Stellungnahme zum Antrag
410/2001

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 11/22/2001
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 5200-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion
Datum
    09/27/2001
Betreff
    Umwandlung des Klinikum Stuttgart in eine private Rechtsform und Möglichkeiten der Beteiligung privater Dritter
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Der Gemeinderat hat am 8. Oktober 1998 (siehe Niederschrift Nr. 238) im Zusammenhang mit der Bildung des Klinikums Stuttgart u.a. beschlossen, die vier Eigenbetriebe "Krankenhäuser" zu einem Eigenbetrieb zusammenzuführen. Maßgebend für diese Lösung war das Ergebnis umfangreicher stadtinterner Untersuchungen. Diese hatten ergeben, daß als Eigenbetriebe geführte Krankenhäuser hinsichtlich der Möglichkeiten der Krankenhausorganisation und Entscheidungsstrukturen, der Wirtschaftsführung und der Personalwirtschaft in nichts Krankenhäuser nachstehen, die als Gesellschaft des privaten Rechts betrieben werden. Insbesondere sind die gleichen Effizienzverbesserungen wie bei einem in einer privaten Rechtsform betriebenen Krankenhaus möglich.

Die folgende Ergebnisentwicklung der letzten Jahre in den städtischen Krankenhäusern zeigt, daß die Überführung der städtischen Krankenhäuser in die Rechtsform des Eigenbetriebs die richtige Entscheidung gewesen ist.

Krankenhäuser wurden geführt als
Bilanzergebnisse
1991
    Regiebetriebe
- 46 941 952 DM
1992
    Regiebetriebe
- 37 672 765 DM
1993
    Regiebetriebe
- 23 320 378 DM
1994
    Regiebetriebe
- 6 131 302 DM
1995
    Eigenbetriebe
- 1 647 221 DM
1996
    Eigenbetriebe
+ 620 420 DM
1997
    Eigenbetriebe
+ 5 828 607 DM
1998
    Eigenbetriebe
+ 8 272 858 DM
1. HJ 1999
    Eigenbetriebe
+ 3 811 974 DM
2. HJ 1999
    Eigenbetrieb (Klinikum)
+ 602 373 DM
2000
    Eigenbetrieb (Klinikum)
+ 831 845 DM

Das Landeskrankenhausgesetz läßt neben dem Regiebetrieb und der Rechtsform des Eigenbetriebes seit einigen Jahren auch die Rechtsform des privaten Rechts für kommunale Krankenhäuser zu. In der Praxis ist bei einer Entscheidung zugunsten einer Rechtsform des privaten Rechts nur die Führung als GmbH denkbar. Andere Rechtsformen des privaten Rechts sind für das kommunale Krankenhauswesen in Baden-Württemberg nicht relevant. Für den städtischen Krankenhausbereich käme also bei einer Überführung der Krankenhäuser in eine private Rechtsform nur die GmbH in Betracht.

Bei einer Überleitung der Krankenhäuser in eine GmbH würden sich insbesondere folgende Nachteile (Probleme) ergeben, die in der GR-Drucksache Nr. 259/1998 vom 5. Juni 1998 aufgeführt sind und den Gemeinderat deshalb zu der Entscheidung "Eigenbetrieb" bewogen haben:

- Der mit der Umwandlung in eine GmbH verbundene Übergang des Grundvermögens würde Grunderwerbssteuer sowie Gründungskosten auslösen. Bei einer Überführung der städtischen Krankenhäuser in die Rechtsform der GmbH ist allein mit einer Grunderwerbssteuer von bis zu 17 Mio DM unter Berücksichtigung des Finanzausgleichs zu rechnen. Sowohl bei der Bildung der Eigenbetriebe als auch bei der Zusammenführung zu einem Eigenbetrieb sind keine Steuern angefallen.

- Die Mitarbeiter/-innen einer GmbH würden einem anderen Arbeitgeber angehören. Etwa 5 500 Beschäftigte der Landeshauptstadt Stuttgart, also ein Drittel der städtischen Beschäftigten, würden Arbeitnehmer der GmbH. Wollten die städtischen Beschäftigten nicht zum neuen Arbeitgeber wechseln, müßten sie der Übernahme widersprechen mit der Folge, daß das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber Landeshauptstadt Stuttgart weiter bestünde. Der Arbeitgeber ist nach der Rechtsprechung verpflichtet, für einen geeigneten Arbeitsplatz zu sorgen. Ist dies der Stadt nicht möglich, kann sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zwar betriebsbedingt kündigen. Im Hinblick auf die berufliche Spezialisierung hat dieser Punkt erhebliche Relevanz für das Krankenhauspersonal. Bei einer Überführung in eine GmbH wäre nicht auszuschließen, daß ein erheblicher Teil der Mitarbeiter der Überleitung mit dem Ziel widerspricht, das Arbeitsverhältnis mit der Stadt zu erhalten. Sowohl für die Landeshauptstadt als auch für die Krankenhäuser und somit für die Krankenhausversorgung hätte dies erhebliche Folgen.

- Die Steuerungs-, Einfluß- und Kontrollbelange des Gemeinderats und der Verwaltung bleiben bei der Rechtsform Eigenbetrieb gewahrt. Gleichzeitig wird dadurch die vor allem aus gesundheitspolitischen Gründen erwünschte Anbindung an die Stadt gewährleistet.


In der GR-Drucksache Nr. 259/1998 vom 5. Juni 1998 wurden die Gründe, die für die jetzige Struktur sprechen, ausführlich dargelegt. Sie ist deshalb als Anlage dieser Stellungnahme beigefügt.

Auch die Gemeindeprüfungsanstalt hat sich mit dieser Thematik wiederholt befaßt und vertritt nachdrücklich die Auffassung, kommunale Krankenhäuser möglichst nicht in der Rechtsform der GmbH zu betreiben. Sie weist insbesondere darauf hin, daß das Aufgabenspektrum kommunaler Aktivitäten in der Verantwortung des Gemeinderates bleiben soll (politische Aufgabe der Daseinsfürsorge für die Bevölkerung).

Auf Grund der aufgezeigten Überlegungen sollte das Klinikum Stuttgart zumindest vorerst weiterhin in der Rechtsform des Eigenbetriebs geführt werden. Die Frage der Rechtsform für die städtischen Krankenhäuser soll jedoch im Zusammenhang mit der Verlegung des Olgahospitals in den Bereich des Katharinenhospitals erneut unter dem Gesichtspunkt der Einbindung privaten Kapitals zur Finanzierung des städtischen Investitionskostenanteils untersucht werden. Dies ist allerdings erst möglich, wenn konkretere Angaben über die Investitionskosten und Förderzuschüsse des Landes vorliegen. Unabhängig davon stellt sich die Frage der Rechtsform für die städtischen Krankenhäuser im Zusammenhang mit der Prüfung, wie die städtischen Krankenhäuser über das Jahr 2005 hinaus geführt und strukturiert werden (der Vertrag mit der Sana läuft bis zum 31. Dezember 2005). Die Verwaltung wird ihre Untersuchungsergebnisse rechtzeitig vorlegen. Bis dahin werden auch die gewünschten Erkundigungen bei anderen Krankenhausträgern eingeholt sowie bei den Empfehlungen die zukünftigen Entwicklungen im Gesundheitswesen berücksichtigt.








Dr. Wolfgang Schuster.


Anlage: GR-Drucksache Nr. 259/1998



grdrs 259_1998.pdf