Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 05/18/2009
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 6113 - 01
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Metke Christina (CDU), Hill Philipp (CDU), Schmid Roland (CDU)
Datum
10/16/2008
Betreff
Sozialverträglichkeitsprüfung bei Bauvorhaben/ verwaltungsinterne Prozessabläufe
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Zu 1.:
Zur Sozialverträglichkeitsprüfung (SVP) wird auf die Mitteilungsvorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 8. Mai 2008 (GRDrs. 261/2008) verwiesen.
Danach sind relevante städtebauliche Vorhaben (z.B. beim Wohnungsbau Projekte mit mehr als ca. 50 Wohneinheiten) nach sozialpolitisch orientierten Entwicklungszielen und – kriterien einer Prüfung zu unterziehen. Die SVP ist aber keine planungsrechtlich vorgeschriebene „Prüfungsinstanz“ (wie etwa die Umweltverträglichkeitsprüfung UVP), sondern eine freiwillige zusätzliche Arbeits- und Abwägungshilfe der Verwaltung auf dem Gebiet der Stadtplanung (siehe unten Ziffer 2).
Das Baugenehmigungsverfahren in Baden-Württemberg kennt keine Sozialverträglichkeitsprüfung, auch nicht für private Pflegeeinrichtungen. Die Möglichkeiten für die Baurechtsbehörde beschränken sich auf die Überprüfung, ob derartige Einrichtungen das geltende Bauplanungs- und Bauordnungsrecht einhalten oder nicht.
Eine förmliche Beteiligung der Sozialverwaltung ist nach den sehr engen Verfahrensvorschriften der Landesbauordnung, die gerade die Reduzierung der beteiligten Stellen und die Straffung des Baugenehmigungsverfahrens zum Ziel haben, nicht zulässig. Selbst bei vorliegender negativer Bewertung einer privaten Pflegeeinrichtung durch das Sozialamt, bspw. hinsichtlich der baulichen Standards oder des geplanten Standorts, könnte im Übrigen eine nach Baurecht zu erteilende Baugenehmigung nicht verweigert werden.
Zu 2.:
Die SVP erfolgt frühzeitig im Rahmen der Bebauungsplanverfahren (siehe Ablaufschema zu GRDrs. 261/2008). Bereits hier soll es Aussagen zur Sozialverträglichkeit eines Vorhabens geben. Auch bei sonstigen Projektplanungen und Verträgen von Realisierungsmaßnahmen kommt gegebenenfalls eine SVP in Frage, jedoch nur, soweit Vorhaben früh genug bekannt sind und eine Relevanz für das Thema erkennbar ist.
Erörtert und bewertet werden prüfrelevante Planungen und Vorhaben in der Arbeitsgruppe für sozialverträgliche Planung (AGSP). Hierbei werden auch alle nicht technischen Ämter, insbesondere die Sozialverwaltung und die Bezirksämter, einbezogen. In Einzelfällen werden dann unabhängig von monatlichen AGSP-Sitzungen auch kleine Fachrunden terminiert, in denen dringliche Einzelfälle oder größere Vorhaben abgestimmt und beurteilt werden. Bereits nach der aktuellen Landesbauordnung und verstärkt nach dem derzeit im Anhörungsverfahren befindlichen Entwurf einer neuen LBO-Novelle kann aber in vielen Fällen ohne Baugenehmigungsverfahren und damit ohne Einbeziehung der Fachverwaltung gebaut werden.
Wenn Anträge auf baurechtliche Genehmigung einer privaten Pflegeeinrichtung eingereicht werden, weist das Baurechtsamt den Antragsteller darauf hin, dass die Inanspruchnahme öffentlicher Gelder für den Bau oder den Betrieb der Einrichtung eine Beurteilung durch die Geschäftstelle Kreispflegeplanung des Sozialamts voraussetzt und empfiehlt eine kurzfristige Kontaktaufnahme. Zudem wird das Sozialamt durch Mail über den Antragseingang informiert.
Unabhängig vom Baugenehmigungsverfahren sollen so der Sozialverwaltung Möglichkeiten zur Beratung der Antragsteller bzw. zur Erörterung von Einzelprojekten in der AGSP eröffnet werden.
Zu 3.:
Die Einflussmöglichkeiten des Gemeinderats auf nicht öffentlich geförderte Bauvorhaben sind sehr gering. Sie reduzieren sich auf die aus der Planungshoheit erwachsenden Möglichkeiten der Bauleitplanung und damit auf den Aufgabenbereich des Ausschusses für Umwelt und Technik.
So kann bei entsprechender städtebaulicher Begründung die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans beschlossen und nach Erlass einer Veränderungssperre ein anhängiger Bauantrag abgewiesen werden. Dieses Vorgehen setzt aber eine ausreichende städtebauliche Rechtfertigung und eine inhaltlich hinreichend restriktive neue Bauleitplanung voraus, mit der Folge, dass dann auch eine städtische Pflegeeinrichtung oder eine private Pflegeeinrichtung mit besserem Standard unzulässig und damit baurechtlich nicht mehr genehmigungsfähig wäre.
Eine aktive steuernde Sozialpolitik unter Nutzung bauplanungsrechtlicher Instrumente schließt das Baugesetzbuch ausdrücklich aus.