Beantwortung zur Anfrage
496/2003

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 01/29/2004
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 4206-01



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Küstler Ulrike (PDS) , PDS im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
    11/07/2003
Betreff
    Sozialdetektive
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Anlass des Artikels “Sozialhilfebetrug: 98 Anzeigen im Jahr 2002” vom 04.09.2003 in den Stuttgarter Nachrichten war die Berichterstattung über Rolf John, der in Florida Sozialhilfe bezieht. Die Journalistin ging der Frage nach, ob ein “Luxus auf Staatskosten” auch in Stuttgart möglich ist.

Der Ermittlungsdienst des Sozialamts umfasst drei erfahrene Mitarbeiter und eine Verwaltungsfachkraft. Sozialarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) werden vom zuständigen Sozialhilfesachbearbeiter bei Bedarf eingeschaltet. Der Ermittlungsdienst ist auch für Fälle zuständig, in denen Zweifel aufkommen, ob der geltend gemachte Bedarf (z. B. Haushaltsgeräte, Möbel) überhaupt besteht.

Anlass für eine Bedarfsüberprüfung gibt es z. B., wenn der Antragsteller wiederholt die gleiche Leistung beantragt, regelmäßig Termine während der üblichen Sprechzeiten nicht wahrnehmen kann (Verdacht auf verschwiegene Arbeitstätigkeit) oder aufgrund anonymer Anzeigen. In all diesen Fällen ist der Verdacht auf Sozialhilfebetrug zunächst noch nicht mit konkreten Tatsachen untermauert. Regelmäßig erfolgt im Rahmen der Prüfung, ob zu Unrecht gewährte Leistungen zurückgefordert werden noch eine Anhörung, bevor dann grundsätzlich Strafanzeige erstattet wird.

Das Rundschreiben vom 09.02.1999 “Zur Gemeinsamen Empfehlung von Landkreistag, Städtetag und Innenministerium zur Zusammenarbeit von Sozialleistungsbehörden und Polizei” wird umgesetzt. Das Rundschreiben setzt voraus, dass bereits konkrete Tatsachen bekannt sind, die die Annahme rechtfertigen, dass der Hilfeempfänger in betrügerischer Absicht Sozialhilfeleistungen beantragt oder erhalten hat.

Bei der Bekämpfung des Sozialhilfemissbrauchs geht es nicht nur um Schadensvermeidung oder -minimierung, sondern auch um den Schutz redlicher Hilfeempfänger vor falschen Verdächtigungen. Dies erfordert zum einen, dass mit der gebotenen Zielstrebigkeit gegen Sozialhilfebetrug vorgegangen wird. Zum anderen muss die Hilfe dort, wo sie gebraucht wird, auch wirklich ankommen. Hierzu gibt es insbesondere im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und in den Sozialgesetzbüchern eins und zehn (SGB I, X) zahlreiche gesetzliche Regelungen.

Im Juni 2000 hat das Sozialministerium Baden-Württemberg aufgrund der Komplexität dieses Aufgabenkreises einen “Leitfaden zur Vermeidung und Bekämpfung von Sozialhilfebetrug” veröffentlicht. Darin wurden die gesetzlichen Möglichkeiten und Grenzen als Handlungshilfe für die Praxis gebündelt und dient seither als Grundlage für die Arbeit des Ermittlungsdienstes.

Darin ist auch das Verhalten bei einem Hausbesuch beschrieben. Rechtsgrundlage dafür ist § 21 SGB X. Die Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes holen bei einem Hausbesuch die Zustimmung ein, dass die Wohnung betreten werden darf. Gleichzeitig informieren sie, dass keine Verpflichtung zur Einlassgewährung besteht. Andererseits geht es zu Lasten des Hilfesuchenden, wenn anspruchsbegründende Umstände ungeklärt bleiben bzw. nicht feststellbar sind. Dies ist auch ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte.

Zur Frage, wie der Zugang für “verschämte Arme” zur einschlägigen Sozialleistung (Grundsicherung im Alter) gewährleistet wird, wird auf die Antwort zur Anfrage 498/2003 verwiesen.




Dr. Wolfgang Schuster