Stellungnahme zum Antrag
91/2009

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 09/24/2009
Der Oberbürgermeister
GZ: 6230-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    02/27/2009
Betreff
    Sozialwohnungen – ein Stuttgarter Modell zum Ankauf von Belegungsrechten
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

1. Entwicklung der städtischen Belegungsrechte an Sozialmietwohnungen

Die Landeshauptstadt hat derzeit Belegungsrechte an 16.615 Wohnungen. Davon entfallen 10.761 (65 %) auf die SWSG und 5.854 (35 %) insbesondere auf ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Durch planmäßige und vorzeitige Darlehenszurückzahlungen bei allen Wohnungsunternehmen und Strukturverbesserungen, Privatisierungen und den Verkauf von Erbbaurechtsgrundstücken bei der SWSG haben sich die Belegungsrechte seit 1995 von 26.813 auf 16.615 Wohnungen reduziert. In 15 Jahren haben sich die Belegungsrechte somit um 10.198 Wohnungen
(38 %) verringert. Dies entspricht einem jährlichen durchschnittlichen Rückgang um 680 Wohnungen.

Erfreulicherweise hat sich der Rückgang in den letzten Jahren verlangsamt. Für die nächsten 5 Jahre rechnet das Amt für Liegenschaften und Wohnen mit einem jährlichen Rückgang von 450 Wohnungen. Danach wird sich der Rückgang auf jährlich mindestens 800 Wohnungen erhöhen, da seit 2 Jahren Förderdarlehen verstärkt vorzeitig zurückgezahlt werden und nach einer 8jährigen Nachwirkungsfrist diese Wohnungen als nicht mehr gefördert gelten. Da aufgrund des Grundstücksmangels jährlich nur 100 neue Sozialmietwohnungen gefördert werden können, würden sich die Belegungsrechte bis 2020 auf rd. 10.000 Wohnungen reduzieren, wenn keine Maßnahmen eingeleitet würden.








Im Einzelnen verhält es sich wie folgt:


Jahr
(je zum 31.12.)
Städtische Belegungsrechte
Insgesamtdavon SWSG
Wohnungen%Wohnungen%
1995
26.81310014.77755
2000
22.7888515.82869
2001
21.9778216.03573
2002
21.3288014.73869
2003
21.2227914.68769
2004
(1) 17.30665(1) 10.78662
2005
16.8426310.79264
2006
16.8846310.81464
2007
17.1276410.85463
2008
16.6416210.81365
2009
16.6156210.76165

(1) Erhöhung der Eigenbelegungsrechte der SWSG zur Strukturverbesserung


2. Bedarf an Belegungsrechten

Die Entwicklung der beim Amt für Liegenschaften und Wohnen vorgemerkten dringend wohnungssuchenden Haushalte und der Wohnungsvergaben ist aus dem Halbjahresbericht 2009 (Anlage 2 der GRDrs 684/2009) ersichtlich. Im Durchschnitt der letzten Jahre sind dort ständig über 3.100 Haushalte vorgemerkt, Tendenz leicht steigend (zum 30. Juni 2009: 3.266 Haushalte). Mehr als die Hälfte sind Not- und Dringlichkeitsfälle. Jährlich kann das Amt für Liegenschaften und Wohnen ungefähr 1.100 Haushalte in eine Sozialmietwohnung vermitteln.

In Folge der Wirtschaftskrise und sinkender Realeinkommen ist zu befürchten, dass die Anzahl der Haushalte, die bei der Wohnraumversorgung auf die Hilfe der Landeshauptstadt angewiesen sind, zunehmen wird. Zur Entlastung des teuren Interimswohnens und um Wohnungssuchende auch künftig noch innerhalb vertretbarer Wartezeiten mit Sozialwohnungen versorgen zu können, sollte die Landeshauptstadt über zusätzliche Belegungsrechte verfügen.


3. Vorschläge der Verwaltung

4. Ankauf von Belegungsrechten

Um neue Belegungsrechte ankaufen zu können, müsste die Landeshauptstadt neben der Mietpreissubvention noch eine Belegungssubvention bezahlen, damit die Vermieter überhaupt bereit wären, von der Landeshauptstadt benannte Mieter zu akzeptieren. Die Vermieter argumentieren mit höheren Kosten für Verwaltung, Instandsetzung und gegebenenfalls auch für soziale Betreuung zur Konfliktreduzierung oder -vermeidung. Während sich die Mietpreissubvention einfach errechnen lässt, wäre die Belegungssubvention im Einzelfall mit den Vermietern auszuhandeln.

Entsprechende städtische Programme zum Ankauf von Belegungsrechten wurden vor einigen Jahren mangels Nachfrage eingestellt.

Das Amt für Liegenschaften und Wohnen schätzt auch nach den Erfahrungen in anderen Städten, dass die Landeshauptstadt hierfür mindestens einen Euro/m2/Monat bezahlen müsste. Für den Ankauf eines 10jährigen Belegungsrechts müsste somit durchschnittlich mit 24.000 Euro/Wohnung kalkuliert werden. Gegenüber der Neubauförderung mit städtischen Fördermitteln von rund 30.000 Euro/Wohnung bei einem bis zu 20jährigen Belegungsrecht stellt dies eine finanziell nicht vertretbare Lösung dar.

Die Verwaltung schlägt daher vor, den unter Ziffer 3.2 genannten Bericht zur Nachsubventionierung von Erbbaurechtsgrundstücken abzuwarten, da sich damit zusätzliche bezahlbare Belegungsrechte deutlich preisgünstiger realisieren lassen.


5. Landesförderung

Das Land fördert derzeit den Ankauf von Belegungsrechten nur für Mietwohnungen für Haushalte mit besonderen Schwierigkeiten bei der Wohnraumversorgung mit einem einmaligen Zuschuss von 3.600 Euro/Wohnung. Dagegen werden die von der Stadt benötigten Sozialmietwohnungen für Familien, Alleinstehende, Alleinerziehende und ältere und behinderte Menschen vom Land nicht gefördert.


6. Städtevergleich

Wie der Anlage zu entnehmen ist, kaufen die Städte München, Frankfurt und Karlsruhe aktuell Belegungsrechte an. Beim Städtevergleich ist zu beachten, dass die Laufzeiten sehr unterschiedlich sind (zwischen 10 und 25 Jahren) und deshalb die Zahlen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Die Aufstellung kann deshalb nur die Aktivitäten und Ziele der Städte abbilden.

Das Karlsruher Modell ist ein Sonderfall und weder mit München, Frankfurt noch Stuttgart vergleichbar, da dort nur leer stehende, renovierungs- und sanierungsbedürftige Wohnungen von der Sozialverwaltung für Obdachlose angemietet werden. Karlsruhe finanziert Renovierungstrupps, die in Kooperation mit freien und gewerblichen Trägern sozial Benachteiligte (einschließlich künftiger Mieter) beschäftigen. Auch unter Berücksichtigung des dort eher entspannten Wohnungsmarktes ist dieses Modell wesentlich günstiger als in den anderen Städten.

Die in München und Frankfurt bislang realisierten Zahlen mit 140 bzw. 180 Belegungsrechten stellen eine sehr überschaubare Größenordnung dar. Die für 2010 und 2011 dargestellten Ziele erscheinen im Hinblick auf diese Zahlen sehr ambitioniert.








Dr. Wolfgang Schuster

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