Stellungnahme zum Antrag
312/2009

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 10/07/2009
Der Oberbürgermeister
GZ: 41-2/471411



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    07/28/2009
Betreff
    Stuttgart im Dritten Reich
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Das Bauvorhaben „Da Vinci“ des Landes Baden-Württemberg und der Firma Breuninger hat auch zu einer Diskussion über den angemessenen Umgang mit der Stuttgarter NS-Geschichte geführt. Anerkennung verdient dabei das öffentliche Engagement für eine Auseinandersetzung mit der Geschichte. Dies ist meines Erachtens gerade ein Beleg dafür, dass sich die Stadt Stuttgart vergleichsweise frühzeitig und intensiv der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit gestellt hat. Ich verweise auf die Projekte „Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden“ und „Stuttgart im Dritten Reich“. Dass dies auch ein Ergebnis intensiver und strittiger Diskussionen war, ist im Kontext der sog. Vergangenheitspolitik eine Selbstverständlichkeit.

Aufgrund der vielfältigen Bemühungen zu diesem wichtigen Thema halte ich eine Bestandsaufnahme für sinnvoll. Die Stadtverwaltung wird deshalb die Anregung aufgreifen und einen Arbeitskreis zum Thema „Stuttgart und der Nationalsozialismus“ unter Leitung des Stadtarchivs einrichten. Neben Vertretern des Gemeinderats sollen Fachleute von Universitäten, Archiven, Museen, Gedenkstätten sowie Vertreter bürgerschaftlicher Initiativen einbezogen werden.

Die Stadt wird in Frage kommende Institutionen und Persönlichkeiten anfragen und berichten.

Der Arbeitskreis soll eine Bilanz der bisherigen Aktivitäten ziehen, Desiderata formulieren und Perspektiven der Erforschung wie auch des Gedenkens aufzeigen. Denn wichtiger als eine bloße Vermehrung oder gar eine Konkurrenz von Gedenkorten ist eine konzeptionelle Verknüpfung.

Im Arbeitskreis soll auch die Schaffung sowie ggf. Fragen der Finanzierung, Aufgaben und Besetzung einer Arbeitsstelle „Stuttgart und der Nationalsozialismus“ beim Stadtarchiv besprochen und ggf. vorbereitet werden. Das Stadtarchiv ist als Zentrum der Stadtgeschichte und durch zahlreiche Aktivitäten als Kompetenzzentrum zur NS-Geschichte ausgewiesen. Ich halte es deshalb für sinnvoll, anstelle der Schaffung von neuen Einrichtungen das Stadtarchiv zu stärken, das stets eng mit wissenschaftlichen Einrichtungen wie mit bürgerschaftlichen Initiativen zusammen gearbeitet hat.

Derzeit stehen für eine Arbeitsstelle beim Stadtarchiv keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

Unabhängig von Einrichtung und Ausstattung einer Arbeitsstelle kann die die Auslobung von Stipendien für wissenschaftliche Forschungsvorhaben, die in wissenschaftlicher Unabhängigkeit und Verantwortung entstehen, ein sinnvoller Weg zur Erforschung der Stadtgeschichte sein. Ein positives

Beispiel hierfür ist die Förderung der Dissertation über „Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus“ (Dr. Roland Müller). In der Veröffentlichungsreihe des Stadtarchivs existiert zudem ein Publikationsort. Derzeit stehen für Stipendien keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

Dr. Wolfgang Schuster