Beantwortung zur Anfrage
415/2008

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 11/24/2008
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7651-04.00



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Rockenbauch Hannes (SÖS) , SÖS im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
    10/24/2008
Betreff
    Hartz IV absurd
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu Fragen 1 und 5
Integration in Arbeit

Entgegen dem Duktus der Anfrage folgt das SGB II nicht einem eher traditionellen Rollenverständnis. Die Integrationsangebote sind an alle Erwerbsfähigen gerichtet, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Das gleiche gilt für die Mitwirkungspflichten. Insofern ist die Rechtslage eindeutig (§ 2 SGB II, Grundsatz des Forderns).

Auch unter der Würdigung der persönlichen Lebensumstände war die verfolgte Integrationsstrategie begründet. Die Angebote der Zora gGmbH sind bestens geeignet, die Integrationschancen gerade auch von älteren Frauen mit Migrationshintergrund auszuloten und zu verbessern. Dies geschieht in einer sehr adäquaten Form unter strikter Einbeziehung der Betroffenen. Im konkreten Fall wurde zunächst an die frühere Ausbildung zur Näherin angeknüpft, zumal die Teilnehmerin selbst sich eine Beschäftigung in diesem Bereich am ehesten vorstellen konnte.

Ziel war es herauszufinden, inwieweit ihre Qualifikationen als Näherin für einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessert werden können und sie an die Belastungen einer regulären Beschäftigung heranzuführen.

Zu Beginn der Maßnahme zeigte sich, dass die fachlichen Kenntnisse kaum noch vorhanden waren und zudem eine stufenweise Heranführung an die Anforderungen regulärer Erwerbsarbeit notwendig war. Mit ihrer Zustimmung wurde die Betroffene deshalb zunächst zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls mit kreativen Arbeiten und weiter mit leichten Montagearbeiten beschäftigt.





Die Montagearbeiten wurden 2006 zur, inzwischen aufgegebenen, Unterstützung einer etablierten Rehabilitationseinrichtung geleistet. Eine „Metallwerkstatt mit Akkordarbeit“ gab und gibt es beim Sozialunternehmen ZORA gGmbH nicht. Die Beschäftigung in jedem Projekt dient ausschließlich der Stabilisierung und Qualifizierung der Teilnehmer. Dies entspricht dem Verständnis, wie in Stuttgarter Arbeitsgelegenheiten angeboten und umgesetzt werden.

Die Teilnehmerin hat die Arbeitsgelegenheit bereits nach zwei Monaten zum 30.11.2006 wegen Erkrankung beendet.

Sie hat ergänzend zur Beschäftigung am Kurs „Spurwechsel“ teilgenommen, da ihre Deutschkenntnisse nur bedingt für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichten. Spurwechsel ist ein Kurs mit besonderen Angeboten für Migrantinnen und Migranten. Die Schwerpunkte sind vertieftes Profiling, Basiswissen Dienstleistung, Deutsch als Fremdsprache, soziales Kompetenztraining und EDV-/Bewerbungstraining.


Zu Frage 2
Beschäftigung trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ?

Der Hausarzt der Betroffenen war irrtümlich der Ansicht, dass er nur dem hauptversicherten Ehemann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen kann, nicht aber der familienversicherten Ehefrau. Diese Frage war Ende 2006 rechtlich tatsächlich noch nicht abschließend geklärt. Die AOK hat inzwischen die Auffassung des JobCenters bestätigt. Demnach übernimmt die AOK (nun) auch die Kosten für mitversicherte Familienangehörige.

Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die nicht arbeitsfähig sind, wird das Förder-instrument der Arbeitsgelegenheiten selbstverständlich nicht eingesetzt. Sofern die Anfrage unterstellt, die Teilnehmerin sei dauerhaft voll erwerbsgemindert, ist festzustellen, dass es hierfür keine Anhaltspunkte gab. Im Übrigen ist die Frage der Erwerbsfähigkeit in einem amtsärztlichen bzw. rentenversicherungsrechtlichen Verfahren zu klären. Eine Bescheinigung des Hausarztes reicht nicht aus.


Zu Fragen 3 und 4
Inhalt der Arbeitsgelegenheit

Bei Einsatz des Eingliederungsinstruments „Arbeitsgelegenheiten“ nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II werden nur Arbeiten gefördert, die im öffentlichen Interesse liegen, also nicht in erster Linie erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen, und die zusätzlich und wettbewerbsneutral sind. Die Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen


vorliegen, ist Aufgabe des JobCenters. Sofern sich im Einzelfall ergibt, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen, werden entweder die Arbeitsinhalte verändert oder die Förderung eingestellt. Die Arbeiten, die in der Näh- und Kreativwerkstatt der Zora gGmbH (heute Produktionswerkstatt) ausgeführt werden, entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen.





Dr. Wolfgang Schuster