Stellungnahme zum Antrag
287/2005

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 11/09/2005
Der Oberbürgermeister
GZ: 7600-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Dr. Löffler Reinhard (CDU), Prof. Dr. Loos Dorit (CDU), Wahl Dieter (CDU), Currle Fritz (CDU), Sauer Jürgen (CDU), Rudolf Joachim (CDU)
Datum
    10/06/2005
Betreff
    Kommunales ÖPP-Pilotprojekt
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Vorbemerkungen

Public Private Partnership (Öffentlich Private Partnerschaft) oder kurz PPP (ÖPP) ist eine Beschaffungsvariante, die insbesondere im Bereich von Hochbauprojekten der öffentlichen Hand eingesetzt wird. PPP bedeutet heute, dass ein Privatunternehmen von der öffentlichen Hand beauftragt wird, in eine Infrastruktureinrichtung zu investieren und diese langfristig zu betreiben. Wichtig ist dabei die Einheit von Investition und Betrieb, damit die beauftragte private PPP-Gesellschaft bereits in der Planungs- und Investitionsphase die Folgekosten für Instandhaltung und Bewirtschaftung minimieren kann. Die frühzeitige Einbeziehung der Betriebsphase ist deshalb von großer Bedeutung, weil im Durchschnitt 70 % der Gesamtkosten im Lebenszyklus einer Immobilie auf die Betriebskosten entfallen. Kostenersparnisse werden ferner aufgrund kürzerer Bauzeiten und eines effizienteren Personaleinsatzes erwartet. Schließlich werden Kosteneinsparungen durch eine bessere Risikoverteilung angestrebt. Dies gilt zum Beispiel für das Risiko von Nachträgen während der Bauphase und das Kostenrisiko unterlassener oder verzögerter Instandhaltungsmaßnahmen.

Damit unterscheiden sich neuere PPP-Modelle ganz wesentlich von den früher praktizierten Finanzierungs-PPP-Projekten (Mietkauf-, Leasing- oder leasingähnliche Verträge). Eine reine Finanzierungs-PPP ist aber für die Kommunen nicht wirtschaftlich, da das private Unternehmen keine günstigeren Finanzierungskonditionen erhalten kann als die Kommune selber. Finanzierungs-PPP wurde deshalb in der Regel gewählt, wenn der Verschuldungsgrad einer Kommune keinen Spielraum für weitere dringend notwendige Investitionen bot. Diese Form eines Schattenhaushalts lehnt die Landeshauptstadt aber ab.


Nur durch die Kombination von Bau, Finanzierung und Betrieb lassen sich wirtschaftliche Vorteile für die Kommune erzielen. Damit ist der Kreis der Objekte, die für eine PPP in Frage kommt, aber sehr begrenzt. Es eignen sich in der Regel nur Neubauten mit einem ausreichend großen Raum-/Betriebsvolumen. Dagegen kann bei der Sanierung vorhandener Einrichtungen in einem PPP-Projekt nur in Ausnahmefällen mit finanziellen Vorteilen gerechnet werden, denn das für den Betrieb der Einrichtung benötigte Personal ist bei der Kommune vorhanden und müsste von ihr anderweitig beschäftigt werden.

PPP-Verträge, die eine Kommune mit einem Privatunternehmen abschließt, bedürfen als kreditähnliches Rechtsgeschäft der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Dabei sind zwei Bedingungen zu erfüllen: Zum einen muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass das geplante PPP-Vorhaben im Vergleich zu einer konventionellen öffentlichen Eigenrealisierung die wirtschaftlichere Variante ist. Zum anderen muss nachgewiesen werden, dass die Gemeinde den langfristigen Zahlungsverpflichtungen aus den laufend aufzubringenden PPP-Nutzungsentgelten nachkommen kann.

Das Privatunternehmen erhält vom Nutzer ein Nutzungsentgelt. Dieses ist als mietähnlicher Aufwand haushaltsrechtlich im Verwaltungshaushalt zu veranschlagen und zu buchen. Gegenüber einer Eigenerstellung und –finanzierung werden die Tilgungs-ausgaben damit vom Vermögens- in den Verwaltungshaushalt verlagert. Damit würde aber das strukturelle Ungleichgewicht des Verwaltungshaushalts noch verstärkt. Es sind deshalb Vertragsgestaltungen zu finden, die eine Aufteilung des Nutzungsentgelts in einen Zins- und Betriebsführungsanteil und einen Tilgungsanteil ermöglichen.

Für den Bereich des Zuwendungsrechts hat die Landesregierung entschieden, dass die Schulbauförderung für PPP-Projekte zulässig ist, wenn die Kommune von Anfang an Eigentümer der Schule ist und bleibt oder wenn die Kommune am Ende der Laufzeit des PPP-Vertrags Eigentümer der Schule wird. Auch die Förderung des Feuerwehrwesens, von Stadtsanierungsmaßnahmen und von Altenhilfeeinrichtungen für PPP-Projekte ist grundsätzlich zulässig. Bei der Krankenhausförderung sind PPP-Projekte im Rahmen einer Ausnahmeförderung denkbar; Näheres hierzu ist allerdings noch nicht bekannt. Das Wirtschaftsministerium hat angekündigt, dass bei allen Förderprogrammen des Landes gegebenenfalls noch bestehende Hemmnisse für PPP-Projekte beseitigt werden. Für die Landeshauptstadt ist es aber zwingende Voraussetzung für ein PPP-Projekt, dass keine förderrechtlichen Nachteile entstehen.


Zu den einzelnen Fragen

1. Wie vorstehend erläutert, kommen größere Neubauvorhaben, bei denen auch der künftige Betrieb an das private Unternehmen übertragen werden kann, in Frage. Zu denken wäre z.B. an die Berufliche Schule für Gesundheit und Pflege.

2. Die Vor- und Nachteile der neuen Vergaberegelungen bedürfen noch näherer Prüfung. Eine Bewertung ist deshalb derzeit noch nicht möglich.

3. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.

4. Einsparpotentiale, Risikoverteilung, Transparenz und Kontrolle müssen in jedem Einzelfall anhand der konkreten Investition und des möglichen Vertragspartners festgelegt und verhandelt werden.

5. Siehe Antwort zu Frage 1. Für die Berufliche Schule für Gesundheit und Pflege sind im Doppelhaushalt 2006/2007 Planungsmittel vorgesehen (grüne Liste). Die Frage, ob für dieses Vorhaben PPP als Finanzierungs- und Betriebsführungsinstrument eingesetzt werden kann oder soll, muss deshalb nicht in den anstehenden Haushaltsplanberatungen entscheiden werden. Die Verwaltung wird diese Alternative aber bei den weiteren Planungen klären und dem Gemeinderat einen Vorschlag unterbreiten.





Dr. Wolfgang Schuster