Stellungnahme zum Antrag
807/2007

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 12/07/2007
Der Oberbürgermeister
GZ: 2005-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    11/22/2007
Betreff
    Konzept Stuttgarter Bildungspartnerschaft (GRDrs. 870/2007)
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Vorab ist hervorzuheben, dass es das Ziel des Konzepts „Stuttgarter Bildungspartnerschaft“ ist, für Stuttgart einen Weg zu konzipieren, um zu einem abgestimmten System von Bildung, Betreuung und Erziehung für junge Menschen im Alter von 1 bis 16 Jahren zu kommen. Im Verlauf dieser Jahre durchläuft ein Kind viele Stationen seiner Entwicklung in verschiedenen Institutionen bzw. Einrichtungen mit verschiedenen Partnern und hat einige entscheidende Übergänge von der Kindertagesstätte zur Grundschule, beim Wechsel in die weiterführenden Schulen und schließlich in Ausbildung und Beruf zu meistern.

Dafür müssen die Angebote der verschiedenen Institutionen und Einrichtungen inhaltlich und konzeptionell verzahnt und auf die besondere Situation einer Großstadt wie Stuttgart mit zudem einem sehr hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund abgestimmt werden. Um dies zu erreichen, müssen die verschiedenen Institutionen und Einrichtungen vorurteilsfrei aufeinander zugehen und zur Zusammenarbeit bereit sein. Dies ist im Interesse der Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt ein sehr erstrebenswertes und dringend notwendiges Vorgehen.

Mit der GRDrs 870/2007 schlage ich ausgewählte erste Schritte vor, die besonders wichtig sind und mit denen wir uns auf den Weg zu einem solchen abgestimmten System der inhaltlichen und konzeptionellen Zusammenarbeit machen sollten. Wie an vielen Stellen in der Vorlage deutlich wird, sollen gerade mit Hilfe des einzurichtenden Kompetenzzentrums die verschiedenen Partner zusammengeführt und ggf. weitere Ansatzpunkte für Handlungsfelder herausgearbeitet werden, die für ein wirklich durchgängiges System in allen aufgezeigten Entwicklungsstufen als notwendig und sinnvoll erscheinen. Auch verändert sich gerade die Betreuungs- und Bildungslandschaft in vielen Bereichen. Hier gilt es, die jeweils sich ändernden Rahmenbedingungen aufzugreifen und in bestehende oder zu entwickelnde Maßnahmenfelder einzuarbeiten.


Zu 1. und 2.:

Wie der GRDrs 870/2007 zu entnehmen ist, gibt es hier eine Übereinstimmung zur Rolle des geplanten referatsübergreifenden Kompetenzzentrums.

Ebenso wichtig ist, dass bei den verschiedenen Aufgaben – so gerade auch bei der Fortbildung – das Kompetenzzentrum auf vorhandene Kompetenzen und Erkenntnisse aufbaut. Daher schlage ich dem Gemeinderat unter Beschlussantragspunkt 3 vor, den bereits eingeleiteten Qualitätsentwicklungsprozess zur Bildungsförderung und Sprachförderung in den Kindertageseinrichtungen fortzusetzen und weiter auszubauen.

Zu 3.:

Hierzu darf ich auf die Ausführungen in der Haushaltsvorlage 1311/2007 verweisen.

Zu 4.:

Wie in der GRDrs 870/2007 in Anlage 3 dargestellt, zeichnen sich hier auf Landesebene gerade neue Entwicklungen ab, die prioritär berücksichtigt werden müssen. Auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung der Landesregierung sowie einer Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz vom Frühjahr 2007 ist das Kultusministerium aktuell dabei, für eine veränderte Einschulungsuntersuchung, welche auch eine verbindliche Sprachstandstandserhebungen für Kinder bis 2 Jahre vor der Einschulung ab Herbst 2008 vorsieht, die gesetzlichen Grundlagen im Schulgesetz vorzubereiten und die Finanzierung mit den kommunalen Landesverbänden abzustimmen.

Das Vorgehen wurde im Projekt „Schulreifes Kind“ seit einigen Jahren bereits erfolgreich erprobt. Dabei sollen alle Kinder durch Ärzte des Gesundheitsamts ganzheitlich untersucht werden, ganz gleich, ob sie einen Kindergarten besuchen oder nicht. Dem Kultusministerium ist dabei der „neutrale“, unvoreingenommene Blick auf das jeweilige Kind wichtig, bei dem ggf. auch krankhafte Störungen möglichst früh erkannt und dann entsprechenden Therapiemaßnahmen zugeführt werden sollen. Werden bei Kindern Entwicklungsverzögerungen festgestellt, sollen die notwendigen Fördermaßnahmen an einem runden Tisch gemeinsam mit Eltern, Kindergarten, Schule unter Einbeziehung der Erkenntnisse von Gesundheitsamt, Beratungslehrer/in bzw. Frühförderstelle festgelegt werden. Besonders sprachauffällige Kinder sollen dann in einem vertiefenden Testverfahren bewertet und anschließend mit gezielten Fördermaßnahmen unterstützt werden. In der zweiten Untersuchung, wird dann kurz vor der Einschulung die Wirkung der Fördermaßnahmen festgestellt.

Der Anlage des Kultusministeriums können Sie die verschiedenen Schritte der vorgesehenen Maßnahmen entnehmen. Zwischen der ersten und zweiten Untersuchung liegen daher etwa 1,5 Jahre, in der förderbedürftige Kinder in Präventivgruppen oder Präventivklassen gezielt bis zur Einschulung gefördert werden sollen. In der Verzahnung von vorschulischer Förderung beim Übergang zur Grundschule werden hierfür auch Lehrerstunden eingesetzt.

Diese gezielten Fördermaßnahmen sollen jedoch nicht die bereits von der Stadt vorgenommene Bildungs- und Sprachförderungen in den Kindertagesstätten, ersetzen. Die in den Einstein-Kitas vorgesehenen Dokumentationen sind hier sicher besonders hilfreich. Die vom Land vorgesehenen Fördermaßnahmen ergänzen dieses Angebot in einem Bereich, in dem die Anforderungen über die Leistungsmöglichkeiten selbst einer geschulten Erziehungskraft, die sich gleichzeitig um alle Kinder in einer Gruppe kümmern muss, hinausgehen. Bislang wurden diese Kinder bei der späten Einschulungsuntersuchung erfasst und vom Schulbesuch zurückgestellt. Dies soll mit dem neuen Verfahren möglichst vielen Kindern erspart bleiben.

In Stuttgart hat sich der Anteil der zurückgestellten Kinder in den letzten fünf Jahren wie folgt verändert:

Schuljahr 2003 / 2004 9,2 %
Schuljahr 2004 / 2005 9,3 %
Schuljahr 2005 / 2006 9,8 %
Schuljahr 2006 / 2007 11,4 %
Schuljahr 2007 / 2008 12,3 %

Auch im Land stieg der Anteil zwischen 2005 und 2007 von 7 % auf 9 %. Dies hängt einerseits mit den Veränderungen in den Einschulungsjahrgängen zusammen. Es zeigt aber auch, wie wichtig und notwendig die vorschulische Bildung und ggf. gezielte Förderung gerade hier in Stuttgart ist.

Zu 5. und 8.:

Zur Vertiefung der Kooperationen zwischen Kita und Grundschule schlägt die Verwaltung in der GRDrs. 870/2007 vor, die „pädagogischen Verbünde“ bereits ab dem Schuljahr 2008/2009 möglichst flächendeckend anzubieten. Wie in den Vorgesprächen mit Fraktionen festgelegt, werden in der Stuttgarter Bildungspartnerschaft die verschiedenen Zuständigkeiten von Stadt und Land nicht in Frage gestellt.

Die Anträge auf Förderung sollten sich daher in Bezug auf die Personalausstattung an den Vorgaben zu den Projekten „Schulreifes Kind“ und „Bildungshaus 3 bis 6 Jahre“ orientieren. Aber auch innerhalb dieses Rahmens bestehen für die „pädagogischen Verbünde“ sehr viele Spielräume, um die gemeinsame Arbeit in den pädagogischen Verbünden zu gestalten. Das geforderte gemeinsame pädagogische Konzept ist die Grundlage für eine engere Zusammenarbeit, bei der beide Seiten (Kita und Schule) sich auf einander zu bewegen. Das Kompetenzzentrum soll diese Prozesse begleiten.

Zu 6.:

In den Bildungsrat sollen nach dem Vorschlag der Verwaltung auch Vertreter des Jugendamts und der freien Träger berufen werden. Es bleibt ggf. den Institutionen überlassen, wen sie entsenden, um die unmittelbaren Erfahrungen der Erzieher/innen dort einbringen zu können. Das gleiche gilt für die Vertreter/innen des Landes in Bezug auf die Schulen bzw. Lehrkräfte. Selbstverständlich sind hierbei auch die Eltern miteinzubinden.

Zu 7.:

Wie eingangs erwähnt, sind die jetzt vorgeschlagenen ersten Schritte im Konzept „Stuttgarter Bildungspartnerschaft“ natürlich nicht abschließend, sondern sollen durch ggf. weitere Maßnahmen, die vom Bildungsrat ausgewählt und vorgeschlagen werden, ausgeweitet werden. Eine solche weitergehende Maßnahme könnte die Ausarbeitung eines Konzepts sein, das zum Ziel hat, wie man ggf. früher einen größeren Anteil von Kindern für den Besuch der Kindertagesstätten gewinnt.





Dr. Wolfgang Schuster


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Anlage 1 GRDrs 807_2007.pdf