Beantwortung zur Anfrage

144/2003

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 08/20/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 5200-27



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Jäger Sonja (CDU), Vetter Helga (CDU)
Datum
    06/10/2003
Betreff
    Psychologische Betreuung schwerkranker Patienten im Klinikum der Landeshauptstadt Stuttgart
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu Frage 1

In allen Krankenhäusern des Klinikums Stuttgart erfolgt eine psychologische Betreuung schwerkranker Patienten, im Katharinenhospital in Kooperation mit dem Bürgerhospital, das Krankenhaus Bad Cannstatt und das Olgahospital verfügen über eigene Psychologen und Sozialpädagogen.


Zu Frage 2

Medizinische Kliniken Bürgerhospital, Klinik für Onkologie Katharinenhospital und Frauenklinik Berg
Am Bürgerhospital wurde im vergangenen Jahr die Abteilung für Klinische Psychologie zum Institut für Klinische Psychologie unter der Leitung von Herrn Dr. Lörch aufgewertet. Es nimmt für das Klinikum Stuttgart die stationäre, prä- und poststationäre, ambulante und konsiliarische Behandlung von Patienten der Erwachsenenheilkunde mit psychologischen Leistungen wahr.

Für hämatologisch-onkologisch erkrankte Patienten des Bürgerhosptials besteht ein Liaison-Dienst. Eine Psychoonkologin nimmt an Visiten und Fallbesprechungen des gesamten Behandlungsteams der Station 2-6B teil. Alle Patienten dieser Patientengruppe haben die Möglichkeit zu einem Einzelgespräch. In der Regel können aus Kapazitätsgründen nur 4-6 Patientinnen und Patienten pro Woche adäquat betreut werden. Das entspricht ungefähr 50% des Bedarfs.

Für andere schwerkranke Patienten, beispielsweise Patienten mit soliden Tumoren oder Diabetes-Patienten vor oder nach Amputationen, existiert ein Konsiliardienst. Konsiliaranfragen kommen aus allen somatischen Kliniken des Bürgerhospitals, gelegentlich auch aus dem Katharinenhospital. Die Konsiltätigkeit beschränkt sich aus Kapazitätsgründen auf wenige Kontakte; eine kontinuierliche psychologisch-psychotherapeutische Begleitung ist nur in besonderen Fällen möglich.

Die vorhandenen Angebote der psychologischen Betreuung schwerkranker Patienten am Klinikum werden von den Patientinnen und Patienten gut angenommen. Die begrenzten finanziellen Mittel verhindern jedoch eine Ausweitung des bestehenden Angebots.
Allerdings gelingt es in multiprofessionellen Teams, zu denen am Bürgerhospital auch Ergotherapeuten, Seelsorger, Musik- und Kunsttherapeuten gehören, Patientinnen und Patienten in der schwierigsten Lebensphase umfassend beizustehen.

Ziele der Interventionen sind Verbesserung der Krankheitsbewältigung mit positiven Auswirkungen auf Lebensqualität, Patientenzufriedenheit und - im günstigen Fall - auch auf den weiteren Krankheitsverlauf.

Gegenwärtig koordiniert eine Arbeitsgruppe die Aktivitäten am Bürgerhospital und am Katharinenhospital. Ziel ist eine umfassendere Betreuung. Ärzte der Frauenklinik Berg sind in die Arbeitsgruppe aufgenommen.

Im Katharinenhospital existiert keine komplette Betreuung schwerkranker Patientinnen und Patienten durch Psychologen. Speziell in der Klinik für Onkologie werden jedoch Patientinnen und Patienten, die eine Stammzelltransplantation erhalten, psychoonkologisch betreut. Dieses Konzept wird modellhaft im Liaisondienst mit Herrn Prof. Dr. Wedler, Leiter der Medizinischen Klinik 2 des Bürgerhospitals, durchgeführt.

Medizinische Klinik 2 Bürgerhospital
Herr Prof. Dr. Wedler betont, dass bei körperlich schwerkranken Patienten nicht selten besondere psychologische Probleme auftreten, die die Behandlung der körperlichen Krankheit erschweren. Ursache hierfür ist in aller Regel jedoch nicht allein die schwere körperliche Erkrankung, sondern eine vorbestehende, psychische Vulnerabilität bzw. Störung (z. B. Persönlichkeitsstörung, Suchtproblematik, narzißtische Störung u. a.), die in dieser besonderen Lebenssituation als Störfaktor in Erscheinung tritt.

Die Behandlung solcher Störungen ist zunächst Aufgabe des Arztes. Nur in Ausnahmefällen kann und sollte die psychologische Betreuung schwerkranker Patienten an Experten außerhalb des Stationsteams delegiert werden. Jede Delegation vertieft die Spaltung der ärztlichen Behandlung.

In der Medizinischen Klinik 2 steht eine Abteilung zur Verfügung, bei der psychotherapeutisches Denken und Handeln in die internistische Akutmedizin unmittelbar integriert sind. Mit den benachbarten internistischen Kliniken im Bürgerhospital besteht eine enge Zusammenarbeit. Darüber hinaus steht das Institut für Klinische Psychologie im Bürgerhospital für spezielle psychologische Aufgaben zur Verfügung, mit dem auch die Medizinische Klinik 2 permanent zusammenarbeitet.

Es ist äußerst fraglich, ob - wie in der Anfrage behauptet wird - durch Verstärkung der psychologischen Betreuung "bestimmt eine Verkürzung der Liegezeiten zu erreichen" ist. Wird durch entsprechende Interventionen ein vorzeitiger Therapieabbruch vermieden, verlängert sich im Gegenteil die Liegezeit. Die fachkundige Aufdeckung zugrundeliegender psychologischer Vulnerabilitäten und Störungen trägt wegen der daraus resultierenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen gleichfalls dazu bei, dass sich die Liegedauer eher verlängert.

Olgahospital
Im Olgahospital werden sowohl Patienten als auch Angehörige/Bezugspersonen von Psychologen betreut. Nachfolgend sind die einzelnen Stationen genannt, auf denen eine psychologische Betreuung stattfindet. (Alle anderen Stationen nehmen Kontakt zu den am Haus beschäftigten Psychologen auf.)

Neonatologie
· Eine Psychologin mit 50% Arbeitsumfang und eine Seelsorgerin mit ebenfalls 50% Arbeitsumfang sind hier tätig. Die Psychologin wird über die Olgäle-Stiftung finanziert.

Kinderchirurgie
· Hier ist eine Sozialpädagogin tätig, die auch die Angehörigen/Bezugspersonen und die Patienten psychologisch betreut. Sie ist auch als Halbtagskraft tätig und wird über die Olgäle-Stiftung finanziert.

Onkologie
· In diesem Bereich arbeiten zwei Psychologen (1,5 Vollkräfte) und eine Sozialpädagogin.
· Beide Personen sind auch in der Tagesklinik und in der Ambulanz eingesetzt.

Neuropädiatrie
· Die Patienten und deren Angehörige werden hier von zwei Psychologen betreut, die am Haus angestellt sind. Die Betreuung erfolgt nach konsiliarischer Anforderung.
· Über den Förderverein F.U.N.K ist die Finanzierung eines weiteren Sozialarbeiters vorgesehen.

Endokrinologie
· Hier ist ein Psychologe tätig, der auch die Ambulanz mit betreut.

Krankenhaus Bad Cannstatt
Das Krankenhaus Bad Cannstatt beschäftigt einen Psychologen für Patienten, bei denen nach ärztlicher Ansicht ein Bedarf für eine psychologische Beratung oder Behandllung besteht. Aufgrund der kurzen Verweildauer sind umfassende Behandlungen nicht möglich. Hier unterstützt der Psychologe die Patienten bei der Suche nach einem ambulant tätigen Psychotherapeuten.

Fazit
Es zeigt sich, dass besonders die Fachbereiche, die überwiegend chronisch erkrankte und onkologische Patienten versorgen, einen großen Bedarf an psychologischen Leistungen haben. Diese werden nicht im erforderlichen Umfang über die Budgets und Pflegesätze finanziert, weshalb das Klinikum in bestimmten Bereichen auf die Unterstützung von Fördervereinen angewiesen ist. Insgesamt kann jedoch die psychologische Betreuung im Klinikum als ausreichend bezeichnet werden.






Dr. Wolfgang Schuster