Stellungnahme zum Antrag
177/2001

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 05/16/2001
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 1212-02



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    CDU-Gemeinderatsfraktion
Datum
    04/05/2001
Betreff
    Neue Spielhallen und Mehrfachspielhallen - 3. Versuch
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu 1):

Die Behandlung im Ausschuss für Umwelt und Technik ist für den 22. Mai 2001 vorgesehen.


Zu 2):

1.
        Zur geltenden Rechtslage
        Die Größe und Anzahl von Spielhallen - auch Mehrfachspielhallen - ist (wenn das Maß der baulichen Nutzung eingehalten ist) planungsrechtlich nur in den seltenen Fällen relevant, wenn § 15 Baunutzungsverordnung (BauNVO) anwendbar ist und der Umfang der Anlage der Eigenart des Baugebiets widerspricht. § 15 BauNVO ist in weiten Teilen der City, für die Baustaffeln der OBS gelten, nicht anwendbar.

        Das Planwerk Vergnügungseinrichtungen u. a. schließt Spielhallen nur aus

        · im EG oder 1. OG an Fußgängerbereichen oder wichtigen Fußgängerverbindungen (die entsprechend markiert sind)

        · wenn in einem Abstand von 90 m (gemessen zwischen den Zugängen) schon solche Einrichtungen vorhanden sind.

        Nach dem gewerblichen Spielhallenrecht gibt es Einschränkungen der Zahl der Geldspielgeräte, die nach der Aufassung der Stadt auch bei Mehrfachspielhallen relevant sind. Die Gesamtzahl der Spielgeräte ist jedoch nicht Gegenstand der baurechtlichen, sondern nur der gewerberechtliche Prüfung.

        Aus den genannten Kriterien folgt, dass es sein kann, dass eine Mehrfachspielhalle baurechtlich genehmigungsfähig ist, gewerberechtlich jedoch nicht. Seit die Prüfungskompetenz der Baugenehmigungsbehörde in § 58 LBO ausdrücklich eingeschränkt wurde, nachdem die sogen. Schlußpunkttheorie vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ausdrücklich aufgegeben wurde und seit die Rechtsprechung das Bescheidungsinteresse auch dann bejaht, wenn für ein Vorhaben eine weitere kumulativ erforderliche Genehmigung nicht erteilt wird, ist es nicht zulässig, jeweils nur einen umfassend erledigenden Bescheid zu erlassen. Die Auffassung zu dieser in der Rechtsprechung geklärten Frage unterscheiden sich in der Stadtverwaltung entgegen der Annahme in der Antragsbegründung nicht.

        Der Hinweis in der Baugenehmigung auf die notwendige gewerberechtliche Erlaubnispflicht trägt auch dem Bedürfnis des Antragstellers nach Verlässlichkeit der Rechtsordnung ausreichend Rechnung.
2.
        Zur möglichen Änderung des Planungsrechts
        Nach der Rechtsprechung des BverwG setzen Regelungen der Art der Nutzung zum Ausschluß oder zur Einschränkung einzelner Nutzungen zunächst voraus, dass es sich um einen sogen. Anlagetyp der BauNVO handelt. Die BauNVO knüpft am Begriff der Vergnügungsstätte an, kennt jedoch die Unterscheidung Spielhalle und Mehrfachspielhalle nicht. Zwar versteht die Rechtsprechung die im BauGB und der BauNVO genannten Anlagetypen nicht als numerus clausus, stellt aber strenge Anforderungen an die abgrenzbare städtebauliche Relevanz des Anlagetyps, damit er als solcher der BauNVO anerkannt werden kann. Für den Regelfall wird jede Kombination von Merkmalen der Größe und der Art der Nutzung als unzulässig angesehen. Das BVerwG akzeptiert z. B. beim Anlagetyp Einzelhandel als zusätzliches Merkmal die Großflächigkeit, weil sie in § 11 Abs. 3 BauNVO definiert ist und darüber hinaus nur noch eine aus umfangreichen Erhebungen gewonneneTypabgrenzung nach dem Merkmal 700 qm Verkaufsfläche, andere etwa mit 400 qm führen zur Nichtigkeit.

        Da sich die städtebaulich relevanten Außenwirkungen einer Mehrfachspielhalle und einer Einzelspielhalle i.d.R. kaum unterscheiden dürften, wird davon ausgegangen, dass eine Bebauungsplanung, die auf diese Unterscheidung des Anlagetyps Spielhalle abstellt, rechtlich keinen Bestand hat.

        Wenn Spielhallen nicht wie oben zitiert eingeschränkt werden, sondern ebenso wie Vergnügungseinrichtungen des Typ C im Citybereich zugelassen werden, führt dies dort zugleich zu einer Konzentration, weil sie dann im gesamten übrigen Stadtgebiet ausgeschlossen wären. Ein Verbot der Mehrfachspielhallen wäre damit ebenfalls nicht erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung eine solche weitgehende Vollsperrung für einen Großteil des Stadtgebiets als Verstoß gegen das Abwägungsgebot ansehen würde. Bebauungsplanung darf nicht zur Verhinderung legaler Nutzungen eingesetzt werden sondern nur zu ihrer räumlichen Steuerung. Solange Stuttgart deutlich weniger Spielhallen als andere vergleichbare Großstädte hat, wird eine auf weitere Eindämmung ausgerichtete städtebauliche Konzeption einer gerichtlichen Überprüfung kaum standhalten.

        Das Ziel des Jugendschutzes ist durch die bereits im geltenden gewerblichen Spielhallenrecht geregelte Sperrung für Jugendliche bereits erreicht. Es wäre ein sogen. Abwägungsdefizit, mit diesem Ziel eine weitere Einschränkung der nur von Erwachsenen zu betretenden Spielhallen planungsrechtlich begründen zu wollen.
        Unberührt bleibt, da im Einzelfall bei Bauanträgen für Spielhallen Befreiungen von Festsetzungen des Bebauungsplnas versagt werden können, wenn dafür die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen oder die Instrumente der Sicherung der Bauleitplanung nach §§ 14, 15 BauGB angewendet werden können, wenn dies die städtebauliche Ordnung erfordert.









Dr. Wolfgang Schuster

Zu 1):

Die Behandlung im Ausschuss für Umwelt und Technik ist für den 22. Mai 2001 vorgesehen.


Zu 2):

1.
        Zur geltenden Rechtslage
        Die Größe und Anzahl von Spielhallen - auch Mehrfachspielhallen - ist (wenn das Maß der baulichen Nutzung eingehalten ist) planungsrechtlich nur in den seltenen Fällen relevant, wenn § 15 Baunutzungsverordnung (BauNVO) anwendbar ist und der Umfang der Anlage der Eigenart des Baugebiets widerspricht. § 15 BauNVO ist in weiten Teilen der City, für die Baustaffeln der OBS gelten, nicht anwendbar.

        Das Planwerk Vergnügungseinrichtungen u. a. schließt Spielhallen nur aus

        · im EG oder 1. OG an Fußgängerbereichen oder wichtigen Fußgängerverbindungen (die entsprechend markiert sind)

        · wenn in einem Abstand von 90 m (gemessen zwischen den Zugängen) schon solche Einrichtungen vorhanden sind.

        Nach dem gewerblichen Spielhallenrecht gibt es Einschränkungen der Zahl der Geldspielgeräte, die nach der Aufassung der Stadt auch bei Mehrfachspielhallen relevant sind. Die Gesamtzahl der Spielgeräte ist jedoch nicht Gegenstand der baurechtlichen, sondern nur der gewerberechtliche Prüfung.

        Aus den genannten Kriterien folgt, dass es sein kann, dass eine Mehrfachspielhalle baurechtlich genehmigungsfähig ist, gewerberechtlich jedoch nicht. Seit die Prüfungskompetenz der Baugenehmigungsbehörde in § 58 LBO ausdrücklich eingeschränkt




        wurde, nachdem die sogen. Schlußpunkttheorie vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ausdrücklich aufgegeben wurde und seit die Rechtsprechung das Bescheidungsinteresse auch dann bejaht, wenn für ein Vorhaben eine weitere kumulativ erforderliche Genehmigung nicht erteilt wird, ist es nicht zulässig, jeweils nur einen umfassend erledigenden Bescheid zu erlassen. Die Auffassung zu dieser in der Rechtsprechung geklärten Frage unterscheiden sich in der Stadtverwaltung entgegen der Annahme in der Antragsbegründung nicht.

        Der Hinweis in der Baugenehmigung auf die notwendige gewerberechtliche Erlaubnispflicht trägt auch dem Bedürfnis des Antragstellers nach Verlässlichkeit der Rechtsordnung ausreichend Rechnung.
2.
        Zur möglichen Änderung des Planungsrechts
        Nach der Rechtsprechung des BverwG setzen Regelungen der Art der Nutzung zum Ausschluß oder zur Einschränkung einzelner Nutzungen zunächst voraus, dass es sich um einen sogen. Anlagetyp der BauNVO handelt. Die BauNVO knüpft am Begriff der Vergnügungsstätte an, kennt jedoch die Unterscheidung Spielhalle und Mehrfachspielhalle nicht. Zwar versteht die Rechtsprechung die im BauGB und der BauNVO genannten Anlagetypen nicht als numerus clausus, stellt aber strenge Anforderungen an die abgrenzbare städtebauliche Relevanz des Anlagetyps, damit er als solcher der BauNVO anerkannt werden kann. Für den Regelfall wird jede Kombination von Merkmalen der Größe und der Art der Nutzung als unzulässig angesehen. Das BVerwG akzeptiert z. B. beim Anlagetyp Einzelhandel als zusätzliches Merkmal die Großflächigkeit, weil sie in § 11 Abs. 3 BauNVO definiert ist und darüber hinaus nur noch eine aus umfangreichen Erhebungen gewonneneTypabgrenzung nach dem Merkmal 700 qm Verkaufsfläche, andere etwa mit 400 qm führen zur Nichtigkeit.

        Da sich die städtebaulich relevanten Außenwirkungen einer Mehrfachspielhalle und einer Einzelspielhalle i.d.R. kaum unterscheiden dürften, wird davon ausgegangen, dass eine Bebauungsplanung, die auf diese Unterscheidung des Anlagetyps Spielhalle abstellt, rechtlich keinen Bestand hat.

        Wenn Spielhallen nicht wie oben zitiert eingeschränkt werden, sondern ebenso wie Vergnügungseinrichtungen des Typ C im Citybereich zugelassen werden, führt dies dort zugleich zu einer Konzentration, weil sie dann im gesamten übrigen Stadtgebiet ausgeschlossen wären. Ein Verbot der Mehrfachspielhallen wäre damit ebenfalls nicht erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung eine solche weitgehende Vollsperrung für einen Großteil des Stadtgebiets als Verstoß gegen das Abwägungsgebot ansehen würde. Bebauungsplanung darf nicht zur Verhinderung legaler Nutzungen eingesetzt werden sondern nur zu ihrer räumlichen Steuerung. Solange Stuttgart deutlich weniger Spielhallen als andere vergleichbare Großstädte hat, wird eine auf weitere Eindämmung ausgerichtete städtebauliche Konzeption einer gerichtlichen Überprüfung kaum standhalten.

        Das Ziel des Jugendschutzes ist durch die bereits im geltenden gewerblichen Spielhallenrecht geregelte Sperrung für Jugendliche bereits erreicht. Es wäre ein sogen.




        Abwägungsdefizit, mit diesem Ziel eine weitere Einschränkung der nur von Erwachsenen zu betretenden Spielhallen planungsrechtlich begründen zu wollen.
        Unberührt bleibt, da im Einzelfall bei Bauanträgen für Spielhallen Befreiungen von Festsetzungen des Bebauungsplnas versagt werden können, wenn dafür die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen oder die Instrumente der Sicherung der Bauleitplanung nach §§ 14, 15 BauGB angewendet werden können, wenn dies die städtebauliche Ordnung erfordert.






Dr. Wolfgang Schuster