Beantwortung zur Anfrage

391/2002

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/14/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 4503-00



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    DIE REPUBLIKANER im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
    11/13/2002
Betreff
    Qualitätsstandards beim Jugendamt - Rechts- und Fachaufsicht
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Handlungsgrundlage der Jugendämter ist das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe- gesetz). Das vielfältige Leistungsspektrum, das dieses Gesetz bereit hält, fördert die Entwicklung junger Menschen und unterstützt und ergänzt die Erziehung durch Ihre Eltern. Es ist auch ein wichtiges Instrument für die Integration junger Menschen in die Gesellschaft und damit für die Weiterentwicklung von Gesellschaft und Staat ins- gesamt. Durch die Kindschaftsrechtsreform zum 1. Juli 1998 wurde die Bedeutung der Beratungsangebote bei Partnerschaftskonflikten in Trennungs- und Scheidungs- situationen sowie zur Ausübung des Umgangsrechts weiter verstärkt. An die Stelle der gesetzlichen Amtspflegschaft ist die neue Beistandschaft getreten.

Es besteht heute - 12 Jahre nach dem Inkrafttreten des SGB VIII - ein breiter fachlicher und politischer Konsens, dass das Kinder- und Jugendhilfegesetz sich in der Praxis bewährt hat und eine gute Grundlage für die Arbeit von freien Trägern und Jugendämtern darstellt.

Handlungsleitend für Überlegungen und Entscheidungen des Jugendamtes - z. B. die Einschaltung von Vormundschaftsgerichten - ist immer das Wohl des Kindes. Natürlich können hier die Interessenslagen der Eltern oder anderen Beteiligten sich von den Einschätzungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterscheiden. Den Betroffenen bleibt dann die Möglichkeit zur Wahrung ihrer Rechte tätig zu werden. Wenn Beschwerden, Eingaben oder ein Widerspruch nicht den erwünschten Erfolg bringen, besteht die Möglichkeit, die zuständigen Gerichte anzurufen. In allen Berei- chen, in denen es um Leistungen (Versagung von Leistungen, andere Leistungen als die gewünschten) geht, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.



zu 1)

Seit der Kinderschaftsrechtsreform hat bei Sorgerechtsregelungen das Jugendamt die Aufgabe, Eltern in ihrer Entscheidungsfindung z. B. zum gemeinsamen Sorge- recht zu beraten. Im Vordergrund der Beratung steht das Erarbeiten einer einver- nehmlichen Lösung; bei älteren Kindern natürlich auch mit dem Kind. Wenn Eltern dem Gericht keine Lösung vorlegen können und im Scheidungsverfahren das Kind zum "Zankapfel" zu werden droht, bestellt das Familiengericht in sehr strittigen Fäl- len einen Gutachter oder auch Verfahrenspfleger. Die Bestellung obliegt ausschließ- lich dem Familiengericht.

Gutachten werden von erfahrenen Kinder- und Jugendpsychiatern erstellt, die in ihrer Institution ihrem Vorgesetzten verantwortlich sind. Verfahrenspfleger sind in der Regel Juristen oder sozialpädagogische Fachkräfte mit entsprechender Zusatzquali- fikation, die ihrem Auftraggeber - den Gerichten - gegenüber verpflichtet sind. Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes haben beiden gegenüber eine neutra- le Haltung zu wahren.



zu 2 und 3)

Die Leitnorm des Kinder- und Jugendhilfegesetzes heißt "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zur eigenverantwort- lichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit". Die Jugendämter sind aufgerufen, ihre Aufbau- und Ablauforganisation entsprechend diesem Leitsatz - aus dem sich alle weiteren Normen ableiten - zu gestalten. Das Jugendamt ist eine sozialpäda- gogische Fachbehörde. Es besteht aus der Verwaltung, also den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die konkret die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnehmen und dem Jugendhilfeausschuss, der die Leitlinien der örtlichen Jugendpolitik be- stimmt.

Das Jugendamt Stuttgart hat sich den Qualitätsanforderungen gestellt; ich darf da- bei z. B. an die Neuorganisation des Jugendamtes, an die Einführungen von Stan- dards zum Thema Kinderschutz usw. erinnern.

Ich verweise auf die Jahresberichte 2001/2002 aus dem Fachreferat Soziales, Ju- gend und Gesundheit, die Aussagen zu wesentlichen Kennzahlen und zur Verände- rungsbilanz machen.



zu 4)

Die Tätigkeit des Jugendamtes vollzieht sich - auch wenn es keine dezidierte Fach- aufsicht gibt - nicht in einem rechtsfreien Raum. Das Jugendamt ist Teil der Kom- munalverwaltung und damit an Vorgaben und Entscheidungen, z. B. des Gemeinde- rates, gebunden. Das Jugendamt ist hierachisch mit tranparenten Zuständigkeiten in der Dienst- und Fachaufsicht gegliedert.


Die Erfüllung von Rechtsnormen leitet sich aus der Sozialgesetzgebung, der Rechts- sprechung der Verwaltungsgerichte und z. B. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ab. Dienstanweisungen, fachliche Standards, Fortbildungen usw. sicheren die Um- setzung der Rechtsvorschriften.

Der Gesetzgeber hat keine Weisungsbefugnis der in der Anfrage genannten Minis- terien vorgesehen gegenüber den Jugendämtern .








Dr. Wolfgang Schuster