem „Ohr am Markt“ ist die Wirtschaftsförderung im Idealfall zukünftig in der Lage zu agieren statt zu reagieren.
OB/82 hat im Juli 07 ein Pilotprojekt durchgeführt, aus dem wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden konnten: 295 von 500 Geschäftsführern wurden erreicht, die Reaktionen auf die Umfrage waren positiv, weiterer Kontakt von 2/3 der Unternehmen gewünscht, nur 4 Firmen planen einen Wegzug und 52 Unternehmen wollen sich am Ort vergrößern. Diesen Vergrößerungswünschen wird von den Mitarbeitern der Wirtschaftsförderung im Moment aktiv nachgegangen. Sollten die gemeinsamen Anstrengungen zur Unternehmenserweiterung erfolgreich sein, so ist davon auszugehen, dass infolgedessen neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Für die Durchführung einer regelmäßigen Umfrage sind Kosten angesetzt in Höhe von ca. 60.000 €
- Gewerbegebietsuntersuchungen als Grundlage für neue Vermarktungs- und Ansiedlungsmöglichkeiten: Die Analyse konzentriert sich auf die Identifizierung freier Flächen, das Nachverdichtungspotential, Umnutzungs- und Ersatzangebote, Branchenschwerpunkte und die Infrastruktur (Schwerpunkt Erreichbarkeit). Bereits in Weilimdorf und in Stuttgart-Wangen durchgeführte Untersuchungen ergaben u.a. eine erhöhte Transparenz über am Markt verfügbare Flächen, die nicht im Eigentum der Stadt stehen. Geplant sind pro Jahr 2-3 Untersuchungen à 10.000 €, insgesamt ca. 30.000 €
- Leerstandsmanagement: Stadtteilbefragungen und Bestandsanalyse mit dem Ziel, leer stehende Handelsflächen schnell, qualitätsbewusst und standortverträglich wieder zu nutzen, technische Infrastruktur entwickeln und zur Verfügung stellen (Homepage, Leerstands-Datenbank, Werkvertrag für deren Pflege und Betreuung), Zwischen- und Nachnutzungskonzepte und Exposés erstellen, Kosten ca. 30.000 €
- Stärkung des örtlichen Handwerks:
Konzeption, Durchführung und Auswertung einer Gebietsbefragung der Handwerksbetriebe in Stuttgart (über 6.000 Betriebe) zu geplanten Veränderungen (Unternehmensvergrößerung, Unternehmensverlagerung, Unternehmensnachfolge usw.) und Umsetzung des daraus resultierenden Handlungsbedarfs: Bedarfsermittlung, Vorbereitung für neue Handwerkerstandorte, Beratung bei der Unternehmensnachfolge sowie Kontaktaufbau und Kontaktpflege mit den Handwerksbetrieben, Kosten ca. 20.000 €
_______
Insgesamt 220.000 €
Beteiligte Stellen
Dr. Wolfgang Schuster
Vorlage5992007.pdf