Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
367/2006

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/16/2007
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7402 - 00



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    11/17/2006
Betreff
    Bestattungen und Trauerfeiern für mittellose Verstorbene
    - Entwicklung und Regelung in Stuttgart
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:


Es ist zu unterscheiden zwischen den sozialhilferechtlich anzuerkennenden Kosten bei Anträgen, die von zur Tragung von Bestattungskosten verpflichteten Angehörigen nach § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gestellt werden und den Kosten, die für ordnungsbehördlich zu veranlassende Bestattungen anfallen, wenn nicht oder nicht rechzeitig für die Bestattung Verstorbener gesorgt wird. Das Amt für öffentliche Ordnung übernimmt in diesen Fällen die Bestattungskosten zunächst als Polizeikosten mit der Maßgabe, diese später von den zu ermittelnden bestattungspflichtigen Angehörigen zum Ersatz einzufordern.

Aufgrund der neusten Rechtsauslegung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg zum Bestattungsgesetz liegen Bestattungsfeierlichkeiten jedoch außerhalb des bestattungsrechtlichen Regelungsbereichs. In Ermangelung einer Ermächtigungsgrundlage werden daher ab dem 01.01.2007 ordnungsbehördlich keine Trauerfeiern mehr veranlasst. Davon unabhängig steht es Angehörigen jedoch frei, Trauerfeiern auf eigene Rechnung in Auftrag zu geben. Die Aufwendungen für eine Trauerfreier werden als Teil der Bestattungskosten von der Sozialhilfe im Rahmen des § 74 SGB XII getragen. Unabhängig davon können auch Dritte, nicht bestattungspflichtige Personen Trauerfeiern auf eigene Rechnung veranlassen, sofern dem nicht ein ausdrücklicher Wille des Verstorbenen oder der Angehörigen entgegensteht.


Zu 1.:

Im Jahr 2006 wurden in 178 Fällen Bestattungskosten (einschl. Trauerfeier) nach § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) übernommen, während im Jahr 2005 lediglich in 64 Fällen entsprechende Beihilfen geleistet wurden. Der starke Anstieg in 2006 liegt vor allem darin begründet, dass im Jahr 2005 durch die umfangreichen Umstellungsarbeiten im Buchungsplan infolge der Hartz-Reformen nicht alle Beihilfen für Bestattungskosten richtig verbucht wurden.

Im Jahr 2006 wurden vom Amt für öffentliche Ordnung ca. 300 Bestattungen und im Jahr 2005 258 Bestattungen veranlasst. Davon wurden im Jahr 2006 ca. 58 % und im Jahr 2005 ca. 47 % auf ausdrücklichen Wunsch von Angehörigen ohne Trauerfeier durchgeführt.

Zu 2.:

Sozialhilferechtlich werden die Kosten für eine Erd- oder Feuerbestattung ortsüblich einfacher, aber würdiger Art anerkannt. Zu den erforderlichen Kosten nach § 74 SGB XII gehören in Stuttgart auch die Kosten für die Durchführung einer Trauerfeier mit folgenden Aufwendungen:

- Grundgebührerhöhung für die Aufbahrung,
- Kosten der Feierhallenbenutzung,
- Kosten der Dekoration des Aufbahrungsraumes,
- Kosten des Orgelspiels.

Zu 3.:

Sozialhilferechtlich werden für die Grabgestaltung die Kosten der Grabdekoration bei einer Erdbestattung, der Erstbepflanzung und für ein einfaches Grabmal anerkannt. Die Kosten der laufenden Grabpflege gehören nicht zu den Bestattungskosten nach § 74 SGB XII und müssen ggf. von Angehörigen getragen werden.

Bei den vom Amt für öffentliche Ordnung veranlassten Bestattungen erfolgt i. d. R. die Urnenbeisetzung im anonymen Urnengemeinschaftsfeld. Die Grabpflege des
anonymen Urnengemeinschaftsfeldes wird durch die Friedhofsgärtner im Auftrag des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes durchgeführt und ist in der Grabnutzungsgebühr eingeschlossen. In wenigen Fällen erfolgt die Urnenbeisetzung in einer Grabstätte der Angehörigen – dann kümmern sich auch die Angehörigen und übernehmen die Kosten der Grabpflege.

Zusammenfassend ist festzustellen:

Die Kosten der Trauerfeier gehören zu den sozialhilferechtlich erforderlichen Bestattungskosten. Wenn es den zur Tragung verpflichteten Angehörigen nicht zuzumuten ist, die Bestattungskosten zu tragen, kann ein Antrag nach § 74 SGB XII gestellt werden.


In folgenden Fallkonstellationen kann es jedoch dazu kommen, dass die Kosten einer Trauerfeier nicht abgedeckt sind:

- Fälle, in denen keine bestattungspflichtigen Angehörigen vorhanden sind, somit auch kein Antrag nach § 74 SGB XII gestellt werden kann und in denen das Amt für öffentliche Ordnung die Bestattung (ab 01.01.2007 ohne Trauerfeier) veranlassen muss.

- Fälle, in denen bestattungspflichtige Angehörige vorhanden sind, die sich aber nicht um die Bestattung kümmern und in denen deshalb das Amt für öffentliche Ordnung die Bestattung (ab 01.01.2007 ohne Trauerfeier) veranlassen muss.

- Fälle, in denen zwar bestattungspflichtige Angehörige vorhanden sind und somit ein Antrag nach § 74 SGB XII gestellt werden kann, in denen jedoch zum Zeitpunkt der Veranlassung der Bestattung die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen noch nicht geklärt sind und die Bestattung deshalb vom Amt für öffentliche Ordnung (ab 01.01.2007 ohne Trauerfeier) veranlasst werden muss.

Das Ansinnen, dass in jedem Sterbefall die Durchführung einer Trauerfeier bzw. deren Kostenübernahme künftig sichergestellt sein muss, mit Ausnahme der Fälle, in denen ausdrücklich keine Feiern gewünscht werden, ist legitim, jedoch sind diesem Anliegen durch die geltenden sozialhilfe-, bestattungs- und polizeirechtlichen Vorschriften Grenzen gesetzt.






Dr. Wolfgang Schuster