Stellungnahme zum Antrag
265/2005

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 11/14/2005
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 1320-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Schmid Roland (CDU), Barg Stefan (CDU), Wahl Dieter (CDU), Prof. Dr. Loos Dorit (CDU)
Datum
    09/14/2005
Betreff
    Aufgabenschwerpunkte im Bereich der öffentlichen Sicherheit nach Verabschiedung der Innenstadtkonzeption für den städtischen Vollzugsdienst
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
    Dienstanweisung Städtischer Vollzugsdienst
    Stellungnahme Polizeipräsidium Stuttgart
    Städtevergleich
Beantwortung/ Stellungnahme:


Zu Ziffer 1:

Der Städtische Vollzugsdienst nimmt zentrale Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr wahr. Dazu gehören insbesondere Aufgaben, die vom Polizeipräsidium Stuttgart nicht oder nicht mehr im erforderlichen Umfang wahrgenommen werden können.

Als Folge der Verstaatlichung des Polizeivollzugsdienstes ist der Städtische Vollzugsdienst sukzessive in die nach § 31 DVO Polizeigesetz Baden-Württemberg bestehenden kommunalen Vollzugsaufgaben hineingewachsen. Der Städtische Vollzugsdienst erfüllt übertragene Aufgaben, Aufgaben aufgrund vertraglicher Verpflichtungen sowie freiwillige Aufgaben.

Zu den Aufgaben des Vollzugsdienstes gehören heute die vom Gemeinderat übertragenen Vollzugsaufgaben, insbesondere die Überwachung und der Vollzug der städtischen Polizeiverordnungen und Satzungen sowie der Vollzug von Anordnungen und Maßnahmen, die die Landeshauptstadt Stuttgart als Orts- und Kreispolizeibehörde trifft. Weiter nimmt der Städtische Vollzugsdienst ordnungsbehördliche Pflichtaufgaben nach Weisung wahr, z. B. die Entstempelung von Kraftfahrzeugen und den Tiernotdienst. Darüber hinaus ergeben sich Verpflichtungen aus den Eingemeindungsverträgen und aus Verträgen mit dem Land Baden-Württemberg hinsichtlich des Anlagen- und Forstschutzes.

Der Aufgabenkatalog ist als Anlage 2 beigefügt.

Die Arbeitsschwerpunkte liegen in der Innenstadt und im unbebauten Außenbereich.

Die Ende 1993 aufgenommene Überwachung in der Innenstadt (Sicherheit und Sauberkeit) wird seither von der Bevölkerung und den Gewerbetreibenden ausdrücklich begrüßt.

Im Außenbereich nimmt der Vollzugsdienst die klassischen Feldschutzaufgaben und im Forstbereich die Aufgaben der Forstschutzbeauftragten wahr. In diesem Rahmen werden Felder, Wälder, Naturschutzgebiete, Kleingartenanlagen und der unüberbaute Bereich in der freien Landschaft sowie die Naherholungsgebiete wie Rot- und Schwarzwildpark, Egelseer Heide, Max-Eyth-See und Eichenhain überwacht.

Defizite ergeben sich vor allem durch die im Verhältnis zu den Aufgaben zu geringen personellen Ressourcen. Um eine noch ausreichende Überwachung im Innenstadtbereich zu gewährleisten und die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Land und die Pflichtaufgaben zu erfüllen, musste die Überwachung des Außenbereichs erheblich reduziert werden. Naherholungsgebiete werden nur noch schwerpunktmäßig und anlassbezogen überwacht. Die seitherige Entwicklung zeigt eine stetige Zunahme von Sachbeschädigungen, Verunreinigungen und Vandalismus aller Art; die darauf bezogenen Beschwerden aus der Bevölkerung haben – wie sich auch aus den Beratungen und Anfragen in den Bezirksbeiräten ergibt – bis September d. J. einen neuen Höchststand erreicht. Die Vollzugspolizei / Polizeipräsidium Stuttgart bewertet diese Lage als “beunruhigend” – siehe Schreiben vom 05.10.2005 (Anlage 3), vgl. Antworten zu den Fragen 6, 8 und 9.


Zu Ziffer 2:

Sondereinsätze und Schwerpunktmaßnahmen ergeben sich in der Regel aus

- Beschlüssen oder Anträgen des Gemeinderats
- Anordnungen des Bürgermeisteramts oder
- Beschwerden aus der Bevölkerung.

In diesem Rahmen werden und wurden Schwerpunktmaßnahmen durchgeführt:

- zur Durchsetzung des Fütterungsverbots von verwilderten Haustauben
- gegen das verbotene Radfahren in Fußgängerzonen
- gegen Farbschmierereien, wildes Plakatieren und Vandalismus
- zur Durchsetzung der Nutzungsordnung für den Höhenpark Killesberg
- gegen Belästigungen
- gegen das illegale Wegwerfen von Kleinmüll und Kaugummi
- zur Verhinderung oder Beseitigung von Verunreinigungen auf Kinderspielplätzen
- zur Verhinderung des Schleichverkehrs (z. B. Sillenbuch – Rohracker, Birkacher Straße in Riedenberg, Zuckerleweg, Hasenbergsteige u. v. m.)
- zur Überwachung und Durchsetzung des Leinenzwangs für Hunde
- zur Vermeidung und Beseitigung von Hundekot auf öffentlichen Flächen und auf freier Feldflur
- etc.

Darüber hinaus werden bei Bedarf zeitnahe Sondereinsätze wie die Überwachung der Skater- und Spielanlage Pfarrstraße und Kontrollen der Grillstellen bei Waldbrandgefahr durchgeführt.


Zu Ziffer 3:

Dem Städtischen Vollzugsdienst müssten auf Grund der sich geänderten Gegebenheiten, der Beschwerdelage und Forderungen aus Bezirks- und Sicherheitsbeiräten dringend weitere Aufgaben übertragen werden, wie z. B.:

- verstärkte Überwachung in den Außenbereichen (ständige Forderung von Gartenbauvereinen etc.)
- Ausdehnung der Überwachungszeiten, vor allem zur Überwachung von Kinderspiel- und Bolzplätzen (nächtliche Partys, Trinkgelage, wie am Rupert-Mayer-Platz, etc.)
- verstärkte Überwachung von Naturschutz- und Landschaftsgebieten
- begleitende Unterstützung bei der Bekämpfung des Fuchsbandwurms
- Durchführung von Schwerpunktmaßnahmen, insbesondere zur Verhinderung von Schäden und hohen Folgekosten.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine weitere Übertragung von Aufgaben auf den Städtischen Vollzugsdienst nicht möglich. Voraussetzung für eine Übertragung weiterer Aufgaben wäre insbesondere eine deutlich verbesserte Personalausstattung.


Zu Ziffer 4:

Der Städtische Vollzugsdienst ist in erheblichem Umfang mit kriminalpräventiven Aufgaben im Sinne einer “sauberen und sicheren Stadt” betraut. Die Präsenz des Städtischen Vollzugsdienstes in der Innenstadt stärkt das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der auswärtigen Besucher durch die zeitnahe Beseitigung von Ordnungsstörungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle (Vandalismus, fliegende Händler, Wegwerfen von Kleinmüll, Plakatieren, Taubenfüttern, freilaufende Hunde, Hundekot etc.) und der unmittelbaren Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Durch diese niederschwelligen Maßnahmen, die durch die staatliche Vollzugspolizei bereits grundsätzlich nicht im erforderlichen Umfang geleistet werden, verhindert der Städtische Vollzugsdienst schon präventiv die Bildung von Angsträumen.

Allerdings stellt das Polizeipräsidium Stuttgart in Bezug auf Überwachungsdefizite fest, dass eine Reduzierung der Tätigkeiten des Städtischen Vollzugsdienstes dazu geeignet ist, das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger, speziell auch in den Außenbezirken, deutlich zu verschlechtern. Gemeinsames Ziel der Stadtverwaltung und des Polizeivollzugsdienstes sollte es aus Sicht des Polizeipräsidiums Stuttgart sein, den Bürgern Ansprechpartner für die verschiedensten (Problem-)Bereiche des täglichen Lebens anzubieten, um nicht nur die “große Kriminalität” zu bekämpfen, sondern auch Hilfe bei kleineren, den Bürger aber oft nicht minder belastenden Problemen zu bieten.

Daneben werden Kinderspielplätze im Rahmen der Streifentätigkeit gezielt überwacht, um Gefährdungen der spielenden Kinder und die zweckwidrige Nutzung der Spielgeräte bzw. der Plätze zu verhindern. Offensichtliche Defekte an Spielgeräten und Einrichtungen, Zerstörungen und Verschmutzungen werden dabei im Wege der Amtshilfe unverzüglich an die zuständigen Stellen weitergemeldet, um eine unmittelbare Beseitigung in die Wege zu leiten. Damit wird die Gewährleistung von sicheren und sauberen Spielplätzen in Stuttgart unterstützt.


Zu Ziffer 5:

Bis 1993 waren mit dem Vollzug der gestellten Aufgaben 77 Mitarbeiter befasst; im Rahmen der Haushaltskonsolidierung wurden seither 17 Stellen (rund 23 %) abgebaut.

Heute hat der Städtische Vollzugsdienst planmäßig 60 Mitarbeiter. Davon sind 18 Stellen durch die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Land Baden-Württemberg (Überwachung der Staatlichen Anlagen, z. B. Schloßgartenanlagen und Überwachung der Anlagen der Universität Hohenheim) und für die Pflichtaufgaben (Zwangsentstempelung, Tiernotdienst, Forstschutz) gebunden.

Für die Erfüllung des gesamten weiteren Aufgabenspektrums einschließlich der vom Gemeinderat übertragenen Aufgaben und der auch politisch gewollten Sondereinsätze und Schwerpunktmaßnahmen stehen somit planmäßig 42 Stellen zur Verfügung.

Durch den Zwei-Schicht-Betrieb von 6 bis 22 Uhr, der auch an den Wochenenden und an Feiertagen gewährleistet ist sowie durch notwendige Fortbildungen und Fehlzeiten (Krankheit, Urlaub) ergibt sich eine Personalstärke von durchschnittlich 10 Mitarbeitern pro Schicht, die für diese Aufgaben im gesamten Stadtgebiet planmäßig zur Verfügung stehen.


Zu Ziffer 6:

Die Aufgabenerledigung durch den Städtischen Vollzugsdienst erfolgt in enger Abstimmung mit dem Polizeipräsidium Stuttgart:

- Fortbildung des Städtischen Vollzugsdienstes beim Polizeipräsidium Stuttgart und Zugriff auf die Zentrale Datenstation des Polizeipräsidiums Stuttgart im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen
- Absprache von Schwerpunktaktionen, insbesondere in Parks und Grünanlagen wie dem Höhenpark Killesberg und bei der Kontrolle von Randgruppen
- Tiernotdienst
- Übernahme des Verfahrens bei Strafanzeigen durch das Polizeipräsidium Stuttgart
- Verkehrsregelung (Unterstützung des Polizeipräsidiums Stuttgart oder bei Gefahr im Verzug)
- Kommunale Kriminalprävention
- Austausch von lagebildbezogenen Informationen.

Das Polizeipräsidium Stuttgart bewertet die Zusammenarbeit mit dem Städtischen Vollzugsdienst positiv und weist darauf hin, dass es durch die Aufgabenerfüllung des Städtischen Vollzugsdienstes für das Polizeipräsidium Stuttgart möglich wurde, sich auf seine eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Bemängelt wird, dass der Städtische Vollzugsdienst seine bisherigen Aufgaben in den Bereichen Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie bei der Überwachung und Ahndung der Bestimmungen des Stadtrechts nicht mehr oder nur noch in Ausnahmefällen wahrnimmt.

Das Polizeipräsidium Stuttgart kann die durch den Rückzug des Städtischen Vollzugsdienstes entstandenen Defizite nicht kompensieren. Vielmehr wäre aus Sicht des Polizeipräsidiums Stuttgart die Übernahme weiterer Aufgabengebiete zu einer Entlastung des Polizeivollzugsdienstes notwendig.


Zu Ziffer 7:

Aufgaben, Personalstärke und Ausrüstung der Gemeindlichen Vollzugsdienste in Vergleichsstädten ergeben sich aus Anlage 4.


Zu Ziffer 8:

Die Streifentätigkeit des Städtischen Vollzugsdienstes in der Innenstadt wird von den Gewerbetreibenden und den Besuchern geschätzt. Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung können reduziert und damit das Sicherheitsgefühl gestärkt werden. Die Doppelstreifen mit Diensthund in den Fußgängerzonen gehören insoweit zum vertrauten Bild und werden schon allein deshalb sehr positiv angenommen, da dadurch Bürgerinnen und Bürger genauso wie Geschäftsleute und Besucher bei Störungen einen kompetenten, direkten Ansprechpartner haben.

Auch im Außenbereich wird die Arbeit des “Feldschutzes” hoch geschätzt. Das zeigen vor allem Forderungen nach einer Verstärkung der Überwachung des Außenbereichs. Außerdem kennen die meisten Betroffenen im Außenbereich “ihren” Ansprechpartner des Städtischen Vollzugsdienstes persönlich, so dass Beschwerden, Feststellungen und Informationen unmittelbar an den Mitarbeiter heran getragen werden. Dies führt zu einer unbürokratischen, schnellen Lösung vieler Probleme vor Ort. Genau dies wird aber von Landwirten, Kleingärtnern und vielen anderen an der Arbeit des Städtischen Vollzugsdienstes als Feldschutz geschätzt.

Kritisiert wird die fehlende Präsenz im Außenbereich.


Zu Ziffer 9:

Durch die Tätigkeit des Städtischen Vollzugsdienstes können gerade auf Kinderspielplätzen und im Außenbereich erhebliche Schäden vermieden oder doch zumindest gemindert werden.

Im Zuständigkeitsbereich des Forstamts beim Amt für Liegenschaften und Wohnen entstehen erhebliche Kosten durch

- die illegale Benutzung von Waldwegen durch Kraftfahrzeuge und die illegale Nutzung des Waldes durch Mountainbiker
- Sachbeschädigungen an Einrichtungen im Wald durch unsachgemäße oder unberechtigte Nutzung und
- illegale Abfallablagerungen an Grillstellen, vor allem an den Wochenenden und vor bzw. nach Feiertagen.

Die Schäden an Wegen und Einrichtungen im Wald durch illegale Nutzungen, aber auch durch Vandalismus sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Die Forstverwaltung befürchtet, dass sich dieser Trend infolge des abnehmenden Überwachungsdrucks weiter fortsetzt. Aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Mittel besteht deshalb aus Sicht der Forstverwaltung bereits in absehbarer Zeit die Gefahr, dass Erholungseinrichtungen nicht mehr in vollem Umfang wiederhergestellt werden.

Auch im Bereich des Garten- und Friedhofsamts kam es in den letzten Jahren zu einem erheblichen Anstieg der Schäden, die durch Vandalismus und Zweckentfremdung an Pflanzungen, Einrichtungen und Bauwerken entstanden sind. Dazu kommen Schäden an Spielanlagen auf Spielplätzen, Verunreinigung von Sandkästen und Belästigungen der Anwohner durch zweckentfremdete oder unberechtigte Nutzungen. Der jährliche Gesamtaufwand für die Beseitigung allein dieser Schäden liegt inzwischen bei 130.000 bis 150.000 Euro im Jahr.

Aus Sicht des Garten- und Friedhofsamts können diese Schäden und Störungen nur durch eine konsequente Überwachung reduziert und teilweise vermieden werden. Das Garten- und Friedhofsamt geht davon aus, dass bereits der bisherige Anstieg der Schäden teilweise auf die mangelnde Überwachung zurückzuführen ist. Auch in diesem Bereich ist bei einer Fortsetzung der bisherigen Entwicklung zukünftig mit einem Anstieg der Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten oder mit einer Schließung und Reduzierung der Anlagen zu rechnen.







Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen
Dienstanweisung Städtischer Vollzugsdienst
Stellungnahme des Polizeipräsidiums Stuttgart
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