Stellungnahme zum Antrag
654/2009

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/19/2010
Der Oberbürgermeister
GZ: 2011-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    11/02/2009
Betreff
    Klimaschutz:
    Energetische Sanierung von Schulen mittels Contracting
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:


Was versteht man unter Energie-Einspar-Contracting?

Beim externen Contracting übernimmt ein Dritter (Contractinggeber) die Finanzierung und Durchführung von Bauleistungen und refinanziert diese aus kontinuierlichen Zahlungen des Contractingnehmers. Beim hier verwendeten Energie-Einspar-Contracting investiert ein Energiedienstleistungsunternehmen (Contractor) in die Energietechnik und garantiert eine bestimmte Energieeinsparung. Der Auftraggeber bezahlt die Leistungen des Contractors aus den eingesparten Energiekosten. Mit einem solchen Modell ist die Kommune von eigenen Kapitalaufwendungen entlastet. Zugleich kann das spezifische Know-how und das Interesse des Contractors genutzt werden, die bestehenden Energieeinsparmöglichkeiten optimal auszuschöpfen.

Das Einspar-Contracting ist zu bevorzugen, wenn ein Gebäude betrachtet wird, das überwiegend eine Restlebensdauer von über zehn Jahren hat und energetisch zu optimieren ist.

Angesichts der sehr angespannten Haushaltslage, die nur in sehr begrenztem Umfang die Finanzierung von Vorhaben zulässt, bietet dieses Contracting eine Möglichkeit, Vorhaben außerhalb des städtischen Haushalts zeitnah anzugehen.

In den Anträgen der SPD-/ CDU- und Bündnis 90/DIE GRÜNEN –Gemeinderatsfraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen wurden folgende Schulen angesprochen:

· Robert Bosch Schule (Werkstattgebäude)
· Tiefenbachschule
· Hegel-Gymnasium
· Österfeldschule
· Silcher- / Haldenrainschule

Erforderliche energetische Maßnahmen:

· Robert Bosch Schule, Gotenstraße 21 (Werkstattgebäude), 3,436 Mio.€

Mittlerer Heizkennwert 2005-2008: 198,1 kWh/m²a
Mittlerer Heizenergieverbrauch 2005-2008: 222.788 kWh/a

Die energetische Sanierung beinhaltet die komplette Sanierung der Außenhülle insbesondere Dach, Fenster, Fassade, die Innensanierung mit den Gewerken Heizung, Lüftung, Elektro und Sanitär einschließlich der kompletten Erneuerung der Werkstatttechnik mit anteiliger Umstrukturierung im Gebäudeinneren.

· Tiefenbachschule, 3,852 Mio. €

Mittlerer Heizkennwert 2005-2008: 191 kWh/m²a
Mittlerer Heizenergieverbrauch 2005-2008: 510.301 kWh/a

Die energetische Sanierung umfasst folgende Komponenten:
- Fenster mit 3-fach Verglasung
- Erneuerung des Sonnenschutzes
- Sanierung des Flachdachs mit Lichtkuppeln einschließlich Wärmedämmung
- Einbau einer Holzpelettanlage mit Erneuerung der Heizkörper
- Wärmedämmverbundsystem an der kompletten Fassade
- Dämmung der Kellerdecken
- Installation von Solar-Thermie für die Duschen der Turnhalle

Die theoretische Nutzungsdauer der Maßnahmen liegt im Mittel bei 40 Jahren.

· Hegel-Gymnasium, 5,800 Mio. €

Für die Gebäude des Hegel-Gymnasiums (Nord-, Südflügel, Fachklassenbau und die Turnhalle) liegt eine qualifizierte fortgeschriebene Kostenschätzung vor, die die Sanierung der Außenhülle dieser Gebäude schwerpunktmäßig zum Inhalt hat:
- Außenwände mit Wärmedämmung
- Sanierung/Erneuerung Grundleitungen mit Feuchtigkeitsschutz der Außenwände
- Fenster nach energetischen Vorgaben
- Sonnenschutz
- Dachflächen mit Wärmedämmung.

· Österfeldschule, 1.583 Mio. € Für die Gebäude Österfeldschule und des angeschlossenen Gebäudes der TVH Vaihingen wurden in den Jahren 1999 – 2001 die alten ölbefeuerten Dampfheizungsanlagen durch moderne Pumpen-Warmwasserheizungen mit Gasanschluss ersetzt. Außerdem wurden die Sanitäreinrichtungen erneuert. Nunmehr stehen noch im Rahmen einer weitergehenden energetischen Sanierung der Austausch der Fenster, die Erneuerung des Daches, die Dämmung der obersten Geschossdecke und die Anbringung eines Wärmeverbundsystems an den Außenfassaden an.

· Silcher-/Haldenrainschule (Kostenangaben siehe nachstehender Text) Im Rahmen des Konjunkturprogramms II werden die Fenster der Pavillons 1,2 und 7 vollständig sowie des Pavillons 3 teilweise erneuert (i. H. v. 994.000 €). Für den Doppelhaushalt 2010/2011 wurden für die Gebäude der Silcher- und der Haldenrainschule die Erneuerung der Heizung angemeldet (Kostenschätzung i. H. v. 3,476 Mio. €). Aufgrund dieses Vorgehens ist das Vorhaben insgesamt nur noch bedingt für ein Energie-Einspar-Contracting geeignet.

Für den Pavillon 3 (genutzt von der Haldenrainschule) wurde im Rahmen einer Voruntersuchung eine ganzheitliche energetische Sanierung durch die EnBW geprüft. Diese beinhaltet die:
- Dachflächen
- restliche Fenster
- Außenwände
- Elektroinstallation
- Wasser- / Abwasserleitungen
- Prüfung einer dezentralen Heizungsversorgung.
Hierzu liegt noch keine Kostenschätzung vor.


Umsetzung

Um zu gewährleisten, dass der städtische Standard eingehalten wird und Nutzung und Betrieb der Liegenschaften unkompliziert erfolgen können, sind die Ausschreibungsunterlagen eindeutig und umfassend zu formulieren. Für die Umsetzung von externem Contracting sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen:

1. Grundlagenermittlung
Von den beteiligten Ämtern sind alle wichtigen Daten zusammenzustellen. Hierzu gehören neben Daten zum Energieverbrauch und den Energielieferverträgen auch die Informationen zur Nutzung (und evtl. späteren Nutzungsänderungen) und zur Betreuung der Gebäude.

2. Voruntersuchungen
Im Rahmen einer Voruntersuchung ist der Gebäudebestand zu begutachten und es sind Vorschläge für eine energetische Sanierung mit entsprechender Kostenschätzung zu erarbeiten. Es ist zu prüfen, ob denkmalschutzrechtliche oder andere Belange die Umsetzung einer ganzheitlichen energetischen Sanierung einschränken.


Die speziell auf eine energetische Sanierung abzielende Planungen für das Werkstattgebäude der Robert Bosch Schule, die Österfeldschule und die Tiefenbachschule wurden bereits für den letzten Doppelhaushalt untersucht. Zu den anderen beiden Schulen müssen noch detaillierter Untersuchungen im Blick auf eine mögliche Energieeinsparung vorgenommen werden.


3. Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem externen Contractor
Ein sehr wichtiges Augenmerk ist auf die Vertrags- und Preisgestaltung zu legen. Der Umfang der abzuwickelnden Aufgaben muss eindeutig formuliert werden (z.B. Finanzierung, Planung, Umsetzung, Betrieb). Die Verteilung von Aufgaben und Risiken ist abzustimmen und die Laufzeit ist eindeutig zu klären. Außerdem ist die garantierte Energieeinsparung aufzunehmen.

4. Konkrete Planung
Die Erstellung der Detail- und Terminplanung durch den externen Contractor ist von städtischer Seite zu begleiten. Entscheidungen über Realisierungen sind abzustimmen.

5. Realisierung
Auch die Umsetzung der Baumaßnahmen sowie die Abnahme und Übergaben sind durch städtische Mitarbeiter zu begleiten, um die Einhaltung der städtischen Standards sicherzustellen.

6. Betrieb
Es ist sicherzustellen, dass Einsparungen, die durch nachträgliche Änderungen oder Optimierungen der Landeshauptstadt Stuttgart entstehen, nicht dem Einfluss des Contractors zugerechnet werden.


Weiteres Vorgehen

Die genannten Projekte werden entsprechend der gemeinderätlichen Beratungen des Doppelhaushaltes 2010/2011 baldmöglichst ausgeschrieben. Vorher müssen jedoch unter Federführung des Amtes für Umweltschutz die Inhalte des Dienstleistungsauftrages konkretisiert und das Vergabeverfahren (offenes bzw. nichtoffenes) einschließlich evtl. Ausnahmevoraussetzungen geklärt werden.



Die Frage der Wirtschaftlichkeit kann erst nach Vorliegen des Ausschreibungsergebnisses geprüft werden, weil wesentliche Parameter (Investitionskosten, Anteil des allgemeinen Sanierungsaufwandes, Refinanzierungsfaktoren) noch nicht abschließend bekannt sind.

Wenn das Ergebnis der Ausschreibungen vorliegt, wird die Verwaltung dieses in Form einer Vorlage dem Gemeinderat zur weiteren Entscheidung vorlegen.






Dr. Wolfgang Schuster