Dass in unserer Republik die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge - ausgehend von ihrer am 5. August 1950 in Stuttgart verkündeten Charta - eine große Versöhnungsleistung erbracht haben, habe ich wiederholt gewürdigt.
Obwohl inzwischen etwa 160 - überwiegend kleinere - Kommunen Patenschaften für ein Zentrum gegen Vertreibungen übernommen haben, halte ich eine Entscheidung der Landeshauptstadt Stuttgart für eine solche Patenschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt für problematisch.
Zum einen fehlen noch wesentliche Eckdaten dieses Vorhabens. Für ein derart umfangreiches nationales Projekt, das auch international besondere Aufmerksamkeit finden wird, ist ein klares inhaltliches Konzept notwendig, das gegenwärtig nicht ablesbar ist.
Problematisch erscheint aber auch die Frage der Finanzierung, die gegenwärtig noch nicht gesichert ist. So geht die Stiftung z.B. momentan davon aus, daß der Bund für die Informations-, Dokumentations- und Begegnungsstätte an prominenter Stelle in Berlin das Gelände kostenfrei zur Verfügung stellt. Diese Voraussetzung ist derzeit aber nicht erfüllt.
Die von der Stiftung erwartete Beteiligung der Stifterstädte mit einem Groschen pro Einwohner erscheint – zumal in der gegenwärtigen Finanzlage unserer Stadt - sowohl hinsichtlich der absoluten Zahl als auch der zu erwartenden Folgekosten aber auch aus Konsequenzgründen nicht angemessen.
Bei aller Berechtigung eines kollektiven und nationalen Gedenkens halten wir es schließlich für sinnvoller, die Erinnerung an geschehenes Unrecht und den Aufruf zu künftigem verantwortungsvollem Handeln gegebenenfalls – und wie schon geschehen – vor Ort in unserer Stadt zu unterstützen.
Als Konsequenz aus diesen Gründen empfehlen wir, die vorgeschlagene Patenschaft am Zentrum gegen Vertreibung nicht zu übernehmen.
Dr. Wolfgang Schuster