Beantwortung zur Anfrage
173/2004

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 06/22/2004
Der Oberbürgermeister
GZ: 1224-03



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Küstler Ulrike (PDS) , PDS im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
    05/10/2004
Betreff
    Ausweisungen wegen Armut
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Vorbemerkung: In der Anfrage wird von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Zwar überprüft die Ausländerbehörde seit Mitte 1999 regelmäßig alle noch nicht verfestigten Ausländer im Sozialhilfebezug. Allerdings ist Zielrichtung nicht eine Ausweisung nach §§ 45, 46 Ausländergesetz, die das schärfste Mittel mit weitreichenden Folgen (z. B. Einreiseverbot) im Ausländerrecht darstellt.

Vielmehr wird geklärt, weshalb die für den Erhalt oder die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung zwingend vorgegebene Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes offensichtlich nicht (mehr) vorliegt. Ergibt eine Überprüfung der Gesamtumstände des Einzelfalles, dass die Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltsgenehmigung nicht (mehr) vorliegen, wird eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung erlassen. Dies ist eine weniger einschneidende Maßnahme wie eine Ausweisung. Insbesondere ist hier eine spätere Wiedereinreise möglich.

zu 1: Seit Mitte des Jahres 1999 wurden 2 204 Ausländer im Sozialhilfebezug überprüft. Bei 954 Personen wurden bereits aufgrund der Aktenlage keine weiteren Maßnahmen getroffen (z. B. langjähriger Aufenthalt, offenkundige Integration, deutscher Ehepartner). In 1 250 Fällen wurden die Betroffenen zur beabsichtigten Aufenthaltsbeendingung angehört, in 123 Fällen erging bislang auch eine Ausreiseaufforderung.

zu 2: Eine Statistik über die nachgefragten Angaben wird nicht geführt. Schwerpunktmäßig handelt es sich um Staatsangehörige aller Altersgruppen der bevölkerungsmäßig am stärksten vertretenen Ausländergruppen (Türkei, ehemaliges Jugoslalwien), die sich bislang nicht verfestigen konnten (fehlende Sprachkenntnisse, keine Sicherung des Lebensunterhalts, Straftaten, keine Angehörigen usw.).

zu 3: In 59 Fällen haben Betroffene gegen eine Ausreiseaufforderung verwaltungsgerichtlichen Schutz in Anspruch genommen. Dass die Stadt ein Verfahren verliert, ist die Ausnahme.

zu 4: Wie bereits unter Ziffer 1 dargelegt, werden die Betroffenen grundsätzlich vor einer Entscheidung über das weitere Vorgehen angehört. Dies ist auch sinnvoll, da das Verwaltungsverfahren in zahlreichen Fällen durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beendet wird. Im Rahmen der Anhörung steht es den Betroffenen frei, sich jedweder Unterstützung zuzuwenden. In der Praxis melden sich häufig Rechtsvertreter, Beratungsstellen, Sozialarbeiter oder werden ärztliche Gutachten vorgelegt.

zu 5: Das Budget für Maßnahmen der Hilfe für Arbeit in Einzelfällen wurde vom Gemeinderat für die Haushaltsjahre 2003/2004 stark eingeschränkt. Im Rahmen des vorhandenen Budgets können jedoch auch Ausländer Leistungen der Hilfe bei Arbeit nach den §§ 18 ff. BSHG erhalten.

zu 6: Das Sozialamt prüft bei Bekanntwerden einer Notlage, ob Ansprüche des Ausländers auf Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz gegeben sind. Ob und gegebenenfalls welche ausländerrechtlichen Konsequenzen sich hieraus ergeben, kann nur nach Prüfung des Einzelfalles festgestellt werden. Die Stadt vermag jedenfalls an der ausländergesetzlichen Vorgabe, dass Ausländer den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes aus eigenen Mitteln aufbringen müssen, nichts zu ändern.







Dr. Wolfgang Schuster